Protocol of the Session on January 28, 2009

Bevor wir aber über den Haushalt im Weiteren reden, möchte ich auch wie Herr Schulte und Sie über allgemeine Aspekte sprechen. Wenn Sie sich Ihrer Politik im Luftverkehr rühmen, ist zunächst einmal bei der Luftverkehrskonzeption, die am Anfang dieser Wahlperiode großspurig angekündigt wurde, festzustellen: Fehlanzeige!

(Bodo Wißen [SPD]: Sehr richtig!)

Sie kommt nicht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wissen Sie, warum sie nicht kommt? Weil Sie Angst haben, vor der Kommunalwahl die Schweinereien, die Sie den Leuten zumuten wollen, vor Ort zu vertreten. Sie schlagen sich stattdessen in die Büsche.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Christof Rasche [FDP]: Unehrlich!)

Sie können sich noch einmal melden.

Zweitens: Masterplan Schienenverkehr. Ich weiß – mit Verlaub –, dass es hier teilweise eine Allparteienkoalition mit Ausnahme der Grünen gibt, weil die SPD das Problem hat, dass Herr Tiefensee in Berlin noch halb im Boot ist.

(Bodo Wißen [SPD]: Na, na, na!)

Aber wenn wir uns die Fakten für diesen berühmten Masterplan anschauen, muss ich die simple Frage stellen: Was war denn der Anteil der Landes? – Er beträgt null.

Die zweite simple Frage lautet: Was machen Sie denn da? – Sie behaupten, etwas auf den Weg zu bringen. Jetzt rühmen Sie sich schon der Verankerung der Planungsmittel für den RRX.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das ist eine ganz große Leistung. Das sind etwa 150 Millionen € von 1,5 Milliarden € nach alten Kostenschätzungen, die inzwischen schon überholt sind.

(Ralf Witzel [FDP]: Was haben Sie denn frü- her geleistet?)

Von diesen 1,5 Milliarden € ist bis zum Jahr 2020 im Haushalt des Bundes gerade einmal rund 1 Milliarde € etatisiert. Das heißt: Sie sind bis zum Jahr 2020 nach den heutigen Planungen keinen Schritt weiter, damit das Ding fährt. Noch vor zwei Jahren hat sich dieser Verkehrsminister, hinter dem Sie so freundlich herdackeln, gerühmt, spätestens im Jahre 2015 führe der RRX komplett; man sei bereit, weite Teile auch früher in Betrieb zu setzen.

(Beifall von den GRÜNEN – Christof Rasche [FDP]: Herr Wißen hat das noch vor sechs Wochen gesagt!)

Schauen Sie im Protokoll nach. Davon haben Sie einen großen Abstand genommen.

Ich komme zum dritten Punkt. Sie rühmen sich – dafür fehlt mir beim Blick in den Haushalt jegliches Verständnis –, dass Sie etwas für den ÖPNV täten. Aber was tun Sie für den ÖPNV?

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Kürzen!)

Sie haben die Regionalisierungsmittel weitergereicht, die der Bund gekürzt hat.

(Christian Weisbrich [CDU]: Wieder der Bund!)

Sie haben die gekürzten Regionalisierungsmittel so weitergereicht, dass Sie den Kürzungsdruck an die kommunalen Verkehrsverbände weitergeleitet haben. Sie haben das „Pauschalisierung“ und „mehr Freiheit der Entscheidung“ genannt. Es ist immer schön, wenn man einem Dritten die Freiheit aufoktroyiert, den Sparzwang auszuüben, den man selber mit herbeigeführt hat. Das machen Sie!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist meiner Meinung nach eine absolut desaströse Verkehrspolitik. Im Durchschnitt – das betone ich – aller Tickets hat sich der ÖPNV in den letzten zweieinhalb Jahren um 13 % verteuert. Wenn man sich hingegen zum Beispiel die Jobtickets anschaut, stellt man fest, dass sie zum Teil zwischen 25 % und 30 % teurer geworden sind. Das müssen die Menschen pro Monat mehr als früher bezahlen, die bis vor Kurzem durch immens hohe Benzinkosten belastet waren und die auch in absehbarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder durch solche immens hohen Spritkosten belastet werden.

(Christian Weisbrich [CDU]: Und was soll man dagegen tun?)

Schauen wir uns einen weiteren Punkt an, bei dem es eigentlich um eine verhältnismäßig lächerliche Summe geht. Sie haben eben gesagt, die Mobilität sei eine ganz entscheidende Frage für die gesamte Bevölkerung. Aber wie stellen wir Mobilität für ärmere Menschen in unserer Bevölkerung her? Dabei

handelt es sich um eine Schicht, die durch die gesamte Politik immer größer geworden ist. Darauf finde ich von Ihnen überhaupt keine Antwort.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Diese Regierungskoalition hat darauf keinerlei Antworten. Sie delegieren das immer an die kommunalen ÖPNV-Verbände. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass Sie noch nicht einmal 30 Millionen € dafür aufbringen wollen.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür nennen, dass es sich bei diesen 30 Millionen € im Verhältnis um wenig Geld handelt. Sie haben allein diese Summe übertroffen und im Haushalt 2008 bei der Schülerbeförderung für die Kommunen und bei einem Teil der Behindertenbeförderung eingespart. Sie haben mehr eingespart, als es bei den gesamten Sozialtickets kosten würde, einen Landesanteil, wie wir ihn vorgeschlagen haben, aufzulegen. Auch dabei haben Sie versagt.

Sie rühmen sich der Stellen – das ist ähnlich wie beim Wohnungsbau, Stichwort: soziale Stadt usw. –, an denen der Bund Mittel durchreicht, die aus unserer Sicht nicht in jedem Fall die richtigen sind, da es an manchen Stellen zu wenige und an manchen Stellen zu viele sind. Sie benutzen dann immer wieder das Bild von den Planfeststellungsbeschlüssen, die Sie herbeigeführt hätten.

