Protocol of the Session on September 15, 2020

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Herr Nacke recht hat, hat er einfach recht. Vor vier Tagen - wenn ich das richtig mitver

folgt habe - ist der Brand im Lager Moria erfolgt. Vier Tage hatten Sie Zeit, um mit allen Fraktionen Gespräche zu führen. Vier Tage hatten Sie Zeit, um irgendeinen Weg zu finden, um dieses Thema hier im Plenum zu besprechen. Und Sie haben diese Zeit nicht genutzt.

Sie überraschen uns jetzt in der Mittagspause mit einem Antrag. Sie hätten auch jetzt noch in der Mittagspause mit uns sprechen können, so wie das üblich ist. Selbst damals bei der Türkei-Resolution haben Sie uns tatsächlich vorab gebeten, der Erweiterung der Tagesordnung zuzustimmen. Das haben Sie diesmal nicht getan.

Deswegen sehe ich mich jetzt auch nicht in der Lage, Ihrer Bitte zu entsprechen, und deswegen lehnen auch wir aus den genannten, von Herrn Nacke bereits ausgeführten Gründen die Erweiterung der Tagesordnung ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Wichmann. - Herr Limburg, Sie haben noch eine Wortmeldung gut. Vielleicht finden Sie ja einen galanten Weg. Ansonsten wissen Sie ja, was im § 66 der Geschäftsordnung steht. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf eines möchte ich schon noch einmal hinweisen - das ist mir in der Debatte wichtig, damit da kein falscher Zungenschlag reinkommt; Herr Grascha hat es gerade schon zu Recht gesagt -:

Wir haben in der Tat unsere parlamentarischen Instrumente genutzt, nämlich die Befragung des Ministerpräsidenten. Und wir sind selbstverständlich davon ausgegangen, Herr Nacke, dass wir am Dienstag, wenn am Freitag der Bundesrat zusammenkommt, auf dessen umfangreicher Tagesordnung auch ein entsprechender Gesetzentwurf steht, über dessen Inhalt zumindest seit Tagen intensiv diskutiert wird, nämlich über die Frage, ob Länder eigenständig in der Lage sein können, Geflüchtete aufzunehmen - und zu dieser Thematik haben sich sowohl der Ministerpräsident als auch der Innenminister mehrfach geäußert -, in der Befragung des Ministerpräsidenten eine klarere Antwort bekommen, als wir hier bekommen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Christian Grascha [FDP])

Das ist der Ausgangspunkt. Und nach diesem Ergebnis dieser Befragung hielten wir es dann in der Tat für notwendig, diesen Entschließungsantrag auf den Weg zu bringen.

Nun ist es nach der Geschäftsordnung ja so, dass sich eine Abstimmung erübrigt hat, weil in der Tat nicht nur eine, sondern sogar mehrere Fraktionen widersprochen haben. Das finde ich schade.

Gleichwohl würde ich hilfsweise aber den Antrag von Herrn Nacke aufgreifen wollen, dass der Ältestenrat heute Abend einberufen wird und darüber befindet, wie wir dieses Thema noch in die Tagesordnung integrieren, damit es in der Tat in der aktuellen Lage auch hier im Landtag besprochen werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg.

Meine Damen und Herren, in der Tat bewegen wir uns im Bereich des § 66 unserer Geschäftsordnung. Grundsätzlich kann ein Punkt, der nicht auf der Tagesordnung steht, in die Tagesordnung aufgenommen werden, wenn das von einer Fraktion oder zehn Mitgliedern beantragt wird. Eine Fraktion tut das jedenfalls; hier hat sich sogar, glaube ich, noch eine andere Fraktion angeschlossen. Aber er darf dann gleichwohl nicht aufgenommen werden, wenn wiederum eine Fraktion das nicht möchte. Und hier habe ich drei Fraktionen so verstanden, dass man eine Behandlung zumindest jetzt nicht möchte.

Insofern - Sie haben es vorweggenommen - erübrigt sich eine Abstimmung darüber. Wir werden und können den Punkt jetzt nicht behandeln respektive seine Aufnahme in die Tagesordnung beschließen.

