Protocol of the Session on December 18, 2008

60 Kommunen erlaubt. Andere Kommunen haben sich für den Integrationsausschuss entschieden.

Beide Modelle verknüpfen formal – das ist der entscheidende Punkt – die Mitglieder des Stadtrates mit den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Migranten. Das ist beim gegenwärtigen Ausländerbeirat nämlich nicht der Fall. Beide Modelle, der Integrationsrat mit einer Minderheit an Ratsmitgliedern und der Integrationsausschuss mit einer Mehrheit an Ratsmitgliedern, wurden erfolgreich erprobt, meine Damen und Herren.

Deshalb besteht seit 2007 eine große Einigkeit, dass diese bisherigen Ausnahmen künftig die Ausländerbeiräte ablösen sollen. Bei der Novellierung der Gemeindeordnung 2006 hat man den Punkt bewusst ausgespart, um das Gesetzesvorhaben 2008 abzuschließen.

Doch heute, meine Damen und Herren, ist – wie gesagt – der letzte Plenartag 2008 und es gibt noch nicht einmal den versprochenen Gesetzesentwurf. Er war von Minister Wolf und Minister Laschet für Anfang des Jahres zugesagt. Dann wurde er auf die Zeit nach den Sommerferien verschoben. Jetzt, im Dezember, ist er immer noch nicht da.

Sie haben allerdings in diesem Zeitraum ein vollkommen neues Kommunalwahlgesetz durchgepeitscht. Aber wenn es um den Teil der Bevölkerung geht, der bei den allgemeinen Wahlen ansonsten nicht wahlberechtigt ist, lassen Sie sich Zeit und halten Ihre eigenen Zusagen nicht ein.

Dabei gibt es ja den Gesetzentwurf. Wir wissen das. Der Innenminister hat einen solchen Gesetzentwurf im Sommer geschrieben. Aber die Minister Wolf und Laschet können sich über den Inhalt nicht einigen. Da das Thema offenbar bei beiden nicht die nötige Priorität hat, stehen wir heute hier, ohne dass ein Gesetzentwurf auf dem Tisch liegt.

Meine Damen und Herren, inhaltlich brauchen wir eine möglichst weite formale Gleichstellung der Integrationsratswahlen mit den Kommunalwahlen, weil wir wollen, dass Wahlen erster und zweiter Klasse vermieden werden. Viele Kommunen haben das bereits 2004 gemacht und haben einen identischen Wahltermin eingeräumt und haben auch die Möglichkeit der Briefwahl gegeben. Das waren die Kommunen Wesel, Wetter, Moers und Niederkassel.

Wir als Grüne meinen, dass letztendlich größere Städte eine gewisse Gestaltungsfreiheit brauchen, was die neue Ausgestaltung des Gremiums angeht. Ob das nun ein Beirat oder ein Ausschuss sein soll, das können, so meinen wir, die Akteure vor Ort sehr viel besser entscheiden als wir. Das heißt, wir wollen das offenlassen und meinen, dass in dieser Frage, Herr Minister Laschet, wohl eher der Auffassung des Innenministers zu folgen ist, wie das im Gesetzentwurf des Innenministeriums auch vorgesehen ist.

Sie beide sollten aber endlich diesen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Halten Sie Ihr Versprechen, das Sie den Migrantinnen und Migranten gegeben haben! Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben! Wachen Sie auf, einigen Sie sich und bringen Sie den Gesetzentwurf im Januar ein, wie wir es beantragt haben, damit er zur kommenden Kommunalwahl im Jahre 2009 wirksam werden kann.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Solf.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Beide Anträge, die eben von den von mir sehr geschätzten Kolleginnen Altenkamp und Asch vorgetragen worden sind, habe ich fast schon erwartet. Ich sehe auch vieles in den beiden Anträgen mit Sympathie, stehen in ihnen doch etliche Elemente, die genauso oder wenigstens in ähnlicher Form im Aktionsplan „Integration“ unserer Landesregierung enthalten sind.

