Protocol of the Session on October 23, 2008

Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon traurig, dass sich die Erzeugerpreise für Milch auf einem so niedrigen Niveau bewegen. Fest steht auch, dass das nicht so bleiben darf. Das muss sich ändern.

Um geeignete Maßnahmen zu ergreifen, ist es jedoch wichtig, sich über die verschiedensten Ursachen des Preisverfalls im Klaren zu sein. Ein Beispiel ist die Überproduktion von 15 % der Milchbauern. Diese produzieren nämlich 10 % mehr als ihre Quote eigentlich zulässt. Selbst im eigenen Kollegenkreis werden sie als Zocker bezeichnet.

(Beifall von Johannes Remmel [GRÜNE])

Konsequenzen hatten sie bisher nicht zu erwarten, weil alleine in Nordrhein-Westfalen 70 % der Überproduktion über die Molkereisaldierung verrechnet werden konnten. Sie verhalten sich dadurch höchst unsolidarisch gegenüber den Bauern, die die Produktion verantwortungsvoll betreiben.

In diesem Zusammenhang muss auch die Unternehmensphilosophie der Molkereien einmal kritisch hinterfragt werden. Es darf doch nicht sein, meine Damen und Herren, dass sie Bonuszahlungen bieten für Übermilch, um ihre Produktionsstätten besser auslasten zu können. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass Angebot und Nachfrage aus dem Gleichgewicht geraten.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Jo- hannes Remmel [GRÜNE])

Herr Remmel, zu Ihnen komme ich noch. – Sicherlich ist es vollkommen richtig, wenn Minister Uhlenberg in ständigem Dialog mit den Marktpartnern steht. Dies geschieht nicht in populistischer Weise, sondern fachlich und sachlich orientiert im Interesse der Milchbauern.

(Beifall von CDU und FDP)

Eines muss aber auch klar sein: Es darf keinen nordrhein-westfälischen Sonderweg geben, sondern wir brauchen eine EU-weite Verständigung über die Reduzierung der Produktion.

(Beifall von CDU und FDP)

Bei einem Alleingang werden uns Marktanteile verloren gehen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland dürfen wir Märkte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. So etwas schadet unseren Milchbauern. Andererseits müssen wir alles tun, damit die Milchproduzenten einen fairen Preis erzielen.

(Beifall von CDU und FDP)

Außerdem muss sichergestellt werden, dass auch die benachteiligten Regionen in die Lage versetzt werden, auf Dauer Milch zu ordentlichen Preisen zu produzieren. Diesbezüglich wäre die Schaffung eines Milchfonds ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Im Einklang mit dem Bund fordert

Nordrhein-Westfalen deswegen eine schnelle Umsetzung auf europäischer Ebene.

Ich appelliere aber auch insbesondere an die Handelsketten, sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein, denn ein so hochwertiges Lebensmittel, wie Milch es nun einmal ist, darf nicht zu Dumpingpreisen verramscht werden.

(Beifall von CDU und FDP)

Das sehen die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen im Übrigen genauso. Die Konsumenten wollen, dass die Milch, die sie verzehren, bei uns produziert wird. Denn sie schätzen die hohen Hygiene- und Umweltstandards in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik Deutschland. Wir müssen uns gemeinsam für eine europaweite Regelung stark machen. Alle Beteiligten sind dabei gefordert.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Auch die Grünen sollten mithelfen, die Überlieferungen zu stoppen, statt Maßnahmen zu fordern, die den deutschen Milchbauern letztendlich Schaden zufügen.

(Beifall von CDU und FDP)

Sehr geehrter Herr Remmel, jetzt komme ich noch einmal auf die Agrarministerkonferenz vom vergangenen Montag, den 20. Oktober 2008, zu sprechen. Dort hat Nordrhein-Westfalen die Forderung erhoben, Maßnahmen gegen die Überlieferer zu ergreifen. Und siehe da: Nur Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sind diesem Antrag gefolgt. Alle Länder, in denen SPD und Grüne in Regierungsverantwortung stehen, haben diesen Antrag abgelehnt. Das waren: Bremen, Hamburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Und heute machen Sie hier Klamauk und Terz und spielen sich als die Retter der deutschen Landwirte auf. Das nimmt Ihnen niemand ab, meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen!

(Beifall von CDU und FDP)

Seien Sie versichert, dass sich die CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag und Umweltminister Uhlenberg intensiv und nachhaltig dafür einsetzen, dass es in Zukunft faire Milchpreise gibt. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz, auch für die zeitliche Punktlandung. – Als Nächstes spricht Frau Watermann-Krass.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass wir uns heute im Landtag mit der Milchpolitik befassen, ist richtig und notwendig. Meine Vorredner haben

darauf hingewiesen, dass wir schon während des Milchboykotts eine Aktuelle Stunde hier im Plenum hatten. Mittlerweile hat es ganz verschiedene Sitzungen und Gipfel auf der EU- sowie auf der Bundesebene dazu gegeben.

