Protocol of the Session on September 15, 2020

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei unserem Finanzminister Reinhold Hilbers und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung bedanken. Sehr oft steht der Finanzminister alleine jenen gegenüber, die berechtigte und gewünschte Ausgaben an ihn herantragen. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit, Herr Finanzminister!

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte mich bereits an dieser Stelle ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen unseres Haushaltsausschusses bedanken, deren wichtige und häufig kleinteilige Arbeit hier nur eher selten zur Sprache kommt. Ich schließe ausdrücklich die Vertreter der Opposition mit ein.

Die Arbeit der Mitglieder des Haushaltsausschusses, diesen Haushalt auf Herz und Nieren zu prüfen und im nächsten Jahr seine Ausführung zu überwachen, erfüllt unsere Pflicht gegenüber den Menschen, die dieses Geld erarbeitet haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn ich mich gleichwohl nicht allein mit den bloßen Zahlen beschäftige, dann deshalb, weil diese Zahlen allein niemals die Geschichte erzählen können, die sich hinter einem Landeshaushalt verbirgt - eine Geschichte, die so noch nie erzählt wurde.

Es ist die Geschichte von einer in unserem Land beispiellosen Gesundheits- und Gesellschaftskrise, in der CDU und SPD den Wert jedes einzelnen Menschen über den Wert der Wirtschaft gestellt haben, weil es ohne Menschen keine Wirtschaft und erst recht keine Zukunft gibt, für die es sich zu streiten lohnt.

Es ist die Geschichte von einer in unserem Land beispiellosen Wirtschaftskrise, in der CDU und SPD den unzähligen kleinen und mittelständischen Betrieben überall im Land unter die Arme gegriffen haben und das aufgrund der laufenden Hilfsprogramme mit enormen Haushaltsmitteln bedarfsgerecht weiter tun.

Es ist die Geschichte großer Herausforderungen und eines entschlossenen und zuversichtlichen Umgangs damit. Ich finde, wir dürfen für das Vertrauen dankbar sein, welches die Menschen in die Regierung und die Verwaltungen in unserem Land haben. Dieses Vertrauen ist ein hohes Gut, denn es versetzt die Bundes- und die Landesregierung überhaupt erst in die Lage, beherzt und wirkungsvoll einschneidende Maßnahmen zu ergreifen.

Ein Blick in die Welt zeigt, dass in der Krise jene scheitern, denen es an Vertrauen in der Bevölkerung fehlt. Das gilt in gleichem Maße für totalitäre Unterdrückungssysteme wie für gewählte Populisten.

Ich finde, dass die Krise deutlich gemacht hat, wie leistungsfähig unser Staat ist. Ich finde auch, dass die Krise deutlich gemacht hat, wie leistungsstark der Föderalismus in unserem Land ist und wie wirkungsvoll die Bundesländer ihre Aufgaben erfüllt haben. Und ich finde, Herr Kollege Wenzel, dass auch deutlich geworden ist, dass die kommunale Selbstverwaltung in unserem Land ein besonderes Gut ist, die ihre Leistungsstärke unter Beweis gestellt hat.

Deswegen - ich spreche Sie direkt an - ist es gerade nicht richtig und nicht der Wunsch der Kommunen gewesen, Programme auf den Weg zu bringen, um kommunale Aufgaben zu unterstützen, sondern die Kommunen haben den Wunsch an den Finanzminister herangetragen, mit finanziellen Mitteln ausgestattet zu werden, um ihre Aufgaben

selbstständig und eigenverantwortlich erfüllen zu können. Genau dieser Wunsch ist den Kommunen erfüllt worden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Berichterstattung über die Themen unserer Zeit ist schnelllebig. Viel zu sehr geraten inzwischen die Berichte über Demonstrationen von Menschen in den Vordergrund, deren Meinung offensichtlich auf Verschwörungen, Unwahrheiten, Hass und Vorurteilen beruhen. Diese Menschen fordern für sich Meinungsfreiheit ein. Das Problem dieser Menschen ist aber nicht, dass sie ihre Meinung nicht sagen dürfen, deren Problem ist, dass ihre Meinung hanebüchener Unsinn ist. Ein echtes Problem wird daraus erst, wenn sich diese Leute aufgrund dieser Meinung so verhalten, dass sie sich und andere gefährden.

