Protocol of the Session on January 28, 2009

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Ellerbrock das Wort, was ich ihm hiermit gern gebe. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Rede des Kollegen Römer fällt mir nur Folgendes ein: Ein selbsternannter Retter in selbst verschuldeter Not sitzt jetzt im roten Gummiboot!

(Heiterkeit und Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, die Folgen des Emissionshandels sind genauso eingetreten, wie wir befürchtet haben.

(Ralf Witzel [FDP]: Wohl wahr!)

Dieser Mensch stellt sich hierhin, weist mit dem Finger auf die Wirtschaftsministerin und spricht Schuld zu. Das war eine Kabarettleistung, aber er hat es mit ernstem Gesicht vorgetragen. Diese schauspielerische Leistung wollen wir anerkennen.

(Beifall von FDP und CDU)

Zweitens. Der zeitliche Ablauf beim Landesentwicklungsplan wurde verschoben; das sprachen Sie an. Das ist notwendig, um den neuen Regionalräten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Darüber brauchen wir gar nichts zu sagen. Die Hochachtung vor diesem kommunalen Gremium ist selbstverständlich.

Drittens. Ich halte es für sinnvoll, über Inhalte zu diskutieren. Das haben wir zu einzelnen Positionen schon getan. Es ist richtig, zum Beispiel in der Nähe von Kraftwerksstandorten die Möglichkeit der Ansiedlung abwärmenutzender Industriebetriebe zu haben. Die Wirtschaftsministerin hatte gesagt, das würde somit übernommen werden.

Ich möchte den Blick auf einen anderen inhaltlichen Punkt lenken. Wir müssen den Leitungsbändern erhöhte Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen. Wenn es richtig ist, dass die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen davon abhängt, die Vernetzung von Industriestandorten voranzutreiben, müssen wir uns überlegen, ob es möglich ist, diesem Gedankengang im Landesentwicklungsprogramm und im neuen Landesentwicklungsplan mehr Raum zu geben.

Allerdings muss klar gesagt werden, dass auch die Wirtschaft deutlich machen muss, welche Leitungsbänder sie langfristig ins Auge fasst und wie wir hierbei Vorsorge betreiben können. Es kann nicht richtig sein, dass die Wirtschaft heute sagt: Jawohl, wir brauchen das; plant das und sorgt dafür, dass die Trassen frei sind! – Das ist eine Vertrauenssache und muss miteinander besprochen werden.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, Landesentwicklungsplanung heißt auch, Chancen zu nutzen, um Visionen nach vorn zu treiben. Hubert Schulte hat es für die Stein- und Erdenindustrie angesprochen. Auch dieser Industriezweig braucht wie alle anderen Industriezweige Kalkulationssicherheit. Wir müssen ihm dabei gerade für Ressourcen, die standortgebunden sind, eine längere Kalkulationssicherheit zusprechen.

Planung heißt Vorsorgeplanung. Im Rahmen des Raumordnungsgesetzes gibt es die Stufen der Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebiete. Das können wir mit einer längerfristigen Planung in den

Regionalplänen und im Landesentwicklungsplan gut verankern.

Frau Ministerin, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich Ihre Überlegungen, zweimal 15 Jahre anzusetzen, für nicht richtig halte. Dabei sollte die Regionalpolitik vielmehr einmal eine lange Diskussion zur langfristigen Orientierung führen. Dann haben wir Ruhe und können eine kalkulierbare Planung aufbauen, bei der sich sämtliche Beteiligten – Kommunen, Nutzungskonkurrenzen und Industrie – wiederfinden können.

Viertens. Technische und kaufmännische Problemstellungen unterliegen rationaler Argumentation. Wir haben aber eine bürgerbewegte Gesellschaft. Nur der informierte Bürger ist ein mündiger Bürger. Die tradierte Bürgerbeteiligung hat versagt. Jedes Industrieprojekt wird vor Ort bekämpft. Wirtschaft, Verwaltung und Politiker müssen überlegen, wie wir in einer bürgerbewegten Gesellschaft kommunizieren. Wir müssen das im Planungsprozess vor, während und nach Genehmigungsverfahren und den Bauphasen anders anfassen als heute. Mit der tradierten Bürgerbeteiligung sind wir gescheitert – ob uns das passt oder nicht.

