Herr Priggen, Sie haben den Antrag zwar mit dem Titel „Konjunkturpaket der Bundesregierung – wo bleibt NRW?“ überschrieben, aber er bezieht sich eigentlich nur auf die Kfz-Steuer. Der Antrag ist am 4. November 2008 geschrieben worden; das ist schon ein bisschen her. Inzwischen ist die Diskussion weitergeführt worden.
Hier wurde beklagt, dass sich die Landesregierung nicht offensiv wie Herr Sarrazin oder Herr Oettinger für eine bestimmte Richtung ausgesprochen hat. Wir haben im Stillen und – wie ich glaube – sehr viel effizienter gearbeitet. Sie haben mitbekommen, dass das Kfz-Steuer-Thema für das Land schon seit Freitag letzter Woche insofern etwas leichter ist, als die Bundeskanzlerin verkündet hat, dass selbstverständlich durch die Bundesregierung bezahlt wird, was an Aufkommen aus der Kfz-Steuer fehlt. Das war der wesentliche Punkt.
Sie können sich vorstellen, dass ein Finanzminister dieses Landes wenig Freude daran hat, wenn andere Leute Geschenke aus der Kfz-Steuer, die dem Land in einem doch beträchtlichen Ausmaß zusteht, zulasten des Landes Nordrhein-Westfalen verteilen. Das haben wir nicht so gerne. Deshalb haben wir uns sofort an den richtigen Stellen in Szene gesetzt. Die Bundesregierung hat gerade eine Veränderung des gesamten Pakets beschlossen. Insofern ist Ihr Antrag eigentlich erledigt, was mir fast schon leidtut, Herr Priggen. Ich darf Ihnen vortragen, was die Bundesregierung beschlossen hat:
Wer bis zum 30. Juni 2009 einen neuen PKW zulässt, muss ein Jahr lang keine Kfz-Steuer zahlen. Wird in diesem Zeitraum ein umweltfreundlicher PKW nach Euro-5- oder Euro-6-Norm erstmals zugelassen, verlängert sich die Befreiung sogar auf bis zu maximal zwei Jahre. Zu beachten ist, dass der Zeitraum der Nichterhebung in jedem Fall am 31. Dezember 2010 endet. Je früher man also die Erstzulassung in den Händen hält, desto länger profitiert man von der Steuerbefreiung.
Das ist eine gute Initiative, die man begrüßen kann. Denn Sie können sich vorstellen, dass ich zumindest als Finanzminister bei der anderen Lösung erhebliche Bauchschmerzen hatte, jedem Käufer eines PKW für die nächsten zwei Jahre eine KfzSteuerbefreiung zu versprechen.
Zusätzlich erhalten alle Bürger, die bereits einen besonders schadstoffarmen PKW fahren, ab dem 1. Januar 2009 eine Kfz-Steuerbefreiung für ein Jahr,
wenn der PKW seit dem Tag der Erstzulassung nach den Vorschriften der Abgasstufe Euro-5 genehmigt worden ist.
Ab dem 1. Januar 2011 wird es eine neue Kraftfahrzeugsteuer, also die Ökologisierung der Kraftfahrzeugsteuer, die wir schon lange anstreben, geben. Sie kennen auch die Bemühungen des Landes in diese Richtung. Unser langwieriges Bemühen, den Bundesfinanzminister davon zu überzeugen, dass er die Kraftfahrzeugsteuer übernimmt und den Ländern ein entsprechendes Äquivalent zukommen lässt – natürlich indexorientiert, wie Sie sich vorstellen können, und natürlich auch mit einem Entgelt für die Verwaltung dieser Steuer, worüber noch gesprochen werden muss –, hatte also Erfolg. Zunächst hatte er alles abgelehnt und gesagt: Ich will die Steuer nicht. – Unser stetiges Bemühen hat offensichtlich einem Nachdenkensprozess Raum geschaffen. Man ist sich jetzt einig, dass der Bund die Steuer übernimmt.
Das Thema spielte bei der Föderalismusreform II eine große Rolle. Wir haben selbstverständlich mit der Bundesregierung entsprechende Papiere abgestimmt. Wir werden die nächsten Wochen sicherlich nutzen, damit die Länder ein entsprechendes Äquivalent zugesichert bekommen. Das ist natürlich eine entscheidende Frage, auf deren Lösung Sie sicherlich genauso viel Wert legen wie ich, da Sie sich genauso um die Landeskasse bemühen. Das ist immer wieder bemerkbar. Das werden wir bei einem der nächsten Punkte wieder zu diskutieren haben. Eigentlich ist der Antrag damit erledigt.
Zu dem generellen Programm zur Wachstumsstärkung und zu den Kosten sollten wir nachher etwas sagen. Sie können sich vorstellen, dass eine Kraftfahrzeugsteuer der alten Art richtig teuer geworden wäre, wenn wir das zu tragen gehabt hätten. Für die zwei Jahre wären das locker mindestens zweimal 130 Millionen € gewesen.
