Protocol of the Session on April 1, 2009

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende und abzustimmende Gesetzentwurf ist die so genannte technische Dienstrechtsnovelle. Es ist eben schon darauf hingewiesen worden, dass die große Dienstrechtsreform noch auf sich warten lässt und wohl in dieser Legislaturperiode keine konkrete Form mehr annehmen wird. Das haben wir auch im Unterausschuss „Personal“, im Haushalts- und Finanzausschuss und auch im Innenausschuss hinreichend diskutiert.

Diese technische Dienstrechtsnovelle heißt auch deswegen so, weil zahlreiche Änderungen lediglich Anpassungen an das neue, ab dem heutigen Tag in Kraft befindliche Beamtenstatusgesetz des Bundes darstellen und wir insofern, anders als bisher, im Bereich des Beamtendienstrechtes keine Rahmengesetzgebung mehr haben, sondern die Gesetze des Bundes gelten allgemein und unmittelbar auch in den Ländern. Deswegen ist es eine logische Folge, das Landesrecht zur Vermeidung kompetenzrechtlicher Überschneidungsprobleme so abzuändern, dass die Normen tatsächlich aufeinander abgestimmt sind.

Das Beamtenstatusgesetz lässt dem Landesgesetzgeber auch Lücken, die es ebenfalls zu füllen gilt. Eine der wesentlichen und für die Beamtinnen und Beamten am stärksten spürbaren Veränderungen betrifft sicherlich die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ab dem Jahr 2012, schrittweise gestaffelt nach Geburtsjahrgang, von derzeit 65 auf 67. Damit wird für die Landesbeamten nachvollziehbar, was für die Bundesbeamten und für die gesetzlich Versicherten bereits rechtliche Realität ist.

Diese Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist aus finanzwirtschaftlicher Sicht sicherlich zu begrüßen, wie in der Anhörung sehr eindrucksvoll bestätigt wurde. Allerdings – ich möchte den Punkt aufgreifen, den der Kollege Möbius eben angesprochen hat – haben wir zum ersten Mal eine wirkliche Flexibilisierung des Ruhestandseintrittsalters für die Beamtinnen und Beamten: In Zukunft wird der einzelne Beamte entscheiden können, ob er mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand gehen will oder ob er – aus welchen Gründen auch immer – aufgrund seiner persönlichen Lebensplanung gerne bis zu drei Jahre länger im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen bleiben möchte, zumindest wenn dem keine dienstlichen Gründe entgegenstehen.

Zu dem letzten Punkt haben wir die Abkehr von der bisherigen „Beweislast“ diskutiert. Es bleibt abzuwarten, wie in der Praxis darauf reagiert wird. Allerdings teile ich auch die Prognose, dass nicht massenweise Anträge beim Verwaltungsgericht eingehen werden; denn in der Realität dürften Menschen aufgrund ihrer persönlichen Lebensplanung ab dem Eintritt in das Ruhestandsalter sicherlich auch anderen Ideen folgen.

Meine Damen und Herren, das Land hat als Arbeitgeber und Dienstherr die Möglichkeit, länger als bisher jedenfalls, auf erfahrene und bewährte Dienstkräfte zurückzugreifen und von ihren teilweise über Jahrzehnte hinweg erworbenen Kenntnissen zu profitieren. Höhere Lebenserwartung und bessere Gesundheit ermöglichen es vielen Menschen, länger zu arbeiten, wenn sie es denn wollen. Wir haben in unterschiedlichen Diskussionen im Bereich der Seniorenpolitik auch immer wieder den Wunsch gehört, dass Menschen beim Erreichen des Ren

teneintrittsalters noch aktiv auch am Berufsleben teilhaben wollen.

Wir haben aber ausdrücklich festgehalten, dass es bei den besonderen Altersgrenzen für diejenigen Berufsgruppen, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind, zum Beispiel Polizei und Feuerwehr, auch bleibt.

Eine vielleicht von einigen gehegte Erwartung kann das Gesetz aber ganz sicher nicht erfüllen: Es findet keine Rücknahme der zahlreichen Sonderbelastungen statt, die den Beamtinnen und Beamten in den letzten 15 Jahren – man könnte den Zeitraum sicherlich auch etwas großzügiger wählen – insbesondere mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung abverlangt worden sind. Ich sage ausdrücklich: Das ist etwas, was ich gerne anders hätte, aber bei der Situation, die Sie uns überlassen haben, sind diese Möglichkeiten der Wiedergutmachung nicht machbar. Meine Damen und Herren, ich darf um Zustimmung bitten. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Meine Damen und Herren, wir haben im Augenblick ein paar Probleme, weil einige unserer Abgeordneten im grellen Licht sitzen – in Abwandlung eines Wortes von Bertolt Brecht: Die einen sitzen im Licht, die anderen sieht man nicht. – Das wird noch eine Weile so bleiben. Jedenfalls werden wir den defekten Sonnenschutz erst in der Sommerpause reparieren lassen können. Also Sonnenbrille oder Hut aufsetzen, dann geht das schon.

