Hierzu liegt mir eine erste Wortmeldung vom Kollegen Christian Calderone, CDU-Fraktion, vor. Herr Kollege, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Justiz trägt ganz maßgeblich zur Handlungsfähigkeit unseres Staates bei. Deswegen investieren wir mit diesem Haushalt in diese Handlungsfähigkeit unseres Gemeinwesens. Beginnen möchte ich mit einem Dank an alle diejenigen, die in der Justiz beschäftigt sind, für ihre Arbeit für unser Land in diesem außergewöhnlichen Jahr.
Erstens: Wir werden weiterhin den Ansatz zur Bekämpfung der Clankriminalität in Niedersachsen stärken. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel, wo der Staat Handlungsfähigkeit beweisen kann, wenn er gegen all jene vorgeht, die nicht nur kriminell tätig sind, sondern dabei auch unsere Rechtsordnung und die Repräsentanten unserer Rechtsordnung ablehnen und durch eine eigene Rechtsordnung und eigene Repräsentanten ersetzen wollen.
Die 20 Richterstellen, die zehn neuen Stellen im Bereich der Serviceeinheiten und die sechs neuen Staatsanwälte sollen u. a. in diesem Bereich verstärkt tätig werden, nachdem wir im letzten Jahr bereits Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung der Clankriminalität in Niedersachsen eingerichtet haben, die in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen haben.
Aber diese Stellen dienen auch der Bekämpfung des Kindesmissbrauchs und der Bekämpfung der Hasskriminalität. Ich glaube, das sind zwei Phänomenbereiche, die dieses Hohe Haus in der Vergangenheit und auch in diesem Jahr sehr bewegt haben und denen wir weiterhin mit aller Härte des Staates begegnen müssen.
Zweitens: Wir werden auch weiterhin die Zuschüsse an das Landesprogramm gegen Extremismus gleichbleibend hoch halten. Wir sind der Justizministerin sehr dankbar, dass sie die aus unserer Sicht ideologische Verengung auf ausschließlich die Bekämpfung des Rechtsextremismus aufge
(Beifall bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das war doch keine ideologische Verengung! Es gab doch längst die anderen Berei- che! Es gibt doch KIP NI!)
Das relativiert, Frau Kollegin Hamburg, nicht die Gefahr des Rechtsextremismus. Ich glaube, das habe ich hier häufig genug betont. Aber das negiert auch nicht die Gefahren durch alle anderen Extremisten, die auf unseren Straßen unterwegs sind. Deswegen wollen wir alle Extremismusbereiche als Land bekämpfen.
Wir stärken den Landespräventionsrat im Bereich der Prävention sexuellen Missbrauchs mit 150 000 Euro und schätzen seine Arbeit gleichbleibend viel wert. Außerdem schaffen wir einen neuen Förderschwerpunkt in der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung kriminalpräventiver Projekte. Das hört sich schwierig an, aber die 250 000 Euro, die wir hiermit dritten Trägern zur Verfügung stellen, sind gut angelegtes Geld im Bereich der Kriminalprävention.
Drittens werden wir als Koalition weiterhin unseren Schwerpunkt im Bereich der Sicherheit an Gerichten und an Staatsanwaltschaften stärken, indem wir insgesamt 1,9 Millionen Euro über die Verhandlungen, die das Ministerium geführt hat, und die Mittel, die wir über die politische Liste bereitgestellt haben, investieren. Es muss vor Gericht und an den Staatsanwaltschaften sicher sein. Das muss unsere Garantie als Land Niedersachsen an alle diejenigen sein, die dort arbeiten und die dort vorgeladen sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir einen weiteren Schritt vorangehen, dahin gehend, dass wir durchgängige anlasslose Einlasskontrollen an Gerichten und an Staatsanwaltschaften ermöglichen. Dazu gehört Sicherheitstechnik, dazu gehört Personal. Dieser Haushalt liefert dazu einen wichtigen Schritt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Oft bemüht in diesem Corona-Jahr ist die Frage der Videokonferenztechnik. Das ist mein vierter Punkt. Ehrlicherweise hat sich die Justiz auch schon vorher auf den Weg gemacht und Verhandlungen über Videokonferenztechnik ermöglicht. Das ist ein großer Schwerpunkt in diesem Haushalt mit 8 Millionen Euro, um unsere Justizeinrichtungen mit Videokonferenztechnik auszustatten
und um unseren Justizbediensteten das mobile Arbeiten zu ermöglichen. Das ist eine Investition, die im Corona-Jahr vielleicht einfacher möglich ist, aber die sicherlich weit über das Corona-Jahr hinaus trägt.
