Protocol of the Session on March 19, 2009

Ich rufe auf:

6 Zukunftschance Wasser nutzen – NRW zum Wasserland Nr. 1 machen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7357

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 14/8093

Ich weise darauf hin, dass der Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Diese liegt nun in der erwähnten Drucksache vor.

Das vorweggeschickt, eröffne ich die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD dem Kollegen Dr. Karthaus das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter Dr. Karthaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Woche findet das fünfte Weltwasserforum statt, das ganz im Zeichen des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung steht. 20.000 Teilnehmer diskutieren in

Istanbul unter anderem darüber, welche Wege und Möglichkeiten bestehen, dass mehr als 1 Milliarde Menschen endlich Zugang zu trinkbarem Wasser erhalten und dass sauberes Trinkwasser nicht immer mehr zur kostbaren und knappen Ressource und damit auch zu einem geopolitischen Spielball wird. Wasser ist in der Tat ein Weltthema.

Trotz hoher Siedlungsdichte verfügt NordrheinWestfalen mit seinen 18 Millionen Einwohnern über eine Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung auf sehr hohem Niveau. Über 100.000 Arbeitsplätze liegen in unserem Land alleine in der Wasserwirtschaft. Unsere Gewässer sind wichtige Lebensadern in der Landschaft, sie sind Refugien für zahlreiche Pflanzen und Tiere, und nicht zuletzt bieten sie unterschiedlichste Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten.

Im Themenfeld Wasser begegnen sich Ökonomie, Ökologie und Verbraucherschutz so eng wie kaum woanders, und niemand hier wird mir widersprechen, wenn ich sage: Wasser ist gerade für unser Land eine riesige Zukunftschance.

(Beifall von der SPD)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine solche Chance muss man auch aktiv wahrnehmen. Das klappt leider nicht von alleine. Dazu müssen Weichen rechtzeitig gestellt werden.

Darum, sehr geehrte Damen und Herren, geht es in unserem Antrag. Wir fordern Sie als Landesregierung, aber auch als Koalition auf, endlich die Zukunftschance Wasser gestaltend anzugehen, endlich ein stimmiges Konzept vorzulegen, wie die Schlüsselsektoren hierfür weiterentwickelt und verbunden werden können, endlich vom gezwungenen Reagieren zum vorausschauenden Weichenstellen zu kommen. Dafür geben wir Ihnen eine Reihe von guten Rezepten mit auf den Weg. Sie müssen unseren Antrag nur aufmerksam lesen.

Die wenigen Handlungen, die die Landesregierung unternommen hat, sind oft genug nur Reaktionen auf Umweltskandale oder auf die verbindliche Vorgabe der EU-Gesetzgebung gewesen. Ich erinnere nur an PFT oder das Thema Pharmarückstände in Gewässern, wo sie zum Jagen getragen werden musste.

Und, Herr Laumann – Sie müssen ja gleich den Kollegen vertreten; es ist immer schwierig, wenn man für andere den Buckel hinhalten muss –, für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie lassen Sie sich feiern, obwohl das Ihre selbstverständliche Pflicht ist, wenn Sie sich nicht mit Brüssel anlegen wollen. Dass Sie mal schnell den Anteil der als erheblich verändert eingestuften Gewässer von 25 auf über 60% erhöht haben, um die Erfordernis von Maßnahmen zur ökologischen Gewässeraufwertung zu reduzieren, das sagen Sie natürlich nicht gerne.

In der Wasserpolitik werden wesentliche Handlungsfelder völlig außen vor gelassen. Wo bleiben denn die greifenden Konzepte zur Erholung und Freizeitnutzung an und auf unseren Gewässern? Wo bleiben die Lösungen der Konflikte zwischen Naturschutz und Nutzung?

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Karthaus, entschuldigen Sie, wenn ich unterbreche. Der Kollege Ellerbrock würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie diese zu?

Da ich jetzt schon fünf Minuten darauf warte, lasse ich das gerne zu, Herr Ellerbrock.

Bitte schön, Herr Kollege Ellerbrock.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass die Veränderung des Anteils erheblich belasteter Gewässer darauf zurückzuführen ist, dass nunmehr in Abweichung von dem Handeln der vorherigen Regierung ein Vergleich mit Nachbarländern stattgefunden hat und wir so zu einer Vergleichbarkeit beigetragen haben – wir haben Abschied von dem Sonderweg NRWs genommen – und dass diese Rücknahme im Einvernehmen geschieht?

