In der Debatte bis jetzt gab es nicht so viele Zuspitzungen, aber einige waren da. Ich glaube, allen ist am meisten geholfen, wenn wir weiter solide Politik machen. Ich neige ja manchmal auch dazu, zuzuspitzen. Aber ich sage es ganz deutlich: In Zeiten wie diesen mag ich das nicht mehr. Ich kann es kaum noch ertragen, dass wir uns bei den Zuspitzungen immer weiter nach oben bewegen. Ich werde meine zwölf Minuten Redezeit nicht ausnutzen und Ihnen die letzten fünf Minuten schenken. Vielleicht schenken Sie mir dafür einen Gedanken daran und überprüfen, wann man etwas weniger zuspitzen könnte.
Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Es folgt jetzt für die FDP-Fraktion Kollege Dr. Marco Genthe. Herr Dr. Genthe, Sie haben das Wort. Bitte!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die innere Sicherheit bleibt ein zentrales Thema in Niedersachsen, insbesondere in der aktuell pandemiebedingt inzwischen sehr aufgeheizten Situation.
Die verschiedenen von der Regierung beschlossenen Verordnungen bedeuten insbesondere für die Polizei eine große Herausforderung. Die Verordnungen stellen die Beamten deswegen vor große Probleme, weil die Politik es nach wie vor versäumt, ihre Entscheidungen transparent und nachvollziehbar zu erklären. So werden die Beamten der Polizei und die Ordnungsämter diese Defizite ganz besonders über die Feiertage und auch über Silvester zu spüren bekommen.
Aber die Verordnungen sind leider nicht die einzige schwierige Grundlage, mit der die Beamten arbeiten müssen. Seit Mai 2019 haben wir in Niedersachsen ein neues Polizeigesetz, das - zum Nachteil der niedersächsischen Polizeibeamten und Bürger - leider an etlichen Punkten - sagen wir mal - sehr umstritten ist. Vor allem ist es auch nicht europarechtskonform. Bereits seit Mai 2018 hätte die europäische JI-Richtlinie komplett umgesetzt sein müssen. Die entsprechenden Anpassungen im Polizeigesetz hat die Landesregierung bis heute nicht vorgenommen. Meine Damen und Herren, das ist unglaublich. Es reicht eben nicht, die EU in einem extra geschaffenen Ministerium abzufeiern, sondern man muss sie auch im Tagesgeschäft ernst nehmen.
Aber auch in anderen Bereichen wird die Polizei stiefmütterlich behandelt. Sie lassen leider in diesem Haushaltsentwurf Ihren großen Versprechungen im Koalitionsvertrag keine Taten folgen. Im Koalitionsvertrag haben Sie noch angekündigt, bis zu 3 000 dringend benötigte Stellen - Vollzug und Angestellte - bei der Polizei schaffen zu wollen. Davon kann doch jetzt gar keine Rede mehr sein! Der Innenminister plant für das Jahr 2021 keine zusätzlichen Anwärter einzustellen, und auch auf der politischen Liste findet sich dazu nichts. Im Gegenteil: Sie kürzen sogar Dutzende Stellen bei der Polizei. Das wird dazu führen, meine Damen und Herren, dass bis Ende 2022 nicht einmal 2 000 zusätzliche Stellen bei der Polizei geschaffen sein werden. Sie haben also Ihr Ziel deutlich verfehlt.
Umso bedenklicher ist das vor dem Hintergrund, dass Herausforderungen wie die Clankriminalität endlich konsequent angegangen werden sollen. Hinzu kommt die bereits erwähnte angespannte gesellschaftliche Lage. Das kann man sehr deutlich an der gestiegenen Zahl von Angriffen auf Vollstreckungsbeamte erkennen, meine Damen und Herren. Darauf muss man einfach mit mehr Personal reagieren. Deswegen steuern wir dem entgegen und kompensieren mit unserem Änderungsantrag 60 Stellen bei der Polizei, die Sie kürzen wollten.
