Protocol of the Session on September 15, 2020

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und Zu- stimmung von Ulrich Watermann [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. Wir waren mit der Zeit etwas großzügig. Das war der Rabatt auf die haushaltspolitische Jungfernrede.

Meine Damen und Herren, weiter geht’s! Die AfD ist dran. Kollege Lilienthal. Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Normalerweise laufen die Haushaltsberatungen ja annähernd gleich ab. Man hat gelegentlich das Gefühl, man befindet sich bei den Passionsspielen in Oberammergau: irgendwie jedes Jahr dasselbe. Das darf dieses Jahr natürlich nicht passieren.

Wie war es in den vergangenen Jahren? - Eigentlich lief es immer gleich ab: Die Landesregierung legt einen Haushaltsplanentwurf vor. Danach verhalten sich die großen Fraktionen und setzen gemäß der politischen Liste ihre Prioritäten, die in der Regel aus dem Koalitionsvertrag geboren sind. Danach kommt etwas zum Thema „Volk“, ein bisschen Flüchtlingskritisches und Schuldenabbau von der AfD. Dann kommen von der FDP meist Anglizismen - „Start-ups“, „Pre-Seeds“ - und auch viel Schuldenabbau. Und von den Grünen kommt dann Fahrradfahren, Krötentunnel und mehr Geld ausgeben.

(Beifall bei der AfD - Widerspruch von Alptekin Kirci [SPD])

Das, meine Damen und Herren, darf dieses Jahr auf keinen Fall so sein; denn die fetten Jahre sind vorbei. Wer hat’s nicht gemerkt?

Wir sehen allerdings auch - der Minister hat seine Rede ja fast ausschließlich als Rückblick formuliert; das hätte ich in der jetzigen Situation auch gemacht -, dass die fetten Jahre vor allem ungenutzt verstrichen sind. Sie sind insofern ungenutzt verstrichen, als dass Schulden nicht seriös getilgt wurden - jedenfalls nicht in dem Umfang, wie es hätte sein müssen.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Eine dreiviertel Milliarde!)

Die digitale Verwaltung liegt darnieder. Denken Sie mal an das Finanzamt: Als ganz großer Wurf gilt ja schon, dass die Finanzbeamten jetzt per E-Mail antworten dürfen. Ausgedruckt werden die E-Mails übrigens immer noch.

Krisenvorsorge - Frau Dr. Reimann ist schon weg -: Fehlanzeige! Die hat es im Prinzip während der fetten Jahre nicht gegeben; sie sind nicht genutzt worden.

Netzausbau: ein absoluter Skandal! Ich war neulich in Schweden, nachdem es kein Risikogebiet mehr war. Da gibt es in jedem Waldzipfel, auf jeder Insel 4G, demnächst 5G. Bei uns: absolutes DritteWelt-Land, was den Netzausbau angeht!

(Vizepräsidentin Petra Emmerich- Kopatsch übernimmt den Vorsitz)

Die wesentlichen Fragen der Zukunft behandelt dieser Haushaltsplan gar nicht - er setzt nämlich fort. Er ist auch nicht das, was mehrfach gesagt worden ist, nämlich Politik in Zahlen, sondern er ist Verwaltung in Zahlen. Sie versuchen, sich durch die Legislaturperiode durchzuadministrieren und irgendwie das Jahr 2022 zu erreichen, damit dann andere entscheiden oder Sie sagen können: Diskontinuität - ging nicht anders usw. usf.

Dabei müsste gerade jetzt die Zeit genutzt werden, um zu konsolidieren. Das habe nicht nur ich eingesehen, sondern vor allem auch der Finanzminister, indem er sagte: „Wir werden im Zuge der Konsolidierung des Haushalts auch nicht umhinkommen, den Personalkostenblock für Einsparungen heranzuziehen.“ - Herr Minister, wann denn, wenn nicht jetzt? Wann wollen Sie das denn machen? Wie viel Zeit haben Sie denn noch in dieser Legislaturperiode?

Ich wage mal einen ganz kurzen Blick in den Haushalt selbst; ich will mich da gar nicht in Details verstricken. Vorhaben, die nach unserem Dafürhalten in den vergangenen Jahren unstrittig anderswo besser aufgehoben wären, z. B. beim Bund, müssen jetzt unbedingt auf die Prüfliste.

Ein Beispiel ist die Entwicklungszusammenarbeit mit Tansania und Eastern Cape. Die ist in dieser Lage, in der wir wirklich wirtschaftliche Probleme haben, tatsächlich immer noch im Haushalt drin. Meine Damen und Herren, dafür habe ich schlicht kein Verständnis. Dafür haben wir nicht nur kein Geld, sondern das ist auch besser beim BMZ aufgehoben; denn dort gehört Entwicklungshilfe nun mal hin.

Der Haushaltsplan enthält keine Antworten auf die Zukunftsfragen, sagte ich. Was sind denn eigentlich die wichtigen Zukunftsfragen?

Das ist zunächst mal - situationsbedingt -: Wie können die negativen Folgen der Corona

Pandemie bewältigt werden?

Das kann man nicht unabhängig von diesen Haushaltsberatungen sehen. Wir als AfD haben versucht, uns einzubringen. Wir sind eine kleine Oppositionspartei, aber wir haben immer wieder Vorschläge wie den Zehn-Punkte-Plan, Stufenpläne usw. usf. gemacht, weil uns der Gedanke leitet, dass nur das Geld, das erwirtschaftet wird, auch verteilt werden kann. Das geht einfach nicht anders.