Der Anregung in Bezug auf den Ältestenrat kann ich alleine hier nicht entsprechen. Aber Sie kennen ja die Wege über unsere werte Frau Präsidentin, wie das - möglicherweise auch in Abstimmung mit den PGFs und den Fraktionsspitzen - vielleicht am Ende der heutigen Sitzung noch stattfinden kann.

So weit, glaube ich, sind die Dinge dann fürs Erste geklärt.

Ich darf vereinbarungsgemäß zur gemeinsamen Beratung aufrufen

Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2021 (Haushaltsgesetz 2021 - HG 2021 -) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/7175 neu

Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung: Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2021 - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/7357

Einbringen muss und will die Landesregierung. Herr Finanzminister Hilbers, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mitten in der Corona-Krise legt die Landesregierung Ihnen den Haushaltsplanentwurf für das Haushaltsjahr 2021 vor.

Es ist alles so anders als sonst. In all den Jahren zuvor haben wir über Aufwüchse diskutieren können. In all den Jahren zuvor gab es etwas zu verteilen. Zehn Jahre lang hatten wir Wirtschaftswachstum, konnten also auf Wachstumsdynamik zurückblicken und vorausschauen und hatten dabei große Möglichkeiten, entsprechend Politik zu gestalten. In diesem Jahr ist alles so anders. 2021 wird das Jahr sein, das weiterhin von der COVID19-Pandemie geprägt sein wird, die das ganze Land und die ganze Welt mit enormer Wucht getroffen hat.

Wir spüren die Auswirkungen der Pandemie im privaten Alltag - darüber haben wir hier viel gesprochen -, in den Unternehmen, im wirtschaftlichen Umfeld, aber natürlich auch - und das ist nicht erst seit der Steuerschätzung bekannt - in unserer Finanzpolitik. In den nächsten Jahren müssen wir uns den Herausforderungen stellen. Mit diesen Herausforderungen einhergehend, werden wir auch verstärkt gefordert sein, um wieder gestärkt aus dieser Krise herausgehen zu können.

Die COVID-19-Pandemie trifft uns in einer Zeit, in der wir wirtschaftlich und finanziell gut dastehen. Wir haben in den letzten Jahren gut gewirtschaftet und Vorsorge getroffen. Wir können kraftvoll rea

gieren, weil wir dafür jetzt die Spielräume haben, und tun dies auch. Wir sichern Strukturen in unserem Land, um anschließend wirkungsvoll und kraftvoll wieder durchstarten zu können. Mit beiden Nachtragshaushalten haben wir die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um wirksam diese Krise zu bekämpfen und auch Steuereinnahmeausfälle kompensieren zu können.

Gleichzeitig schauen wir jetzt verstärkt nach vorn. Mit diesem Haushalt 2021 gestalten wir den Weg heraus aus der Krise zurück zu ausgeglichenen Haushalten. Bereits 2024 - das sehen Sie an der mittelfristigen Finanzplanung - wollen wir wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Die Steuerschätzung der vergangenen Woche stützt dabei unsere Annahmen. Wir sind mit unseren Planungen auf dem richtigen Weg. Es wird aber ein langer und beschwerlicher Weg werden, meine Damen und Herren.

Die deutsche Volkswirtschaft hat wegen der Corona-Pandemie den stärksten Einbruch in der Nachkriegszeit erlebt. 2020 wird es preisbereinigt einen Rückgang der wirtschaftlichen Leistungen um 5,8 % geben. Im zweiten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt bei uns um 9,7 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Der Tiefpunkt der Rezession ist vermutlich im Mai durchschritten worden.

Das sind horrende Wirtschaftsschrumpfungen, die wir hinnehmen müssen. Wir stehen aber besser da als manche anderen europäischen Staaten. Der Rückgang im ersten Halbjahr liegt in Großbritannien bei über 20 %, in Italien bei knapp 13 % und in Frankreich bei über 14 %.

Das macht deutlich, dass wir nicht alles falsch gemacht haben. Gerade die großen Hilfspakete der Bundesregierung und auch das Hilfspaket des Landes Niedersachsen haben gewirkt. Das wurde letztendlich durch die Steuerschätzung und die dort vorgetragenen Analysen bestätigt. Es gibt aber auch ein Papier der NORD/LB, das ebenfalls bestätigt, dass die Hilfsmaßnahmen, die wir angestrebt haben, in Deutschland und in Niedersachsen sehr wirkungsvoll geholfen haben, die Krise abzufedern.

