Deshalb fragen wir heute, fast ein Jahr nach dieser kryptischen Äußerung: Wann ist denn für Herrn Innenminister Wolf die Zeit gekommen?
Hier offenbart sich ein merkwürdiges Rechtsstaatsverständnis des Innenministers, der einem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommt und noch nicht einmal dem Parlament darüber berichtet, warum er ihm nicht nachkommt.
Aber Ihr Rechtsstaatsverständnis zeigt sich nicht nur an diesem Punkt, Herr Minister. Über ein Jahr nach der Rechtsprechung von Karlsruhe zu Ihrer Online-Durchsuchung – am 27. Februar 2008 ist Ihr Verfassungsschutzgesetz im Bereich der OnlineDurchsuchung für null und nichtig erklärt worden – haben Sie auch diesbezüglich noch keinerlei Reaktion gezeigt.
Die Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich nicht nur auf das Gesetz zur Online-Durchsuchung, sondern auf sehr viele Rechtsgrundlagen im Polizeigesetz und im Verfassungsschutzgesetz. Polizei und Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen arbeiten also mit nicht verfassungskonformen Gesetzen.
Auch hierzu äußern Sie sich in einer Vorlage vom 25. Juni 2008 an den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, weil wir dazu Klage eingereicht haben, mal wieder wie folgt: Eine entsprechende Gesetzesvorlage soll nach Beendigung des Meinungsbildungsprozesses innerhalb der Landesregierung beim Landtag zeitnah eingebracht werden. – Zeitnah, zu gegebener Zeit, es wird schon irgendwie kommen.
Und last but not least: In Ihrem Koalitionsvertrag haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, vollmundig eine Reform des Polizeigesetzes beschlossen. Wir stehen bald ein Jahr vor dem Ende der Legislaturperiode. Wann wird denn der Koalitionsvertrag umgesetzt? Nicht, dass wir das richtig finden würden. Zum Thema „finaler Rettungsschuss“ sehe ich persönlich keinen Handlungsbedarf.
Aber laut einer Agenturmeldung vom 22. September 2008 – immerhin auch schon eine ganze Weile her – sagte der Innenminister, dass das in den nächsten Monaten eingeführt werde, und kündigte ein novelliertes Polizeigesetz an, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Still ruht der See. Nichts passiert.
Sie setzen Ihre Verpflichtung aus der Evaluierungsklausel nicht um. Sie setzen die Verpflichtung aus der Rechtsprechung von Karlsruhe nicht um.
Verfassungsschutz und Polizei in NordrheinWestfalen haben keine gesetzliche Grundlage, die auf dem Boden der Verfassung steht. Sie setzen nicht einmal den Koalitionsvertrag um. Lieber Herr Kruse, wie finden Sie das eigentlich, dass Ihr Minister Ihre Vorgaben nicht umsetzt?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Rechtsstaatsverständnis ist für mich nicht mehr hinnehmbar. Ich meine, dass für Sie, Herr Minister, die Zeit längst gekommen ist – nicht die Gesetze zu machen, die Sie machen müssten, sondern zu gehen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Horst Becker [GRÜNE]: Der finale Wolf! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die Zeit ist abgelaufen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Düker, die Pflicht des Parlamentes ist es erstens, die Regierung in der Erfüllung Ihrer Aufgaben zu unterstützen,
Die Opposition der laufenden Wahlperiode, die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, werden im Politikfeld der inneren Sicherheit ihrer Aufgabe in keiner Weise gerecht. Von Ihnen gab es in den letzten vier Jahren keinen einzigen Antrag dazu; wir vermissen jede Initiative zur Verbesserung der Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen.
Ausschließlich Kritik, Ablehnung und Diffamierung der zuständigen Landesregierung bzw. unseres Innenministers. Alle diese Vorgehensweisen sind aus unserer Sicht keine Konzepte, um im Politikfeld der inneren Sicherheit ernst genommen zu werden.
Frau Kollegin Düker, Sie bedenken im vorliegenden Antrag nicht, dass bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen zu berücksichtigen sind, obwohl Sie wissen, dass sich die Vorlage der Novelle des Polizeigesetzes vor allen Dingen wegen der Umsetzung und der Beachtung verfassungsgerichtlicher Vorgaben verzögert hat.