Deshalb - daran halten wir auch fest; das werden wir in den Haushaltsberatungen auch wieder tun - kommen wir nicht umhin, wieder ins Wirtschaften zu geraten, die Handelshemmnisse - dazu gehören nun einmal auch die Restriktionen, die jetzt im Rahmen der Corona-Pandemie auferlegt sind - nach und nach abzubauen und die Verantwortung wieder den Unternehmern zu übergeben; denn - ob Sie es glauben oder nicht - die können das.

(Beifall bei der AfD)

Die zweite Zukunftsfrage, die unbeantwortet bleibt, ist: Wie kann eigentlich die Digitalisierung gelingen?

Damit meine ich nicht das, was ich eben angesprochen habe, nämlich den Netzausbau. Dieser gestaltet sich schwierig; er ist in Angriff genommen worden und läuft noch nicht so gut - aber das ist ein ganz anderes Thema. Vielmehr steckt hinter der Frage, wie die Digitalisierung gelingen kann: Wie bringt man eigentlich Gesellschaft und Digitalisierung - am Beispiel Arbeit und Digitalisierung - sinnvoll zusammen?

Wir sehen jetzt, dass es im Rahmen der CoronaKrise auf dem Feld Arbeit und Digitalisierung im Grunde genommen Gewinner und Verlierer gibt. Es gibt nämlich eine ganze Menge Leute, deren Erwerbsleben nicht negativ beeinflusst wurde. Sie arbeiten einfach von zu Hause aus weiter. Und dann gibt es eine andere Gruppe. Das sind meist Menschen, die weniger verdienen als die erste Gruppe. Die haben erhebliche Probleme. Ein Taxifahrer z. B. kann kein Homeoffice machen.

Oder Staat und Digitalisierung: Dieses Feld ist bisher skandalöserweise einfach dermaßen unbeackert, dass das auf jeden Fall aufgegriffen wer

den muss. Der Bildungsbereich ist da sicherlich einer, der ganz besonders hervorsticht.

Die dritte Frage ist: Woran liegt es, dass unter den Voraussetzungen, die ich eben genannt habe, wir möglicherweise davorstehen, dass sich die Gesellschaft spaltet?

(Zuruf von Dr. Alexander Saipa [SPD])

- An uns, ja genau!

Kann es sein, dass ein Problem, das eigentlich überwunden wurde - nämlich arm und reich - wieder aufkommt? Ein Mitglied der Grünen-Fraktion betreibt diese Seite „Adel Watch“.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Na, Herr von Lilienthal!)

Es ist immer wieder in der Diskussion, dass es Spaltungsversuche gibt und Hass und Hetze gesät werden. Ich finde, das ist ein ziemlich gutes Beispiel für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

- Sie lachen, Herr Limburg.

(Beifall bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Ich lache nicht, ich wider- spreche Ihnen! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Da sind Zitate drauf wie z. B.: „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ - ein Büchner-Zitat, im Übrigen völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Das stammt aus dem Jahr 1832, kurz nach dem Hambacher Fest. Dabei ging es um etwas ganz anderes unter ganz anderen Rahmenbedingungen - Großherzogtum Hessen usw. usf. Im Grunde genommen war das eine Anklage der Steuerungerechtigkeit. Das heute unkommentiert auf eine Homepage zu stellen, finde ich brandgefährlich und heiße ich nicht gut. Das ist auch ein Punkt, der zu diskutieren ist.

(Beifall bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Was Sie gutheißen oder nicht, ist uns nicht so wichtig! - Chris- tian Meyer [GRÜNE]: Sie wollten ja Fraktionsvorsitzender werden!)

Wir freuen uns jedenfalls - Herr Limburg - auf die gemeinsamen Haushaltsberatungen und werden uns daran auf jeden Fall konstruktiv beteiligen.

(Beifall bei der AfD - Christian Meyer [GRÜNE]: Wird wohl nix!)

Danke, Herr Lilienthal. - Jetzt erhält das Wort die Abgeordnete Frauke Heiligenstadt für die SPDFraktion. Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst auf die wichtigeren Punkte im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes eingehen, den wir heute als Koalitionsfraktionen ins Plenum einbringen.

Lassen Sie mich drei Punkte kurz nennen:

Erstens ermöglichen wir, dass Förderschullehrkräfte andere Funktionszulagen erhalten können. Das heißt, dass sie mit der Besoldungsgesetzänderung endlich auch an allgemeinbildenden Schulen mit Funktionszulagen versehen werden können.

Zweitens - eine sehr wichtige Änderung - werden wir fast 54 Millionen Euro in den nächsten Jahren dafür zur Verfügung stellen, die Finanzhilfen für Krippen von 52 auf 54 % der entsprechenden Betriebskosten zu erhöhen. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Beitrag zur Unterstützung der Kommunen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Drittens ändern wir das Gesetz über ein Sonderprogramm zur Wirtschaftsförderung des Landes Niedersachsen, um u. a. den „Niedersächsischen Weg“, über den gestern in diesem Hause sehr intensiv diskutiert wurde, aus dem Wirtschaftsförderfonds - ökologischer Teil - finanzieren zu können.

So weit zum Haushaltsbegleitgesetz. Wir werden es im Ausschuss sicherlich noch intensiv beraten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist mir aber auch wichtig, noch auf den einen oder anderen Hinweis der Kollegen aus der Opposition zum Haushaltsplanentwurf einzugehen.