Protocol of the Session on September 15, 2020

waren. Sie hat - bis auf den genannten einen Punkt - Bestand gehabt. Das ist der Beleg dafür, dass unsere Leute in unseren Häusern gemeinsam mit den unteren Naturschutzbehörden gute Arbeit machen. Ein bisschen Respekt vor dieser Arbeit wäre vielleicht auch mal angebracht!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ehrlicherweise muss ich auch den zweiten Sachverhalt nennen: Ja, ich habe sehr für das französische Modell geworben - übrigens schon 2018, als wir hier im Landtag die Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht haben. Aber 500 Wölfe in Frankreich sind 500 erwachsene Tiere. Bei der gleichen Zählweise haben wir in Niedersachsen 75 - nämlich erwachsene - Tiere.

Ich bitte einfach nur darum, dass wir hier nicht versuchen, über Schlagzeilen und Behauptungen eine Stimmung zu erzeugen, die das, was wir da draußen erleben, noch dramatischer macht. Ich dachte, wir haben auch ein Stück weit Verantwortung, hier sachlich und nüchtern zu versuchen, in einer schwierigen und in der Gesellschaft hoch umstrittenen Situation vernünftige Lösungen herbeizuführen. Ich finde, die Verantwortung tragen wir alle. Das gehört mit dazu.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Und trotzdem sind wir uns einig. Ich will die Zahlen nennen: Als ich ins Amt gekommen bin, hatten wir 10 Rudel in Niedersachsen. Wir haben jetzt 35 Rudel in Niedersachsen. Als 2011 und 2012 Stefan Birkner Minister war, hatten wir ein Rudel.

(Zuruf: Aha! - Zurufe von der CDU)

- Ja, aber er ist nicht schuld daran. Er hat es nicht geschafft, dass es damals nur eines war und jetzt 35 sind. Das ist der Unterschied.

Ich bitte einfach nur darum, dass wir alle - ob Grüne, FDP, CDU oder SPD - uns darauf verständigen, dass diese Entwicklung von einem Rudel 2011 über 10 Rudel bei der Amtsübernahme 2017 zu heute 35 Rudeln - das Ende ist nicht abzusehen - keine ist, der wir mit den vorhandenen Instrumenten begegnen können. Darauf müssten wir uns hier gemeinsam verständigen, damit wir Lösungen finden, mit denen wir der Situation auch gerecht werden können. Das eint uns doch in der Sache, und das sollten wir auch nach außen deutlich machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei CDU)

Glauben Sie mir, ich habe großes Verständnis für die betroffenen Weidetierhalter. Das ist eine ganz grausame Situation, egal ob Schafe oder Ziegen oder Pferde betroffen sind. Ich habe selbst Weidetiere - Esel -, und der Wolf ist nicht weit von uns entfernt. Die Vorstellung, morgens hinaus auf die Weide zu gehen und ein gerissenes, schwer verletztes, leidendes oder totes Tier zu sehen, ist unvorstellbar schrecklich. Da sind wir uns einig.

Und trotzdem bitte ich Sie, in einer Überschrift wie derjenigen dieser Aktuellen Stunde - die natürlich ihre Berechtigung hat - deutlich zu machen: Niedersachsen ist nicht nur Pferdeland, Niedersachsen ist und bleibt Weidetierland und muss es auch bleiben. Das muss unser erklärtes gemeinsames Ziel sein.

Aber der Unterschied ist: Wenn Sie behaupten, Weidetierhaltung gibt es nur ohne Wolf, dann helfen Sie uns nicht; denn es gibt den Wolf, er ist da. Es wird ihn auch weiterhin geben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Und wir haben die Weidetierhaltung. Wir brauchen eine Lösung, die beides möglich macht - die den Wolf auf der einen Seite in ihrer Schutzfunktion erhält und auf der anderen Seite Weidetierhaltung in unserem Land ermöglicht. Das muss das gemeinsame Ziel unserer gemeinsamen Anstrengungen sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Lies, lassen Sie eine Frage des Kollegen Dr. Birkner zu?

Ja.

Bitte, Herr Dr. Birkner!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lies, teilen Sie die Einschätzung Ihres Kollegen Herrn Bosse, dass Sie die Wolfspolitik in Niedersachsen nicht im Griff haben?

