Protocol of the Session on November 10, 2020

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will kein Öl ins Feuer gießen, aber dass Sie so nervös reagieren, hat ja vielleicht auch damit zu tun, dass einige Ihrer Abgeordneten gegenüber den Carsharing-Anbietern ganz anders argumentiert haben, als Sie es heute hier tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Heineking, die umweltpolitischen Argumente, die Sie im Zusammenhang mit unserem Änderungsantrag aufführen, sind völlig absurd. Sie sind es doch, die mit Ihrem Gesetzentwurf das Carsharing erschweren. Carsharing als Angebot ist doch an sich schon das umwelt- und klimaschutzpolitisch richtige Ziel. Ein Carsharing-Auto ersetzt bis zu 20 Privat-Pkws, und somit hat das stationsgebundene Carsharing nachweislich eine verkehrsentlastende Wirkung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber genau das setzen Sie heute sehenden Auges aufs Spiel, obwohl Ihnen andere Bundesländer - es sind mindestens fünf - sehr deutlich aufgezeigt haben, dass Carsharing ohne zusätzliche bürokratische Hürden und ohne Beanstandung durch Gesetzgebungs- und Beratungsdienste möglich ist.

Gucken Sie sich bitte noch einmal die EU-Dienstleistungsrichtlinie an! Ihr Zweck ist, das Verwaltungsverfahren für diejenigen, die Dienstleistungen erbringen, zu vereinfachen.

Am Ende muss doch die Frage beantwortet werden, ob die Dienstleistungsrichtlinie Carsharing behindert. Das tut sie aber nicht, und das können Sie, wenn Sie sich mit ihr intensiver beschäftigen, auch selber erkennen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Herr Kollege Heineking möchte antworten. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben keine Zeit zu verlieren und werden das Gesetz jetzt beschließen. Sollte es in Zukunft noch ein Problem geben, kann man sicherlich auch noch einmal nachbessern. Aber das kann ich jetzt noch nicht vorhersagen.

Noch einmal: Es geht jetzt darum, das Gesetz so zu beschließen, damit die Kommunen, die sich schon auf den Weg gemacht haben, auch in die Pötte kommen. Wir haben unsere Recherche so geführt, und wir haben den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst auf unserer Seite.

Dass es hier und da vielleicht noch ein Problem geben könnte, kann ich nicht ausschließen. Aber wichtig ist, dass wir das Gesetz so verabschieden und die wesentlichen Elemente auf den Weg bringen. Das ist unser Ziel, und deshalb bitte ich um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Heineking. - Der Kollege Limburg hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz der Aussage von Herrn Heineking möchte ich den Vorschlag des Kollegen Bode von vorhin aufgreifen und beantragen, den Gesetzentwurf inklusive des Änderungsantrages in den Ausschuss zurückzuüberweisen. Das kann dann zügig bis zum Dezember beraten und anschließend verabschiedet werden.

Für den Fall, dass Sie das ablehnen, beantrage ich eine namentliche Abstimmung über unseren Änderungsantrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Wenn Sie mir noch einen Augenblick Ihrer Aufmerksamkeit schenken würden, wäre das sehr nett.

Hinsichtlich der Äußerung des Kollegen Bode habe ich derweil ein wenig in unserer Geschäftsordnung geblättert. § 32 - Abschluss der zweiten Beratung - besagt:

„Am Ende der zweiten Beratung kann der Landtag den Gesetzentwurf wieder an einen Ausschuss überweisen. Er kann die Überweisung auf Teile des Gesetzentwurfs, auf die redaktionelle Überprüfung oder auf die Behandlung bestimmter Fragen beschränken.“

Das ist das, was Sie eben beantragt haben. Darüber würden wir dann nach der Beratung befinden.

In der Beratung hat sich aber noch Herr Minister Dr. Althusmann zu Wort gemeldet. Er hat jetzt erst einmal das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kommt ja aus der Phase des SichWunderns nicht wirklich heraus.

