Christian Calderone

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Umwelt- und Klimaschutz wird auf lange Sicht eine zentrale Herausforderung für unseren Staat, für unsere Gesellschaft bleiben. Das wissen wir alle. Umso wichtiger ist es, dass diese Koalition aus SPD und CDU in dieser Legislatur
nach der gesetzlichen Verankerung des „Niedersächsischen Weges“ mit der heutigen Abstimmung auch noch ein zweites großes Gesetzesvorhaben in diesem Bereich abschließt.
Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat diese Koalition für den Klima-, den Umwelt-, den Arten-, den Gewässer- und den Tierschutz ein Vielfaches mehr geleistet als eine Koalition, in der die Grünen das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium innehatten. Denn die Grünen sind eben nicht darüber hinausgekommen, den Menschen in Niedersachsen, den Landwirten in Niedersachsen, denjenigen, die in Niedersachsen auf Mobilität angewiesen sind, und denjenigen, die in Niedersachsen in Branchen arbeiten, die einen hohen Energiebedarf haben, ein schlechtes Gewissen zu machen.
Inhalt der heutigen abschließenden Beratung ist auch eine Bestimmung, die den Klimaschutz und die Minderung der Folgen des Klimawandels als Staatsziel in die Niedersächsische Verfassung einfügt. Dies möchte ich deshalb eingehender betrachten, weil aus christdemokratischer Sicht Verfassungsänderungen nicht im Minutentakt erfolgen dürfen.
Vor dem Hintergrund, dass auch noch weitere Anträge auf eine Änderung der Verfassung vorliegen - beispielsweise zur Einfügung eines EuropaBezuges, zur Ersetzung des Begriffes „Rasse“, zur Einfügung des Begriffes der „sexuellen Identität“ und zur Herabsetzung des Wahlalters - appelliere ich daran, Verfassungsänderungen nicht als Teil des politischen Alltagsgeschäfts zu begreifen, sondern lediglich minimalinvasiv zu beschließen. Denn eine Verfassung, die wie ein Gesetz geändert wird, hat ihren Wert und ihre Bedeutung aus unserer Sicht verloren. Sie ist dann nicht mehr Grundlage des Staates und der Gesellschaft, weil sie der Beliebigkeit politischer Alltagsprozesse und der Beliebigkeit tagesaktueller Interpretationen unterliegt. Dient aber die Verfassung zunehmend der parteilichen und parteipolitischen Profilierung im Alltagsgeschäft, dann können wir die Bürgerinnen und Bürger schwerlich auffordern, sich hinter ihr zu versammeln.
Aus diesem Grund ist die CDU-Fraktion dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtages sehr dankbar, dass er sehr deutlich darauf hingewiesen hat, dass der Klimaschutz auch jetzt schon in der Niedersächsischen Verfassung verankert ist - und das nicht irgendwo, sondern gleich in Artikel 1 Abs. 2, bei den Staats
grundsätzen. Wie unschwer zu erkennen ist, umfasst die Bestimmung, „das Land Niedersachsen ist ein … dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteter Rechtsstaat“, den Klimaschutz bereits. Der Schutz des Klimas ist also auch aktuell schon Teil der den Staat verpflichtenden Verfassungsbestimmungen.
Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir am Ende dieser Verfassungsänderung zustimmen. Sonst käme sie im Übrigen auch nicht zustande. Dies tun wir insbesondere deshalb, weil die Klimaschutz eben nicht, wie ich eingangs erwähnt habe, eine Alltagaufgabe ist und eine Verfassungsänderung in diesem Bereich damit eben nicht nur politisches Alltagsgeschäft. Nein, der Klimaschutz ist eine unserer großen Zukunftsherausforderungen, und deshalb ist es vertretbar, in diesem Sinne auch die Verfassung zu ändern. Aus unserer Sicht ist es diese Aufgabe auch wert, als Staatsziel und damit für die Bürgerinnen und Bürger sichtbarer in der Verfassung verankert zu werden.
Aber noch einmal: Zum Alltag wird eine Verfassungsänderung damit für uns nicht.
Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Justiz trägt ganz maßgeblich zur Handlungsfähigkeit unseres Staates bei. Deswegen investieren wir mit diesem Haushalt in diese Handlungsfähigkeit unseres Gemeinwesens. Beginnen möchte ich mit einem Dank an alle diejenigen, die in der Justiz beschäftigt sind, für ihre Arbeit für unser Land in diesem außergewöhnlichen Jahr.
Speziell eingehen möchte ich auf einige Punkte.
Erstens: Wir werden weiterhin den Ansatz zur Bekämpfung der Clankriminalität in Niedersachsen stärken. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel, wo der Staat Handlungsfähigkeit beweisen kann, wenn er gegen all jene vorgeht, die nicht nur kriminell tätig sind, sondern dabei auch unsere Rechtsordnung und die Repräsentanten unserer Rechtsordnung ablehnen und durch eine eigene Rechtsordnung und eigene Repräsentanten ersetzen wollen.
Die 20 Richterstellen, die zehn neuen Stellen im Bereich der Serviceeinheiten und die sechs neuen Staatsanwälte sollen u. a. in diesem Bereich verstärkt tätig werden, nachdem wir im letzten Jahr bereits Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung der Clankriminalität in Niedersachsen eingerichtet haben, die in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen haben.
Aber diese Stellen dienen auch der Bekämpfung des Kindesmissbrauchs und der Bekämpfung der Hasskriminalität. Ich glaube, das sind zwei Phänomenbereiche, die dieses Hohe Haus in der Vergangenheit und auch in diesem Jahr sehr bewegt haben und denen wir weiterhin mit aller Härte des Staates begegnen müssen.
Zweitens: Wir werden auch weiterhin die Zuschüsse an das Landesprogramm gegen Extremismus gleichbleibend hoch halten. Wir sind der Justizministerin sehr dankbar, dass sie die aus unserer Sicht ideologische Verengung auf ausschließlich die Bekämpfung des Rechtsextremismus aufge
brochen hat und jetzt alle extremistischen Phänomenbereiche mit diesem Landesprogramm angeht.
Das relativiert, Frau Kollegin Hamburg, nicht die Gefahr des Rechtsextremismus. Ich glaube, das habe ich hier häufig genug betont. Aber das negiert auch nicht die Gefahren durch alle anderen Extremisten, die auf unseren Straßen unterwegs sind. Deswegen wollen wir alle Extremismusbereiche als Land bekämpfen.
Wir stärken den Landespräventionsrat im Bereich der Prävention sexuellen Missbrauchs mit 150 000 Euro und schätzen seine Arbeit gleichbleibend viel wert. Außerdem schaffen wir einen neuen Förderschwerpunkt in der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung kriminalpräventiver Projekte. Das hört sich schwierig an, aber die 250 000 Euro, die wir hiermit dritten Trägern zur Verfügung stellen, sind gut angelegtes Geld im Bereich der Kriminalprävention.
Drittens werden wir als Koalition weiterhin unseren Schwerpunkt im Bereich der Sicherheit an Gerichten und an Staatsanwaltschaften stärken, indem wir insgesamt 1,9 Millionen Euro über die Verhandlungen, die das Ministerium geführt hat, und die Mittel, die wir über die politische Liste bereitgestellt haben, investieren. Es muss vor Gericht und an den Staatsanwaltschaften sicher sein. Das muss unsere Garantie als Land Niedersachsen an alle diejenigen sein, die dort arbeiten und die dort vorgeladen sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir einen weiteren Schritt vorangehen, dahin gehend, dass wir durchgängige anlasslose Einlasskontrollen an Gerichten und an Staatsanwaltschaften ermöglichen. Dazu gehört Sicherheitstechnik, dazu gehört Personal. Dieser Haushalt liefert dazu einen wichtigen Schritt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Oft bemüht in diesem Corona-Jahr ist die Frage der Videokonferenztechnik. Das ist mein vierter Punkt. Ehrlicherweise hat sich die Justiz auch schon vorher auf den Weg gemacht und Verhandlungen über Videokonferenztechnik ermöglicht. Das ist ein großer Schwerpunkt in diesem Haushalt mit 8 Millionen Euro, um unsere Justizeinrichtungen mit Videokonferenztechnik auszustatten
und um unseren Justizbediensteten das mobile Arbeiten zu ermöglichen. Das ist eine Investition, die im Corona-Jahr vielleicht einfacher möglich ist, aber die sicherlich weit über das Corona-Jahr hinaus trägt.