Meine Damen und Herren, die CDU werden Sie an der Seite dieser Leute nicht finden. Die CDU finden Sie an der Seite der Menschen, die sich um sich und um ihre Angehörigen kümmern, die sich um ihr Unternehmen und dessen Mitarbeiter sorgen, die Kranken und Bedürftigen helfen und sie pflegen, die in diesen Zeiten das Ehrenamt hochhalten und die für Ordnung und Fürsorge in diesem Land sorgen - an deren Seite finden Sie die CDU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen komme ich noch einmal auf den Parteitag der AfD zu sprechen. Meine geehrten Kollegen von der AfD, Ihr Parteitag hat uns zwei Dinge gezeigt: Erstens steuert die Mehrheit der Mitglieder, die auf dem Parteitag waren, offensichtlich auf einen rechtsextremen Kurs zu. Deshalb hat diese Mehrheit einen extrem rechten Parteivorsitzenden gewählt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Zweitens zeigen die Bilder, dass Sie gegen Hygienekonzepte und Gesetze verstoßen, sich und andere gefährden und damit keinesfalls die Partei für Rechtsstaat, Ordnung und Fürsorge sein können.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, betrachtet man diesen Landeshaushalt in einem großen Zusammenhang mit den Nachträgen der letzten Monate, erzählt er aber auch die Geschichte weiterhin bestehender großer Risiken und Unwägbarkeiten: eine Geschichte der Hoffnung auf eine Konjunktur, die sich nicht nur zum Wohle der Steuereinnahmen, sondern vor allem zum Wohle der Menschen schnell

erholen möge, eine Geschichte von richtungsweisenden Entscheidungen über unsere politischen Schwerpunkte in den nächsten zehn, wenn nicht gar 20 Jahren.

Hinter uns liegen zwei Nachtragshaushalte, die erstens notwendig waren, um den medizinischen Folgen der Pandemie zu begegnen und ihrer Ausbreitung Einhalt zu gebieten, und die zweitens in einem weit größeren Maße notwendig und unabdingbar waren, um eine Vielzahl bedrohter Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen zu retten. Der Umfang dieser Nachtragshaushalte und die absehbaren Zusatzbelastungen der nächsten Jahre führen das Land an die Grenzen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit.

Die eigentliche Herausforderung im Zusammenhang mit der historischen Neuverschuldung liegt aber nicht in der Kreditaufnahme selbst. Es ist zugegebenermaßen einfach, Schulden aufzunehmen, um Sonderprogramme für die betroffenen Branchen aufzulegen. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, die Mittel richtig einzusetzen - richtig einzusetzen! - und auch in Zukunft die richtigen Prioritäten zu setzen.

Das Geld, welches wir zusätzlich aufgewandt haben und weiterhin aufwenden werden, um die Gesundheit und die Existenz unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen, ist für diesen Zweck von unserer Generation aufgenommen worden. Wir fühlen uns verpflichtet, dass es zumindest ganz überwiegend von unserer Generation auch zurückgezahlt werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen sage ich ganz deutlich: Weder die erheblichen sozialen Verwerfungen, die wir im Zusammenhang mit Corona erlebt haben, noch die Forderung nach zusätzlichen staatlichen Ausgaben für den Klimaschutz dürfen eine Rechtfertigung dafür sein, dass wir die Verantwortung für solide Finanzen und politische Handlungsfähigkeit schlicht an die nächste Generation weiterreichen.

Solide Haushaltspolitik zahlt sich aus - das hat sie auch im Zusammenhang mit der Corona-Krise bereits getan. Wir in Niedersachsen haben anders als andere Bundesländer bereits vor der Pandemie die haushaltspolitischen Weichen so gestellt, dass überhaupt erst Handlungsspielräume entstehen konnten.

Der soliden Finanzpolitik der letzten Jahre, die maßgeblich auf das Betreiben der CDU-Landtagsfraktion und unseres Finanzministers Reinhold Hilbers zurückzuführen ist, ist es zu verdanken,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wir hatten das erste Mal eine schwarze Null! Das war Peter-Jürgen Schneider!)

dass wir uns von einem relativ niedrigen Niveau aus zusätzlich verschulden konnten.