Die Unruhe, die Sie treibt, habe ich auch. In der Tat müssen rechtzeitig vor den Kommunalwahlen die notwendigen Weichen gestellt werden, weil sonst all die von unseren Kommunen als positiv und zielführend beurteilten Ausnahmeregelungen des bisherigen § 27 GO wieder wegfallen würden. Insofern teile ich Ihre Unruhe. Der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist jedoch: Ich vertraue auf die Aussagen unseres Innenministers Dr. Ingo Wolf und unseres Parlamentarischen Staatssekretärs Manfred Palmen und glaube ihnen, wenn sie sagen, die Ressortabstimmungen werden im Januar abgeschlossen sein.

(Britta Altenkamp [SPD]: Es hat sich schon jemand tot gewartet!)

Sie jedoch, liebe Kolleginnen Altenkamp und Asch, sind glaubensschwach.

(Zurufe von der SPD)

Vielleicht hilft es Ihnen weiter, wenn Sie sich die Umkehr jenes zweifelnden Heiligen zum Vorbild nehmen, dessen Namenstag wir am Sonntag feiern werden.

(Britta Altenkamp [SPD]: Am 21. Dezember ist Santa Lucia!)

Das habe ich doch geschickt gemacht. – Wie sieht nun die Sachlage im Einzelnen aus? – In der Einbringung und den Beratungen zum GOReformgesetz – es stimmt alles, was Sie, Frau Kollegin, dazu gesagt haben – war festgehalten worden: Das Zusammenwirken der Ausländerbeiräte mit dem

jeweiligen Rat und seinen Ausschüssen ist noch nicht hinreichend entwickelt. – Weiter hieß es – das ist im SPD-Antrag zitiert –:

Trotz der erkannten Schwächen im Zusammenwirken von Ausländerbeirat, dem Rat und den Ausschüssen bleibt der § 27 GO im Rahmen dieses Gesetzesvorhabens unverändert. Der Grund liegt darin, dass noch keine Ergebnisse zu den vom Innenministerium genehmigten Abweichungen zu § 27 GO NRW... vorliegen. Nach Auswertung dieser Ergebnisse... sollen Lösungen zur Entwicklung des § 27 GO NRW erarbeitet werden.

Schon in unserem Koalitionsvertrag war festgeschrieben worden – ich zitiere –:

Wir wollen die Integrations- und Migrationsarbeit verstärken. Es wird geprüft, ob die Ausländerbeiräte in den Städten und Gemeinden Integrations- und Migrationsausschüsse werden können.

Weil also die Ausländerbeiräte noch nicht in der wünschenswerten Intensität in die Beratungsfolge des Rates und seiner Ausschüsse eingebunden sind, haben 60 Gemeinden den Antrag gestellt, auf der Grundlage eines Modellversuchs von § 27 abweichen zu dürfen. Alle Anträge wurden genehmigt. Es hat dann eine ausführliche Auswertung der in diesen Kommunen gemachten Erfahrungen gegeben.

Egal, wo man in die Kommunen hineinhorcht, egal, wo man sich ungeschminkt Erfahrungsberichte hat geben lassen, überall wurden mit diesem Experiment gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht. Die bisherigen Schwächen des Instituts Ausländerbeirat sind also in der Praxis des Modellversuchs beseitigt worden.

Nun müssen wir zu einem Normalfall kommen, der sowohl von den noch weiter zu integrierenden Menschen als auch von der aufnehmenden Bevölkerung akzeptiert und schließlich auch aktiv gelebt werden soll.

Die Umsetzung dieser positiven Erfahrungen der Modellkommunen in einen ausformulierten Gesetzentwurf soll also sehr bald – ich nehme an, schon im Januar – abgeschlossen sein. Darauf vertraue ich.

Heute kann ich Ihnen, liebe Kolleginnen, schon die Überlegungen der Arbeitskreise meiner Fraktion zu wesentlichen Punkten mitteilen.

Zentraler Kernpunkt ist für mich die Botschaft nach draußen, und zwar sowohl an die Kommunen – wir nehmen eure Erfahrungen ernst, ihr wisst vor Ort am besten, welche Wege zum Ziel führen – als auch an die bereits bestehenden Ausschüsse bzw. Beiräte – wir wollen eure verdienstvolle Arbeit aufwerten, wir wollen sie noch besser in die Ratsarbeit einbinden, wir wollen also die Stärkung eurer Beteiligungsrechte.