Fünftens möchte ich nicht die Lösung unerwähnt lassen, die - dank des stetigen Bemühens beider Koalitionspartner und der Justizministerin - bei der Errichtung des Staatsschutzprozessgebäudes in Celle gefunden wurde. Auch das ist ein Zeichen, mit dem der Staat Handlungsfähigkeit beweisen kann, weil die aktuelle räumliche Situation den Sicherheitsanforderungen, aber auch unserem Anspruch als Staat, wie wir Angeklagten im Bereich Staatsschutz entgegentreten wollen, keinesfalls entspricht. Wir brauchen vernünftige Räume, wir brauchen sichere Räume, und wir brauchen Räume, die funktionieren. Das kann mit diesem Bundeszuschuss über 25 Millionen Euro erreicht werden, der jetzt eingeworben wird. Das ist ein wichtiger und ein großer Schritt, der hier durch diese Koalition auf Bundesebene erreicht wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne Zweifel ist mehr immer möglich. An der einen oder anderen Stelle ist auch mehr nötig. Ich komme gleich auf zwei Punkte. Wir haben aber wesentliche Schritte zur Stärkung der Justiz - auch in diesem Haushalt - getan. Wir sind wesentliche Schritte gegangen. Dazu gehört auch, dass wir über 100 neue Stellen für die Ausbildung in der Justiz schaffen. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Signal für die Zukunftsfähigkeit unserer Justiz.
Für die Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich mir zwei große Themenblöcke aufgeschrieben, die wir aus christdemokratischer Sicht angehen müssen.
Das ist erstens der Bereich der Vermögensabschöpfung. Ich habe am Anfang gesagt, wir wollen weiterhin aktiv die Clankriminalität in Niedersachsen bekämpfen. Ich glaube, zur Bekämpfung gehört auch, dass wir im Bereich der Vermögensabschöpfung fitter werden, dass wir dort zusätzliche Stellen schaffen und den Clans all das entziehen, was sie sich auf kriminellem Wege „erwirtschaftet“ haben. Dafür müssen wir deutlich stärker personelle Ressourcen schaffen. Das ist für mich ein Schwerpunkt des nächsten Jahres und der nächsten Haushaltsberatungen.
Ein zweiter Schwerpunkt sind 17 000 Altfälle im Asylbereich in den niedersächsischen Verwaltungsgerichten. Beide Seiten brauchen Klarheit: die Asylbewerber und die Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landes. Deswegen müssen diese 17 000 Altfälle im Asylbereich abgearbeitet werden. Auch das ist eine große Aufgabe, der wir uns gemeinsam als Koalition im nächsten Jahr und bei den nächsten Haushaltsberatungen widmen werden.
Die Lethargie im Justizbereich ist erst durch uns und durch diese Justizministerin aufgelöst worden.
(Beifall bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Im Gegensatz zu Ihnen haben wir die Verwaltungsge- richte gestärkt! Das ist unfassbar!)
Zum Bereich des Justizvollzuges wird meine Kollegin Esther Niewerth-Baumann die Schwerpunkte darstellen. Ich darf mich trotzdem bei dem Verband Niedersächsischer Strafvollzugsbediensteter sehr herzlich bedanken, mit dem wir auch als Koalition sehr vertrauensvoll zusammenarbeiten und der nicht nur seine gewerkschaftliche Sicht der Dinge im Fokus hat, sondern den ganzen Justizvollzug betrachtet. Das ist eine gute Zusammenarbeit. Herzlichen Dank an den VNSB für diese wertvolle Zusammenarbeit in Niedersachsen!
Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist bei allen Beschränkungen, die wir in diesem CoronaJahr haben, ein guter Haushalt - ein guter Haushalt für die Justiz in Niedersachsen und damit ein guter Haushalt für Niedersachsen.
Ich darf mich beim Justizministerium und bei unserem Koalitionspartner ganz herzlich für die gute Beratung bedanken. Das Ergebnis ist gut und kann sich sehen lassen.