Wenn das alles ist, was Sie an Verkehrspolitik in diesem Land hinbekommen haben, die Planfeststellungsbeschlüsse im Straßenbereich von 1 auf 19 hochzuziehen, dann muss ich Ihnen sagen, dass wir unterschiedliche Ansichten darüber haben, was die Prioritäten in diesem Land sind. Ich und wir würden von Ihnen Antworten erwarten, auch vom Verkehrsministerium, zu der Frage, was Sie zum Beispiel in den Städten tun, damit der Feinstaub abnimmt und die umweltgerechte Mobilität eintritt.

(Christof Rasche [FDP]: Wir würden gerne Umgehungsstraßen bauen! Die Grünen ver- hindern das! Reden Sie einmal mit den Leu- ten an den Kreuzungen!)

Ja, Sie bauen Umgehungsstraßen. Das ist das Einzige, was Ihnen einfällt. Das unterscheidet uns. Wir denken nicht nur in Umgehungsstraßen und Planfeststellungsbeschlüssen wie Sie von der FDP.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was wir brauchen und was wir mit diesem Verkehrsminister und dieser Koalition nicht bekommen, wären Konzepte, wie wir uns zum Beispiel vor dem Hintergrund des anschwellenden LKW-Verkehrs – Stichwort: Masterplan Güterverkehr; 86 % Zuwachs bis 2025 – in die Lage versetzen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bekommen. Es hat niemand gefordert, Herr Rasche, den ganzen Verkehr auf die Schiene zu bringen. Aber bei Ihrer Politik findet überhaupt nichts an Verlagerung auf die Schiene statt.

Beim Eisernen Rhein gibt es ein Versagen auf der ganzen Linie. Nichts anderes als großspurige Erklärungen! Faktisch null weitergekommen! Betuwelijn? – Sie kommen überhaupt nicht weiter beim Lärmschutz und dem dritten Gleis. Sie behaupten das. Wenn sie weiterkommen, dann kommen Sie mit ÖPNV-Mitteln weiter. Das größte Investprojekt im ÖPNV-Bereich, das Sie als landesbedeutsames Netz im ÖPNVBereich eingeschrieben haben, ist die Betuwe-Line. Das ist eigentlich kein ÖPNV-Projekt im klassischen Sinne, sondern es ist mindestens ein Mixprojekt, an dem sich die Bahn eigentlich ganz anders hätte beteiligen müssen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, das, was Sie hier als des Rühmens wert vorbringen, ist nicht aller Ehren wert, sondern eine schlechte Verkehrspolitik, eine Verkehrspolitik, die in der Sache überhaupt nicht ordentlich orientiert ist auf die Zukunftsfragen und die im Übrigen, um auch das einmal zu sagen, auf Bundesebene offensichtlich nicht durchsetzungsfähig ist.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle etwas mit auf den Weg geben. Sie haben in früheren Zeiten regelmäßig kritisiert, dass das Land Nordrhein-Westfalen in dem Verteilungsmechanismus auf Bundesebene nicht gut dastehe. Bezüglich der Regionalisierungsmittel, wenn ich das nach Strecke, nach Fahrgästen ausrechne, stelle ich fest, dass NordrheinWestfalen auf den hinteren Plätzen liegt. Je nachdem, wie man es rechnet, liegen wir auf dem 11. bis 15. Platz aller Bundesländer.

Ihr Rühmen über nicht zurückgeflossene Verkehrsmittel im Straßenbau bleibt so lange nichts wert, wie Sie es nicht einmal schaffen, wenigstens einen Teilbereich der Regionalisierungsmittel, die gekürzt worden sind, abzufedern und auf Bundesebene dafür zu sorgen, dass dieses Bundesland, das Bundesland mit den meisten Fahrgästen, mit übrigens einem erheblichen Gewinn der Bahn im Regionalverkehr – die höchsten mit bundesweit –, endlich einmal so behandelt wird, wie es seine Fahrgäste, die Menschen hier verdienen, und es nicht weiter passiert, dass die Bundesbahn hier gekauftes Wagenmaterial im Osten einsetzt und hier mit dem alten Schrott weiter herumfährt.

Das alles schaffen Sie nicht. Deswegen gehören Sie spätestens im Jahre 2010 von den Regierungsbänken abgelöst. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Wittke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist

schon erstaunlich, dass die Vertreter der Opposition eine Haushaltsdebatte völlig ohne Zahlen führen können. Wenn wir schon Haushaltsberatungen haben, dann sollten wir über das reden, was in diesem dicken blauen Buch,

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

in das Sie vielleicht Gelegenheit hatten, Herr Wißen, hineinzuschauen, steht.

Ich will Ihnen einige Zahlen nennen. Im Bereich der Landesstraßen steigt der Haushaltsansatz von 133,7 Millionen € auf 172,4 Millionen €. Beim Substanzerhalt wird es künftig 26,7 Millionen € mehr geben, nämlich 80 Millionen € mehr als nie zuvor in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Im Bereich des Neu- und Ausbaus wird der Ansatz um 3 Millionen € auf 70 Millionen € steigen. Beim Radwegebau – das muss Ihnen von den Grünen doch ganz besonders gefallen, oder vielleicht tut es Ihnen weh, weil Sie es nicht gönnen, weil Sie nur parteipolitisch denken können – wird der Ansatz um 9 Millionen € auf 12,4 Millionen € steigen. 1,41 Milliarden € werden wir für den ÖPNV ausgeben. Und im Bereich der Binnenschifffahrt werden wir 15 % mehr, nämlich 12 Millionen € im nächsten Jahr ausgeben.