Sehr geehrter Herr Kollege Sichau, vielen Dank für diese fachliche Frage. Die Kindpauschalen sind auf Basis von Durchschnittswerten kalkuliert. Das Durchschnittsalter der Erzieherinnen liegt bei 42,5 Jahren. Auf dieser Basis sind die Pauschalen errechnet worden. Wir gehen davon aus, dass dieser Durchschnittswert umso eher erreicht wird, je größer die Organisationseinheit ist, also je mehr Einrichtungen von einem Träger betrieben werden. Das Problem, das Sie beschreiben, betrifft kleine Einrichtungen, die nicht diesen internen Ausgleich erreichen können.
Um diese Einrichtungen vor betriebswirtschaftlichen Gefährdungen zu schützen, haben wir im Kinderbildungsgesetz eine Sonderförderung in Höhe von 15.000 € im Jahr ermöglicht, damit diese Härte aufgefangen wird. – Vielen Dank für Ihre Fachfrage.
Ich habe nicht mehr viel Zeit. Ich will noch einen zweiten Bereich, der mir persönlich am Herzen liegt, ansprechen: den Kinder- und Jugendförderplan. In diesem Haushaltsjahr haben wir die Förderung für die Kinder- und Jugendarbeit auf 80 Millionen € erhöht. Das ist dadurch erreicht worden, dass wir andere Programme – das Sonderprogramm „Jugend in sozialen Brennpunkten“, aber auch bestimmte Partizipationsprogramme – in den Kinder- und Jugendplan überführt haben. Das ist aber weit mehr als nur eine haushaltstechnische Operation, weil dadurch – erstens – unterschiedliche Antragsverfahren, die Bürokratie bedeutet haben, abgeschafft worden sind.
Ja, natürlich. Liebe Frau Asch, bei dem Anteil von 5 Millionen € aus den vorherigen Sonderprogrammen, der jetzt in Strukturförderbereichen etatisiert wird, dürfte auch Ihnen nicht verborgen geblieben sein, dass es da eine Veränderung gegeben hat.
Von den 5 Millionen € sind jetzt einige im Bereich von Strukturfördermaßnahmen angesiedelt, die nicht beantragt werden müssen. Das heißt, hier ist bürokratischer Aufwand reduziert worden.
Zum Zweiten ist diese Verschiebung bedeutsam, weil wir den Kinder- und Jugendförderplan mit einer politischen Garantie belegt haben, dass nämlich die Gelder, die in einem Haushaltsjahr nicht verausgabt worden sind, in das nächste Jahr übertragen werden. Das ist bedeutsam für die Praxis, weil Sie unter Ihrer Verantwortungszeit im Kinder- und Jugendförderplan oft 75 Millionen € im Haushalt stehen hatten, zum Beispiel im Jahr 2004, aber tatsächlich ausgezahlt worden sind im Jahr 2004 nur 69 Millionen €. Die 6 Millionen € sind weggefallen.
Bei uns ist es jetzt so: 80 Millionen € werden garantiert; fließt das Geld nicht komplett ab, wird es in das nächste Jahr übertragen. Das ist sozialverantwortliche Politik.
Also – das sage ich auch, weil Wolfgang Jörg diese Erhöhung auf 80 Millionen € hier so hat kleinreden wollen – das hat in der Praxis ganz erhebliche Auswirkungen.
Ich muss im Telegrammstil wenige Dinge ergänzen. Wir haben den Bereich der Strukturförderung als Koalitionsfraktion gegenüber dem Regierungsentwurf erhöht, weil wir der Auffassung sind, dass Kostensteigerungen berücksichtigt werden müssen,
dass wir also die Mittelverstärkung in Höhe von 5 Millionen € innerhalb des Kinder- und Jugendförderplans anders orientieren müssen.
