Protocol of the Session on January 28, 2009

Ein alternativer Weg – weil das in der Debatte immer wieder Gegenstand war, will ich auch darauf eingehen – wäre natürlich gewesen, zum jetzigen Zeitpunkt die Beratungen des Haushaltes 2009 auszusetzen und die Anpassungen zum Beispiel mit einer Ergänzungsvorlage vorzunehmen. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Landesregierung diesen Weg nicht gewählt hat und wir heute als Fraktionen und als Parlament insgesamt über den vorgelegten und im parlamentarischen Verfahren geänderten Haushalt 2009 beraten; denn wir sollten den für das

Land, aber auch für alle anderen Beteiligten stets problematischen Weg der vorläufigen Haushaltsführung so schnell wie möglich beenden.

Die Maßnahmen des ersten Konjunkturpaketes sollen so schnell wie möglich in Kraft treten können. Das halte ich auch aus Sicht der Gesamtsituation für zwingend erforderlich. Eine weitere Verzögerung würde sicherlich auch die hinter den Maßnahmen stehende eigentliche Absicht, die Konjunkturschwäche schnell zu bekämpfen, konterkarieren.

Dass es heute einen – wenn auch bescheidenen – Spielraum gibt, solche zusätzlichen nicht vorhersehbaren Belastungen für das Land NordrheinWestfalen kompensieren zu können, ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass wir in den vergangenen dreieinhalb Jahren seit Übernahme der Regierungsverantwortung hier im Land beachtliche Erfolge bei der Konsolidierung des Landeshaushaltes erreicht haben.

Musste das Land aufgrund der verfehlten und ungerechten Haushaltspolitik der Vorjahre noch im Jahr 2005 6,7 Milliarden € neue Schulden aufnehmen, ist es der Regierungskoalition aus FDP und CDU bis zum Jahr 2008 – auch aufgrund einer günstigen konjunkturellen Entwicklung – gelungen, die jährliche Nettoneuverschuldung auf zuletzt 1,7 Milliarden € herunterzufahren.

Müssten wir nicht, wie bereits heute Morgen dargestellt, aufgrund der Finanzmarktkrise in einem enormen Umfang Vorsorge für bereits begründete, aber noch nicht bezifferbare Risiken treffen, hätten wir das Jahr 2008 bereits mit einem kleinen Überschuss abgeschlossen.

In der Koalition betreiben wir eine seriöse Haushaltspolitik, die sich dem Wohle des Landes verpflichtet sieht. Daher haben wir – wie schon in den Vorjahren – nur Änderungsanträge eingebracht, die möglichst im gleichen Einzelplan und seriös gegenfinanziert werden können. Eine Ausweitung der durch die Wirtschaftskrise und das Konjunkturpaket des Bundes ohnehin steigenden Verschuldung auf Kosten nachfolgender Generationen haben wir deshalb auch ausgeschlossen.

Anders die Grünen: Sie haben beschlossen, noch ein „Mini-Konjunkturprogrämmchen“ draufzusatteln und die Verschuldung mal eben um weitere 1,6 Milliarden € zu erhöhen.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: 1,6 Milliarden € sind doch kein „Progrämmchen“!)

Die fachliche Bewertung der dahinter stehenden Maßnahmen würde an dieser Stelle sicherlich den Rahmen sprengen und bleibt den Fachberatungen vorbehalten. Fakt ist aber, dass es sich um weitere Schulden handelt, mit denen die Staatsverschuldung als Preis nicht effizient wirksamer Maßnahmen in die Höhe getrieben werden soll.

(Zuruf von der SPD: Aber Sie wollen doch immer die Steuern senken, Frau Freimuth!)

Spielräume für zukünftige Haushaltsgesetzgeber, für zukünftige Generationen werden damit nur noch weiter eingeschränkt.

Egal, wie man die Alternativen inhaltlich bewertet: 1,6 Milliarden € für ein – in Anführungszeichen – Konjunkturprogrämmchen sind zwar ein großer Geldbetrag. Wenn wir sie der Dimension der Herausforderung gegenüberstellen, kommen wir aber zu folgendem Schluss: Die Auswirkungen auf den Landeshaushalt sind zwar immens. Ich hege aber doch Zweifel, dass dieses „Progrämmchen“ geeignet und ausreichend ist, um auch nur theoretisch einen konjunkturellen Impuls auslösen zu können.

Auch wenn es Ihnen schwerfällt, das zu akzeptieren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Staat kann eben nicht alles.

Maßnahmen der konjunkturellen Stabilisierung sollten, wenn man schon nicht darauf verzichten möchte, vor allem eine Aufgabe des Bundes sein, weil dieser auch tatsächlich ein schlüssiges Gesamtkonzept über Einnahmen und Ausgaben – natürlich in Abstimmung mit den Ländern – erstellen kann.

