Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus der Sicht der Landesregierung kann ich den hier vorgelegten Gesetzentwurf nur begrüßen. Ich halte ihn für einen guten Beitrag, den Schulfrieden dauerhaft zu sichern.
Aus meiner Sicht ist die von den Fraktionen der CDU und der FDP vorgeschlagene Änderung des Schulgesetzes nicht dazu geeignet, als Beitrag gegen eine Religion gewertet zu werden, wie dies im Vorfeld immer wieder zu hören war. Es geht doch im Kern um etwas ganz Wesentliches: Wir wollen und müssen die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Lehrerin an unseren Schulen klar definieren. Wir sagen ganz deutlich: Lehrerinnen und Lehrer sind zur weltanschaulichen, religiösen, aber auch zur politischen Neutralität verpflichtet. Das ist wie eine Geschäftsbedingung und die Maßgabe, unter der ihr Handeln als Lehrerin in unserem Land steht.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird diese Bedingung für die Tätigkeit als Lehrerin oder als Erzieherin an unseren Schulen noch einmal konkretisiert.
Gleichwohl – das soll an dieser Stelle nicht geleugnet werden – hat die sogenannte Kopftuchdebatte Auswirkungen auf die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzentwurfs gehabt. Für einen solchen Gesetzentwurf bedarf es eines mit großer Sensibilität geführten Abwägungsprozesses, der zwischen der Religionsfreiheit einer Lehrerin einerseits und der staatlichen Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität andererseits vermittelt.
Es geht aber auch um das Erziehungsrecht der Eltern, die Glaubensfreiheit der Schülerinnen und Schüler und die in unserer Landesverfassung verankerten Bildungs- und Erziehungsziele.
Das letztlich ausschlaggebende Argument dafür, muslimischen Lehrerinnen an öffentlichen Schulen auch in Nordrhein-Westfalen zu untersagen, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen, war und ist die Mehrdeutigkeit des Kopftuches.
Wir wissen, dass das Kopftuch nicht nur ein religiöses Zeichen ist. Es ist vielmehr auch eine politische Aussage. Es wird nicht selten als deutliches Zeichen der Abgrenzung eingesetzt. Das ist aus der inner-islamischen Debatte hinlänglich bekannt.
Insofern, meine Damen und Herren, ist das Kopftuch als politisches Symbol zu verstehen. Dieses Symbol steht für Geschlechtertrennung, für die Ungleichbehandlung der Frau und für ihre Unterdrückung.
Das Tragen eines Kopftuchs transportiert diese Botschaft – aus welchen Beweggründen auch immer es getragen wird. Genau an dieser Stelle setzt der Gesetzentwurf an. Wir können und werden nicht zulassen, dass in unseren Schulen politische Bekundungen möglich sind, die eine Interpretation nahe legen, die neben den Werten unserer Verfassung liegt.
Jeder Landesgesetzgeber muss sich seiner Verantwortung für die öffentlichen Schulen bewusst sein. Er wird sich in solchen elementaren Fragen stets auf einem schmalen Grat bewegen. Er kann nicht alle Spannungen auflösen. Der Gesetzgeber macht sich jedoch dann angreifbar, wenn politische und religiöse Botschaften in unsere Schulen getragen werden, die mit unserer Rechtsordnung und Verfassung unvereinbar sind.
Es kommt deswegen nicht auf die Bedeutung des Kopftuches für die Trägerin an, sondern auf die Wirkung auf die Schülerinnen und Schüler,
die für die gesamte Dauer des Schulbesuchs mit der im Mittelpunkt des Unterrichts stehenden Lehrerin ohne Ausweichmöglichkeiten konfrontiert sind.
Der Verfassungsauftrag der Schule ist, Schülern nicht nur Wissen und Können zu vermitteln, sondern sie auch im Geiste der Demokratie zu erziehen. Das Tragen eines Kopftuches wird gerade in jüngster Zeit verstärkt als politisches Symbol des islamischen Fundamentalismus angesehen.
Das steht im Gegensatz zu der klaren Werteentscheidung der Verfassung gegen Extremismus und Fundamentalismus.
Das Tragen eines Kopftuches bei Lehrerinnen kann Schulkinder beeinflussen und besonders muslimische Mädchen unter Druck setzen.
In der Mehrzahl lehnen muslimische Schülerinnen das Kopftuch ab. Leider werden einige von Ihnen von zu Hause unter Druck gesetzt.
Darum ist es wichtig, in der Schule einen Raum der Freiheit zu schaffen – einen Raum, in dem muslimische Schülerinnen unbeeinflusst sind und ihre eigenen Entscheidungen treffen können. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal in die Historie der Entscheidungsentwicklung blicken: Am 3. März diesen Jahres hat die FDP den damaligen Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zum Kopftuchverbot an den Schulen im Migrationsausschuss abgelehnt, weil sie der Überzeugung war, dass ein solches Gesetz gegen die Verfassung verstößt.
