Protocol of the Session on September 15, 2020

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage „überrascht“ mich jetzt. Sie wird ja nicht zufällig jedes Mal gestellt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Weil Sie immer dasselbe erzählen!)

Tatsächlich ist es Stefan Wenzel gelungen - was er getan hat, war auch konsequent und richtig -, Wölfe aus einem Rudel, die sich Menschen genähert haben,

(Imke Byl [GRÜNE]: „Er hat gar nichts gemacht“, hieß es!)

in aller Konsequenz zu besendern, und es wurde auch ein Wolf entnommen. Das hat er absolut richtig gemacht. Daran gibt es überhaupt keine Kritik und keinen Zweifel.

Genauso ist es aber jetzt notwendig, dort, wo es zu Übergriffen kommt - wie wir es in Uelzen, Löningen oder Rodewald erlebt haben -, auch so konsequent zu handeln.

Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung von Stefan Wenzel, und ich stehe absolut dahinter. Ich wünsche mir aber, dass wir bei den Entscheidungen, die wir nun treffen müssen, vielleicht auch mal ein bisschen Rückhalt erfahren, und dass nicht nur versucht wird, das Thema politisch zu instrumentalisieren und zu missbrauchen. Das wäre vielleicht der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Minister, Herr Grupe hat noch darum gebeten, eine Frage stellen zu dürfen.

Ja, gern!

Bitte, Herr Grupe!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Sie haben ja beklagt, dass Sie niemand unterstützt hat. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es zuerst ein Rudel, dann 10 gab und jetzt 35 gibt. Erinnern Sie sich daran, dass ich hier im Hause schon einmal vorgerechnet habe, dass aus den 1 800 Wölfen, die wir in Deutschland haben, in fünf Jahren weit über 10 000 Wölfe werden, wenn man nichts weiter tut?

Ich kann das noch ergänzen - ich habe gerade gerechnet -: Wenn es so weitergeht, werden wir in fünf Jahren allein in Niedersachsen über 1 000 Wölfe haben.

Herr Grupe, ich glaube, die Frage ist angekommen.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Glauben Sie, dass man, wenn man dann allein in Niedersachsen mehrere Hundert Wölfe pro Jahr abschießen müsste, um den Stand zu halten, das Problem überhaupt noch beherrschen kann? Muss man nicht endlich handeln?

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Minister!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Grupe, wir sind da gar nicht auseinander. Ich glaube, der einzige Punkt, über den wir vielleicht noch streiten, ist: Sie sagen in der Regel, dass eigentlich gleich das ganze Rudel entnommen werden müsste, während wir - am Gesetz orientiert - sagen: Das wird uns nicht gelingen. - Aber wir sind da grundsätzlich nicht auseinander; wir brauchen eine Handlungsebene.

Vor der Änderung des BNatSchG haben wir das mit Blick auf Nutztierrisse - da ging es nicht um einen Angriff auf Menschen; das war bei der Entscheidung von Stefan Wenzel der Fall; das ist eine andere rechtliche Situation - versucht. Dann haben wir die Änderung des BNatSchG hier im Landtag diskutiert und im Oktober 2018 eingefordert. Im März 2020, nahezu anderthalb Jahre später, ist sie umgesetzt worden. Das liegt auch - davon kann man sich nicht ganz freimachen - daran, dass die Bundesregierung und die die Regierung tragenden Fraktionen viel zu lange für eine Entscheidung gebraucht haben. Da muss sich jeder an die eigene Nase fassen - vor allem diejenigen, die in ihrem Bundesland keinen Wolf haben und die Situation nicht verstanden haben.

Wir haben gleich danach - ich habe es hier berichtet - Ausnahmegenehmigungen auf den Weg gebracht. Die Ausnahmegenehmigungen haben auch gewirkt. Ich will es noch einmal sagen: Ich bin den Jägerinnen und Jägern sehr dankbar dafür, dass sie bereit sind, eine Aufgabe zu übernehmen, bei der sie eigentlich sagen müssten: Bleibt mir bloß weg damit! - Denn was sie machen, ist notwendig, aber sie ernten dafür draußen Hohn und Spott und Beleidigungen. Ich finde, den Jägern, die mit Blick auf die Ausnahmegenehmigungen, die wir auf den Weg gebracht haben, Verantwortung übernehmen und bereit sind, die Entnahmen draußen auch durchzuführen, gilt erst einmal großer Respekt und großer Dank. Es ist nämlich nicht selbstverständlich, dass sie das machen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Aber man muss ehrlicherweise auch feststellen, dass das nicht ganz so leicht ist, sondern eine Riesenherausforderung - vielleicht insbesondere in Rodewald; denn Rodewald ist tatsächlich sehr

bewaldet, und deshalb ist eine Entnahme dort sehr schwierig.