(Heiterkeit bei der CDU)

Da bringt man als Landesregierung einen Gesetzentwurf ein, mit dem Ziel, dieses Land ein Stück weit radfreundlicher zu machen - ganz im Sinne der Grünen. Da bringt man einen Gesetzentwurf ein, Radwege zukünftig eigenständig planen und umsetzen zu können - ganz im Sinne der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Da macht man darauf aufmerksam, dass man im Rahmen der EUDienstleistungsrichtlinie EU-Recht umsetzt - und wenn man dem Antrag der Grünen folgen würde, hätte das, wie der GBD im Ausschuss ausdrücklich ausgeführt hat, zur Folge, dass die vorgeschlagene Kann-Regelung der Grünen gegen höherrangiges Europarecht verstößt. Das müsste doch auch

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einsichtig sein.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das machen alle anderen aber auch!)

Jetzt versucht man, gleichzeitig Planungsverfahren zu vereinfachen. Man versucht, das wichtige Thema Carsharing in Niedersachsen voranzubringen. Wir versuchen, uns als Niedersachsen an die Spitze der Mobilitätsländer zu setzen. Und dann verheddern wir uns hier in einer Geschäftsordnungsdebatte, in der Herr Limburg uns erpressen will.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herr Minister!

Herr Abgeordneter Limburg, bei aller Freundschaft, aber das ist keine Art. Sie sagen: Wenn Sie das jetzt nicht so machen, wie wir es wollen, wenn Sie es nicht an den Ausschuss zurücküberweisen - wie gesagt, es gibt Dutzende Kommunen in Niedersachsen, die noch in diesem Jahr Planungssicherheit haben wollen, weil diese Verfahren sonst verzögert werden; außerdem halten wir uns an EURecht -, wenn Sie also nicht über unser Stöckchen springen, dann machen wir eine namentliche Abstimmung.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie wollen doch nur nicht namentlich zu- stimmen, weil auch Sie Carsharing vor Ort haben!)

Herr Minister, Entschuldigung! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schulz-Hendel?

Aber immer doch!

Bitte schön, Herr Kollege!

Herzlichen Dank, Herr Minister, dass Sie meine Frage zulassen.

Sie haben hier gerade die Planungssicherheit angeführt. Ich frage vor diesem Hintergrund: Warum

haben Sie eigentlich so lange - bis zum heutigen Tage! - gebraucht, bis wir hier sind und dieses Gesetz erst jetzt beschließen können?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU: Junge, Junge!)

Herr Minister, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, weil diese Landesregierung von ihrem Anspruch „Sorgfalt vor Eile“ getragen ist,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie haben es liegengelassen!)

weil Gesetzentwürfe also sorgfältig vorbereitet werden,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist doch sonst nicht euer Stil! - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

und weil wir letztendlich die Entschließung des Landtags vom 19. Juni 2019 in Drucksache 18/4022 umsetzen; denn wir fühlen uns an den Beschluss dieses Hohen Hauses gebunden, der da lautet:

„Der Landtag bittet die Landesregierung,

1. im Niedersächsischen Straßengesetz Regelungen zum Carsharing zu integrieren, die … umweltbezogene Kriterien bei der Vergabe (zum Beispiel Förderung der Elektromo- bilität) berücksichtigen“.

Ich will das ganz deutlich sagen, sehr geehrter Herr Abgeordneter Schulz-Hendel, Herr Limburg: Wenn man die Festlegung von Eignungskriterien in das Belieben der Kommunen stellen würde, könnten bei derartigen Vergaben, die Sie sich vorstellen, letztendlich Vergaben erfolgen, bei denen solche Kriterien überhaupt keine Rolle mehr spielen. Damit könnten auch umweltrechtliche Fragen überhaupt keine Rolle mehr spielen. Damit würde diese Entschließung des Landtages im Übrigen nicht umgesetzt.