Von daher empfehlen wir: Lassen wir, anders als es die SPD in ihrem Antrag tut – die Grünen hingegen sehen es ähnlich wie wir –, die neuen Gemeinderäte selbst entscheiden, ob sie einen Integrationsausschuss – im Sinne eines sondergesetzliches Ausschusses ähnlich dem Jugendhilfeausschuss – oder einen Integrationsrat – in dem natürlich auch vom Rat bestellte Ratsmitglieder vertreten sind – für sinnvoller, zielführender für die örtliche Situation halten.

Wenn ich aber die neuen Räte entscheiden lassen will, kann das neue Institut nicht bereits am selben Tag wie der Rat selbst gewählt werden, sondern erst, wie bisher, einige Wochen später, wobei die Wahl – ich bitte darum – den allgemeinen Wahlvorschriften anzunähern ist. Sicherlich gibt es auch seriöse Gesichtspunkte, die für einen einheitlichen Wahltermin mit den Kommunalwahlen sprechen, wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es vorschlagen. Aber der Entscheidungsspielraum für die Kommunen ist uns noch wichtiger.

Nun komme ich auf das Wahlrecht für eingebürgerte Migrantinnen und Migranten zu sprechen, das im Antrag der SPD nicht angesprochen wird, wohl aber in dem Antrag der Grünen. Natürlich habe ich Respekt vor denen, die sagen, wer eingebürgert ist, wer also als allochthon Geborener jetzt ein deutscher Staatsbürger oder eine deutsche Staatsbürgerin ist, der bzw. die hat dieselben Rechte und dieselben Pflichten wie jeder autochthon Geborene,

(Beifall von der FDP)

aber eben auch keine Sonderrechte, weder in einem verengenden Sinne noch in einem erweiternden Sinne, also auch nicht ein Wahlrecht für irgendwelche Sondergremien.

Es gibt neben dieser – ich sage einmal – staatstheoretischen Wahrheitsebene jedoch auch andere berechtigte Überlegungen, die das aktive Wahlrecht auf die Deutschen mit einer Zuwanderungsgeschichte erweitern, also auf diejenigen Deutschen, die zusätzlich noch eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen oder besessen haben. Es macht für mich Sinn, wenn den Menschen, die selbst im Ausland geboren sind oder deren Eltern im Ausland geboren sind – also insbesondere Spätaussiedler –, die Möglichkeit gewährt wird, diejenigen zu wählen, die in der besonderen Form des Integrationsgremiums in den Beratungsprozess des Rates eingebunden sind.

Ein zweites Argument: Viele der Eingebürgerten haben zwar den deutschen Pass, aber eben noch eine mehr oder weniger lange Wegstrecke bis zu dem erwünschten Grad von Integration zu gehen. Sie sollen – so meine ich – wenigstens ihre Interessen und ihre Sorgen in das zu wählende Gremium einbringen dürfen, und zwar so, wie es zur Zufriedenheit aller beteiligten Kommunen und der LAGA

und ohne jegliche Kritik bei der Auswertung der Erfahrungsberichte geschehen ist.

Alle Kommunen haben gute Erfahrungen mit Erweiterungen des aktiven Wahlrechtes gemacht. Deshalb gab es den Vorschlag, diesen Wahlberechtigten die Möglichkeit zu geben, sich zuvor in ein Wahlverzeichnis eintragen zu lassen, sodass es ein praktikables, ein handhabbares Verfahren gäbe. In diesem Sinne hoffe ich auf einen zügigen Abschluss der Ressortabstimmungen.

Zum Schluss werde ich – das muss einfach sein, weil die Kollegin Asch, mit der ich in einem anderen Plenum schon einmal darüber geredet habe, wieder die Frage nach dem kommunalen Wahlrecht gestellt hat – noch ganz kurz etwas zu dem kommunalen Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer ausführen, was Sie eben gefordert haben.

Ein rein formal gegebenes Wahlrecht – das sehen auch sehr viele Migrationsexperten so – fördert die Integration eben noch nicht. Vielmehr soll das Wahlrecht ein Zeichen, ein Symbol für einen positiv verlaufenden Integrationsprozess sein. Es setzt voraus, dass die betreffenden Menschen die für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit geltenden Voraussetzungen erfüllen. Die Anstrengungen, die die Landesregierung in dieser Hinsicht unternimmt – an dieser Stelle möchte ich nur an die im Oktober gestellte Einbürgerungskampagne erinnern –, sind vorbildlich.