Nach den Landtagswahlen kommt es im Koalitionsvertrag zu der Vereinbarung, dass ein Kopftuchverbot an den Schulen erlassen werden soll.
Dazu äußern sich Schulministerin und der Minister für Integration nach den Sommerferien sehr zurückhaltend bis deutlich: Frau Sommer sieht vordringlichere Probleme an unseren Schulen. Das hört sich heute allerdings ganz anders an. Heute habe ich gedacht, es handele sich um einen zentralen Konflikt an unseren Schulen. Nach den Sommerferien fanden Sie das noch nicht so vordringlich. – Minister Laschet sagte am 11. August 2005 in der Sendung „Cosmo“ im „Funkhaus Europa“ ganz offen: Ich plädiere persönlich für Einzelfallregelungen.
Beide Minister werden schnell daran erinnert, dass in Nordrhein-Westfalen der Koalitionsvertrag das eigentliche Gesetz darstellt. Sie tragen fortan – auch nach außen – die Pläne von CDU, FDP und Landesregierung leise mit – heute etwas lauter.
Ich bin allerdings auch darüber gestolpert, was Herr Kuschke schon vorgetragen hat: Herr Witzel begrüßt jetzt ausdrücklich die Pläne dieser Landesregierung. Aber er sagt – ich möchte das noch einmal wiederholen, weil es eine solche Bedeutung hat –: Ein Verbot religiös aufdringlicher Symbole im Unterricht dürfe sich aber nicht nur auf das Kopftuch beschränken. – Das lässt in besonderer Weise aufmerken. Vielleicht wird Herr Witzel das noch erläutern.
(Zurufe von Ralf Witzel und Dr. Gerhard Papke [FDP] – Gegenruf von Johannes Remmel [GRÜNE] – Weitere Zurufe)
Ich weise an dieser Stelle auf Folgendes hin: Ich kann nicht nachvollziehen, wo Sie, Frau Ministerin Sommer, den Schulfrieden gestört sehen. 22 Lehrerinnen, selbstbewusste junge Frauen in unserem Schulsystem, von 116.000 Lehrenden tragen ein Kopftuch. Wir müssen doch für NordrheinWestfalen feststellen, dass in diesem Land keine Konflikte mit Frauen, die ein Kopftuch tragen, bekannt sind.
Wenn aber das Gebot der weltanschaulichen Neutralität nicht eingehalten wird, das Sie ständig anmahnen, dann kann das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht selbstverständlich verboten werden. Dann gibt es dienst-, disziplinar- und arbeitsrechtliche Konsequenzen. Das alles ist jetzt schon möglich. Wozu also dieses Gesetz?
Jetzt schaue ich mir noch einmal die Koalition an. Nach den Vorträgen, die wir eben gehört haben, und nach der Historie, die ich Ihnen aufgezeigt habe, muss die CDU mehr als alarmiert sein, wenn dieses Gesetz tatsächlich in Kraft treten wird. Denn die FDP intendiert mit ihrem Beitritt zu diesem Gesetzentwurf nichts anderes als die laizistische Schule in Nordrhein-Westfalen.
Sie müssen doch die Mahnung der katholischen Kirche ernst nehmen. Prälat Vogt hat es noch einmal ausdrücklich gesagt: Mit diesem Gesetzentwurf werden wir Fragen der Integrationspolitik nicht lösen.
Die müssen wir auf ganz anderem Weg lösen. Da haben Sie uns auch an Ihrer Seite! Machen Sie sich nicht zum Erfüllungsgehilfen der FDP! Sorgen Sie dafür, dass wir demnächst auch in unseren Schulen weiterhin religiöse Symbole haben können, die dann die christliche und jüdische Religion auch betreffen.
Sie laufen Gefahr, die Schulen in NordrheinWestfalen auf den Weg zu bringen, dass keinerlei religiöse Symbole mehr in unseren Schulen vorkommen dürfen. Ist das das, was Sie wirklich wollen? Wenn Sie das nicht wollen, meine Damen und Herren von der CDU, dann prüfen Sie noch einmal den Gesetzentwurf. Besprechen Sie das dann koalitionsintern noch einmal
Ich kann nur mahnen: Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück! Es ist reine Symbolpolitik; es hat nichts mit Integrationspolitik zu tun. Ich mache mir sehr viel Sorgen um die Zukunft des Religionsunterrichtes in unseren Schulen im Allgemeinen. – Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schäfer. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Jostmeier. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist schwierig, in der mir verbleibenden Zeit zu dem, was von Frau Schäfer seitens der SPD-Fraktion und der Fraktion der Grünen gesagt worden ist, detailliert Stellung zu nehmen. Ich will versuchen – indem ich vieles von dem, was ich vorbereitet habe, weglasse –, hierzu die Haltung der CDU zu verdeutlichen.