Die Schuldenbremse, verehrter Herr Kollege Limburg, die manche politische Kraft im Lande für Teufelswerk hält, wird mittel- und langfristig der Grund dafür sein, dass politische Handlungsspielräume weiterhin bewahrt und neu eröffnet werden.

(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Herr Kollege Nacke, wir haben unter Rot-Grün keine neuen Schulden aufgenommen!)

Genau für eine solche Ausnahmesituation, wie wir sie jetzt erleben, haben wir auf die verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse gedrungen. Sie hat sich in der Corona-Krise bewährt. Denn in absoluten Ausnahmesituationen wie der jetzigen erlaubt sie uns die notwendige Schuldenaufnahme. Gleichzeitig zwingt sie uns zu einer Ausgabenpolitik, die sich auf das Notwendige und das Wirkungsvollste konzentriert. Sie verhindert Exzesse, Ausgabenwut und Gießkanne, und sie nötigt uns ab, klare Prioritäten zu setzen.

Die Landesregierung wird mit dem Haushalt 2021 ebenso wie mit den beiden Nachtragshaushalten dieses Jahres ermächtigt und nicht verpflichtet, finanzielle Mittel in Milliardenhöhe auszugeben. Sie wird diese Mittel vernünftigerweise dort einsetzen, wo sie den besten Effekt bei der Erhaltung von Wirtschaftsstrukturen, Arbeitsplätzen und unternehmerischen Existenzen versprechen.

Die schnelle, breit gestreute Hilfe war eine wichtige, richtige und angemessene erste Reaktion auf den Ausbruch und die möglicherweise rasche Ausbreitung der Pandemie.

Jetzt verlangt es unsere Verantwortung allen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes gegenüber, dass wir genauer hinschauen und prüfen, welche Unternehmen unverschuldet durch die Pandemie in Not geraten sind und welche sich auch ohne die Krise in einer finanziellen Schieflage befunden haben und die nächsten Jahre wirtschaftlich nicht überlebt hätten.

Priorisierung ist auch deshalb wichtig, weil wir uns nicht darauf verlassen dürfen, dass die Konjunktur über alle Branchen hinweg schnell wieder anziehen und auf das Vorkrisenniveau zurückkehren wird. Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat in der vergangenen Woche zwar erklärt, dass die Steuereinnahmen für das Jahr 2020 für die Länder nicht so dramatisch einbrechen werden, wie noch im Mai erwartet, er hat aber auch sehr deutlich gemacht, dass die konjunkturelle Erholung nicht den erhofften Verlauf nehmen, sondern deutlich mehr Zeit erfordern wird.

(Glocke des Präsidenten)

Über den gesamten Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 werden nach einer ersten Einschätzung des Finanzministers zusätzliche Mindereinnahmen von 700 Millionen Euro zu verkraften sein. Deshalb ist es erforderlich, dass wir weiterhin intensiv in einen Wirtschaftsaufschwung investieren.

Ich bin etwas irritiert; sind das schon zwölf Minuten gewesen?

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, Sie müssten vor sich rot sehen.

(Heiterkeit - Ulrich Watermann [SPD]: Aber nur, wenn er hierhin guckt!)

Ja, ich sehe es schon. Ich will noch einen Schlusssatz sagen.

Die solide Haushaltspolitik der vergangenen Jahre hat die Spielräume, die wir bei diesen Entscheidungen haben, ermöglicht und vergrößert. Wir werden bei den Investitionen in Zukunft nicht mit der Gießkanne durch das Land ziehen, aber wir werden auch nicht mit dem Rasenmäher über die einzelnen Haushaltsposten fahren.

Politische Priorisierung erschöpft sich nicht im Aufstellen von Wunschlisten. Bei ihr geht es nicht nur darum, festzulegen, was neu hinzukommt. Es geht heute mehr denn je darum, sich einzelne Ausgaben genau anzuschauen und zu entscheiden, wo sie noch nötig und sinnvoll sind.

Wir laden auch die Opposition ein, dies gemeinsam mit uns zu tun. Wir sind gespannt, ob Ihnen das gelingt. Bislang haben wir nicht gesehen, dass Sie tatsächlich eine Priorisierung vorgenommen haben. Bislang haben Sie sich in Kritik erschöpft.

Wir sind auf die Haushaltsberatungen gespannt und freuen uns auf die Beratungen in allen Ausschüssen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.