Herr Kollege Ellerbrock, zunächst einmal sollten Sie dann auch ausführen, dass von 50.000 km Gewässerstrecke gerade einmal 14.000 km bewertet worden sind und dann hochgerechnet wurde. Nordrhein-Westfalen hat diesen kleinen Zipfel sehr gerne angepackt, um dieser Maßnahmenverpflichtung zu entgehen. – Ja, es ist leider so, dass man diese Prozentzahl in dieser Form mir nichts, dir nichts drastisch heraufgesetzt hat.

Ich wiederhole noch einmal: In der Wasserpolitik werden wesentliche Handlungsfelder außen vor gelassen. Ich habe gerade ausgeführt: Freizeitnutzung, Konflikte zwischen Naturschutz und Nutzung, Fehlanzeige auch bei der effektiven Unterstützung und Vernetzung von Unternehmen, die Wassertechnologie „made in NRW“ in der ganzen Welt anbieten.

Wir vermissen Maßnahmen zur Renaturierung von Mooren als große Wasserspeicher und CO2-Senken und warten immer noch auf ernsthafte Bemühungen, die nachteiligen Einflüsse der Agrarwirtschaft auf die Gewässer zurückzudrängen.

Noch etwas Bemerkenswertes: Initiativen in den Wasserthemen gehen häufig vom Verbraucher

schutz, von Unternehmen, vor allem aber von den Wasserverbänden aus, also ausgerechnet von den Organisationen, denen Sie durch Ihre unsägliche Ideologie „Privat vor Staat“ das Wasser abgraben wollen.

(Beifall von der SPD)

Liebe Landesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: So wird das nichts.

Was aber ganz entscheidend ist: Ihre Maßnahmen bleiben Stückwerk. Ihnen fehlt das verbindende Konzept, das eine Strategie für den nachhaltigen Erfolg des Wasserlandes Nordrhein-Westfalen bietet. Es ist nun einmal so: Ein Flickenteppich kann nicht als wertvoller Perser verkauft werden.

(Beifall von der SPD)

Ein Gesamtkonzept, das Ökonomie, Ökologie, Forschung, Verbraucherschutz und Freizeitnutzung plausibel miteinander verbindet, haben Sie bis heute nicht vorgelegt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das hat dieses Thema nicht verdient. Die Zukunftschance Wasser kann nur realisiert werden, wenn man sie mit Kompetenz, Engagement und der richtigen Strategie angeht.

Für uns als SPD-Fraktion ist das Handlungsfeld Wasser ein wichtiger Gesichtspunkt für eine erfolgreiche Weiterentwicklung unseres Landes. Daher haben wir mit dem Masterplan Wasser NordrheinWestfalen eine Grundlage erarbeitet, die Ziele und Wege für die Zukunftschance Wasser aufzeigt.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, haben noch die Chance nachzuziehen, wenn Sie unserem Antrag entsprechen. Tun Sie das nicht, bleibt neben dem Slogan eines Wasserverbandes, der gut zur SPD passt, nämlich „Wasser – wir wissen, wie es läuft“, für Sie nur noch das Motto: Still ruht der See. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Karthaus. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Pick das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Pick.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war schon interessant, was Herr Dr. Karthaus hier ausgeführt hat.

(Demonstrativer Beifall von der SPD)

Denn er hat hier noch einmal die große Tüte Buntes aufgemacht und all das vorgetragen, was man unter dem Thema Wasser diskutieren kann, was aber mit der Realität eigentlich nichts zu tun hat. Es ist auch interessant, dass Herr Dr. Karthaus sich auf das Wasserforum in Istanbul beruft. Auch wenn der Antrag am 19.08.2008 gestellt worden ist, könnte es

ja sein, dass Sie damals schon wussten, dass wir Ihren Antrag heute im Plenum lesen.

Sie werden, wenn Sie die Diskussion in Istanbul verfolgen, aber auch feststellen, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland und vor allen Dingen in Nordrhein-Westfalen dort als vorbildlich dargestellt werden. Es ist nicht so, wie es in Ihrem Antrag steht, dass die Regierung aufgefordert wird, ein Konzept vorzulegen. Das Konzept ist international anerkannt; das wird in Istanbul deutlich. Darin zeigt sich auch, wie überflüssig Ihr Antrag ist. NordrheinWestfalen ist längst das Wasserland Nummer eins. Wir brauchen es nicht mehr dazu zu machen.

Die Leistungen der Landesregierung auf dem Gebiet der Wasser- und Abwasserpolitik, des Hochwasserschutzes sind vielfältig. Das geht weit über das hinaus, was Sie hier in ein Konzept geschrieben haben wollen. Denn es ist schon auf dem Wege, es wird umgesetzt.