(Beifall bei der FDP - Marcus Bosse [SPD]: Das habe ich nicht gesagt! - Christian Meyer [GRÜNE]: Ich glaube, das war Schmädeke! - Johanne Mod- der [SPD]: Wie gestern: nicht zuge- hört!)

Vielen Dank. - Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Birkner, ich kann mich jetzt an die Aussage nicht erinnern. Wir in Niedersachsen haben die Wolfspolitik mit den Möglichkeiten, die wir haben, im Griff - anders als ganz am Anfang, als es nur ein Rudel gab und niemand diskutiert hat, dass es mehr werden könnten.

Ich kann mich an keine Rede von Ihnen erinnern, in der Sie gesagt hätten: Denkt bitte daran, jetzt haben wir ein Rudel, aber es werden mal 10 oder 30 sein, und wir müssen heute etwas ändern. - Gar nichts ist da passiert!

Ich kann mich an keine Rede von Stefan Wenzel erinnern, der gesagt hätte: Heute haben wir fünf oder zehn Rudel, aber wir müssen etwas ändern. - Gar nichts ist passiert!

Die Situation ist jetzt erst geändert worden, wo wir als konsequente Landesregierung von SPD und CDU die Änderung auf Bundesebene auf den Weg gebracht haben.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wie viele Wölfe haben Sie denn besendert?)

Am Anfang, als man hätte handeln müssen, haben Sie einfach weggeschaut und nichts getan - das ist doch die eigentliche Antwort auf Ihre Frage.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Minister Lies, auch Herr Dammann-Tamke möchte eine Frage stellen.

Ja, selbstverständlich.

Bitte!

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Können Sie dem Plenum verraten, ob Sie die Initiative der GrünenUmweltministerin aus Thüringen - Thüringen hat ein nachgewiesenes Rudel - unterstützen? Sie hat die Bundesumweltministerin dahin gehend angeschrieben, dass wir zu schnellen, einfachen, pragmatischen Lösungen in Bezug auf die Entnahme von Wölfen in Deutschland kommen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Lieber Herr Dammann-Tamke, ich habe Christian Meyer gerade nicken sehen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ja!)

Wir sind uns da einig.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Da han- delt es sich mehr um Problemwölfe!)

- Nein, das sind Probleme, die auch wir haben.

Ich will nur daran erinnern: Als ich 2017 zum ersten Mal in der Umweltministerkonferenz war, war das eines meiner ersten Themen. Ich habe gesagt: Das geht in dieser Form, mit dieser rechtlichen Regelung nicht weiter; wir müssen etwas ändern. - Ich bin dafür gescholten worden. Ich bin dafür quasi beschimpft worden, und zwar gerade von den grünen Kolleginnen und Kollegen, in deren Bundesländern es gar keine Wölfe gab. Sie haben sozusagen in der Naivität, dass sich das alles von selber gelöst, geglaubt, man müsse nichts verändern.

Ich bin dankbar über jede Kollegin und jeden Kollegen, die bzw. der endlich verstanden hat, dass wir rechtliche Änderungen brauchen, um konsequent dafür zu sorgen, dass Weidetierhaltung und Wolfsschutz auch wirklich gemeinsam möglich sind. Das gab es in der Vergangenheit leider nicht. Dafür gab es keine Unterstützung! Da hilft mir der erwähnte Brief jetzt auch nicht mehr weiter.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Minister Lies, Sie haben weitere Abgeordnete zu Fragen inspiriert. Lassen Sie eine Frage von Herrn Kollegen Limburg zu?

Bitte!

Bitte, Herr Kollege Limburg! Sie kennen die Großzügigkeit des Ministers.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Zunächst, Herr Minister, möchte ich mich im Namen des Hauses entschuldigen, dass wir Ihr Lieblingsinstrument, die Mündlichen Anfragen, abgeschafft haben. Insofern bleibt uns jetzt nur noch das Instrument der Zwischenfragen in der Aktuellen Stunde.

Aber im Ernst: Da Sie sich gerade zum wiederholten Male an der Wolfspolitik Ihres Amtsvorgängers, Herrn Stefan Wenzel, abgearbeitet haben, möchte ich der Vollständigkeit halber nachfragen, wie viele Wölfe denn Ihr Amtsvorgänger besendert und entnommen hat und wie viele Sie besendert und entnommen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage „überrascht“ mich jetzt. Sie wird ja nicht zufällig jedes Mal gestellt.