Gleichwohl wiederhole ich für die CDU-Fraktion in aller Offenheit, was ich schon im Dezember vorgetragen habe: Ich bin außerordentlich zuversichtlich, dass noch in der ersten Hälfte dieses Jahres der Entwurf des Polizeigesetzes gemeinsam mit dem Evaluierungsbericht zu den angesprochenen §§ 31 und 34 Abs. 2 des Polizeigesetzes vorliegen werden. Aus Gründen der Verfahrens- und Beratungsökonomie macht es aus unserer Sicht sehr viel Sinn, den Gesetzentwurf gemeinsam mit dem Evaluierungsbericht vorzulegen.
Der vorgeschlagenen Überweisung an den Innenausschuss stimmen wir zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die SPD-Fraktion die Überschrift des Antrags der Grünen „Wann ist für Innenminister Wolf die Zeit gekommen?“ gelesen hat, haben wir einstimmig beschlossen: gestern.
Das in mehrfacher Hinsicht. Ich will jetzt nicht alle Gründe dafür aufführen, sondern mich auf das Anliegen des Antrags beziehen, das eigentlich sternenklar ist. Darüber haben wir auch im Innenausschuss mehr als einmal gesprochen. Wenn ganz klar in einem Gesetz steht, dass bestimmte Normen nach einer bestimmten Zeit evaluiert werden sollen, fragt man sich schon, warum das Parlament Monat für Monat keinen Evaluierungsbericht von der Landesregierung bekommt. Man kann den Eindruck gewinnen: Vielleicht hat die Regierung in diesem Fall das Regieren eingestellt. – Das könnte sein.
Wir wundern uns immer über die Reden: Nach 39 Jahren wird alles besser, jetzt regieren andere. – In dem Punkt regieren Sie anscheinend überhaupt nicht. Nach Ihrer Ankündigung, Herr Kollege Kruse, bin ich gespannt, was jetzt kommt.
Man kann jedenfalls nicht aus Praktikabilitätsgründen sagen, Herr Kollege Kruse: Das Verfahren erscheint uns so einfacher zu sein. Wir warten mit der Evaluierung, bis wir mit den Koalitionsverhandlungen über den Entwurf zum Polizeigesetz fertig sind. – Im Gesetz ist ganz klar geregelt, wann die Regierung zu liefern hat – egal, welche Regierung, ob rot-grün, schwarz-gelb, wer auch immer. Das hat etwas mit Amtsverständnis und Amtspflichten der Landesregierung, des Innenministers in Person, zu tun.
Das, was die Kollegin Düker eben gesagt hat, ist ja keine Erfindung der Grünen-Fraktion. Allein bei der Liste, die sie aufgeführt hat, ist doch eins völlig nahe liegend: Wenn man die Amtspflichten vernachlässigt, muss man sich nicht wundern, wenn man in vielen Bereichen der Sicherheitsgesetzgebung keine geordnete Staatstätigkeit, keine geordnete Staatsverwaltung mehr hat. Das ist so.
Wenn Sie in die Gesetze schauen, fragt man sich in der Tat: Wie kann noch eine ordentliche Staatsverwaltung möglich sein? Wie kann die Polizei noch handeln? Wie können Bürger noch wissen, was von Staats wegen erlaubt ist und was nicht?
Noch ein Letztes, um das zusammenzufassen: Ein Innenminister, der die eigenen Polizeigesetze nicht befolgt, ist in Wahrheit nicht besser als ein Verkehrsminister, der sich nicht an Verkehrsregeln hält.
Wenn wir im Parlament Gesetze machen, gehen wir davon aus, dass sie für alle gelten. Was sollen die anderen denken, wenn diejenigen, die die Gesetze machen, eine Regierung haben, die sich nicht an
die Gesetze hält, uns Monat für Monat vertröstet und nicht erklären kann, warum das Ganze so spät kommt?
Herr Kruse, wenn uns verständliche Gründe genannt werden, warum es länger dauert, dann nehmen wir das zur Kenntnis und warten entsprechend ab. Dann geben wir auch noch Zeit dazu; das kann immer passieren. Nur, das Parlament im Regen stehen zu lassen und keine klaren Antworten geben zu können, sich herauszureden oder das Wort „zeitnah“ zu gebrauchen, das offensichtlich „lange Bank“ heißt, ist meines Erachtens nicht in Ordnung.
Deswegen würden wir uns sehr darüber freuen, Herr Innenminister, wenn Sie dem Parlament einfach das vorlegen würden – nicht, was die Opposition verlangt –, was unsere Gesetze in NordrheinWestfalen vorschreiben. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Rudolph. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Engel das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Düker und Herr Kollege Dr. Rudolph, ich glaube, dass der Minister Ihnen gleich Ihre Fragen beantworten wird. Die Regierung wird liefern.