Fünftens möchte ich nicht die Lösung unerwähnt lassen, die - dank des stetigen Bemühens beider Koalitionspartner und der Justizministerin - bei der Errichtung des Staatsschutzprozessgebäudes in Celle gefunden wurde. Auch das ist ein Zeichen, mit dem der Staat Handlungsfähigkeit beweisen kann, weil die aktuelle räumliche Situation den Sicherheitsanforderungen, aber auch unserem Anspruch als Staat, wie wir Angeklagten im Bereich Staatsschutz entgegentreten wollen, keinesfalls entspricht. Wir brauchen vernünftige Räume, wir brauchen sichere Räume, und wir brauchen Räume, die funktionieren. Das kann mit diesem Bundeszuschuss über 25 Millionen Euro erreicht werden, der jetzt eingeworben wird. Das ist ein wichtiger und ein großer Schritt, der hier durch diese Koalition auf Bundesebene erreicht wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne Zweifel ist mehr immer möglich. An der einen oder anderen Stelle ist auch mehr nötig. Ich komme gleich auf zwei Punkte. Wir haben aber wesentliche Schritte zur Stärkung der Justiz - auch in diesem Haushalt - getan. Wir sind wesentliche Schritte gegangen. Dazu gehört auch, dass wir über 100 neue Stellen für die Ausbildung in der Justiz schaffen. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Signal für die Zukunftsfähigkeit unserer Justiz.
Für die Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich mir zwei große Themenblöcke aufgeschrieben, die wir aus christdemokratischer Sicht angehen müssen.
Das ist erstens der Bereich der Vermögensabschöpfung. Ich habe am Anfang gesagt, wir wollen weiterhin aktiv die Clankriminalität in Niedersachsen bekämpfen. Ich glaube, zur Bekämpfung gehört auch, dass wir im Bereich der Vermögensabschöpfung fitter werden, dass wir dort zusätzliche Stellen schaffen und den Clans all das entziehen, was sie sich auf kriminellem Wege „erwirtschaftet“ haben. Dafür müssen wir deutlich stärker personelle Ressourcen schaffen. Das ist für mich ein Schwerpunkt des nächsten Jahres und der nächsten Haushaltsberatungen.
Ein zweiter Schwerpunkt sind 17 000 Altfälle im Asylbereich in den niedersächsischen Verwaltungsgerichten. Beide Seiten brauchen Klarheit: die Asylbewerber und die Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landes. Deswegen müssen diese 17 000 Altfälle im Asylbereich abgearbeitet werden. Auch das ist eine große Aufgabe, der wir uns gemeinsam als Koalition im nächsten Jahr und bei den nächsten Haushaltsberatungen widmen werden.
- Frau Hamburg, Sie können viel dazwischenrufen, aber Sie haben in Ihrer Zeit nichts erreicht.
Die Lethargie im Justizbereich ist erst durch uns und durch diese Justizministerin aufgelöst worden.
Zum Bereich des Justizvollzuges wird meine Kollegin Esther Niewerth-Baumann die Schwerpunkte darstellen. Ich darf mich trotzdem bei dem Verband Niedersächsischer Strafvollzugsbediensteter sehr herzlich bedanken, mit dem wir auch als Koalition sehr vertrauensvoll zusammenarbeiten und der nicht nur seine gewerkschaftliche Sicht der Dinge im Fokus hat, sondern den ganzen Justizvollzug betrachtet. Das ist eine gute Zusammenarbeit. Herzlichen Dank an den VNSB für diese wertvolle Zusammenarbeit in Niedersachsen!
Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist bei allen Beschränkungen, die wir in diesem CoronaJahr haben, ein guter Haushalt - ein guter Haushalt für die Justiz in Niedersachsen und damit ein guter Haushalt für Niedersachsen.
Ich darf mich beim Justizministerium und bei unserem Koalitionspartner ganz herzlich für die gute Beratung bedanken. Das Ergebnis ist gut und kann sich sehen lassen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Asche glüht noch in der Synagoge, aus den Fenstern steigt auch heute noch Rauch -
heute am Tag nach der Reichspogromnacht mit durch das nationalsozialistische Regime gelenkten Verfolgungen und Übergriffen auf Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland und Österreich. Was muss in einer Gesellschaft am Tag nach diesen Pogromen vorgehen, in denen das Gotteshaus des Nachbarn geschändet und niedergebrannt wurde? Wie kann ein normaler Alltag an diesem Tag nach dieser Nacht möglich sein? - Das war heute vor 82 Jahren.
Und heute am Tag 82 Jahre nach der Pogromnacht ist die Asche nicht ausgetreten. Vielleicht hatten wir irgendwann tatsächlich die Hoffnung, diese Asche wäre erkaltet. Spätestens die letzten Jahre müssen uns eines anderen belehren. Antisemitismus in all seinen Formen entgegentreten, so hat es die Präsidentin des Niedersächsischen Landtages heute Morgen zu Beginn der Plenarsitzung in der Gedenkminute zur Reichspogromnacht formuliert.
Und genau das bleibt unsere Aufgabe als deutsche Gesellschaft. Sie hat nichts an Aktualität und Dringlichkeit verloren. Die Erhöhung der Landeszuweisungen an die Verbände der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen ist deswegen richtig. Sie ist sogar überfällig, weil die letzte dauerhafte Erhöhung auf das Jahr 2013 und noch aus der Zeit der Vorvorgängerregierung datiert. Und sie ist überfällig, weil die Landesförderung sehr deutlich unterhalb der durchschnittlichen Förderung aller Bundesländer liegt. Ich halte es auch für angemessen, dass es eine jährliche Steigerung dieses Förderbetrages gibt, damit künftig die Situation vermieden werden kann, dass diese Beträge über mehr als fünf Jahre, über eine ganze Legislaturperiode hinweg, nicht angepasst werden.
Meine Damen und Herren, Antisemitismus in allen seinen Formen entgegenzutreten, heißt aber auch, ihn umfassend zu benennen. Nicht erst der Anschlag auf die Synagoge von Halle hat uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, was wir wissen, nicht relativieren dürfen, wachsam beobachten und robust bekämpfen müssen. Antisemitismus, gewalttätiger Antisemitismus, gehört zur DNA des Rechtsradikalismus, und Rechtsradikalismus muss auf den stärksten Widerstand unseres Rechtsstaates treffen.
Am Tag nach der Pogromnacht vor 82 Jahren und auch heute gibt es Antisemitismus jenseits des Radikalen und des Rechtsradikalen. Wären es doch nur die rechten oder linken Radikalen in unserer Gesellschaft! Es sind aber auch christlichabendländisch geprägte Menschen. Antijudaistische Mythen spielen auch heute eine Rolle, etwa bei antiisraelischen Protesten auf deutschen Straßen. Diese diffuse Grundierung der Judenfeindlichkeit ist eben nicht plötzlich plausibel, sondern sie kann bis heute auf lang vorhandene religiös aufgeladene Bilder von Juden aufbauen.
Es sind auch Sozialisten. Erst jetzt scheint sich die britische Arbeiterpartei endlich von ihrem bis in dieses Jahr amtierenden Vorsitzenden Jeremy Corbyn aufgrund schwerwiegenden Versagens beim Vorgehen gegen Antisemitismus zu trennen.
Und es sind auch muslimisch geprägte Menschen, die Antisemitismus als Teil ihres kulturellen Gepäcks und als Teil des politischen Islam nach Europa und nach Deutschland transferieren. Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass Juden das Land aufgrund muslimischen Antisemitismus verlassen.
Es sind eben nicht die Christen, die Sozialisten und die Muslime, aber es sind einzelne Menschen unterschiedlicher Sozialisation und oft ohne erkennbare Radikalität, die die Basis für antisemitisches Denken in unserer Gesellschaft verbreitern. Deswegen halte ich die ausschließliche Verknüpfung von Antisemitismus und Rechtsradikalismus für verharmlosend.
Wir dürfen die gesellschaftliche Herausforderung des entschlossenen Kampfes gegen Judenfeindlichkeit nicht verengen, sondern müssen auch gerade in einer heterogenen Gesellschaft alle Strömungen betrachten.
Dazu gehört im Übrigen auch - als kleiner Aspekt -, dass in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht alle antisemitischen Straftaten, deren Motivation unbekannt ist, automatisch dem Phänomenbereich PMK rechts zugeordnet werden. Meine Damen und Herren, wir brauchen diesen Automatismus nicht, um die Gefahr des Rechtsradikalen zu dokumentieren. Diese Gefahr ist bekannt. Aber dieser Automatismus ist geeignet, die gesellschaftliche Dimension von Antisemitismus zu verschleiern.
Der Tag nach der Pogromnacht vor 82 Jahren war ein schlechter Tag, auch weil er Alltag war und damit dokumentierte, dass der Antisemitismus der Pogromnacht nicht nur der Antisemitismus der Rechtsradikalen war, sondern auf einen gesellschaftlichen Resonanzraum traf. Der Tag nach der Pogromnacht nach 82 Jahren, heute, sollte denselben Fehler nicht wiederholen.
Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Kriminalität ist schlimm - Clankriminalität ist schlimmer. Wir haben es hier tatsächlich mit einem Phänomenbereich zu
tun, der das Vertrauen in die staatliche Ordnung und in die Handlungsfähigkeit des Staates nachhaltig zu schädigen in der Lage ist. Wir haben es mit einem Phänomenbereich zu tun, der sich durch Einschüchterung, Drohung, Kriminalität, Ablehnung der Repräsentanten des Staates und Ausnutzung unseres Sozial- und Rechtsstaates außerhalb unserer Gesellschaft stellt.
Es ist an der Zeit, meine Damen und Herren, endlich schmerzhaft durchzugreifen. Auch der deutsche Staat kann es, wenn er nur will. Innenminister Reul in Nordrhein-Westfalen zeigt es uns. Auch die Abschiebung von Ibrahim Miri in Bremen hat es uns gezeigt.
Clankriminalität ist nicht nur ein Phänomen der großen Städte unserer Republik. Auch in meinem Landkreis Osnabrück - in Ostercappeln und in Melle - gibt es Familienclans und Clanstrukturen. Deswegen sind auch das Land Niedersachsen und die niedersächsischen Kommunen umfassend gefordert. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bekämpfung der Clankriminalität beginnt in den Kommunen: bei der Ahndung eines Falschparkers, bei der Überprüfung der Schadstoffgrenzwerte in Shishabars oder bei der Verfolgung illegaler Autorennen.
Null Toleranz ist gefordert. Und null Toleranz bei der Bekämpfung von Clankriminalität endet mit einer Aufenthaltsbeendigung - nicht nur im Einzelfall, sondern im Regelfall. Wer sich durch Clanstrukturen klar jenseits unserer Gesellschaft positioniert, Nachbarschaften terrorisiert, sein Leben auf Kriminalität aufbaut, Familien bedroht, eigene Gesetze und Regeln aufstellt, den toleranten deutschen Sozial- und Rechtsstaat ausnutzt, darf in Deutschland keine gute Zukunft haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Mit diesem Entschließungsantrag machen wir deutlich, dass die regierungstragenden Fraktionen auch in der Justiz Akzente im Bereich der Bekämpfung der Clankriminalität setzen. Im Innenbereich haben sie es ja bereits getan.
Dies ist insbesondere mit der Zurverfügungstellung von zusätzlichem Personal in den Staatsanwaltschaften verbunden. Damit widmen sich künftig drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften und eine verstärkte Zentralstelle Organisierte Kriminalität der Bekämpfung der Clankriminalität.
Ich bedanke mich sehr bei unserem Koalitionspartner für die guten Beratungen in dieser Sache und auch für das Ergebnis. Ich glaube, es ist gut, dass wir beide diesen Weg gemeinschaftlich unterstützen.
Wichtig ist auch, dass wir regelhafte Strukturen der Information, der Vernetzung und des Austausches über Verfahren und Zustände von Verfahren einrichten, so wie wir es in unserem Antrag beschrieben haben.
Meine Damen und Herren, die Politik kann Mittel zur Verfügung stellen, Rahmenbedingungen schaffen und zum Handeln auffordern. Handeln muss aber der einzelne Mitarbeiter in den Kommunen, in den Ordnungsbehörden, in den Landesbehörden und in der Justiz. Da brauchen wir - auch das gehört zur Wahrheit dazu - auf der einen Seite hier und dort mitunter vielleicht noch ein wenig mehr Sensibilität für eine Strategie der null Toleranz, und auf der anderen Seite brauchen wir den bedingungslosen Schutz durch die öffentliche Hand für ihre Mitarbeiter.
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Clan in Osnabrück nützt nichts, wenn in Quakenbrück bei Falschparkern, Kleinkriminalität oder illegalen Autorennen nicht hinreichend hingeschaut wird. Die Null-Toleranz-Strategie nützt nichts, wenn am Ende die Familie des zuständigen Mitarbeiters in der öffentlichen Verwaltung bedroht wird.
Schließlich wird sich die Politik in Zukunft auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie wir mit Tätern unter 14 Jahren umgehen wollen. Denn eine kriminelle Tat bleibt eine kriminelle Tat. Eine Erziehung zur Begehung von Straftaten und zur Respektlosigkeit gegenüber dem Staat - egal in welchem Alter - werden wir nicht dulden können - ebenso wenig wie eine Paralleljustiz; denn das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Deswegen halte ich es für richtig, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion über eine Ausweitung des Strafrechts und über die Schaffung eines neuen Straftatbestandes „Anmaßung zu einer politischen oder religiösen Ordnungsmacht“ nachdenkt. Das ist überfällig. Dies gilt ebenso für eine Klarstellung in § 46 StGB - Grundsätze der Strafzumessung. Kulturell bedingte Rechts- und Wertvorstellungen dürfen nicht strafmindernd, sondern müssen strafverschärfend berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, es muss ein Klima des Verfolgungsdrucks in den Clans erzeugt werden. Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, Verfolgung von Kleinkriminalität, Verfolgung des Sozialleis
tungsmissbrauchs, Verschärfung der Vermögensabschöpfung, neue Straftatbestände und eine gezielte Aufenthaltsbeendigung sind Mittel.
Mit diesem Antrag und mit dem Schwerpunkt in unserer politischen Liste zeigen wir, dass wir bereit sind, diesen Weg zu gehen, und dass wir es ernst meinen.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Prange sehr dankbar, dass er in dieser Debatte hier ausgewogene Worte gefunden hat. Ich war etwas betroffen über einige Wortbeiträge zu Beginn dieser Diskussion in der Aktuellen Stunde. Mir scheint, dass es Stammtische unterschiedlicher Farbgebung gibt. Ich glaube, diese Stammtische unterschiedlicher Farbgebung helfen uns in dieser Debatte in keiner Weise,
sondern wir brauchen Aufklärung, wir brauchen Nüchternheit und eine ganzheitliche Betrachtung der Problematik.
Ich möchte darauf eingehen, was der Kollege Prange in Sachen Verfassungsänderung gesagt hat. Ich glaube, da sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt. Ich habe hier im Plenum ja auch schon einmal formuliert, dass der Rasse-Begriff aus heutiger Sicht sicherlich sehr problematisch ist und dass wir uns, auch weil man die Verfassung nur mit Bedacht ändert, gemeinschaftlich überlegen sollten, wie eine Formulierung aussehen könnte.
Ich habe eben gesagt, dass wir aufklärend wirken müssen, dass wir die Dinge sachlich betrachten müssen. Das trifft, glaube ich, nicht auf das zu - die Vorredner haben es schon gesagt -, was die Vorsitzende der SPD Deutschlands in dieser Sache gesagt hat. Das macht mich genauso betroffen.
Denn wer der Polizei einen latenten Rassismus vorwirft, Frau Kollegin, der handelt nicht und der klärt tatsächlich nicht auf, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und wer angesichts der Ereignisse in den USA die sehr verständliche und, soweit sie friedlich ist, auch sehr nötige Bewegung „Black lives matter“ zum Thema einer Aktuellen Stunde macht, der hat, glaube ich, auch die Verpflichtung, die Dinge ganzheitlich zu betrachten. Da sind wir aufgefordert, nicht nur Richtung Rassismus, nicht nur Richtung rechts oder Richtung links, sondern auch Richtung Ausländerextremismus, Richtung Antisemitismus und Richtung Islamismus zu blicken, zumal Rassismus nicht automatisch einem bestimmten Phänomenbereich zuzuordnen ist, sicherlich im Großteil der Sachverhalte schon, aber nicht automatisch.
Es ist, glaube ich, elementar, dass wir uns die gesamten extremistischen Bewegungen anschauen, die wir in der Bundesrepublik haben, die mir tatsächlich Sorge machen und die eine gemeinsame Herausforderung für unseren Staat sind. Deswegen ist es gut, dass das Justizministerium und Barbara Havliza - Kollege Prange hat es gesagt - die extremismuspräventive Arbeit des Landespräventionsrates auf alle Phänomenbereiche
ausgeweitet haben. Denn die Beschränkung auf lediglich den Rechtsextremismus, die wir in der vergangenen Periode hatten, trifft nicht die gesellschaftliche Realität. Immerhin ist die Hälfte aller extremismuspolitischen Straftaten in Niedersachsen eben nicht rechtsextremistischer Natur. Deswegen müssen wir die Maßnahmen ausweiten und haben sie mit 250 000 Euro aus der politischen Liste ausgeweitet.
Schließlich arbeitet das Justizministerium an einem umfassenden Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, der alle Ministerien umfassen soll. Das halte ich ebenfalls für erforderlich; denn Rechtsextremismus, Rassismusbekämpfung und Extremismusbekämpfung sind eine umfassende Herausforderung und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müssen deshalb auch durch alle Ministerien bearbeitet werden.