Jetzt komme ich noch auf einen wichtigen Punkt von Wolfgang Jörg. Er hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass Kinder- und Jugendarbeit ein eigenes Sozialisationsfeld außerhalb von Schule, Beruf und Familie ist. Das Regierungshandeln von SPD und Grünen stand aber im krassen Gegensatz dazu, weil SPD und Grüne für die offene Kinder- und Jugendarbeit im Jahre 2008 null Euro aufwenden wollten. Die Mittel in Höhe von 19 Millionen €, die es damals gab, sollten in den Topf Zusammenarbeit mit der Schule investiert werden, weil die Idee anders, als hier gesagt worden ist, war, Jugendarbeit zum Zulieferbetrieb der Schule zu machen.
2008 war der Plan. Haushaltsänderungsantrag der SPD zum Doppelhaushalt 2004/2005. Da ist die Perspektive gezeigt worden: Haushalt 2008 null Euro für die offene Jugendarbeit. Alles überführt in den Bereich der Kooperationsmittel.
Der Antrag ist so beschlossen worden. Das kann ich Ihnen zuleiten. Ich habe es noch in guter Erinnerung, und ich habe es auch nicht zum ersten Mal hier erwähnt.
Wir haben jetzt den Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit auf 25,7 Millionen € erhöht. Das sind 25,7 Millionen € mehr, als unter einer rot-grünen Regierung, wenn es sie jetzt noch gäbe, für offene Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung stehen würde.
Null gegen 25,7 Millionen € für eigenständige Jugendarbeit. Da frage ich zum Schluss: Wer war gerechter – das rot-grüne Kabinett oder die schwarz-gelbe Koalition? – Ich meine, die Frage habe ich beantwortet. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Frau Kollegin Asch das Wort. Bitte, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Interessant an dem Beitrag von Herrn Lindner fand ich zwei Punkte. Erstens, dass Sie sich hier in technisches Klein-Klein, was den Landesjugendplan angeht, ergehen,
und zwar in einem Bereich, von dem jeder weiß – alle Jugendverbände, auch Sie wissen es –, dass in diesen Landesjugendplan nicht ein Cent mehr einfließt, sondern dass Sie nur die Sonderprogramme integriert haben. Dass Sie auf diesen Bereich so viel Zeit verwenden, zeigt, dass Sie von anderen Problembereichen ablenken und nicht auf die Tatsache eingehen wollen, dass die Forderung der Jugendverbände lautet, den Landesjugendplan auf 96 Millionen € aufzustocken. Die Zusage, die Sie denen noch in der Opposition gemacht haben, wurde gerade nicht eingehalten.
Ich fand auch interessant, dass Sie substanziell nicht auf das von der CDU-Fraktion so gelobte KiBiz-Gesetz eingegangen sind. Vielleicht dämmert es Ihnen ja, dass mit diesem Gesetz vieles schlimmer und nichts besser geworden ist in der Kinderbetreuung in diesem Land.
Aber eine Sache muss ich dazu noch erwähnen, nämlich den offensichtlichen Widerspruch, der bei Ihnen in der Fraktion herrscht, was die Erhöhung des Regelsatzes für Kinder angeht. Während Sie nämlich – das haben Sie im Ausschuss und heute wieder gemacht – die Entscheidung des Bundessozialgerichtes, dass dieser Regelsatz für Kinder nicht auskömmlich ist und erhöht werden muss, begrüßen, haben Herr Witzel und auch Herr Romberg, wie ich eben gehört habe, beide gesagt: Man bräuchte diese Erhöhung gar nicht.
Herr Witzel hat das damit begründet, dass die Eltern das doch nur in irgendwelche Medien, in Videogeräte usw. stecken würden. Herr Romberg hat gesagt, man bräuchte diese Regelsatzerhöhung nicht, weil man kein Geld für Biokost bereitstellen wolle. – Ich fordere Sie auf: Klären Sie innerhalb der FDPFraktion erst einmal Ihre Position!
(Ralf Witzel [FDP]: Regelsätze müssen aus- kömmlich sein, aber das Geld auch bei den Kindern ankommen!)