Deswegen haben wir auch 2021 wieder ein Wachstum, wenn auch etwas niedriger als zunächst angenommen, von 4,4 % - als Gegeneffekt zu 2020. Aber wir starten eben von einem sehr viel niedrigeren Niveau. Die pandemiebedingte starke Rezession wird eine dauerhafte Verschiebung des

Potenzialpfads in der Volkswirtschaft zur Folge haben, was sich dann auch in Form von Steuerausfällen niederschlägt.

Meine Damen und Herren, die Ergebnisse der Steuerschätzung aus der letzten Woche zeigen für Niedersachsen eine Verschiebung zwischen den Jahren. Wir werden 2020 vermutlich nicht so stark getroffen werden wie zunächst angenommen. Wir hatten 3,4 Milliarden Euro angenommen. Jetzt werden wir bei einem moderater ausfallenden Rückgang von 2,5 Milliarden Euro landen, werden dafür aber 2021 stärker getroffen werden, und zwar mit 618 Millionen Euro mehr Minus, wenn uns das alles so widerfährt, wie wir es jetzt in den Planungen stehen haben. Im November werden wir noch eine neue Steuerschätzung bekommen und dann auch zeigen, wie wir darauf reagieren können.

Ich gehe davon aus, dass wir diesen Switch zwischen den Jahren auch über unsere Möglichkeiten, die wir im Rahmen der Mechanismen der Schuldenbremse haben, ausgleichen können, ohne dass wir dazu insgesamt für 2021 und 2020 zusätzliche Schulden machen müssen. Das bedeutet aber eben für Niedersachsen und unsere Planung, dass wir im Jahr 2021 2,5 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen haben werden, als wir in der ursprünglichen Planung vor der CoronaKrise angenommen haben. Diese Mindereinnahmen können wir nicht kurzfristig kompensieren, ohne vorübergehend in die Neuverschuldung zu gehen. Sonst würden wir bestehende Strukturen gefährden und auch den wirtschaftlichen Aufschwung infrage stellen.

In der schwersten Krise erfordert es kluges Handeln und ein zeitweises Abweichen von der erfolgreichen Politik der letzten Jahre. Wie Sie mich kennen, soll sie nicht aufgegeben, sondern fortgesetzt werden. Ich hätte sie auch gern mit dem 21er-Haushalt fortgesetzt. Wir haben bereits den Einstieg in die Altschuldentilgung vollzogen, wir haben wichtige Prioritäten abgesichert, indem wir viel Geld in Sondervermögen investiert haben und indem wir an den verschiedensten Stellen, z. B. bei der Versorgungsrücklage oder dem Landesliegenschaftsfonds, Vorsorge betrieben haben.

Wir haben die Nettokreditaufnahme konsequent zurückgeführt und trotzdem die Investitionsquote deutlich auf 6,4 % gesteigert. Wir haben Milliardenbeträge in Sondervermögen untergebracht. Und wir haben Altschuldentilgung betrieben. Mit dem Jahresabschluss 2017 waren es 100 Millionen

Euro, 686 Millionen Euro waren es mit dem Jahresabschluss 2018 und 86 Millionen Euro mit dem Abschluss 2019. Damit ist über eine Dreiviertelmilliarde in die Altschuldentilgung gesteckt worden, womit wir bewiesen haben, dass wir in der Lage sind, strukturelles Defizit abzubauen, Altschuldentilgung zu betreiben und trotzdem massiv in unser Land zu investieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Diese Politik wird jetzt mit dem 21er-Haushalt zeitweise ausgesetzt werden. Ich betone: Sie wird ausgesetzt, sie wird keineswegs aufgegeben. Unserer Politik der vergangenen Jahre verdanken wir, dass wir jetzt die Spielräume haben und dass wir in dieser Notsituation - eine solche haben wir nach Definition der Schuldenbremse - wirkungsvoll reagieren können.