Aber Rechtsextremismus ist nicht erst seit November 2017 ein Phänomen. Im Gegenteil. In den Jahren 2015 und 2016 gab es in Niedersachsen sogar deutlich mehr rechtsextremistische Straftaten als in den Jahren 2018 und 2019.
Und wenn die Grünen in der Aktuellen Stunde fragen, wo der Aktionsplan Antirassismus bleibt, dann frage ich ebenfalls: Wo ist der Plan? Was hat denn die grüne Justizministerin in Sachen Aufklärung und Handlung getan? Wo ist der Plan der vergangenen Jahre?
Die Arbeit des grünen Ministeriums war aus meiner Sicht in dieser Frage nicht genügend. Das haben die Menschen gemerkt, und deswegen ist das Ministerium nicht mehr grün.
Ich möchte abschließend Barbara Havliza und das Justizministerium auf dem Weg, den sie eingeschlagen haben, bestärken und unsere Unterstützung zusagen.
Die Ausweitung der Extremismusprävention im Landespräventionsrat und auch der in Arbeit befindliche ministerienübergreifende Aktionsplan
Rechtsextremismus sind wichtig und sind überfällig. Vielen Dank für diese Arbeit!
Mir macht Sorge, dass die linksextremistischen Straftaten in Niedersachsen nach Zahlen des Innenministeriums im letzten Jahr um 44 % - um 44 %! - gestiegen sind. Mir macht Sorge, was wir aus Stuttgart am vorvergangenen Wochenende sehen mussten und wie schwer es uns fällt, die Dinge klar zu benennen, und mir macht Sorge, wie sich der Rechtsextremismus im Untergrund unserer Gesellschaft auszubreiten scheint.
Deswegen sind die Parlamente und die Regierungen als Ganzes gefordert, und deswegen ist der Weg des Justizministeriums, in der vorgetragenen Weise vorzugehen, exakt der richtige. Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deswegen bitte ich alle Beteiligten auch hier, weniger „Stammtisch“ und mehr an der Sache orientiert zu reden.
Herzlichen Dank.
Auch eineinhalb Minuten? - Okay. Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.
Frau Kollegin Hamburg selbstverständlich habe ich über Rassismus geredet, sogar recht ausführlich; denn Rassismus ist Teil jeder Extremismusform,
die wir in Niedersachsen verzeichnen. Deswegen ist es ja so richtig und so wichtig, dass das Justizministerium den Blick geweitet hat und eben nicht mehr nur auf den Rechtsextremismus schaut, sondern alle politischen Extremismusphänomene betrachtet. Deswegen ist es so wichtig, dass wir die Mittel über die politische Liste noch einmal deutlich erhöht haben und dass dem Landespräventionsrat jetzt 250 000 Euro mehr für die Extremismusprävention und auch die Rassismusprävention zur Verfügung stehen.
Der Unterschied zu früheren Regierungen ist, dass jetzt alle Ministerien ermutigt werden, im Bereich Rassismusprävention konzertiert vorzugehen, weil ein alleiniges Vorgehen eines Ministeriums nicht ausreicht.
Das haben das Justizministerium und diese Landesregierung mit Unterstützung der die Regierung tragenden Fraktionen erreicht. Das möchte ich hier hervorheben und nicht kleingeredet wissen. Wir sind auf dem Rassismusauge nicht blind, sondern werden den Rassismus weiter gemeinschaftlich bekämpfen. Dazu rufe ich das ganze Haus auf.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ergänzung des Europabezuges in der Landesverfassung“ - dazu sagt man im ersten Moment: Ja, natürlich! Warum denn nicht schon lange? Und warum erst beantragt durch die Grünen?
Richtig: Europa und europäischer Zusammenhalt verlangen in heutigen Tagen mehr politisches Bekenntnis als vermutlich in der Vergangenheit und auch in der 30-jährigen Geschichte der Niedersächsischen Verfassung, Frau Kollegin SchröderEhlers.
Klar: Niedersachsen als weltoffenes Bundesland mit vielen Einwohnerinnen und Einwohnern aus europäischen Ländern sowie vielfältigen Handels- und sonstigen Beziehungen in die europäische Welt sollte sich auch in seiner Verfassung klar zu Europa bekennen.
Auf der anderen Seite - die Vorredner haben es angesprochen - haben wir bereits einen Europabezug in unserer Landesverfassung, und zwar nicht irgendwo in den Weiten der Verfassung, sondern recht prominent gesetzt in Artikel 1.
Dort heißt es im Absatz 2:
„Das Land Niedersachsen ist ein freiheitlicher, republikanischer, demokratischer, sozialer und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteter Rechtsstaat in der Bundesrepublik Deutschland und Teil der europäischen Völkergemeinschaft.“
Mit „Teil der europäischen Völkergemeinschaft“ ist - auch wenn es nur ein kleiner Halbsatz ist - ein deutlicher Europabezug - an hervorgehobener Stelle, wie ich betonen möchte - bereits in der Landesverfassung vorhanden. Deswegen erweckt der verfassungsändernde Antrag der Grünen hier für mich ein bisschen auch den Anschein von ein wenig Symbolismus, der am Ende wenig bewirken kann.
Und schließlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht es sich der Antragsteller mit der nicht ganz neuen Formulierung, auf die ich gleich noch zu sprechen komme - Frau Schröder-Ehlers hat es schon getan -, etwas zu leicht, indem er einfach die Begriffe „Europa“, „Staatszielbestimmungen“ und „Staatsstrukturprinzipien der Europäischen Union“ nebeneinanderstellt. Das ist sprachlich ein bisschen unklar, glaube ich, und deswegen schwierig für eine Verfassung. Europa ist schließlich mehr als die Europäische Union und die europäischen Institutionen, und die Europäische Union und die europäischen Institutionen sind integrativer als Europa.
Die Frage der inneren Verfasstheit und der Struktur, die Frage der subsidiären und föderalen Ausbildung, die Frage der - analog müsste man es so formulieren - Unionszielbestimmungen der Europäischen Union müssen aber Fragen bleiben, die nicht durch eine Verfassungsänderung in Niedersachsen zu entscheiden sind. Ob wir beispielsweise ein Europa der Regionen befürworten, was ich tue, oder ein eher zentralistisch ausgerichtetes Europa, ist keine Frage der Änderung der niedersächsischen Landesverfassung.
Die Niedersächsische Verfassung regelt zu Recht, dass unser Land freiheitlich, republikanisch, demokratisch und sozial ist. Sie kann nicht regeln, dass Europa demokratisch, rechtsstaatlich, sozial, föderativ, subsidiär, regional und kooperativ ist. Das obliegt anderen Ebenen. Es obliegt zwar auch der politischen Einflussnahme aus Niedersachsen auf der europäischen Ebene und auf der Bundesebene, aber nicht der Niedersächsischen Verfassung, sondern den Einigungen der Mitgliedstaaten und der Regionen.
Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht ist in der Gesetzesbegründung der Grünen die Behauptung schlicht unwahr, dass ein Großteil der Bundesländer ein Bekenntnis zur europäischen Integration in den Landesverfassungen besitzt. Denn 9 von 16 Bundesländern haben in ihren Verfassungen keinen Europabezug oder lediglich in der Präambel ihrer Verfassungen einen Europabezug, und nur Sachsen-Anhalt regelt neben Niedersachsen den Europabezug gleich in Artikel 1. Wir sind also verfassungsrechtliche Europavorbilder, würde ich sagen, zumindest was die Platzierung des Europabezuges angeht.
Nun will ich dem Antrag der Grünen zugutehalten, dass er sich nahezu wortgleich an der Formulierung in Artikel 3 a der bayerischen Verfassung orientiert. Und von Bayern lernen heißt mitunter, gute Argumente mitzunehmen.
Das bedeutet nicht, dass wir als Niedersachsen das Selbstverständnis haben müssen, gerade für unsere niedersächsische Verfassung eigene Formulierungen nicht zu wählen, sondern bei den Bayern abzuschreiben. Wir sollten eigene Formulierungen wählen und nicht kopieren.
Ich würde mich im Übrigen freuen, wenn die Grünen keinen Artikel aus der bayerischen Verfassung abschrieben, sondern in anderen Bereichen, für die ich hier auch ein bisschen stehe, nämlich in den Bereichen Innen und Recht, von den Bayern lernten, was die Unterstützung der Polizei, die Unterstützung der Justiz,
die Durchsetzung des Rechts oder die Durchsetzung der allgemeinen inneren Sicherheit anbelangt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss verdeutlichen, dass die Verfassung „Verfassung“ heißt, weil sie der Grundsatz, das Ruhende und das Feste in unserem Rechtssystem ist. Verfassungsänderungen sollten deshalb mit der nötigen Sorgfalt und mit einer nötigen Minimalität durchgeführt werden. Wir haben es eben nicht
mit einer normalen Gesetzgebung zu tun und sollten inflationären Änderungsbestrebungen grundsätzlich entgegenwirken. Verfassungsänderungen sind insbesondere kein Mittel des politischen Alltagsgeschäftes. Wir müssen die Würde der Verfassung erhalten. „Würde der Verfassung erhalten“ heißt zumindest für einen Konservativen, dass das auch etwas mit Beständigkeit zu tun hat.
