Meine Damen und Herren, es gibt eine persönliche Erklärung von Herrn Pick. – Bitte schön, Herr Pick.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch im Namen der Kolleginnen Ilka von Boeselager, Marie-Luise Fasse und des Kollegen Rolf Seel möchte ich eine persönliche Erklärung abgeben:
Wir haben dem Nachtragshaushaltsgesetz im Landtag zugestimmt, weil diese Entscheidung notwendig und wichtig ist, damit das Konjunkturpaket II auf den Weg gebracht wird und wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Stabilisatoren eingebaut werden. Wir haben dies aus gesamtstaatlicher Verantwortung getan, weil es notwendig ist, um die weiteren Aufgaben zu erfüllen und die Wirtschaft anzukurbeln.
Mit dem Haushalt haben wir im Einzelplan 10, Kapitel 10 240, auch den Verkauf der Eifelwaldflächen verabschiedet. Dem Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen haben wir nicht zustimmen können, weil er unseriös ist, keinen Deckungsvorschlag beinhaltet und damit der gesamte Nachtragshaushalt gefährdet wäre.
(Lachen von SPD und GRÜNEN – Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Pharisäer! – Gisela Walsken [SPD]: Durchsichtiges Manöver!)
Meine Damen und Herren, nun beruhigen Sie sich doch. Wir halten die Entscheidung, die Eifelwaldflächen zu veräußern, für die Region Eifel, insbesondere für die Menschen in den sechs betroffenen Städten und Gemeinden, aber auch für das Land für nachteilig.
(Martin Börschel [SPD]: Dann können Sie ja einen Änderungsantrag stellen! – Beifall von SPD und GRÜNEN)
Zu befürchten ist, dass bei einem Verkauf an eine private Familienstiftung zwar die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, aber insgesamt Nachteile in den Bereichen großflächiger Naturschutz, Artenschutz, Fremdenverkehr und Tourismus entstehen.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Hört, hört! – Svenja Schulze [SPD]: Ganz genau! – Gisela Walsken [SPD]: Wo ist der Antrag?)
Auch ist zu befürchten, dass die Sozial-, Wohlfahrts- und Erholungsfunktionen Einschränkungen erfahren. Wir würden es von daher begrüßen, wenn in Verhandlungen mit dem Kreis Euskirchen und den sechs betroffenen Städten und Gemeinden eine Lösung gefunden würde, diese Flächen ins kommunale Eigentum zu übernehmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute um 11 Uhr las ich bei „ddp“ folgende Meldung: „Rüttgers fordert Industriepolitik zur Bekämpfung der Krise.“ Zitat: „Wir brauchen industrielle Produktion in Verbindung mit Wissensgesellschaft und Innovation. Von Finanzprodukten können 80 Millionen Deutsche nicht leben.“ – Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat recht.
Es ist schade, dass er an der Beratung über diesen Tagesordnungspunkt aufgrund anderweitiger Terminverpflichtungen nicht teilnehmen kann, denn wir haben genau aus diesem Grund den Eilantrag „Opel am Standort Bochum erhalten“ gestellt. Auch dort geht es darum, Forschungs- und Entwicklungs
kapazitäten zu organisieren, zu verzahnen und zu verstärken, damit die Produktion des Zukunftsautos Ampera nach Bochum kommt, wo sie hingehört, meine Damen und Herren.
Damit das geschehen kann, brauchen wir eine klare politische Linie des Landes in der Problemsituation Opel. Diese ist überhaupt nicht zu erkennen.
Ich habe einmal die Zitate, die wir seit vielen Monaten von der Landesregierung geliefert bekommen, aufgelistet. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin als Erstes die „Westdeutsche Zeitung“ vom 15. November. Ministerpräsident Rüttgers: „Opel darf nicht sterben. Die Länder werden dem Unternehmen mit Bürgschaften helfen.“
Dann kam zur Jahreswende die von ihm angestoßene Debatte zu direkten Beteiligungen des Staates an Unternehmen. Am 12. Januar war in der „WAZ“ zu lesen – Zitat Rüttgers –: „Es kann sein, dass gesunde Unternehmen, die eine besondere Bedeutung auch für andere Unternehmen haben, mit einer vorübergehenden Staatsbeteiligung gerettet werden müssen.“
Gleichzeitig stand in der „WAZ“: „Für Notfälle sind direkte Beteiligungen des Staats an krisengeschüttelten Betrieben nicht ausgeschlossen.“ – Das hat er am gleichen Tag auch in der „Financial Times Deutschland“ mitgeteilt.