Jetzt ist Frau Düker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dran. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich gleich mit einem Zitat an, Herr Präsident, als mein Beitrag zu diesem Thema. Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon Bismarck hat gesagt: „Mit schlechten Gesetzen und guten Beamten lässt sich immer noch regieren.“ In der Tat, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP und liebe Regierungsvertreter, gute Beamte haben Sie bei den Gesetzen, die Sie hier machen, allerdings sehr nötig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vor allen Dingen haben Sie ihnen viel zu verdanken. Denn Tausende von Beamten – in den Justizvollzugsanstalten unseres Landes, bei der Polizei, bei der Feuerwehr in den Kommunen, unsere Lehrerinnen und Lehrer – machen nicht wegen Ihrer Politik einen guten Job, sondern trotz Ihrer Politik. Dafür gebührt diesen Beamtinnen und Beamten in diesem Land unser ausdrückliches Dankeschön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn schauen wir einmal ins Gesetz, was sich wieder für Verschlechterungen ergeben. Die Liste der Zumutungen wird lang und länger und das Ende der Fahnenstange ist bald erreicht, als dass diese Beamtinnen und Beamten zumutbar noch einen guten Job machen könnten. Ich nenne nur einige Beispiele aus dem Gesetz:

Erstens. Einheitliche Probezeit von drei Jahren für alle Laufbahngruppen. In der Anhörung haben uns fast alle gesagt, das verschlechtert Beförderungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Das hat auch nichts mit Geld, sondern einfach etwas mit Leistungsgerechtigkeit zu tun, die verschlechtert wird.

Zweitens. Beihilfe. Sie verweigern Ihren Beamtinnen und Beamten in NRW sogar die Gleichstellung mit den GKV-Versicherten. Denn Sie übernehmen nicht aus dem SGB V die Gleichstellung der besonderen Therapieformen, wie zum Beispiel homöopathische Anwendungen, auch in die Beihilfe. Das, was GKVVersicherten gesetzlich zusteht, verweigern Sie unseren Beamtinnen und Beamten und verlagern das damit auf Einzelfallentscheidungen der Beihilfestelle. Das führt zu einem permanenten Hin und Her und großen Problemen für die Kolleginnen und Kollegen.

Drittes Beispiel aus dem Gesetz – dabei will ich es auch belassen –: Die Beamtinnen und Beamten im Justizvollzug sollen auf einmal vom Justizministerium einen Vollzugsarzt vor die Nase gesetzt bekommen, der bei Prüfung der Dienstunfähigkeit oder Befreiung von bestimmten Diensten Gutachten machen soll. Das ist ohne schlüssige Begründung geschehen. Es wurde auch nicht gesagt, worin die Problematik mit dem Amtsarzt bisher bestand. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

(Beifall von Thomas Trampe-Brinkmann [SPD])

Es geht darum, dass Sie damit die hohen Krankenstände bekämpfen wollen. Dafür ist das aber kein taugliches Mittel.

(Beifall von GRÜNEN und Thomas Trampe- Brinkmann [SPD])

Zum zweiten großen Punkt: Durch das, was im Gesetz steht, entstehen für die Beamtinnen und Beamten zwar schon genug Probleme, aber das viel größere Problem ist eigentlich das, was nicht im Gesetz steht. Sie haben eine große Chance vertan, Herr Minister, unseren öffentlichen Dienst nicht weiter zu schwächen, sondern zukunftsfähig zu machen und eine Reform einzuleiten, wie es andere Länder bereits getan haben.

Ich nenne dazu nur einige Stichworte: mehr Durchlässigkeit im öffentlichen Dienst, mehr Gerechtigkeit, mehr Leistungsfähigkeit durch die Abschaffung des starren Laufbahnsystems. Auch die Laufbahngruppen, all das gehört in die Mülltonne und gründlich reformiert. Sie haben da, wo es geht, den öf

fentlichen Dienst geschwächt, und da, wo Sie die Möglichkeit haben, einen Schritt nach vorne zu machen, eine große Chance vertan.

Was auch nicht im Gesetz steht und was andere Länder längst eingeführt haben, ist die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften bei der Hinterbliebenenversorgung und beim Familienausgleich, obwohl das Bundesarbeitsgericht in diesem Jahr für die betriebliche Hinterbliebenenrente längst rechtlich festgestellt hat, dass es hier eine Gleichstellung gibt. Wir haben die Gleichstellung beim Versorgungsausgleich. Wir haben die Gleichstellung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sogar die evangelische Kirche hat mit ihrer Landessynode eine Gleichstellung ihrer Beschäftigten bei der Hinterbliebenenversorgung und beim Verheiratetenzuschlag beschlossen. Diese Rechtsprechung wird ignoriert, und Sie tun einfach so, als wenn die Zeit stehengeblieben wäre. Stellen Sie endlich schwule und lesbische Beamtinnen und Beamten den Eheleuten gleich, wie es andere tun!

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn das die evangelische Kirche kann, sollte das auch für unser Land möglich sein. Länder wie Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern haben diesen Schritt längst vollzogen.