Der Staat muss beachten, dass er sich nicht übernimmt. Die zunehmende Debatte über die Möglichkeiten eines Staatsbankrotts sollte uns an dieser Stelle Warnung genug sein.

Zu den Änderungsanträgen der Kollegen der SPD möchte ich auch noch einige Worte verlieren. Der Haushalt ist das in Zahlen gegossene politische Programm. Leider lassen diese Zahlen Ihrer Anträge weder Ziele noch Konzepte erkennen.

Nachdem wir die Änderungsanträge am vergangenen Mittwoch zur Kenntnis übersandt bekommen hatten, mussten wir feststellen, dass der Mix aus Einnahmenerhöhungen, Ausgabenabsenkungen und Ausgabenerhöhungen in sich nicht aufgeht und erst recht in der Logik Ihrer sonstigen politischen Argumentationen nicht zu überzeugen vermag. Wären die Anträge so angenommen worden, hätte dies dazu geführt, dass die Schlusssummen des Haushaltes schon rein formal nicht ausgeglichen gewesen wären.

Das kann ja passieren. Besonders bemerkenswert ist aber, dass die Gegenfinanzierung der SPDVorschläge aus meiner Sicht nicht seriös ist. Auf zwei Punkte davon möchte ich besonders eingehen.

Erstens. 150 Millionen € Ihrer Ausgaben finanzieren Sie dadurch, dass die geschätzten Einnahmen aus der Erbschaftsteuer höher angesetzt werden. Sie gehen von Geld aus, bei dem überhaupt noch nicht sicher ist, ob es jemals in der Kasse des Landes landen wird. Dieses Muster ist natürlich allzu bekannt. Gleichwohl vermag es nicht zu überzeugen. Aufgrund der schlechten Erfahrungen, die Sie damit

gemacht haben, sollten Sie das eigentlich auch unterlassen.

Zweitens. Um weitere 250 Millionen € erhöhen Sie die Steuereinnahmen mit der Begründung, dass in der Ergänzungsvorlage zum Haushalt das Ergebnis der November-Steuerschätzung offenbar nur teilweise berücksichtigt worden sei. Die Grundlage der Steuerschätzung im November 2008 war die Annahme eines Wachstums des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 %. Inzwischen liegen die Schätzungen anders. Wenn man den Anspruch erhebt, die aktuelle Situation zu berücksichtigen – man muss gar nicht einmal pessimistisch sein, sondern sie nur halbwegs realistisch in den Blick nehmen–, ist es angesichts der konjunkturellen Entwicklung schon sehr verwunderlich, auf die Idee zu kommen, an dieser Stelle sei der Ansatz für die Steuereinnahmen zu gering veranschlagt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag legt vielmehr die Vermutung nahe, dass es sich nicht um eine haushaltspolitische Konzeption handelt, sondern dass mit den Anträgen der Kollegen der SPD-Fraktion eine Gegenfinanzierung gesucht wurde, um die Ausgabenwünsche einzelner zu befriedigen. Ein Schelm, der dabei an den bereits von der Opposition in Rede gebrachten Gedanken der Wahlkampfgeschenke denken mag.

Einen letzten Satz möchte ich noch zum Einzelplan 12 verlieren. Ich freue mich, dass wir in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses zu einem gemeinsamen Bekenntnis zu unserer Einnahmeverwaltung, unserer Finanzverwaltung gekommen sind. Die Beschäftigten in der Finanzverwaltung leisten Großartiges: bürgerfreundlich, engagiert und kompetent. Hierfür von dieser Stelle einen herzlichen Dank! – Ihnen allen einen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Remmel.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war schon sehr amüsant, zu dieser späten Stunde, 22:30 Uhr, den Finanzminister eben ganz nervös hier auf- und abgehen zu sehen.

(Beifall von der SPD – Allgemeine Heiterkeit)

Ja, der Einzelplan 12 in Verbindung mit dem Einzelplan 20 gibt natürlich Anlass, sich auch mit dem Finanzminister auseinanderzusetzen. Da haben Sie allen Grund, Herr Linssen, nervös zu sein.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Sie sind scheinbar als leuchtender Komet dieser Regierung gestartet, selbsternannter eiserner Helmut. Nach kurzer Zeit war es schon nur noch der treue Heinrich. Wenn ich mir jetzt Ihre Zahlen anschaue, dann muss ich sagen: So ein bisschen sieht es aus wie der dumme August, Herr Finanzminister. Sie sind das Symbol für den Niedergang dieser Regierung,

(Lachen von der CDU)

schon nach sehr, sehr kurzer Zeit. Sie haben nur 39 Monate gebraucht, um deutlich tiefer im Schlamassel zu stecken, als Sie selbst es im Jahre 2005 der rot-grünen Landesregierung attestiert haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie planen nämlich für 2009 3 Milliarden € neue Schulden bei einem Einnahmevolumen von 42,1 Milliarden €. Das, Herr Finanzminister, ist eine Bankrotterklärung für das Land. Nur zum Vergleich: Rot-Grün hatte 2004 Steuereinnahmen von 33,9 Milliarden € und machte 6,8 Milliarden € Schulden. Obwohl dieser Finanzminister und diese Landesregierung fast 9 Milliarden € Mehreinnahmen in der Tasche haben, machen Sie immer neue Schulden. Unterm Strich geben Sie also 5,2 Milliarden € mehr aus, statt sie in die Reduzierung der Neuverschuldung zu stecken.