Es lebe Europa, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch und gerade in diesen Tagen! Wie gut, dass die Niedersächsische Verfassung bereits jetzt daran keinen Zweifel lässt.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Limburg ist auf einige Punkte aus dem Gesetz, das wir heute verabschieden werden, eingegangen. Wir ändern darüber hinaus noch eine kleine Passage im Hinterlegungsgesetz und folgen damit einer Rechtsänderung auf Bundesebene. Ferner vereinfachen wir den Umgang mit Staatserbschaften.
Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass wir die Wachtmeister an den Gerichten zukünftig als Justizwachtmeister bezeichnen. Das mag nur eine semantische Änderung sein. Vielleicht ist es aber auch ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber diesem Berufsstand, der eine wichtige Aufgabe übernimmt bei dem, was wir uns gemeinsam als Koalition vorgenommen haben, nämlich durchgängige Einlasskontrollen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften durchzuführen.
Der Kollege Limburg hat auch die Verankerung des Freijahres angesprochen. Wir sind tatsächlich einer Anregung aus den Anhörungen und der Op
position gefolgt, eine vielleicht noch bessere Regelung in dem Gesetz vorzusehen und dadurch auch das Richteramt vielleicht noch mal attraktiver zu gestalten. Auf die verbesserten Beteiligungsrechte nicht nur für Richter, sondern auch für Staatsanwaltschaftsvertretungen ist der Kollege Limburg in gleicher Weise eingegangen.
Ferner hat er auf den Schwerpunkt der Beratungen in den Ausschüssen abgezielt. Auch ich möchte mein Hauptaugenmerk auf jene Passagen richten, die die Neutralität der Amtsträger beinhalten.
Zunächst einmal ist die Stärkung der Neutralität bezüglich des Verbots des Tragens von Kleidungsstücken oder Symbolen, die eine politische, religiöse oder weltanschauliche Aussage zu treffen in der Lage sind, aus meiner Sicht eine logische Fortsetzung der auch grundgesetzlich verankerten Zusage, die die Justiz und der Staat machen, nämlich unabhängig, ohne Ansehen der Person und ohne persönliche Präferenz zu urteilen. Dieses Verlangen nach Unvoreingenommenheit und Neutralität ist zugleich auch ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit.
Das ist auch jetzt schon ein wesentliches Merkmal niedersächsischer Justiz, und das findet auch heute schon seinen äußerlichen Ausdruck darin, dass Richter beispielsweise eine Robe tragen. Aber innerlich ist, glaube ich, dieses Gedankengut der Unabhängigkeit und der Neutralität noch viel stärker verankert, als das durch ein äußeres Kleidungsstück möglich ist. Diese innerliche Verankerung und diese äußerliche Symbolik müssen aus meiner Sicht vor dem Hintergrund einer zunehmend religiösen, weltanschaulichen und politischen Heterogenität in unserer Gesellschaft zu Ende gedacht werden.
Die Grünen haben in den Beratungen und auch heute bemängelt, dass zwar das Tragen eines Kopftuches in Zukunft in niedersächsischen Gerichten eingeschränkt wird, das Kreuz an der Wand im Sitzungssaal aber nicht verboten ist. Meine Damen und Herren, ich halte diese Gegenüberstellung für reißerisch, unsachlich und auch für politisch gefährlich; denn unabhängig davon, dass eben nicht nur das Kopftuch verboten ist, sondern auch das christliche Kreuz an der Halskette oder die Kippa oder der Turban auf dem Kopf in gleicher Weise dem Verbot unterliegen, sind sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch das Land Niedersachsen nicht areligiös. Darauf verweisen nicht zuletzt die Präambeln in unseren Verfassungen, die jedes staatliche Handeln in die
Verantwortung vor Gott stellen. Sie verweisen darauf, dass der Staat auf einer Grundlage beruht, die er selber und die in ihm wirkenden Menschen eben nicht selber geschaffen haben können, sondern die ihm gegeben ist. Auf nichts anderes verweist das Kreuz an der Wand eines Sitzungssaales.
Unabhängig davon, sehr verehrter Herr Kollege Limburg, gibt es nur noch an zwei Gerichtsstandorten - Sie haben es selbst gesagt -, nämlich am Amtsgericht Cloppenburg und am Amtsgericht Vechta, Kreuze an den Wänden, die - auch darauf haben Sie abgezielt - eine historische Bedeutung haben. Sie verweisen auf den am Ende erfolgreichen sogenannten Kreuzkampf der Südoldenburger Katholiken gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime, die Kreuze in öffentlichen Gebäuden zu belassen.
Meine Damen und Herren, ich darf nicht ohne Stolz sagen, dass ich glücklich bin, als Landtagsabgeordneter auch für den südlichen Landkreis Vechta genau diese Region hier in Hannover vertreten zu dürfen. Ich werde nicht unterstützen, dass es zu einer Situation kommt, in der dieser demokratisch gewählte Landtag in diesem freiheitlichen Niedersachsen am Ende das erreicht und umsetzt, was den Nationalsozialisten in Cloppenburg und Vechta nicht gelungen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Jenseits dieser emotionalen Einschätzung gibt es dazu eine klare Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach müssen Kreuze auf Antrag in Gerichtssälen abgehängt werden. Sie können aber grundsätzlich dort hängen. Das ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die die Grundlagen unseres Staates im Blick behält, aber auch die individuelle Implikation; denn genau um diese individuelle Implikation geht es auf der einen Seite, wenn ein Amtsträger vor Gericht ein religiöses Symbol trägt. Dieses verweist eben nicht auf die Grundlagen unseres Staates, auf die Präambel unserer Verfassung, sondern auf die individuelle religiöse und weltanschauliche Überzeugung. Dieser Individualismus aber muss hinter der Neutralitätspflicht der Justiz zurücktreten. Deswegen ist dieses Gesetz aus meiner Sicht eine ausgesprochen wichtige und klarstellende Regelung.
Ich glaube, es ist ein guter Tag für Niedersachsen, wenn wir das heute gemeinschaftlich verabschieden. Ich hoffe weiterhin auf die Unterstützung der
beiden anderen Oppositionsfraktionen, wie im Rechtsausschuss.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde „Strafgefangene sicher unterbringen - Haftplatzkapazitäten angemessen ausbauen“ ist recht simpel. Wir haben in Niedersachsen insbesondere im Bereich der Untersuchungshaft und im Bereich der erwachsenen männlichen Strafgefangenen aktuell zu wenige Haftplätze.
Aber das Justizministerium hat erste Maßnahmen zur Abhilfe ergriffen. Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU haben über die politische Liste Mittel und Mitarbeiter im allgemeinen Vollzugsdienst zusätzlich zur Verfügung gestellt. Meine Damen und Herren, damit ist der Sachverhalt beschrieben.
Es fehlt der aufrichtig gemeinte Dank an die Mitarbeiter im Vollzug, die in einem zunehmend schwierigen Umfeld tätig sind und in diesem Umfeld mit zunehmender Respektlosigkeit konfrontiert sind. Es fehlt auch der Dank an die größte Interessenvertretung dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Verband Niedersächsischer Strafvollzugsbediensteter, der sehr verantwortungsvoll und mit einer hohen Sachorientierung die Interessen des Vollzugs in dieser Weise vertritt. Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren, hinter diesem doch recht simplen Sachverhalt stecken aber weitere Wahrheiten.
Erstens. Ich gehe davon aus, dass die hohe Belegung in Teilbereichen des Vollzuges nicht eine Momentaufnahme ist, sondern dass wir in Zukunft weiterhin zusätzliche Gefangene zu verzeichnen haben werden, weil zusätzliche Polizisten - die Koalition erfüllt hier gerade ihren Koalitionsvertrag -, zusätzliche Staatsanwälte - wir haben in diesem Haushalt beispielsweise zusätzliche Clanstaatsanwälte vorgesehen - und, darauf folgend, logischerweise auch zusätzliche Richterinnen und Richter hoffentlich einen erhöhten Fahndungsdruck, zusätzliche Fälle, ein Mehr an Verfahren und damit auch ein Mehr an Verurteilungen produzieren. Denn, meine Damen und Herren, eine wehrhafte Demokratie beinhaltet am Ende immer auch eine robuste Strafverfolgung.