Ich kann nur sagen: Angesichts von 30 % Kinderarmut in Nordrhein-Westfalen in dieser Art und Weise darüber zu spekulieren, ist unverantwortlich und wird den Problemen, die die Kinder und Familien in diesem Land haben, nicht gerecht. So viel dazu.
(Beifall von den GRÜNEN –Ralf Witzel [FDP]: Die Situation der Transferempfänger ist indi- viduell unterschiedlich!)
Die CDU-Fraktion – ich habe es gesagt – lobt sich, wir werden das wahrscheinlich vom Minister gleich wieder hören, dass wir das tollste Gesetz haben. Sie müssen sich auch selber loben, weil das Lob von anderer Seit durchweg ausbleibt. Es bleibt nicht nur Lob aus, sondern es hagelt von allen Fachverbänden, von den kommunalen Spitzenverbänden Kritik an Ihrer Haushaltspolitik.
Wir müssen uns nur die Stellungnahme der Verbände zum Haushalt anschauen. Fangen wir an mit den Familienhilfen. Sie betonen immer wieder, wie wichtig es Ihnen ist, Familien zu unterstützen, dass die Familie als Kern der Gesellschaft etc. Unterstützung braucht. Das heißt aber doch, dass man die Unterstützungsangebote mit entsprechenden Mitteln ausstattet. Und was haben Sie gemacht? Sie haben bei der Familienberatung 750.000 € gestrichen.
Das bedeutet aber ganz konkret, dass Familien weniger Unterstützung bekommen, weil sie weniger Beratung bekommen. Und es bedeutet ein Zweites, nämlich, dass der Ausbau der Familienzentren Makulatur wird. Die Familienzentren müssen sich ja vernetzen – das ist ihr konstitutives Element – mit Familienberatung, mit Familienbildung. Wenn Sie in dem Bereich streichen, lassen Sie die Familienzentren, die neu entstehen, zur Makulatur werden.
Wir haben die Rückmeldung, dass eine große Zahl von Kindertagesstätten, die zum Familienzentrum werden wollen, überhaupt keine Kooperationspartner mehr finden, weil die Kapazitäten der Familienberatungsstellen längst überzeichnet, längst erschöpft sind.
Ich kann hier nur die kommunalen Spitzenverbände, die nicht im Geruch stehen, uns als Grünen nahe zu stehen, zitieren:
Die im Bereich der Familienberatung vorgesehene Kürzung ist zu kritisieren. Bereits heute bestehen bei den Familienbildungs- und -beratungsangeboten teilweise lange Wartezeiten. Zudem wurden bereits mit dem Haushalt 2006 empfindliche Kürzungen in dem Bereich vorgenommen. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Kindertagesstätten zu Familienzentren hat die Landesregierung vermehrt den Eindruck erweckt, hier künftig die kooperierenden Partner besser finanziell auszustatten. Der vorliegende Haushaltsentwurf spricht hier eine gegenteilige Sprache.
Genauso deutlich ist die Sprache bei dem wichtigen zentralen Thema, das wir in der Familienpolitik bewegen. Der Bereich, den wir lösen müssen, ist der
U3-Ausbau. Es hagelt nur so Protestresolutionen aus den Kommunen. Einige Überschriften aus den Zeitungen möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: „Kommunen nennen KiBiz verheerend“ – „Aachener Zeitung“ vom letzten Jahr. „Wir können diese Lasten nicht schultern“, „KiBiz-Sorgen sind längst Fakten“ – „Westfalenpost“ vom 27.11.2008. „KiBiz hat uns überrollt“ – „Westfälischer Anzeiger“ vom 30.10.2008.
Die kommunalen Spitzenverbände haben in einer Stellungnahme zum Haushalt und in zwei Briefen, die an unsere Fraktion gegangen sind, deutlich gemacht: Diese Deckelung, die Kontingentierung der U3-Plätze im Haushalt ist nicht bedarfsgerecht. Sie geht vollkommen an den Bedarfen der Familien, die in den Kommunen erhoben werden, vorbei.