Protocol of the Session on March 19, 2009

Wir haben eine gute Trinkwasseraufbereitungsgeschichte. Auch dort gilt es, Standards weiter zu heben, um Entwicklungen zu befördern, die gerade angesichts der beschriebenen Notwendigkeiten in der Welt helfen können.

Dass das so ist, haben wir bei den Ausschussreisen an vielen Stellen erfahren können. Ich erinnere an unsere Erfahrungen in China, wo auch deutsche Technologie nachgefragt wird. Aber noch mehr als Technologie wird Ingenieurskunst nachgefragt, um diese Technologie auch ans Laufen zu bringen. Dort liegt eigentlich der Schwerpunkt unserer Aktivitäten: die verschiedensten Unternehmen zusammenzubinden, um im Weltmarkt Chancen zu haben. Wir werden nicht die großen Projekte leiten und finanzieren können. An der Stelle sind uns andere voraus. Was wir bieten können, ist das Know-how, ist die Ingenieurskunst. Heute wäre in der Debatte die Chance gewesen, aufzuzeigen, wie wir in diese Richtung gehen können.

Lassen Sie mich auch noch zwei, drei Sätze zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sagen: Wir werden uns in dieser Frage wieder sprechen. Daran habe ich überhaupt keine Zweifel. Ich prophezeie Ihnen: Sie werden mit Ihrer Strategie des Downsizings und des Abratens von Standards auf EU-Ebene scheitern. Man kann gewonnene Erkenntnisse nicht einfach durch neue ersetzen. Die wissenschaftlichen Erhebungen wurden vor zwei oder drei Jahren gemacht und sind an die EU gemeldet worden.

Ihr Versuch, diese mit der niedrigsten Norm – angestoßen durch Lobbyinteressen gerade aus der Landwirtschaft – zu unterlaufen, wird nicht funktionieren. Sie werden erleben, dass NordrheinWestfalen und die Bundesrepublik wegen Ihres Handelns von der EU mit Klagen überzogen werden, wie es in anderen Ländern und bei anderen Situationen schon der Fall war. Sie erfüllen die von der EU vorgegebenen Standards einfach nicht und meinen, schnell noch einmal unter der Messlatte hindurchzukommen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Diese Strategie wird – sehr zum Schaden des Standortes Nordrhein-Westfalen und sehr zum Schaden der Gewässer in Nordrhein-Westfalen – nicht funktionieren. Vonseiten der Koalitionsfraktionen wird der minimalistischste Anspruch an die Gewässerpolitik gelegt. Ich halte das für die Gewässerentwicklung und für den vorsorgenden Klimaschutz für fatal.

Wir benötigen nicht nur am Rhein eine funktionierende Gewässerpolitik. Das verwechseln Sie beim Hochwasserschutz oft. Hochwasserschutz ist eben nicht nur ein Thema für den Rhein mit höheren Deichen, sondern muss im ganzen Land betrieben werden. Wo sind Ihre diesbezüglichen Initiativen? Wo ist da Ihre Durchsetzung Richtung Kommunen und Regierungsbezirke? Der Hochwasserschutz muss endlich auch in den regionalen Plänen, in den Bauleitplänen und in den örtlichen Flächennutzungsplänen ein durchgängiges Thema sein. Sie haben doch auf allen Ebenen Durchsetzungsprobleme. Dann können Sie es hier nicht so verkaufen,

als ob Sie Zukunftsweisendes im Bereich Hochwasserschutz getan hätten.

Lassen Sie mich abschließend noch einige Bemerkungen zum Thema Trinkwasser machen. Ja, wir haben es mit vielen neuen Stoffen zu tun, die ins Trinkwasser eingetragen werden, weil wir in Nordrhein-Westfalen eine Sondersituation haben. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern wird das Trinkwasser zu über 60 % aus Oberflächengewässern gewonnen. Deshalb ist es auch besonders anfällig für Einträge, die über Kläranlagen in die Gewässer kommen. Hier spielen Arzneimittel, Röntgenkontrastmittel und chemische Stoffe aus der Industrie, aus verarbeitenden Betrieben eine besondere Rolle.

Wir erwarten eine konsequente Politik der Landesregierung, die auch mit Geboten und Verboten arbeitet. Wir müssen hier leider eine Leerstelle feststellen. Es wird versucht, mit freiwilligen Vereinbarungen und gutem Zureden das eine oder andere zu bewegen. Wir müssen aber konstatieren: Dies geschieht bisher ohne Erfolg.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Ja, auch bei PFT haben Sie bislang keine Erfolge vorzuweisen. Das werden wir an dieser Stelle auch noch ausführlich diskutieren.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Deshalb ist es richtig und notwendig, Sie an dieser Stelle auch immer wieder zu fordern. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Remmel. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD ist in den Augen der Landesregierung ein alter Hut. Er enthält keine neuen Erkenntnisse.