Zweitens. Aus unserer Sicht, aus Sicht der CDU, gab es seinerzeit mehr Argumente für die Offenhaltung der Außenstelle Salinenmoor der Justizvollzugsanstalt Celle, als es Argumente für die Schließung gab. Das hat die CDU in der vergan
genen Legislaturperiode auch so gesagt, keine neue Erkenntnis.
Meine Damen und Herren, es wäre heute eine schlechte Koalition aus SPD und CDU, wenn die CDU diese Aussage heute nicht mehr tätigen dürfte, nur weil sie in einer Koalition mit der SPD ist. Es wäre eine genauso schlechte Koalition, wenn die SPD ihre Argumente, die seinerzeit für die Schließung von Salinenmoor sprachen, heute nicht mehr äußern dürfte, nur weil sie in einer Koalition mit der CDU ist.
Insofern ist es gut und richtig, dass wir diese Argumente auch heute noch in dieser Koalition, die vertrauensvoll zusammenarbeitet, jeweils vertreten können. Das ist ein Hinweis darauf, dass wir inhaltlich nicht deckungsgleich sind, dass auch in einer Koalition Alternativen existieren und dass wir jeweils die politischen Alternativen in diesem Land bieten.
Drittens. Meine Damen und Herren, wir haben überproportional viele Gefangene mit ausländischer Staatsbürgerschaft und zumindest dadurch auch überproportional viele Gefangene mit Migrationshintergrund in unseren Justizvollzugsanstalten. Das hat die Justizministerin in den vergangenen Tagen gesagt.
Meine Damen und Herren, ich denke nicht, dass es dem politischen System in der Bundesrepublik hilft, wenn wir diese Wahrheit verschweigen. Denn das implizierte ja, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern diese Wahrheit nicht zutrauen würden und am Ende vielleicht sogar Angst vor der eigenen Demokratie hätten. Wir würden diese Wahrheit im Zweifel Bewegungen der Extremen überlassen, der linken oder der rechten, die dieses Land stets ins Unglück geführt haben. Das werden wir nicht zulassen. Deswegen gehört auch diese Wahrheit in einen solchen Diskurs und in eine solche Debatte. Wir müssen daraus Schlüsse ziehen. Aber um daraus Schlüsse ziehen zu können, muss diese Wahrheit erst einmal formuliert werden.
Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, ist dieser Antrag zur Aktuelle Stunde „Strafgefangene sicher unterbringen - Haftplatzkapazitäten angemessen ausbauen“ nicht nur mit einem simplen Sachverhalt verknüpft, sondern offenbart eine Haltung. Die Haltung ist: Das Land ist in der Koalition von SPD und CDU in guten Händen. Wir trauen den Menschen in unserem Land die Wahrheit zu. Wir ziehen Schlüsse aus den Fakten. Das Land ist
bei der politischen Mitte in den richtigen Händen und wäre bei jeder extremen Partei in den falschen Händen.
Herzlichen Dank.
Ich bin da recht beruhigt, Herr Kollege Limburg. Wenn Sie wollen, dann können Sie jetzt reden. Bitte!
Frau Präsidentin, herzlichen Dank. Ich will mal gucken, dass ich jetzt ein bisschen länger hier vorne stehe, um hier die guten Taten zu präsentieren, die wir in diesem Haushalt 2020 für die niedersächsische Justiz vollbringen.
Der Justizhaushalt steht tatsächlich nicht stets im Fokus der Öffentlichkeit. Ich glaube, das ist zu Unrecht so. Gerade in den aktuellen Diskussionen, in denen es um die Handlungsfähigkeit des Staates, um Clankriminalität, um Extremismusbekämpfung geht, gibt die Justiz tatsächlich Antworten.
Sie steht sicherlich auch deswegen nicht im Fokus, weil sie funktioniert. Meine Damen und Herren, die niedersächsische Justiz arbeitet geräuschlos und sehr engagiert. Dafür gilt den über 8 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz und den 3 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Strafvollzug auch von unserer Seite ein herzliches Dankeschön.
Die Justiz gibt Antworten auf die Fragen, die in der Bevölkerung diskutiert werden. Wir als Koalition von CDU und SPD tun das mit diesem Haushalt in gleicher Weise. Wir sind der Überzeugung, dadurch wird Justiz spürbarer und sichtbarer. Das kann uns auf Dauer nur guttun. Denn auch wenn der Justizhaushalt nur ein kleiner Teilhaushalt im Landeshaushalt ist, setzen wir mit diesem Haushalt deutliche Schwerpunkte.
Erster Schwerpunkt ist die Bekämpfung der Clankriminalität. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Gesellschaft und Rechtsstaat können und werden es nicht dulden, dass kriminelle Clans unseren Staat unterwandern, Kriminalität als Geschäftsmodell verstehen, keinen Respekt vor unseren Institutionen haben und Nachbarschaften terrorisieren. Wir werden subkulturelle Clans in Niedersachsen bekämpfen. Jeder, der meint, diesen Staat auf Dauer an der Nase herumführen zu können, braucht ein hartes Erwachen in der Realität.
Wir machen deshalb mit der Schaffung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften in diesem Bereich einen wichtigen Schritt.
Neun Clanstaatsanwälte und das benötigte Servicepersonal werden endlich mehr Druck auf kriminelle Clans ausüben. Parallel werden und müssen
wir prüfen, welche Rechtsstaatslücken wir in diesem Bereich schnell schließen können, bis hin zu einer Aufenthaltsbeendigung, wie sie das Land Bremen praktiziert hat.
Schließlich sind wir es auch den öffentlich Bediensteten in diesem Bereich schuldig, dass wir Respektlosigkeiten von Familienclans gegenüber diesen Repräsentanten auf kommunaler, auf Landes- und auf Bundesebene nicht hinnehmen, sondern mit aller Macht bekämpfen. Ich glaube, es ist ein starkes Zeichen, das wir in diesem Justizhaushalt setzen.
Zweiter Schwerpunkt. Meine Damen und Herren, CDU und SPD verdoppeln mit diesem Haushalt die Mittel für die Extremismusbekämpfung. Der Kollege Limburg hat darauf hingewiesen. Für uns ist wichtig, dass wir uns nicht ausschließlich auf den Rechtsextremismus fokussieren. Auch der Antisemitismus, der Islamismus, der Ausländerextremismus und der Linksextremismus sind Phänomenfelder, die wir hier in Niedersachsen kennen und spüren.
Deswegen ist es richtig, dass wir die Mittel für den Landespräventionsrat im Bereich der Extremismusbekämpfung verdoppeln, damit unsere Demokratie sich gegenüber allen Formen des Extremismus als wehrhaft erweist.
Eine ideologische, politische Verengung auf lediglich einen Extremismusbereich wollen wir tatsächlich nicht.
Vielmehr wollen wir die Dinge ganzheitlich angehen.
Dritter Schwerpunkt sind die Prävention sexueller Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen und die Verfolgung von Hassbotschaften im Internet. Auch hier nehmen wir Bezug auf Diskussionen, die hier im Landtag und in der Öffentlichkeit geführt werden. Zwei zusätzliche Staatsanwälte und IT-Fachpersonal bekämpfen Hassbotschaften im Internet. Mit zusätzlichen Mitteln widmen wir uns dem wichtigen Thema der Missbrauchsprävention. Ich glaube, auch hier wird in Justiz in richtiger Weise deutlich sichtbarer in unserer Gesellschaft.
Vierter Schwerpunkt. Wir als Koalition haben in dem letzten Haushalt und in diesem Haushalt gute Schritte zur Stärkung des Betreuungswesens hier in Niedersachsen unternommen. Nachdem wir im letzten Haushalt die Mittel für die Querschnittsaufgaben von 1 Million auf 2 Millionen Euro verdoppelt haben, erhöhen wir in diesem Haushalt - der Bundesgesetzgebung folgend - die Mittel für die Betreuervergütung um 15 Millionen Euro. Wir stellen damit das wichtige Institut der rechtlichen Betreuung hier in Niedersachsen auf eine feste Basis. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass sie in jedem Zustand ihres Seins vernünftig rechtlich betreut werden. Auch das erreichen wir mit diesem Haushalt.
Auch im Justizvollzug stellen wir wichtige Weichen. Meine Kollegin Niewerth-Baumann hat mich sanft darauf hingewiesen, dass ich - anders als im letzten Jahr - zu diesem Themenbereich nicht sprechen soll. Das werde ich auch nicht tun. Ich möchte nur sagen, dass wir die besonderen Herausforderungen im Justizvollzug durch eine hohe Auslastung der Justizvollzugsanstalten, durch einen hohen Ausländer- und Migrantenanteil, durch einen sinkenden Respekt vor Vollzugsmitarbeitern
durchaus sehen, und betonen, dass wir unseren Vollzug nicht im Regen stehen lassen. Ich glaube, auch das zeigt dieser Haushalt.