In diesen Tagen ist man es aber offensichtlich gewohnt, dass neben dem Schirm für Banken ein Schirm für Arbeitsplätze, ein Schirm für die Kommunen, ein Schirm für Automobilbauer und überhaupt ein Schirm für alles aufgespannt werden soll. Jeder, der noch einen Wunsch frei hat, darf das unter dem Stichwort Konjunkturprogramm jetzt hier ausbreiten
Ich verzichte auf weitere Ausführungen zu diesem Thema; denn wir haben gleich noch einen hochinteressanten Tagesordnungspunkt, bei dem wir über uns das allgemeine Konjunkturprogramm und die verschiedenen Initiativen der Fraktionen unterhalten können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Eiskirch, bei Ihnen war eben relativ viel von „hilflos“, „planlos“ und „konzeptionslos“ die Rede. Ich habe bei mir gedacht, das ist genau das richtige Vokabular, um die eigene SPD-Politik zu beschreiben. Insofern war das ausgesprochen treffend, Herr Kollege Eiskirch.
Von einem Risikoschirm wird seit einigen Wochen immer wieder in der Presse gesprochen. Wenn ich mir die vorliegenden Anträge durchlese, drängt sich bei mir der Eindruck auf, dass dieser Landtag auch demnächst einen Risikoschirm benötigt, und zwar einen, der ihn vor Anträgen wie dem des Kollegen Sagel schützt. Er ist unfinanzierbar, unsinnig und mit einigen weiteren Worten zu klassifizieren, die mit „un“ beginnen, von denen aber wahrscheinlich einige nicht parlamentarisch sind. Deswegen belasse ich es einstweilen dabei.
Die Landesregierung hat schon unmittelbar nach der Sommerpause ein Antirezessionsprogramm vorgeschlagen. Dies geschah deutlich vor dem Hereinbrechen der Finanzmarktkrise. Wir wollen das aber nicht auf Pump. Darin gibt es einen ersten fundamentalen Unterschied.
Wir halten überhaupt nichts davon, jetzt Gelder auszugeben, die wir sonst weder jetzt noch in der Zukunft ausgeben würden. Deswegen ist auch der Ansatz des Stabilisierungspaktes auf Bundesebene richtig und von uns früh unterstützt worden. Wie Sie aus der Sondersitzung unseres Hohen Hauses wissen, ist er in der entscheidenden Woche von der Landesregierung intensiv und erfolgreich begleitet worden.
Bestandteile des Antirezessionsprogramms waren von Anfang an Vorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte, und zwar wohlgemerkt internationale Regulierungen der Finanzmärkte, nicht nur auf Nordrhein-Westfalen oder Deutschland beschränkte Regulierungen. Das ist von dieser Landesregierung aufgegriffen worden, bevor wir überhaupt in diesem Ausmaß von der Finanzmarktkrise geredet haben.
Um der Legendenbildung direkt vorzubeugen, möchte ich sagen: Es war die rot-grüne Bundesregierung, die die inflationäre Ausbreitung neuer Finanzmarktprodukte mit ihrer Gesetzgebung erst ermöglicht hat, übrigens einschließlich der Ausbreitung von Hedgefonds. Es war die rechte Hand von Finanzminister Steinbrück, Herr Staatssekretär As
mussen, der noch vor Jahresfrist davor gewarnt hat, Derivate zu streng zu überwachen und die BaFin entsprechend angewiesen hat.
Heute so zu tun, als würde Herr Finanzminister Steinbrück schon seit einem Jahr mit den richtigen Rezepten durch die Republik laufen, ist mit der tatsächlichen Nachrichten- und Faktenlage überhaupt nicht in Übereinstimmung zu bringen. Das sind reine Legenden, die richtiggestellt gehören, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die soziale Marktwirtschaft hat sich in dieser Krise als genau das richtige Instrument erwiesen. In der sozialen Marktwirtschaft hat der Staat die Rolle des Hüters der Ordnung. Wir haben erlebt, dass die Ordnung im wichtigen Finanzbereich durcheinander geraten ist. Wir haben feststellen müssen, dass die existierenden Regulierungen im Finanzmarktbereich nicht ausreichten. Deswegen war es erforderlich, dass der Staat als Hüter der Ordnung in dieser Situation eingriff. Der Eingriff ist erfolgt. Angesichts der andauernden Krise wird der Eingriff fortgesetzt werden müssen.
Merkmal der sozialen Marktwirtschaft ist aber auch, dass sich der Staat nach einem solchen Eingriff auch wieder zurückzieht. Das ist die richtige Reaktion. Ich bin froh, dass wir diese richtige Reaktion in Nordrhein-Westfalen immer vertreten haben und auch weiterhin vertreten.