Wichtig ist, dass wir neu denken, den Bürger ernst nehmen und im Voraus wesentlich besser informieren. Das bedeutet insbesondere, dass die Wirtschaft Kommunikation nicht als Verteilen von Flyern und als gelegentliche Durchführung von Informationsveranstaltungen ansieht, sondern dass sie Kommunikationsprozesse ernst nimmt.

Fünftens. Im Haushaltsentwurf geht es auf Seite 132, Titel 637 10, Kennziffer 422 darum, dem Kommunalverband Ruhr Kosten für die Teile zu erstatten, die er im Rahmen der Übernahme staatlicher Planung für das Verbandsgebiet übernimmt. Das läuft. Ab dem 21. September erhält der Regionalverband die Planungskompetenz für sein Gebiet.

Meine Damen und Herren, das Verbandsgebiet verfügt über gültige Regionalpläne, die untereinander abgestimmt sind. Denn sonst wären nicht genehmigt worden. Diese Regionalpläne müssen laufend gehalten und auf ein Niveau gebracht werden. Die Planungsgemeinschaft, die den regionalen Flächennutzungsplan vorangetrieben hat, hat mehr geleistet, als ich ihr zugetraut hatte. Insgesamt ist das aber sicherlich nicht hinreichend. Hierbei sind aber wertvolle Vorarbeiten gemacht worden.

Das Land, Frau Ministerin, stellt allein in diesem Jahr 200.000 € mit Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 1,2 Millionen € ein. Dahinter stehen acht Stellen. Das ist zumindest in den ersten Jahren eine ausgesprochen komfortable Ausstattung für den RVR.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Wir haben bei den Bezirksregierungen eingespart. Daher müssen wir überlegen, ob solch eine Aus

stattung sachlich geboten und verantwortbar ist. Aus meiner Überzeugung ist sie nicht geboten. Man hätte mit der Hälfte der Stellen zumindest in den ersten Jahren gut arbeiten können. Das ist aus meiner Sicht eine Komfortausstattung – schön, wenn man sie hat. Aber im Vergleich zu anderen Dienststellen ist sie nicht zu rechtfertigen.

Wir werden noch überlegen müssen, wie wir dabei weiterkommen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Schulte hat Herrn Prof. Bollermann vermisst. Daher möchte ich zwei Sätze von Herrn Prof. Bollermann aus der Debatte vor einem Jahr zitieren:

Wie im vergangenen Jahr können wir feststellen: Es gibt bisher keine Linie der schwarz-gelben Landesregierung zur Landesplanung. Landesplanerische Projekte, die Nordrhein-Westfalen nach vorne bringen, haben wir nicht gesehen.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Dabei bleibe ich auch heute noch!)

Herr Ellerbrock, Herr Prof. Dr. Bollermann bleibt auch heute dabei.

Fazit ist – das wurde angekündigt –, dass das Landesplanungsgesetz im zweiten Quartal dieses Jahres vorgelegt werden sollte.

Wir wissen jetzt, es wird nicht vorgelegt, sondern es soll in die nächste Legislaturperiode verschoben werden. Das ist eines der zentralen Projekte. Es wäre spannend gewesen, darüber zu diskutieren.

Zu der Frage bezüglich der Rohstoffsicherung, die zwischen Herrn Ellerbrock und der Ministerin strittig war, will ich für uns klar sagen: Diese 15/15Regelung, die Zeiträume etwas zu verknappen und dadurch anders anzupassen, hätten wir mitgetragen, weil wir das für sinnvoller halten, als das auf die ganz langen Zeiträume zu strecken. In der Sache würde man dann sicherlich einige Themen sehr strittig diskutieren. Wenn ich Herrn Ellerbrock ansehe, dann stelle ich fest, dass er weiß, worum es geht. Seine Bestrebungen, den ganzen Niederrhein in eine einzige Wasserwüste umzuwandeln, das Ijsselmeer an den Niederrhein zu holen, den ganzen Kies auszugraben, sind aus unserer Sicht unverantwortlich. Sie können nicht innerhalb von eineinhalb Generationen eine gewachsene Kulturlandschaft, die Heimat für viele Menschen ist, in ihrer