Meine Damen und Herren, der Haushalt 2020 ist gut für die Justiz. Er spricht all jene Punkte auch und dieses Mal gerade im Justizbereich an, die die Menschen bewegen: Clankriminalität, Extremismus, Kindesmissbrauch, Selbstbestimmtheit,
rechtliche Betreuung auch in schwierigen Lebensphasen. Damit gehen wir gestärkt in das Jahr 2020. Denn starker Staat beginnt in der Justiz. Wir schaffen dafür die Grundlage.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung geht von 14 Männern und Frauen aus, die in türkischer Haft verweilen, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und Bezüge zum IS aufweisen. Dazu kommen 15 Kinder. Die Zahl der in Syrien und im Nordirak inhaftierten Deutschen ist weit höher. Man geht von 95 Personen aus. Gegen 26 Personen liegen Haftbefehle vor. Hinzu kommen noch einmal 250 Kinder. Schließlich ist auch eine Rückkehr all jener noch lebenden und sich weiterhin im Ausland aufhaltenden rund 1 000 Islamisten leider nicht auszuschließen, die nach Angaben der Bundesregierung seit 2013 die Bundesrepublik in Richtung Nahost verlassen haben.
Wir sprechen also heute Morgen über eine Herausforderung für den deutschen Staat, die weit höher ist als in der aktuellen Situation hinsichtlich der Abschiebung Einzelner aus der Türkei, die recht geordnet und für den deutschen Staat auch planbar ist.
Meine Damen und Herren, die Rechtsgrundlage ist eindeutig und in diesem Fall vielleicht sogar unerfreulich: Schiebt ein Staat ab, dann muss Deutschland seine Staatsbürger zurücknehmen. Um Uner
freulichkeit geht es aber in dieser Frage gar nicht, sondern um Rechtsstaatlichkeit. Die Rechtsstaatlichkeit muss gerade hier im Vordergrund stehen, wenn wir gegenüber intoleranten islamistischen, terroristischen Strukturen verdeutlichen müssen, dass der deutsche Staat handlungsfähig und durchsetzungsfähig ist.
Meine Damen und Herren, auch nach der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts durch den Bundestag, welches nicht rückwirkend gilt, sollten wir jetzt noch einmal ganz genau prüfen, ob eingebürgerte Personen anschließend wieder ausreisten, um sich in Nahost an islamistisch-terroristischen Aktionen zu beteiligen und ob es im Vorfeld der Einbürgerung nicht Hinweise auf eine mögliche Nähe zu diesen Strukturen im islamistischen, salafistischen und terroristischen Bereich gegeben hat oder ob versäumt wurde, entsprechende Hinweise zu ermitteln. Dies sage ich gerade auch als einziger Vertreter innerhalb der CDU mit Migrationshintergrund, der nichts gegen die Einbürgerung von nach Deutschland ausgereisten Ausländern hat.
Meine Damen und Herren, unumgänglich ist, dass bei den Rückkehrern aus Syrien genauestens geprüft wird, ob sich diese strafbar gemacht haben. Grundlagen sind das Völkerstrafrecht und das deutsche Strafrecht. Hier hat der Bundesgesetzgeber 2018 mit dem sogenannten TerrorcampGesetz Strafbarkeitslücken geschlossen.
Weiterhin ist der Bundesgesetzgeber aufgefordert, weitere Strafbarkeitslücken zu identifizieren und umgehend zu schließen. Ziel muss sein, dass Rückkehrer, die sich wegen Terrorstraftaten oder nach Völkerstrafrecht zu verantworten haben, gleich am Flughafen festgesetzt und in Haft genommen werden. Haben Rückkehrer nach Kenntnissen der Sicherheitsbehörden keine Straftaten begangen, muss umgehend eine individuelle Gefährdungsanalyse für jeden einzelnen Rückkehrer unter Federführung der Polizei stattfinden. Dabei müssen die Sicherheitsbehörden - Polizei, Verfassungsschutz, Nachrichtendienste und die Justiz - in unserem föderalen System perfekt zusammenarbeiten und alle dafür notwendigen Informationen systematisch sammeln.
Die strafrechtliche und strafprozessuale Aufarbeitung der IS-Rückkehrerfälle ist der Lackmustest für unseren Staatsschutz und für unsere Justiz. Hier wird sich zeigen, ob die Strafverschärfungen zur Bekämpfung des Terrorismus ausreichend sind und ob und gegebenenfalls an welcher Stelle wir
nachsteuern müssen. Hier wird sich auch zeigen, ob die gesetzlichen Grundlagen für eine Datenerhebung ausreichend sind oder ob der Daten- und Informationsaustausch zwischen den einzelnen Behörden funktioniert und die bestehenden
Rechtsgrundlagen ausreichen.
Für die Polizei hat die Regierungskoalition mit dem NPOG in diesem Jahr bessere Voraussetzungen geschaffen. Ich glaube, die gleichen Voraussetzungen müssen wir auch im Bereich des Verfassungsschutzes schaffen. Das ist eine ganz wesentliche Forderung in diesem Bereich.
Ich bin Justizministerin Havliza im Übrigen sehr dankbar, dass sie die unsichere und beengte Situation im Staatsschutzprozessgebäude des OLG Celle anspricht. Hier bedarf es aus meiner Sicht tatsächlich eines sicheren Neubaus, der auf die Herausforderungen unserer Zeit reagiert und für die Justiz angemessene Arbeitsbedingungen
schafft, um diese Rückkehrer aus dem terroristischen Bereich vernünftig aburteilen zu können.
Meine Damen und Herren, nicht unerwähnt lassen möchte ich zum Schluss, dass auch die Jugendämter herausgefordert sind, sich um die Kinder der IS-Rückkehrer zu kümmern. Wir haben eine Verantwortung für deren Zukunft, diese nicht in Hass, Enge und Kriminalität zu verbringen, sondern in den fantastischen Möglichkeiten, die unsere freiheitliche Gesellschaft jedem Einwohner guten Willens in unserem Land bietet.
Nutzen wir also die Herausforderung der Rückkehr der IS-Kämpfer und hinterfragen wir kritisch, welche Maßnahmen wir gesetzgeberisch noch ergreifen müssen, um unsere Bürgerinnen und Bürger vor Terroristen zu schützen!
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Limburg, wir haben uns bereits im letzten Plenarabschnitt in der Sache ausgetauscht. Auch in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses haben wir die Erwähnung des Begriffes der Rasse in Artikel 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung und in Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes thematisiert. Wir haben sowohl im Plenum als auch in der Rechtsausschusssitzung eine große Übereinstimmung zwischen den Fraktionen festgestellt, über diesen Begriff diskutieren zu wollen. Ich selber habe dieses Thema vor einem Monat in den Landtag eingebracht.
Der Begriff der Rasse ist nicht mehr zeitgemäß - nicht nur wegen der Vergangenheit, sondern auch, weil Wissenschaftler von einer anderen Entwicklungsgeschichte der Menschheit ausgehen, die nicht durch den Begriff der Rasse abgebildet wird. So weit, so einheitlich. Ich denke, es ist gut, dass wir als Niedersächsischer Landtag uns mit dieser Frage befassen.
Dabei stehen wir allerdings vor einer doppelten Herausforderung. Die erste Herausforderung ist, dass wir auch in einer gefühlt sich immer schneller wandelnden Welt die Verfassung nicht in gleicher Schnelligkeit stets reformieren dürfen. Aber genau das erlebe ich gerade in den Debatten, die wir im Landtag führen. Wenn es um die Reform von Artikel 3 Abs. 3 geht, wenn es um die Fragen des Klimaschutzes und der Schuldenbremse geht, dann diskutieren wir parallel gleich drei Verfassungsänderungen. Das mag in jedem einzelnen Punkt eine gewisse Berechtigung haben, aber in
der Summe halte ich das für etwas schwierig. Wir sind gegenseitig aufgefordert, politisch ein gewisses Maß an Verfassungsänderungen einzuhalten.
Die zweite Herausforderung ist zu überlegen, ob die Aufzählung in Artikel 3 Abs. 3 - Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glaube, religiöse und politische Anschauung und Behinderung - ausreichend ist und die heutige Gesellschaft abbildet oder ob man nicht in zwei Jahren sagt, dass man diese und jene Gruppe in der Aufzählung vergessen hat. Deswegen müssen wir uns Artikel 3 Abs. 3 ganz grundsätzlich anschauen. - Das zur inhaltlichen Fragestellung.