Auch die Ziel-2-Gebiete sind in Ihrer Tour d’Horizon wieder zur Sprache gekommen, Herr Kollege Eiskirch. Es ist doch nicht der richtige Maßstab, im November 2008 zu fragen, wie viel Geld eigentlich schon ausgegeben worden ist. Richtig wäre es, einmal nach den Strukturen zu fragen.
Es war diese Landesregierung, die überhaupt erstmalig das gesamte Land zum Fördergebiet erklärt hat. Viele Bereiche konnten früher schlicht und ergreifend aufgrund der räumlichen Lage keine Anträge stellen. Das ist jetzt anders. Wir haben ein Wettbewerbsverfahren eingeführt. All das wissen Sie. Wenn es einige Tage dauert, die Wettbewerbsverfahren durchzuführen, dann liegt es daran, dass sie gut organisiert und richtig eingestielt sind.
Ich bin der festen Überzeugung, wir werden in zwei, drei oder vier Jahren sehen, dass es nachhaltige Ergebnisse gibt. Die besten Projekte werden gefördert. Diese werden nachhaltig sein und auch in drei, vier oder fünf Jahren keine Leuchttürme sein, die einsam in der Gegend stehen und Risse bekommen. Es werden wunderbare Projekte sein, die die Regionen zusammenführen. Diese Wirtschaftspolitik ist richtig, meine Damen und Herren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Priggen! Es ist schon bemerkenswert: Wir haben von Ihrer Seite in den letzten Wochen eine Aktuelle Stunde gehabt, zehn Wochen, nachdem der Ministerpräsident das Antirezessionsprogramm vorgelegt hatte. Sie sind mit einer Diskussion über Konjunkturprogramme gekommen und haben mit Ihrer Oberökonomin Frau Löhrmann ein angebliches Öko-Konjunkturprogramm vorgelegt, das wir kommentiert haben. Darüber haben wir ebenfalls schon mehrfach diskutiert. Trotzdem behaupten Sie, Sie hätten von uns noch nichts zum Thema „Konjunkturprogramm“ gehört. Ich würde sagen:
Das könnte ich verstehen, wenn Sie – wie so viele derzeit – es wegen einer Mittelohrentzündung nicht mitbekommen haben. Dann hätten Sie es aber wenigstens lesen müssen. Herr Kollege Priggen, ein für alle Mal, damit auch Sie es hören und verstehen: Wir halten gar nichts von solchen Konjunkturprogrammen, weder von dem der Bundesregierung noch von dem Konjunkturprogramm, das Sie vorgelegt haben.
Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung ist ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen, die in aller Eile zusammengeschustert wurden. Es ist geprägt von Aktionismus und verengt sich auf einzelne Branchen. Ein Gesamtkonzept ist nicht erkennbar.
Insofern sagen wir ganz klar: Das ist eine Fehlsteuerung, die höchstens zu Mitnahmeeffekten sowie höheren Steuerausgaben führt, meine Damen und Herren.
Der Kollege Fricke aus dem Bundestag hatte ausgerechnet, dass damit das Konsolidierungsziel im Bund ein für alle Mal ad acta gelegt wurde und man die Neuverschuldung von 10 Milliarden € auf 20 Milliarden € hochtreibt. Das aber ist genau die falsche Entwicklung, meine Damen und Herren.
Über einzelne Punkte des Programms kann man sicherlich reden. Aber dafür braucht man kein Konjunkturprogramm. Die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Punkt, gegen dessen Auslaufen wir uns von vornherein ausgesprochen hatten. Dieser Ansatz ist zwar richtig; aber dafür braucht man noch lange kein Konjunkturprogramm.
Es ist bemerkenswert, Herr Kollege Priggen, wenn Sie von dieser Stelle aus die Wirtschaftsweisen von
heute zitieren. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie sich die Wirtschaftsweisen als Ratgeber für Ihre Politik aussuchten. Denn das, was die heute zum Konjunkturprogramm der Bundesregierung gesagt haben, trifft genauso gut auf Ihr Konjunkturprogramm zu.
Meine Damen und Herren, ich darf daraus zitieren: Diese Maßnahmen – so die Wirtschaftsweisen – sind Ausdruck eines zum Teil industriepolitisch motivierten Aktionismus, der zumindest zu wachstumspolitisch verfehlten Entscheidungen führen könnte. – So mahnten die Experten, meine Damen und Herren.
Das sagt alles aus. Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir brauchen kein Konjunkturprogramm, sondern wir benötigen ein einfacheres und gerechteres Steuersystem in Deutschland mit niedrigeren Steuern, das insbesondere die Mittelschicht deutlich entlastet. Das wäre ein Programm, das alle Menschen in unserem Land erreichte und wirklich zu einer wachstumsorientierten und besseren Politik führte. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.