Struktur völlig verändern. Das kann nicht vernünftig sein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Ministerin will die Zeiträume ein Stück weit verkürzen, um einen etwas vernünftigeren Umgang mit den Ressourcen sicherzustellen. Das kann nicht anders sein. In der Vergangenheit haben wir den Kies immer aus der Erde herausgeholt. Dann bleibt eine offene Landschaft übrig. Und dann wird das Ganze verbaut. Das Material, das nachher übrig bleibt, geht dann in eine Bauschuttdeponie. Das werden wir uns auf längere Sicht so nicht erlauben können. Das gilt für Kies genauso wie für andere Rohstoffe.

In einem weiteren Themenbereich, der spannend ist, gibt es nach wie vor eine Arbeitsteilung zwischen Wirtschaftsministerium und Umweltministerium. Der Kollege Umweltminister ist ja der Wanderprediger, der für weniger Flächenverbrauch, für mehr Schutz der Freifläche überall im Land sehr missionierend und sehr positiv auftritt.

(Beifall von der FDP)

Das wirklich ambitionierte Ziel ist, 15 ha Freiflächenverbrauch pro Jahr auf 5 ha zu reduzieren. Wir wissen aus dem Umweltausschuss, er ist jetzt bei 14 ha angekommen. Das mag aber auch eine statistische Unschärfe sein. Aber das ist natürlich weit weg von dem Ziel und steht im Gegensatz zu der Praxis, wie wir sie überall erleben. Wir erleben sie auch aus einem kommunalen Egoismus heraus. Wir haben das auch wieder im Ruhrrevier erlebt, als die Kommunen, die sich dort zusammengetan haben, so viele hundert Hektar zusätzliche Freiflächen im Bedarf angemeldet haben, dass man sagen muss, das kann überhaupt nicht sein. Deswegen brauchten wir an der Stelle eine Steuerung.

Es wird eine Aufgabe für uns alle sein, dafür zu sorgen, dass der Freiflächenverbrauch, die Inanspruchnahme von Freiflächen nicht so weiter gehen, sondern dass wir an der Stelle, wo wir alte Industriebrachen und andere Flächen haben, wesentlich stärker in die Wiedernutzung hineinkommen. Das müssen wir steuern, weil der kommunale Egoismus im Wettbewerb der Kommunen immer so stark ist – jeder will seine Reserveflächen, seine großen Flächen, die im Angebot sind, haben –, dass das nicht anders als über das Land zu machen ist.

Jetzt sind wir ein gutes Jahr vor der Landtagswahl. Wir wissen, in diesem Jahr passiert da nichts mehr. Es gibt Aufstellungen, die sich grundsätzlich positionieren. Dann werden wir das Kapitel, wenn wir es nüchtern sehen, 2011 wieder auf der Tagesordnung haben. Insofern könnten wir uns vielleicht darauf verständigen, dass wir bei der Haushaltsdebatte im nächsten Jahr nur die ersten beiden Bereiche ausführlicher diskutieren und uns die Landesplanung bis 2011 schenken. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Es gibt auch nicht viel zu sagen!)

Das Landesplanungsgesetz wird noch in dieser Legislaturperiode fertig und durch das Parlament gehen.

Etwas anders sieht es beim Landesentwicklungsplan und bei der Zusammenführung mit dem LEPro aus. Da wird die Regierung in dieser Legislaturperiode die Arbeiten abgeschlossen haben. Die Gespräche laufen. Aber um eine ordentliche Beteiligung der Regionalräte sicherzustellen, sollte man denen ausreichend Zeit geben, sich damit zu befassen.

(Beifall von der FDP)

Natürlich wird es in dem neuen LEPro 2025 auch um die Fragen gehen, an welchen Zielen wir uns orientieren und was wir, Herr Priggen, zum Beispiel bezüglich der jährlichen Flächeninanspruchnahme erreichen wollen.