Danke schön, Herr Calderone. - Jetzt kommen zwei Redner der SPD-Fraktion, die sich die Redezeit aufteilen. Herr Prange beginnt, danach kommt Frau Kollegin Osigus. Herr Kollege, Sie haben das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen über den Justizhaushalt. Ich will aber erst einmal sagen: Es ist anders als in den Vorjahren. Mein lieber Freund Helge Limburg ist nicht dabei. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Genesungswünsche auch meiner Fraktion zu übermitteln. Es hat immer viel Spaß gemacht. Ich glaube, ich kann jetzt schon sagen, dass er in der Debatte über den Justizhaushalt heute fehlt.
Ich will mich dem Dank von Christian Calderone an alle Mitarbeitenden in der Justiz anschließen. In diesem Jahr war die Arbeit, glaube ich, noch herausfordernder, als sie es ohnehin ist. Vielen Dank für die wichtige Arbeit, die Sie tagtäglich für unser Land leisten!
Ich will aber auch Danke an die Mitarbeitenden in den Ministerien, in der Landtagsverwaltung und in den Fraktionen für die großartige Unterstützung bei den Haushaltsberatungen sagen.
Die Corona-Pandemie stellt den Haushaltsgesetzgeber vor große Herausforderungen. Wir haben perspektivisch weniger Einnahmen und mehr Ausgaben. Umso mehr freut es mich, dass das Volumen des Justizhaushalts auch im kommenden Jahr erhöht wird, nämlich um 1,6 % auf 1,42 Milliarden Euro.
Wir haben hier ja immer ein Ritual mit dem Kollegen Genthe. Seine Rede kann ich ein bisschen vorwegnehmen. Gleich wird er kommen und sagen, dass das nicht genug ist, was wir tun. Deswegen habe ich mir die Zahlen noch einmal aufgeschrieben. In diesem Jahr stellen wir insgesamt 78 zusätzliche Stellen im Justizhaushalt, verteilt über den ganzen Bereich, zur Verfügung. In dieser Legislaturperiode haben wir damit 300 zusätzliche Stellen geschaffen. Ich sage an dieser Stelle: Wir sind auf Kurs, aber noch nicht am Ziel.
Wir arbeiten an dem Ziel PEBB§Y 1,0, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Ich habe hier, glaube ich, schon beim letzten Mal gesagt: Das ist kein Kurzstreckenlauf, sondern eine Herausforderung, die kontinuierlicher Anstrengungen bedarf. Daher sind wir auch ein verlässlicher Partner für die Beschäftigten in der Justiz.
Wir brauchen einen starken, leistungsfähigen Rechtsstaat. Das ist kein Selbstzweck; denn unser Rechtsstaat ist eine tragende Säule unserer Demokratie und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig.
Wir, die Fraktionen und die Landesregierung, haben uns im Justizbereich Schwerpunkte gesetzt: die Stärkung der Strafjustiz, die Stärkung der Prävention, Sicherheit in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, die Stärkung der Ausbildung und die weitere Umsetzung der wichtigen Herausforderung der Digitalisierung in der Justiz.
Beim Personal - das hat Christian Calderone gerade schon angesprochen - haben wir im letzten Haushalt über die politische Liste 22 Stellen für die Staatsanwaltschaften auf den Weg gebracht. Damit haben wir die Schwerpunktstaatsanwaltschaften Clankriminalität und in Göttingen die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von
Hasskriminalität eingerichtet. Das sind zwei sehr relevante Themen. Hier muss der Staat handlungsfähig sein und konsequent durchgreifen.
Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es der Ministerin gelungen ist, diese 22 Stellen im Haushalt zu verstetigen und noch einmal draufzulegen. Wir werden 6 weitere Stellen für die Staatsanwaltschaften bekommen. Die Herausforderungen sind nach wie vor hoch.
Ich habe vorhin von PEBB§Y gesprochen. Wir haben immer gesagt: Wir wollen dort nachsteuern, wo die Belastung am größten ist. Das ist sie in der Tat bei den Staatsanwaltschaften und in der Strafjustiz. Gerade die Belastung der Strafkammern an den Landgerichten hat einen Höchststand erreicht. Wir wissen auch aus Gesprächen vor Ort, dass dort teilweise an der Belastungsgrenze gearbeitet wird. Umso mehr freue ich mich, dass wir 20 zusätzliche unbefristete Richterstellen und 10 weitere Beschäftigungsmöglichkeiten im nichtrichterlichen Dienst für diesen Bereich zur Verfügung stellen werden. Das ist konsequent.