Die Landesregierung setzt ein umfassendes und stringentes Konzept zum Gewässer- und Verbraucherschutz dagegen, das an einem vorsorgenden Gesundheitsschutz ausgerichtet ist. Dieses Konzept umfasst nicht nur Themen, die gerade modern und in aller Munde sind. Nein, wir befassen uns auch mit den langfristigen Themen, die über den Tag hinaus von Interesse sind und unsere Zukunft beeinflussen. So haben wir beispielsweise das Thema der Anpassung an die Veränderung des Wasserhaushaltes aufgrund klimatischer Entwicklungen aufgegriffen. Um die Folgen für Nordrhein-Westfalen abschätzen zu können und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wurden zusätzliche Mittel aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt.

Vorhaben, die die Wasserwirtschaft betreffen, sind bereits beauftragt.

Wir haben ein Hochwasserschutzkonzept verabschiedet und setzen es jetzt Stück für Stück in die Tat um. Das Konzept ist darauf ausgelegt, mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Milliarden € bis zum Jahr 2015 am Rhein Deiche zu sanieren, zurückzuverlagern und Rückhaltebecken zu bauen.

Wir haben den Aspekt der Spurenstoffe in Gewässern und im Trinkwasser mit Blick auf die Zukunft thematisiert. Dabei nimmt Nordrhein-Westfalen eine Vorreiterrolle in ganz Deutschland ein. Wie Sie wissen, hat insbesondere das im Juni letzten Jahres im Landtag vorgestellte Programm „Reine Ruhr“ das Ziel, das Thema der organischen Spurenstoffe im Wasser in umfassender Weise aufzuarbeiten. Das Programm wird von einer Expertenkommission begleitet. Die Aufgaben der Kommission wurden bereits ausführlich dargestellt. Ein erster Zwischenbericht ist in Arbeit.

Das Programm wurde mit dem Ziel aufgestellt, die dort gewonnenen Erkenntnisse anschließend landesweit umzusetzen. Damit setzt Nordrhein-Westfalen Maßstäbe, die über die Grenzen von Deutschland hinaus Beachtung finden und Vorbildcharakter haben. Im Zusammenhang damit steht auch die vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Auftrag gegebene Studie, bei der das Rheinisch-Westfälische Institut für Wasser in Mülheim und das Institut für Siedlungswirtschaft der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen die Belastungen durch Spurenstoffe und die Möglichkeiten zur Senkung des Eintrages von Spurenstoffen in der Ruhr durch Maßnahmen auf Kläranlagen untersucht haben. Der Umweltausschuss wurde hierüber umfassend informiert.

Das Investitionsprogramm „Abwasser“ hat erstmals die Möglichkeit zur umfänglichen Förderung innovativer Verfahren zur Elimination von Arzneimitteln und organischen Spurenstoffen geschaffen. Es beinhaltet eine umfängliche Förderung von Energieanalysen bei der Abwasserableitung und behandlung. Gleichzeitig besteht bei der Inanspruchnahme der Förderung auch die Pflicht, erkannte Defizite zu beseitigen.

Im Rahmen der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie werden Pläne und Programme erarbeitet, um den Lebensraum Gewässer vielfältiger zu gestalten und die Belastungen des Grundwassers vor allem mit Nitrat weiter zu vermindern.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung steht für einen umfassenden Gewässerschutz ein. Sie gewährleistet einen hohen Qualitätsstandard im Hochwasserschutz und in der Trinkwasserversorgung. In zahlreichen Berichten und Veröffentlichungen wurden der Landtag und der Umweltausschuss kontinuierlich über die Wasserpolitik des Landes

unterrichtet. Noch in jüngster Vergangenheit hat das Umweltministerium einen Trinkwasserbericht veröffentlicht. Eine Reaktion aus den Reihen der Opposition habe ich bis heute nicht erfahren. Das Thema scheint also doch wohl nicht so sehr zu interessieren.

Zusammenfassend lässt sich daher nur festhalten: Auf allen Feldern, die im Antrag der SPD erwähnt sind, sind wir bereits aktiv. Der Antrag der SPDFraktion ist aus Sicht der Landesregierung überflüssig.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Laumann. – Für die SPD spricht nun Kollegin Schulze.

(Minister Karl-Josef Laumann: Heute müsste man drei Gehälter bekommen!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat den regierungstragenden Fraktionen ein Angebot gemacht. Wir haben einen Antrag vorgelegt, um einmal ernsthaft über die Zukunftschancen im Bereich Wasser zu sprechen. Was Sie machen, ist wieder typisch. Sie sagen: Das brauchen wir nicht, das haben wir alles schon, wir haben schon ein Konzept. Deswegen brauchen wir hier gar nicht mehr darüber reden.

Meine Damen und Herren, das ist falsch, und das kann man Ihnen auch eindeutig nachweisen. Wir könnten einmal schauen, wie hier die letzten Wasserthemen angegangen worden sind. Wir hatten da eine Menge: Wir haben über PFT diskutiert. Wir haben auf Antrag der SPD über Arzneimittelrückstände diskutiert. Wir diskutieren ganz aktuell wieder über Nitrat und über Hormone im Wasser.