Das heißt, wir werden immer wieder in der Situation sein, dass die Entnahme eines Wolfes sehr schwierig ist. Deswegen müssen wir sehr viel schneller sein, wenn es darum geht, mit dieser Situation umzugehen. Im Moment geht es um Einzelentnahmen. In zwei Wochen werden die Stellungnahmen zum Entwurf der Wolfsverordnung eingehen. Wir gehen davon aus, dass die Wolfsverordnung dann sehr schnell erlassen wird.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Dabei müssen wir eng mit den Landkreisen zusammenarbeiten. Ich will die Aufgabe nicht an die Landkreise abschieben - daran habe ich gar kein Interesse. Die unteren Naturschutzbehörden sind qua Gesetz zuständig, aber wir wollen sie nicht alleine lassen, sondern mit ihnen gemeinsam einen Weg finden - wie auch immer der aussieht -, damit wir zügig zu entsprechenden Ausnahmegenehmigungen kommen, wenn es notwendig wird, damit wir das zügig mit den Jägern, die diese Verantwortung übernehmen, umsetzen können und nicht unglaublich viel Zeit verlieren.

Deswegen - das will ich abschließend sagen - werbe ich sehr dafür, dass wir Modelle wie das französische mit Nachdruck in Berlin voranbringen. Es geht nicht darum, willkürlich Tiere zu entnehmen, sondern es geht darum, in den Regionen, in denen es in besonderer Form Schäden gibt, Wölfe zu entnehmen. Wir erleben es gerade, dass Pferde oder Rinder gerissen werden, und das dürfen wir nicht zulassen. Bei 2 von 35 Rudeln gibt es solche Probleme; da werden Rinder oder Pferde gerissen. Diese Wölfe müssen entnommen werden; man kann nicht das ganze Land einzäunen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ein weiterer Aspekt ist, dass es bestimmte besonders betroffene Regionen gibt. Ich denke an die Deiche oder die Lüneburger Heide, wo es einfach nicht möglich ist, entsprechenden Schutz sicherzustellen. Dort müssen wir auch sehr viel schneller reagieren können.

Es wäre gut, wenn wir uns hier im Landtag darauf verständigen könnten, dass der Wolf hier in Niedersachsen ist und bleibt. Wir werden dafür sorgen, dass Weidetierhaltung und Wolfsschutz möglich sind. Aber wir brauchen Instrumente, um schneller und konsequenter handeln zu können. Wenn wir uns darauf verständigen können und uns

dann vielleicht noch über Zahlen, Geschwindigkeit und Umsetzung streiten, haben wir endlich einen Schritt nach vorne gemacht. Ich hoffe, dass uns das hier in Niedersachsen gelingt.

Inzwischen ist Niedersachsen wirklich zum Hotspot geworden, und die Verantwortung wird bei uns liegen, vernünftige und nachhaltige Lösungen zu finden. Dafür werden dann übrigens grüne Kolleginnen und Kollegen, die einen Wolf, zwei Wölfe oder ein Rudel in ihrem Bundesland haben, unglaublich dankbar sein. Ich würde mir wünschen, dass sie erkennen, dass es gut ist, eine Lösung zu haben, bevor das Problem da ist, und nicht - wie wir es jetzt erleben - umgekehrt.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister Lies. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss mich hier erst einmal durch die Unterlagen, die offensichtlich etwas durcheinander sind, durcharbeiten.

(Wiard Siebels [SPD]: Können wir hel- fen? - Helge Limburg [GRÜNE]: Aktu- elle Stunde machen wir!)

- Herr Kollege Siebels, wenn die Lage so ernst ist, dass wir Sie um Hilfe bitten, dann wird es wirklich bedenklich.

(Heiterkeit)

Ich hoffe, dass wir das vorher noch hinbekommen.

(Wiard Siebels [SPD]: Ich drücke die Daumen, Herr Präsident!)

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, es ging tatsächlich auch ohne Sie.

(Heiterkeit)

Ich stelle fest, dass die Besprechung zum Antrag der Fraktion der FDP beendet und der Punkt damit erledigt ist.

Ich öffne nun die Besprechung zu

Tagesordnungspunkt 25: Aktuelle Stunde

c) Kurs halten in der Krise: Ausbildung weiter stärken! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/7399

Ich erteile zunächst dem Kollegen Christoph Bratmann für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ein bisschen kann ich die Unordnung verstehen, das ist ja auch ein ganz schöner Themenschwenk. Vom Wolf zur Situation am Ausbildungsmarkt fällt mir jetzt auch keine vernünftige Überleitung ein, aber das Thema, dem wir uns jetzt zuwenden werden, ist natürlich unglaublich wichtig. Die Corona-Pandemie, die uns hier ja in vielen Bereichen beschäftigt, hat natürlich auch am Ausbildungsmarkt für eine Situation gesorgt, die äußerst schwierig ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Corona-Pandemie hat vieles, was unser Leben betrifft, verändert. Aber eines bleibt natürlich gleich, nämlich dass die Sicherung des Fachkräftenachwuchses nach wie vor die existenziell wichtige Bedingung für eine starke niedersächsische Wirtschaft ist. Und deshalb ist es richtig und gut, Maßnahmenpakete auf den Weg zu bringen, die Ausbildungsplätze sichern, die Unternehmen unterstützen, die aber auch die Auszubildenden unterstützen.

(Beifall bei der SPD)