Meine Damen und Herren, wir haben im Landtag bereits ausführlich über das Thema Clankriminalität gesprochen. Im Zuge der Anpassung richten Sie ständige Ermittlungsgruppen für den Bereich Organisierte Kriminalität ein, die sich auch mit der Clankriminalität beschäftigen sollen. Das ist immerhin ein kleiner Schritt in die Richtung, die wir als Freie Demokraten bereits seit zweieinhalb Jahren mit einem Entschließungsantrag verfolgen.
Eine weitere Baustelle sind die Bedingungen, unter denen unsere Polizeibeamten weiterhin arbeiten müssen. Bei den Gebäuden der Polizei besteht ein Sanierungsstau von über 120 Millionen Euro. Dass Ratten durch Dienstgebäude laufen und es verfaulte Fenster gibt, ist inzwischen wahrscheinlich jedem bekannt, meine Damen und Herren. Trotzdem unternimmt diese Landesregierung praktisch nichts dagegen - ganz im Gegenteil! Dass das Gewerbeaufsichtsamt Teile des Kriminaltechnischen Instituts schließen muss, ist für mich absolut unglaublich.
Obwohl Sie wussten, dass die betreffenden Arbeitsplätze in den Laboren gesundheitsgefährdend sind, haben Sie die Beamten dort weiterarbeiten lassen - von den Auswirkungen auf laufende Strafverfahren einmal ganz abgesehen! Meine Damen und Herren, dafür fehlt mir jedes Verständnis.
Als Arbeitgeber haben Sie auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten. Man kann doch nicht sehenden Auges ihre Gesundheit gefährden!
Dass der seit einem Jahrzehnt geplante Neubau des Landeskriminalamtes jetzt schon wieder gescheitert ist, ist ein weiteres unfassbares Versagen dieser Landesregierung.
Ein weiteres Beispiel: Seit drei Jahren bekommen Sie es nicht hin, eine Ausschreibung für neue Polizeihubschrauber auf den Weg zu bringen - und das, obwohl nur zwei von vier Maschinen fliegen, und selbst das nicht einmal lang - jedenfalls dann nicht, wenn ein voll ausgerüstetes SEK mit an Bord ist.
Nicht einmal das Budget für die persönliche Ausrüstung der Polizeibeamten ist auskömmlich. Meine Damen und Herren, für uns jedenfalls sieht Wertschätzung der herausragenden Arbeit der Polizisten anders aus. Da muss auf jeden Fall sehr vieles nachgebessert werden!
Außerdem kann ich nicht verstehen, dass diese Landesregierung den Katastrophenschutz derart stiefmütterlich behandelt. Dass die Kommunen jetzt besser bei der Finanzierung ihrer Feuerwehren unterstützt werden, ist richtig und wichtig. Aber Sie vergessen völlig die im Katastrophenschutz tätigen Organisationen wie das DRK oder die DLRG,
obwohl Sie wissen, dass der Fuhrpark der Hilfsorganisationen bereits seit Jahren wirklich veraltet ist.
Insbesondere vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen halte ich diese Entscheidung für fatal. Wir haben in diesem Zusammenhang bereits Mitte 2019 einen umfangreichen Antrag zum Wald- und Flächenbrandschutz vorgelegt.
Dieser beinhaltet ganz konkrete Vorschläge, wie der Katastrophenschutz auf die klimatischen Veränderungen vorbereitet werden sollte. Doch auch an dieser Stelle kommen Sie nicht weiter.
Meine Damen und Herren, ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, weil er mir sehr am Herzen liegt: die Straßenausbaubeiträge. Wir haben schon oft über dieses Thema gesprochen, und ich kann
Uns erreichen Schreiben von betroffenen Bürgern, die mit fünfstelligen Summen belastet werden. Liebe Kollegen von der SPD und der CDU, was ist Ihre Antwort an diese Bürger? - Die Antwort ist: Sie können ja eine zinsfreie Ratenzahlung der Straßenausbaubeiträge über 20 Jahre vereinbaren. - Mit anderen Worten: Sie können die Schulden Ihren Kindern vererben. Denn genau das schlagen Sie mit Ihrer sogenannten Flexibilisierung der Straßenausbaubeiträge vor.