Und jedes Mal wählt die Landesregierung die gleiche Vorgehensweise. Sie sagen zunächst, das ist überhaupt kein Thema, und gehen auf Tauchstation. Als Nächstes sagen Sie, wenn der öffentliche Druck zu hoch wird und die Zeitungen zu oft berichten: Die Opposition skandalisiert und treibt das künstlich in die Presse. Das ist alles gar kein Problem.

In der nächsten Stufe sagen Sie dann: Mmh, das ist vielleicht doch ein Problem. Aber es nicht so schlimm, wie Sie sagen. – Und als Nächstes fügen Sie an: Das Schlimme daran hat nur die rot-grüne Regierung damals versaut und nicht wir hier und heute. – In der mit ein wenig Abstand folgenden Stufe kündigen Sie endlich Aktionen an, die Sie dann auch noch meinen als Konzept verkaufen zu können.

Meine Damen und Herren, Sie sind die Getriebenen und nicht die Treiber in der Diskussion um die Wasserpolitik.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Sie haben kein Konzept. Das Schlimme ist: Sie haben auch keine Ziele. Demzufolge haben Sie auch keine Maßnahmen, wie man diese Ziele erreicht. Auf diese Weise vertun Sie eine Chance für das Land Nordrhein-Westfalen.

Herr Pick, insofern nutzt es auch nichts, wenn Sie versuchen, diesen Flickenteppich in Istanbul als Perser zu verkaufen. Auch dort wird auffallen, dass es ein Flickenteppich ist und nicht mehr. Sie haben kein Konzept für dieses wichtige Thema in Nordrhein-Westfalen.

Sie haben dann auch noch die Chuzpe, sich hier hinzustellen und zu behaupten: Wenn zwei Drittel des Grundwassers nicht belastet sind, ist das doch gut. – Meine Damen und Herren, das heißt aber, dass ein Drittel des Grundwassers belastet ist. Da darf man sich nicht zurücklehnen und sagen: Da ist alles getan, da müssen wir nichts mehr tun. – Es handelt sich um eine wichtige Aufgabe, die man auch angehen muss.

Schauen Sie sich das doch im Münsterland an. Erst am Dienstag war auf der ersten Seite der „Westfälischen Nachrichten“ zu lesen: Die Nitratbelastung ist ungemein hoch. Man muss da endlich etwas tun. – Da hilft es nicht, ein solches Thema hier aussitzen zu wollen und zu sagen: Wir tun schon alles, da braucht man nicht mehr.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Die haben Angst vor den Schweinebauern!)

Ja, sie haben Angst.

Herr Ellerbrock, Sie sagen, es sei ein komplett neuer Weg, den Sie hier beschreiten wollen. Darauf sage ich Ihnen: Es ist ein uralter Weg, den Sie hier beschreiten. Sie machen das, was Sie schon immer gemacht haben. Sie sagen, was geht, müsse man verscherbeln, müsse man privatisieren. Von öffentlicher Daseinsvorsorge halten Sie überhaupt nichts. Sie sind auch durch die Finanzkrise nicht klüger geworden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Ellerbrock, das ist etwas, was ich Ihnen vorwerfe. Ich gehe davon aus, dass Sie die eine oder andere Tageszeitung lesen. Ihnen müsste eigentlich klar sein, was uns Ihr „Privat vor Staat“ hinterlassen hat und welche Krise wir allein durch Ihr Credo in den letzten Monaten zu verarbeiten haben.

(Ralf Witzel [FDP]: Werden Sie doch einmal konkret!)

Dass Sie das jetzt weitertreiben wollen, dass Sie das jetzt auch noch in die Wasserwirtschaft hineinbringen wollen, dass Sie so etwas Wichtiges wie Wasser zu einer ganz normalen Ware machen wollen, die man verkauft, als wäre sie nichts, nehme ich Ihnen wirklich übel. Das kann so auch nicht weiter

gehen. Diese Politik muss abgewählt werden. Die letzten Monate mit Ihnen werden wir auch noch durchhalten. Aber das, was Ihnen vorschwebt, ist kein Konzept für die Zukunft.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Deswegen appelliere ich noch einmal ernsthaft an Sie: Hören Sie endlich auf, als Landesregierung hier nur den Bauernminister zu geben. Wir brauchen im Bereich der Wasserpolitik mehr. Wir brauchen eine deutlich andere Politik. Sie müssen sich den Herausforderungen in diesem Bereich stellen. Legen Sie endlich ein Konzept für diesen Bereich vor! Machen Sie endlich deutlich, dass die Daseinsvorsorge in Nordrhein-Westfalen nichts ist, was einfach so zum Verkauf anstehen kann! Hören Sie auf mit der Politik „Still ruht der See“! Davon haben wir im Moment genug. Wir brauchen hier Aktivitäten, wir brauchen Aktionen und keine Landesregierung, die ein so wichtiges Thema verpennt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Marc Ra- tajczak [CDU]: Wir brauchen auch nicht sol- che Wasserköpfe wie Sie!)