Ich sage immer: Die Einbürgerung wirkt wie ein Integrationsturbo. Die Nichtgewährung des kommunalen Wahlrechtes bedeutet auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union. Denn deren kommunales Wahlrecht stellt schlicht und einfach eine Umsetzung europäischen Rechtes dar und trägt insbesondere dem Prinzip der Gegenseitigkeit innerhalb der EU Rechnung. – In diesem Sinne danke ich Ihnen fürs Zuhören und wünsche schöne Feiertage.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Solf. – Für die FDP erhält der Abgeordnete Engel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um die Mitarbeit der Migranten in der Kommunalpolitik endlich auf eine gesetzliche Basis zu stellen, ist mit dem Gesetz zur Änderung der Kommunalverfassung im Jahre 1994 der Ausländerbeirat geschaffen worden. Es hat sich allerdings schnell erwiesen, dass die Vorschrift Schwächen aufweist. Mangelnde Entscheidungskompetenz, mangelhafte Einbindung in das kommunalverfassungsrechtliche und kommunalpolitische System sowie mangelhafte sächliche Ausstattung sind hierzu die Stichworte.

1997 hatte die Landesarbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte – LAGA – das Modell des Integrationsausschusses entwickelt. In der letzten Kommunalwahlperiode erprobten die Städte Solingen, Duisburg und Bonn neue Modelle der politischen Partizipation von Migranten. 60 Gemeinden, also fast die Hälfte der Gemeinden, die einen Ausländerbeirat gebildet hatten – das haben wir schon gehört –, haben nach der Kommunalwahl 2004 auf der Grundlage eines vom Innenministerium genehmigten Modellversuchs das Gremium „Ausländerbeirat in anderer Weise“ gebildet oder sind von den Vorgaben des § 27 GO in NRW abgewichen.

Dem Bericht von Januar 2008 über die Erprobung dieser neuen Modelle ist zu entnehmen, dass die meisten Kommunen ein Gremium gebildet hatten, dem sowohl direkt gewählte Migrantenvertreter als auch Ratsmitglieder angehörten. 2007 wurde zunächst von einer Überarbeitung des § 27 GO abgesehen, weil noch keine Erfahrungen vorlagen, Frau Asch. Das hat nichts damit zu tun, dass die Landesregierung da möglicherweise geschlafen hat. Sie hat nicht geschlafen. Es gilt: evaluieren, bewerten und dann mit Vorschlägen kommen.

Nach Auswertung der Modellversuche und der Kommunalwahl 2009 soll eine Neuregelung getroffen werden. Diese Neuregelung wird vom Innenminister in Abstimmung mit dem Integrationsministerium, mit den kommunalen Spitzenverbänden und selbstverständlich mit der LAGA erfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen spricht von der Wahlmöglichkeit zwischen Integrationsrat und Integrationsausschuss, aber auch von gemeinsamen Wahlterminen des Integrationsgremiums und der Kommunalwahl. Letzteres wollen wir nicht. Der neue Rat soll vor Ort darüber entscheiden – so, wie Herr Solf es hier dargestellt hat –, wie eine Zusammenarbeit mit den Migranten erfolgen soll. Das heißt: getrennte Wahltermine wie bisher. Das hat übrigens auch nichts damit zu tun, dass das Gremium abgewertet werden soll, Frau Kollegin Altenkamp. Ein Wahlrecht für eingebürgerte Migranten kann entfallen. Sie genießen das aktive und passive Wahlrecht. Das ist so. Zusätzliche Integrationsmaßnahmen sind nicht mehr erforderlich.

Ich erlaube mir, heute eine Anleihe bei Thomas Kufen, unserem Integrationsbeauftragten, zu machen. Er wird heute in einer Agenturmeldung von ddp, 11:33 Uhr, zitiert, der ich mich vollinhaltlich anschließe. Der Satz lautet kurz und knapp: „Kufen fordert mehr Dialog mit Ausländern.“ – Darum geht es. Es geht um den Dialog, der vor Ort gelebt wird. Es geht nicht so sehr um institutionelle Dialoge über Gremien.