Das bezieht sich zum einen auf das Trinkwasser. Trinkwasser ist natürlich das Lebensmittel Nummer eins. Jede Landesregierung ist aufgefordert, alles dafür zu tun, dass Trinkwasser in einer hohen Qualität geliefert wird. So war auch diese Landesregierung in der Vergangenheit bemüht, die Qualität ständig zu verbessern, auch vor dem Hintergrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse und vor dem Hintergrund, dass wir heute andere Einträge und andere Belastungen im Trinkwasser haben, als sie in den Trinkwasser-Richtlinien vorgegeben sind, und auch andere Belastungen haben, als sie in der Vergangenheit diskutiert wurden, weil sie jetzt gemessen werden können.

Der Trinkwasserbericht, der erstmals – das haben bisher keine anderen Landesregierungen zustande gebracht – im Dezember vergangenen Jahres vorgelegt worden ist, hat das deutlich gemacht. Er hat auch aufgezeigt, wo die Zukunftsperspektiven und die zukünftigen Aufgaben liegen. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Denn das ist das Konzept, das Sie hier fordern, wie das auch in allen anderen Bereichen der Fall ist. Insofern ist das, was Sie fordern, dass das Land Nordrhein-Westfalen ein Konzept vorlegen muss, längst erreicht und darüber hinaus noch vieles andere.

Wir können sehen, wie konsequent das Land Nordrhein-Westfalen die Abwasserpolitik betreibt. Hier wird ständig investiert. Auch wird ein Investitionsprogramm aus der Abwasserabgabe finanziert. Es werden Modellmaßnahmen durchgeführt, Chancen genutzt und umgesetzt, die in der Vergangenheit nie eine Rolle gespielt haben.

Ich erinnere an den Bereich Hochwasserschutz. Wir haben den Hochwasserschutz in den letzten Wahlperioden immer wieder diskutiert. Wenn wir sehen, was in den vergangenen Jahren mit dem Hochwasserschutzkonzept geschehen ist, das bis zum Jahre 2015 aufgestellt ist, dann wird deutlich, dass hier

Prioritäten gesetzt sind und dass wir endlich dieses dringende Problem in den Griff bekommen.

Bis zum Jahr 2015 werden 1,2 Milliarden € in die Deichsanierung gehen. Das sind Maßnahmen, die in der Vergangenheit nicht angegangen wurden, die aber notwendig sind, weil durch die Deichrückverlegungen die Menschen geschützt werden. Daran, dass die Voraussetzungen durch diese Landesregierung geschaffen wurden, zum Beispiel den Rückhalteraum im Deichverband sicherzustellen, in dem fast 20 Millionen m3 Wasser aufgefangen werden können, wird deutlich, dass hier der Schutz des Menschen im Vordergrund steht und vieles nachgeholt wird, was in der Vergangenheit versäumt wurde.

Meine Damen und Herren, die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie wurde angesprochen. Hier hat eine Bestandsaufnahme stattgefunden. Es wird festgestellt, in welchen Flussgebieten es zu Veränderungen kommen muss, damit der gute Zustand der Gewässer stabilisiert wird. Die Gewässer sind identifiziert, wo es zu Veränderungen kommen muss, und wir stehen jetzt vor der Umsetzungsfrage.

Bis zum Jahre 2027 – das ist keine lange Zeit bei den riesigen Projekten, die hier anstehen – werden insgesamt 2.200 Flusskilometer und Bachlandschaften ökologisch verbessert. Das sieht im Land Nordrhein-Westfalen anders aus als in Flächenländern, in denen diese Aufgaben nicht so konzentriert sind wie im urbanen Bereich unseres Landes. Hier werden in den nächsten Jahren erhebliche Finanzmittel eingesetzt, damit der gute Zustand überall erhalten bleibt.

Ein weiterer Hinweis zum Grundwasserschutz: 70% des nordrhein-westfälischen Grundwassers sind unbelastet. Das ist eine hohe Zahl. Hier zeigt sich, dass in der Vergangenheit schon vieles gemacht worden ist, dass diejenigen, die die Landschaft nutzen, darauf achten, dass das Grundwasser nicht belastet wird. Trotz dieses hohen Grades werden alle Anstrengungen unternommen, dass diese Belastungen weiter verringert werden.

Hierzu erwähne ich insbesondere die Kooperationsverträge mit der Landwirtschaft, die weiter ausgebaut und intensiviert werden, damit das Grundwasser hier weiterhin geschützt wird.