Frau Freimuth, Sie sind doch in Ihren Reden beim CSD immer so gerne vorne mit dabei. Handeln Sie doch auch einmal danach, und geben Sie ihnen diese Gleichstellung, die Sie beim CSD immer wieder in blumigen Reden versprechen! Dieses Gesetz hätte eine Chance dazu gegeben. Sie haben auch diese Chance vertan.

Ich komme zum Schluss. Mit dem, was in diesem Gesetz steht, schwächen Sie den öffentlichen Dienst und machen ihn nicht mehr zukunftsfähig. Sie hängen uns ab von anderen Ländern, was die Leistungsfähigkeit unseres öffentlichen Dienstes angeht – mit dem, was nicht drinsteht. Herr Innenminister, Sie haben eine riesengroße Reformchance für unser Land vertan. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und Thomas Trampe- Brinkmann [SPD])

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Dr. Wolf das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Verabschiedung steht die technische Novelle des Landesbeamtengesetzes an. Dadurch setzen wir das um, was durch bundesgesetzliche Vorgaben auch für uns bindend ist. Das Landesrecht muss entsprechend angepasst werden.

Bei dem Konzept der Landesregierung zur Neugestaltung des Dienstrechts – das ist bereits von den

Sprechern der Koalitionsfraktionen sehr deutlich gesagt worden – wollen wir zunächst einmal die rechtstechnisch notwendigen Anpassungen vornehmen und danach die große Dienstrechtsreform auf die Schiene setzen. Es ist richtig, dass hier viel Technik vorherrscht. Das hat Herrn Rudolph etwas beunruhigt. Das ist nun einmal so: Wenn Gesetze aneinander angepasst werden, ist das viel Technik.

Wir haben aber auch – das ist wichtig – an einer Stelle die Übernahme der bundesrechtlichen Regelungen vorgenommen, nämlich die Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre. Die Kritik der SPD ist sehr verwunderlich, weil sie das im Bund mitgetragen hat. Wir haben die Ausnahmen bei Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug beibehalten. Das ist eine gute Botschaft. Es ist wichtig, für die Beamtinnen und Beamten jetzt schon eine berechenbare, voraussehbare Regelung zu schaffen, sodass sie sich bei ihrer Lebensplanung darauf einstellen können.

Die dann folgende Entscheidung, was besoldungs- und vor allem versorgungsrechtlich daraus abzuleiten ist, wird in einem zweiten Schritt zu tätigen sein. Jeder weiß aber jetzt schon, wie sich die Dinge für ihn am Ende darstellen werden. Die Folgeregelungen werden wir hier rechtzeitig verabschieden.

Für mich ist ein ganz entscheidender Punkt, der auch den ein oder anderen berührt hat, die Flexibilisierung des Eintritts in den Ruhestand. Ich finde, das ist eine sehr positive Botschaft für die Beamtinnen und Beamten, dass sie, wenn sie möchten, auch länger bleiben dürfen. Ich kann all denjenigen, die Sorge haben, dass dieses zu häufig angewandt werden könnte, sagen: Die bisherigen Erfahrungen, die wir gemacht haben, sprechen nicht dafür. Wir haben seit einigen Jahren den Polizistinnen und Polizisten die Möglichkeit gegeben – in der Übergangszeit, als das noch nicht zwingend war –, statt bis 60 auch bis 62 zu bleiben. Davon ist durchaus Gebrauch gemacht worden, aber es ist kein Massenphänomen gewesen. Es hat auch nicht zu Streitigkeiten geführt. Das zeigt, dass eine solche freiheitliche Lösung durchaus eine positive Botschaft ist.

Wir werden die weitere Neugestaltung des Dienstrechts nach sorgfältiger Vorbereitung und Prüfung vornehmen. Der Reformprozess geht weiter, und es ist sicherlich richtig, sich auch an anderen Ländern zu orientieren und zu schauen, was die so machen. Bisher ist es nicht so, dass ein stringentes, absolut umfassendes Versorgungs- und Dienstrecht in einem Bundesland bereits verabschiedet worden ist. An vielen Stellen sind jetzt gewisse Erfahrungen gemacht worden. Wir wollen das in unseren Reformprozess einbringen, den wir jetzt auf die Schiene setzen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit beende ich die Beratung.

Ich komme zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/8889, den Gesetzentwurf Drucksache 14/8176 in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wer dieser Empfehlung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist diese Empfehlung angenommen und damit der Gesetzentwurf in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir kommen zu:

13 Aktienrecht auf ein nachhaltiges Unternehmensmanagement ausrichten

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/6957

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/8890

Ich weise darauf hin, dass dieser Antrag gemäß unserer Geschäftsordnung an den Haushalts- und Finanzausschuss mit der Maßgabe überwiesen wurde, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Diese liegt jetzt vor.

Die Fraktionen haben sich – nur als Hinweis für diejenigen, die gerade den Plenarsaal verlassen wollen – darauf verständigt, dass wir auf eine Debatte verzichten und sofort zur Abstimmung kommen. – Das beeindruckt die Abgeordneten aber offenbar überhaupt nicht.

(Zurufe: Doch!)

Doch? Ich freue mich, die Kollegen wieder begrüßen zu dürfen.