Diese gleiche Janusköpfigkeit zeigt sich bei der Haltung der Landesregierung zum Konjunkturpaket I, das die Bundesregierung vorgeschlagen hat. Einerseits begrüßen Sie die Wirkung, andererseits jammern Sie über zusätzliche Kosten, die auf das Land zukommen. Ihre Aufgabe wäre es eigentlich, eine eigene Initiative des Landes NordrheinWestfalen einzubringen und damit die Möglichkeiten, die das Bundesprogramm bietet, auch für Nordrhein-Westfalen zu nutzen.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Weniger Schul- den!)

Ja, es ist im Interesse des Landes, Herr Finanzminister, hier zu schauen, wie Nordrhein-Westfalen in der Gesamtperformance auch ein Stück vorankommt. Es geht um die Interessensvertretung Nordrhein-Westfalens. Hier haben Sie in den letzten Monaten sträflich versagt, weil Sie keine eigene Initiativen

(Beifall von den GRÜNEN)

zur Ankurbelung der Konjunktur in NordrheinWestfalen gestartet haben.

Eines wird angesichts der dramatisch ansteigenden Nettoneuverschuldung ganz deutlich: Sie, CDU und FDP, haben in den letzten Jahren die Konsolidierung in diesem Land nur simuliert und der Wirklichkeit nicht entsprochen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wie jedes Jahr beantragen wir auch in diesem Jahr die Erhöhung im Bereich der Steuerprüfung. Wie aktuell dieses Thema ist, zeigt sich zurzeit angesichts des Prozesses mit dem Steuerhinterzieher Zumwinkel. Dieser Prozess konnte nur aufgrund von externen Hinweisen überhaupt ins Rollen kommen. Millionenbeträge an Steuern werden deswegen von zahlreichen Steuersündern nicht eingetrieben.

Deshalb geht es darum, die Steuerverwaltung in Nordrhein-Westfalen zu stärken, damit solche Fälle von der Steuerverwaltung selbst aufgegriffen werden können. Dazu gehört auch eine klare Position, dass Steueroasen ausgetrocknet werden müssen. Hier muss die Bundesregierung – aber auch mit der Unterstützung der Landesregierung – eindeutig internationale Regelungen einfordern. Wir brauchen eine funktionierende Steuerfinanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen. Gerade im Bereich der Prüfung und Fahndung sollte diese Verwaltung gestärkt werden und nicht geschwächt werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Im Rahmen der Maßnahmen zu PEM sind hier viele Stellen freigesetzt und nicht aufgestockt worden. Dies ist eindeutig der falsche Kurs. Hier sollten Sie umkehren, damit die Steuern gerecht und gleichmäßig erhoben werden und notwendige Lasten vor allem von starken Schultern mitgetragen werden.

Auch unsere Anträge zur Kürzung der Mittel für Sachverständige und Öffentlichkeitsarbeit dienen einer soliden und nachhaltigen Haushaltspolitik. Die Kürzungsansätze sind im Übrigen sogar moderater als das, was die CDU-Fraktion selbst noch im Jahre 2004 vorgeschlagen hat. Die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit sind zwar in einigen Bereichen zurückgegangen – das führen wir auch auf unseren Druck zurück –, aber sie könnten noch weiter gesenkt werden.

Herr Finanzminister, Kollege Becker hat heute Morgen schon darauf hingewiesen – wir können es an dieser Stelle noch einmal betonen –:Wir waren davon ausgegangen, nachdem Sie schon im Dezember eine Ergänzungsvorlage wegen der Pendlerpauschale angekündigt hatten, dass es im Gesamtinteresse des Landes und vor allen Dingen der kommunalen Investitionen besser gewesen wäre, jetzt die Haushaltsberatungen noch einmal kurzfristig zu verschieben und stattdessen umfangreich das Konjunkturpaket II in einem schnellen Haushaltsverfahren in eine Ergänzungsvorlage, einzubringen.

Wir gehen davon aus, dass das jetzt von Ihnen gewünschte und gewählte Verfahren dazu führen wird, sehr viel später die Wirkungen des Konjunkturpaketes II bei den Kommunen ankommen zu lassen. Wir bedauern das an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich. Wir hätten uns hier ein konjunkturfreundlicheres Vorgehen der Landesregierung gewünscht.

(Beifall von den GRÜNEN)