Dann folgte seine USA-Reise. Als er zurückkam, las ich etwas erstaunt in der „Zeit“ vom 26. Februar – ich zitiere –: „Eine Staatsbeteiligung bei Opel wäre im Übrigen völlig falsch, es kann allenfalls um Bürgschaften gehen.“
Am 2. März folgt Herr Laumann in der „Welt“ – Zitat –: „Eine Staatsbeteiligung darf kein Tabu sein.“
Am 4. März, zwei Tage später, Frau Ministerin Thoben im Wirtschaftsausschuss: Das Land kann und wird nicht in eine Beteiligung einsteigen. – In diesem Zusammenhang hat sie sogar von Schwachsinn gesprochen; das Wort hat sie dort benutzt.
Zeitgleich, am 4. März, in der „Rheinischen Post“: Bundeskanzlerin Merkel erklärt, Opel sei kein systemrelevantes Unternehmen.
Herr Minister Schäuble regt am 7. März in der „NRZ“ an, eine Insolvenz – Zitat – ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Dann lese ich voller Erstaunen in einer „dpa“Meldung vom 17. März über ein Interview unseres Ministerpräsidenten bei RTL zum Thema Bürgschaften Folgendes: Der Staat müsse dann nicht Miteigentümer von Opel werden. Das sei eine Lösung – Zitat –, die wir alle von Anfang an hier angestrebt haben.
Meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil einer klaren Linie. Das ist ein Wackelkurs zum Schaden dieses Landes.
In dieser problematischen Situation, in der es um den Erhalt der industriellen Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen geht, leisten sich die CDU und CSU eine ordnungspolitische Grundsatzdebatte vom Allerfeinsten, statt den Menschen zu helfen, um die es dabei geht. Das ist der Vorwurf, den man hier auf den Punkt bringen muss.
Keine klaren Signale, kein gemeinsames Kämpfen für Opel – nein, da wird eine ordnungspolitische Grundsatzdebatte geführt, statt einen Pakt des Vertrauens zu schmieden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bereit, ihren Beitrag zu leisten – ich war letzte Woche noch dort –, das Management ist dazu bereit, ebenso die Betriebsräte, die Gewerkschaften, die Zulieferbetriebe sowie die Händler und Werkstätten, die uns heute noch angeschrieben haben.
Wir reden heute darüber, dass es darum gehen muss, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln. Und da muss die Politik aktiv werden, da muss die Richtung vorgegeben werden, da muss klar gesagt werden, was geht und was nicht geht. Am Ende geht es auch darum, und das ist mein wesentlicher Punkt: All die ordnungspolitischen Grundsatzdebatten führen uns nicht weiter. Ich bin Volkswirtin und kann rechnen. Wenn 130.000 Menschen in Deutschland – an dieser Zahl zweifelt wohl niemand in diesem Raum – bei einer Insolvenz von Opel ihren Arbeitsplatz verlören, dann würde das bedeuten, dass Kosten – Arbeitslosengeld und Einnahmeausfälle im Sozialversicherungsbereich eingerechnet – in Höhe von rund 2,2 Milliarden € entstehen würden.
Deshalb sage ich: Lassen Sie uns gemeinsam lieber Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren! Das ist der Weg, den die SPD gehen will.
Das Schlimme an all den Debatten und dem Hin und Her, was wir da auch in der Presse lesen – heute etwa: GM vor kontrollierter Blitzinsolvenz –, ist: Man muss sich in die Lage der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Familien versetzen, auch der Kinder, die da in den Schulen angesprochen werden: Wie geht es weiter bei deinem Vater? Geht er überhaupt noch arbeiten? Könnt ihr euch in Zukunft eure Wohnung noch leisten? – Das sind die Fragen, die da gestellt werden.
Ich kann mich nur dem anschließen, was ExBundeskanzler Schröder heute dazu gesagt hat. Er sagt, entscheidend sei, was die Opel-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zurzeit in der Zeitung lesen. Ich zitiere:
Die Banken bekommen 500 Milliarden als Garantie. Das Konjunkturprogramm macht 50 Milliarden aus, der Deutschlandfonds für die Wirtschaft 100 Milliarden, die Garantien für die Hypo Real Estate rund 100 Milliarden. Und da soll der Arbeiter in Rüsselsheim oder Bochum kapieren, dass Geld für die Rettung seines Arbeitsplatzes nicht da ist. Begreife ich auch nicht!