Meine Damen und Herren, 2021 das Jahr, für das wir Ihnen den Entwurf vorgelegt haben, ist ein Jahr, das uns vor besondere Schwierigkeiten stellt. Ich sagte es bereits. Wir werden nach Plan eine Nettokreditaufnahme von bis zu 853 Millionen Euro haben. Darin sind 673 Millionen Euro im Rahmen der Konjunkturkomponente vorgesehen. Das ist der Mechanismus, den wir in der Schuldenbremse verankert haben, um konjunkturelle Zyklen ausgleichen zu können. Wir werden nach der derzeitigen Planung über Artikel 71 der Niedersächsischen Verfassung noch einmal 180 Millionen Euro benötigen, wobei wir die Regelungen für Notstandskredite in Anspruch nehmen wollen; denn die Steuerschätzungen zeigen, dass die Verwerfungen im kommenden Jahr noch stärker werden, als wir zunächst angenommen haben. Wir werden also im nächsten Jahr noch komplett in dieser Rezession stecken und daher auch diese Notbestimmung noch einmal heranziehen müssen, meine Damen und Herren.

Das alles fällt nicht leicht, ist aber notwendig, um in unserem Land vernünftig gestalten zu können, staatlich Verantwortung für das zu übernehmen, was wir in Niedersachsen zu tun haben. Wir haben die Zukunft, unsere staatliche Verantwortung und auch unsere Finanzen fest im Blick.

Meine Damen und Herren, der Haushalt 2021 hat ein Volumen von 35,9 Milliarden Euro. Ich finde, angesichts der Krise, vor der wir stehen, ist das eine beachtliche Summe. Wir haben damit wesentliche Möglichkeiten, für 35 900 Millionen Euro Politik in unserem Land zu gestalten. Das wird unserem Land auch guttun.

Jetzt ist die Zeit, vorhandene Politik abzusichern, wichtige Maßnahmen fortzusetzen und klar und verlässlich an der Seite der Menschen zu stehen. Es ist aber nicht die Zeit, zusätzliche Spielräume zu eröffnen, neue politische Prioritäten auf die Tagesordnung zu setzen oder neue Wünsche in die Tat umzusetzen. Die Leistungsfähigkeit des Staates - das gilt auch für die Hilfspakete, die wir geschnürt haben; mittlerweile befinden sich über 35 % unserer wirtschaftlichen Leistung in Hilfspakten -, die fiskalpolitische Belastbarkeit des Staates ist nicht unendlich. Auch das haben wir im Blick, und auch dazu haben wir einen Beitrag zu leisten. Denn wir wollen in dieser Krise massiv helfen, wir wollen aber anschließend finanziell so aufgestellt sein, dass wir weiterhin auf Stabilität setzen und wieder durchstarten können. Deswegen ist es wichtig, mit Maß und Mitte vorzugehen.

Wir setzen die bisherigen Aufgabenschwerpunkte fort. Es ist uns gelungen, Maßnahmen aufzufangen, begonnene Projekte abzusichern. Nichts von den wichtigen Vorhaben, die wir uns vorgenommen haben, wird gestrichen, auch wenn es in den Medien gelegentlich so dargestellt wird, als würden wir Politikbereiche streichen. Vielleicht sind angenommene Tatbestände, von denen man gehofft hat, dass sie etatisiert werden, nicht etatisiert worden, weil das nicht möglich war, es ist aber nichts im Haushalt gestrichen worden.

(Zuruf von Dr. Stefan Birkner [FDP])

Wir machen keine Politik, die wir betrieben haben, rückgängig, Herr Birkner, auch EMS nicht! Die EMS war bisher in der Finanzplanung nicht berücksichtigt. Es bestand allenthalben die Hoffnung, sie unterbringen zu können, aber das ist eben auch etwas, worauf man finanziell schauen muss.

Meine Damen und Herren, wir investieren sehr stark in leistungsfähige Datenübertragungsnetze, wir investieren mit diesem Haushalt in Wohnraum, in Krankenhäuser, in die Krankenhausinfrastruktur, wir investieren massiv in die Hochschulen, wir stecken viel Geld in den Wirtschaftsförderfonds und treffen mit diesem Haushalt auch Vorsorge.