Auch viele Menschen, die ein kreditfinanziertes Haus abbezahlen, um im Alter unabhängiger zu sein und ihren Kindern einen Wert zu hinterlassen, sind durch die Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten. Ihre Straßenausbaubeiträge können solche Menschen zwingen, ihr Vorhaben aufzugeben. Das ist gesellschaftspolitischer und auch volkswirtschaftlicher Irrsinn, meine Damen und Herren.
Aus diesem Grund fordern wir mit unserem Änderungsantrag auch zu diesem Haushaltsplanentwurf wieder 50 Millionen Euro zur Kompensation für die Kommunen. Meine Fraktion und ich bleiben dabei: Die Straßenausbaubeiträge sind unsozial, ungerecht und gehören - wie inzwischen in zehn anderen Bundesländern - auch in Niedersachsen abgeschafft!
Meine Damen und Herren, die Digitalisierung schneide ich an dieser Stelle nur kurz an, weil sie sich durch den ganzen Haushalt zieht. Gerade das Corona-geprägte Jahr 2020 hat gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung ist, sei es im Kontext des Homeoffice oder beim Wahrnehmen von Behördenterminen. Unser Änderungsantrag zum Haushaltsplanentwurf umfasst daher 10 Millionen Euro für die Digitalisierung der Landesverwaltung, insbesondere für die Schaffung von mobilen Arbeitsplätzen.
Meine Damen und Herren, der Rechtsstaat ist das Fundament für den Rechtsfrieden in unserer Gesellschaft. Die Politik muss die Sicherheitsbehörden so ausstatten, dass der Rechtsstaat nicht nur auf dem Papier existiert, sondern dass er auch durchgesetzt werden kann. Ihr Haushalt wird diesem Anspruch nicht ausreichend gerecht.
Jetzt ist die CDU-Fraktion an der Reihe, die ihre Redezeit aufteilt. Es beginnt Herr Kollege Lechner. Bitte!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten diesen Innenhaushalt in Zeiten aufzustellen, in denen die klare Botschaft ist, dass in den kommenden Jahren nicht mehr der finanzielle Spielraum vorhanden sein wird, den wir in den letzten Jahren noch hatten.
Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen und die nötigen Schwerpunkte im Innenhaushalt setzen. Insofern habe ich mich schon gewundert, Frau Menge und Herr Dr. Genthe: Was Sie an Ausgabensteigerungen und Programmen vorgeschlagen haben, wäre aus unserer Sicht weder seriös noch verantwortungsvoll im Innenhaushalt des nächsten Jahres finanzierbar.
Sie haben recht: Wir stehen vor großen Herausforderungen. Ich nenne etwa die Themen Extremismus, Cybermobbing und Hasskriminalität, die wir eingehend beobachten, oder auch die immer noch hohe und zunehmende Gefahr des Terrorismus.
Meines Erachtens haben wir als Koalitionsfraktionen zusammen mit dem Innenminister hiermit einen sehr ausgewogenen, diesen Herausforderungen begegnenden Haushalt für das Innenministerium vorgelegt, der eine gute Arbeitsgrundlage für unsere Sicherheitsbehörden im nächsten Jahr bilden wird.
Der erste Schwerpunkt ist die Polizei. Herr Birkner ist jetzt leider nicht anwesend; unser Koalitionsvertrag wurde heute schon zweimal zitiert. Es ist richtig, dass darin steht, dass CDU und SPD anstreben, bis zu 3 000 Einstellungsmöglichkeiten bei der Polizei zu schaffen. Den nächsten Satz hat die FDP aber wohlweislich weggelassen. Denn da steht: In einem ersten Schritt wollen wir 1 500 Stel