Der Milchgipfel unter Bundesminister Seehofer vom 29. Juli 2008 schien die richtigen Weichen zu stellen. Aber in dieser Woche – Sie haben darauf hingewiesen, Herr Wirtz – ist im Agrarausschuss des Bundesrates doch wieder deutlich zurückgerudert worden. Vielleicht hat das ja auch etwas mit der Wahl in Bayern zu tun. Die AbL – Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft – spricht sogar von Wortbruch. Es geht natürlich um die Umrechnungsfaktoren, die Saldierung sowie die nationale Reserve. Deshalb ist es richtig und notwendig, heute eine Debatte darüber zu führen, was wir auf der Landesebene flankierend tun können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Es stellt sich die Frage nach der Position von Minister Uhlenberg. Hält er Wort in Bezug auf die Ankündigungen, die er nach dem Milchgipfel gemacht hat? Wie stellt er sich ganz konkret Hilfsmaßnahmen vor, um den bereits beschlossenen Ausstieg aus der europäischen Milchquote bis 2015 zu flankieren? Welche Perspektiven kann er seinen Berufskollegen aufzeigen, vor allen denjenigen, die in Grünlandregionen mit klein strukturierter Landwirtschaft keine Möglichkeiten haben, ihre Produktion umzustellen?

Die Antwort des Ministers auf unsere Anfragen im Fachausschuss – Wie geht es weiter nach dem Milchgipfel? Welchen Beitrag leistet die Landesregierung? – ergibt kein ganz klares Bild. Demnach hat es Gespräche mit vielen Beteiligten gegeben. Es gab die gemeinsame Auffassung, dass das bisherige staatliche Quotensystem nicht erfolgreich war.

Aber, Herr Minister Uhlenberg, wir wissen doch, dass die aktuellen Landesprogramme, die Sie da aufzählen, nicht ausreichen, um angemessene Erzeugerpreise in NRW zu bekommen. Sie werden auch nicht ausreichen, um den Strukturwandel in der Milchwirtschaft abzumildern. Diesbezüglich fehlen Ihnen Ideen, Konzepte und Lösungen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ortgies?

Frau Kollegin Watermann-Krass, Sie haben doch sicherlich von den Abstimmungsergebnissen vom Montag, die mein Kollege Josef Wirtz gerade genannt hat, gehört. Können Sie uns einmal erklären, warum Ihre Ge

nossen und Parteikollegen in den Ländern das abgelehnt haben, was Sie heute fordern, nämlich Maßnahmen gegen große Überlieferungen? Der Minister dieses Landes hat sich für Maßnahmen gegen große Überlieferungen ausgesprochen. Warum haben Ihre Kollegen in den Ländern diese abgelehnt?

Ich glaube, ich habe das deutlich dargestellt. Es geht einmal darum, was wir auf EU- und Bundesebene tun können. Ich gebe Ihnen Recht, dass man genau schauen muss, in welche Richtung man das entwickeln kann. Ich spreche jetzt aber von Maßnahmen, die wir hier im Land Nordrhein-Westfalen flankierend ergreifen können, damit wir den Ausstieg bis 2015 vernünftig hinbekommen.

Ich führe einmal weiter aus. Gleich hat der Minister Zeit, darauf einzugehen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Leider zu we- nig!)

Über die Zukunft der Milchquote und deren Ausgestaltung wird vor allem in Brüssel entschieden. In Düsseldorf steht dann zur Debatte, wie die BrüsselBeschlüsse in Landesprogramme umgesetzt werden können. Eines ist klar: Die Ausgestaltung von Begleitmaßnahmen zur Unterstützung des Milchquotenausstiegs liegt in der Verantwortung der Bundesländer.

(Svenja Schulze [SPD]: Ganz genau! – Beifall von der SPD)

Wir müssen nach dem Wegfall der Quote dafür sorgen, dass die Milchproduktion in NordrheinWestfalen auch weiterhin in den klassischen Grünlandstandorten bleibt. Das lässt sich am besten durch Programme erreichen, die einen hohen ökologischen Nutzen bieten. Ob es allein ausreicht, eine Vorrangförderung für Milchviehbetriebe im Rahmen der Agrarinvestitionsförderung einzuführen, wie Sie dargestellt haben, die zu einem Ausbau der Produktionskapazitäten führt, ist fraglich.

Wie sieht es mit den Programmen Grünlandprämie, Festmistwirtschaft aus? Zuerst wurden diese Programme von uns, von der Vorgängerregierung, übernommen, dann ausgesetzt und jetzt auf niedrigerem Niveau wieder eingeführt.

Die Forderungen in diesem uns vorliegenden Antrag von den Grünen in Bezug auf Bayern haben sich nach der Landtagswahl deutlich verändert. Ich glaube, es war nicht unüberlegt, in der Form im Bundesrat abzustimmen. Interessant wird sein, wie Herr Seehofer als Ministerpräsident seine von ihm mitgetragenen Entscheidungen in Bayern selbst umsetzen wird.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Was macht Mecklenburg-Vorpommern?)

Auch eine spannende Sache.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Was macht Brandenburg? Was macht Rheinland-Pfalz?)

Herr Minister Uhlenberg, wir sind gespannt, wie Sie mittlerweile in dieser Sache, auch wenn es um Mengenbegrenzungen, um Saldierungen, um Quoten geht, argumentieren, wie Sie Ihre Meinung behaupten können, auch im Kreise der Landwirtschaftsminister, und mit welcher Zielsetzung Sie darangehen. Nur eines ist klar: Schieben Sie diese Verantwortung nicht ab! Sie müssen handeln für Nordrhein-Westfalen, denn Sie stehen im Wort bei den Milchbauern und ihren Familien. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Watermann-Krass. – Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Kollege Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Insgesamt verwirrt die Debatte schon. Denn ich lerne von Grünen und SPD: Was die anderen Länder ablehnen, das ist in Ordnung. Nur wenn das in Nordrhein-Westfalen läuft, dann ist das Teufelszeug. Das ist das Ergebnis.