Was das Formale angeht, war ich schon recht überrascht, dass die Grünen diesen Gesetzentwurf auf Änderung der Niedersächsischen Verfassung in den Landtag eingebracht haben. Schließlich hatten wir im Vorfeld eine große Einigung in dieser Frage erzielt. Ich finde, zu der von Ihnen so sehr gepriesenen Stimmung im Rechtsausschuss gehört auch, dass wir den Weg, den wir gemeinsam beschritten haben, dann auch gemeinsam beenden.
Wie gesagt, in der Sache finde ich Ihren Gesetzentwurf durchaus diskutierenswert, vom Formalen her allerdings etwas durchschaubar, eben weil wir hier gar nicht unterschiedlicher Meinung sind und die Frage bereits im Landtag diskutiert haben.
Zu einer soliden Betrachtung einer Änderung der Niedersächsischen Verfassung in dieser Frage gehört aus meiner Sicht auch ein solider Umgang im Parlament. Die CDU-Fraktion ist dazu bereit. Vielleicht müssen die Grünen bei der einen oder anderen Frage aber erst einmal wieder aus dem politischen Schaufenster herauskommen.
Ich freue mich auf die Ausschussberatung und hoffe, dass wir in dieser Frage zu einer einvernehmlichen Lösung kommen werden.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, Frau Kollegin Bruns, dass Sie uns heute Abend zu später Stunde mit diesem Entschließungsantrag bereichern.
Ich möchte die Frage, ob die sexuelle Identität Bestandteil von Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes und von Artikel 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung wird, nicht isoliert betrachten.
Verehrte Kollegen, richtig ist, dass es seit Langem Initiativen gibt, um diese Ergänzung in beiden Verfassungen vorzunehmen. Richtig ist, dass es Bundesländer gibt, die diese Ergänzung bereits vorgenommen haben. Die Frau Kollegin hat das bereits erwähnt.
Richtig ist, dass die Verfassung das Wertegerüst unseres Staates ist. Zu diesen Werten gehört sicherlich auch die Nichtbenachteiligung aufgrund sexueller Identität. Möglich ist, dass mit dieser Ergänzung - hätte es sie schon früher gegeben - einige Gesetze anders ausgesehen hätten oder dass sie früher geändert worden wären.
Die Frau Kollegin hat auf den § 175 Strafgesetzbuch hingewiesen, der zunächst sexuelle Handlungen unter Männern generell unter Strafe stellte und sie später nur unterhalb einer Altersgrenze unter Strafe stellte. Wir im Niedersächsischen Landtag haben uns mit dieser Thematik in der 17. Wahlperiode befasst. Ich möchte deshalb noch ein wenig beim § 175 verweilen.
In der seinerzeitigen Debatte habe ich betont, dass es 1969 die CDU-geführte Bundesregierung unter Kurt Georg Kiesinger war, die im Rahmen der großen Strafrechtsreform die Strafbarkeit homosexueller Handlungen unter Erwachsenen abschaffte. Und es war die CDU-geführte Bundesregierung unter Helmut Kohl, die 1994 die unterschiedlichen Schutzaltersstufen für homosexuelle und sexuelle Handlungen mit Jugendlichen in § 175 StGB einheitlich auf 14 Jahre festlegte.
Warum wiederhole ich dies? - Weil wir an diesem kleinen Beispiel deutlich machen können, dass sich die CDU-Landtagsfraktion auch mit dieser Frage, die die FDP heute Abend zur Ergänzung der Artikel 3 unserer Verfassungen aufgeworfen hat, sehr ernsthaft befassen wird.
Wenn wir dies tun, sollten wir uns aber gleichzeitig die Frage stellen, ob der Begriff der Rasse in Artikel 3 Abs. 3 der Verfassungen noch passend ist.
Schließlich darf man sich fragen, Herr Kollege von den Grünen, ob der Katalog in Artikel 3 Abs. 3, wenn man ihn schon ergänzt, nicht noch weitergehend ergänzt werden sollte: Was ist mit der Frage der Altersdiskriminierung? Was ist mit der Frage der Bildungsdiskriminierung?
Und die Frage ist - Sie haben das Thema schon ein bisschen angesprochen -: Trägt der Begriff der sexuellen Identität auf Dauer, oder müsste es nicht „sexuelle und geschlechtliche Identität“ oder „sexuelle Orientierung“ oder vielleicht ganz anders heißen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Ende ist alles, glaube ich, dann doch nicht so einfach. Wir dürfen uns auch fragen, ob wir in Zeiten der heutigen heterogenen Gesellschaften noch in einer zeitgemäßen Weise darüber diskutieren, dass über den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit aller Menschen hinaus eigene Merkmale besonders hervorgehoben werden können, und ob das nicht am Ende doch eine politische Aussage ist, die der jeweiligen Situation oder - was schlimmer ist - dem jeweiligen Zeitgeist geschuldet ist.
Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, vielleicht in heutigen Zeiten noch mehr als zuvor, muss die Politik bei aller Neigung zur politischen Botschaft sehr vorsichtig mit Änderungen der Verfassung sein; denn politische Aussagen unterliegen auch und insbesondere dem Zeitgeist. Gleichzeitig sind unsere Verfassungen der Versuch, über die Tagespolitik hinausgehende Wirksamkeit und Bedeutsamkeit zu entfalten. Wenn wir mit einem gewissen Automatismus immer wieder und gefühlt in zunehmend geringerem Abstand Verfassungen ändern oder ändern wollen, dann sind sie eben nicht mehr die die Zeiten überdauernden Grundsätze unseres Staates, sondern zunehmend der politischen Tagesschau unterworfen. Dies ist sicherlich nicht ganz neu, aber wir wollen diese Entwicklung auch nicht inflationieren.
Frau Kollegin Bruns, wir werden mit dem von Ihnen angekündigten sehr konstruktiven Verhalten Ihren Antrag und Ihren Gesetzentwurf diskutieren. Es gibt, glaube ich, viele Fragen, und es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, einem gemeinsamen Anliegen tatsächlich Nachdruck zu verleihen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Limburg, ich hatte mich eigentlich auf diese Debatte gefreut, aber dann war das doch ziemlich wenig, was ich von Ihnen gehört habe, vor allem vor dem Hintergrund, dass Sie es ja in der letzten Legislaturperiode hätten machen können. Es stand sogar im Koalitionsvertrag, dass die Koalition für ausscheidende Regierungsmitglieder eine Regelung analog zu § 41 Beamtenstatusgesetz festschreiben wird.
17. Wahlperiode - nichts passiert, kein Gesetzentwurf. Wir machen das jetzt in der 18. Wahlperiode. Und das ist nicht etwa völlig falsch, was ich sage; denn in der Zeit der letzten Wahlperiode - in den Jahren 2014, 2015, 2016 - haben auch andere Bundesländer gesetzliche Regelungen zur Karenzzeit verabschiedet. Wir sind also spät, und das liegt sicherlich nicht an der Fraktion, für die ich hier heute spreche.
Was hilft dieser Blick in die vergangenen Legislaturperioden? Er kann zumindest etwas einordnen, was der Kollege Siebels eben auch schon eingeordnet hat, nämlich diese öffentliche Positionierung. Die demonstrierte Empörung der Grünen hier in Niedersachsen bezüglich des möglichen Wechsels von Umweltminister Olaf Lies war am Ende nur etwas für das politische Schaufenster. Vielleicht musste diese Empörung auch stattfinden, weil am Ende eine grüne Bundestagsabgeordnete diesen Posten angetreten hat, eine Abgeordnete, die, wenn die Regelungen Ihres Gesetzentwurfs analog auf Bundesebene gelten würden, sicherlich eine negative Stellungnahme des Parlamentspräsidenten bekommen hätte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Niedersachsen - das wurde schon erwähnt - ist nicht das erste Bundesland, welches eine solche Karenzzeit gesetzlich festschreibt, sondern wir sind dann das siebte in der Bundesrepublik. Richtig ist, dass die Dauer der Karenzzeit in den einzelnen Bundesländern variiert, aber wir orientieren uns an der des Bundes und der der Europäischen Union. Wir befinden uns da in gutem Geleitzug mit den Regelungen in Hessen und Thüringen, die weitergehen als die Regelungen in Nordrhein-Westfalen.
Das ist aus meiner Sicht genau die richtige Abwägung, die wir hier zwischen Karenzzeit und dem Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen treffen. Jede Formulierung einer Karenzzeit ist ein solcher Eingriff in Freiheitsrechte und muss deswegen wohlüberlegt und abgewogen sein.
Die Sorge, dass Politiker bei einem Seitenwechsel Kontakte und Wissen, welches sie in ihrer Amtszeit hoffentlich angesammelt haben, für dann private oder unternehmerische Zwecke nutzen, ist übrigens zunächst eine Mutmaßung. Das ist weder wissenschaftlich noch faktisch bewiesen. Deswegen dürften wir auch ein bisschen mehr Vertrauen in unseren Berufsstand haben und dieses Vertrauen auch nach außen tragen.