Die E-Mobilität ist Ihre Antriebsart der Zukunft. Das ist politisch gewünscht. Das müssen wir so hinnehmen. Ich nehme auch hin, dass die Wirtschaft - VW ist hier schon erwähnt worden - diesen Faden aufgenommen hat. VW macht sich ja elektromobil sehr stark und folgt möglicherweise Ihrem Pfad.
Auch gesellschaftlich scheint es so zu sein, dass die E-Mobilität gewünscht ist. Wenn man einen Indikator dafür braucht, kann man sich die letzten Wahlergebnisse aus anderen Bundesländern - oder, oder, oder - anschauen. Es scheint also so zu sein, dass es in Ordnung ist. Der Markt macht das im Moment noch nicht mit. Das ist eine ziemlich beschönigende Formulierung dafür, dass der Kunde - der böse Lümmel - den E-Kram nicht kauft. Aber das sei mal dahingestellt. Man kann das machen. Ich halte es für legitim, solche Dinge im Rahmen normaler Haushalte zu fördern.
Wenn Sie das allerdings im Rahmen der Bewältigung der COVID-19-Pandemie machen, müssen Sie dezidiert darlegen - nicht nur mit der Denkakrobatik, die Sie in den Ausschüssen gemacht haben -, wie die Förderung von E-Mobilität tatsächlich und nicht über fünf Banden die Auswirkungen der Corona-Pandemie begrenzen soll. Das haben Sie nicht gekonnt. Das konnten Sie heute auch wieder nicht.
Ein Sonderfall ist aber sicherlich die Elektrifizierung des Landesfuhrparks. Es werden ja horrende Summen ausgegeben, um den Landesfuhrpark zu elektrifizieren. Ich verstehe auch: Der Gedanke, der dahinter steckt, ist möglicherweise, dem
Volkswagen-Konzern unter die Arme zu greifen. Es ist allerdings klar, dass diese Volumina nur mit Ausschreibungen funktionieren. Ich formuliere es einmal vorsichtig: VW ist nicht unbedingt Technologieführer im Bereich der E-Mobilität. Es kann durchaus sein, dass hier ausgeschrieben wird und dann möglicherweise BMW, Opel oder Toyota die landeseigenen E-Fahrzeuge stellt. Dann haben Sie mit diesem Nachtrag die Konkurrenz des fast landeseigenen VW-Konzerns quasi gepampert.
Zu den Radwegen ist einiges gesagt worden. Mir wäre übrigens neu - aus den Gesprächen, die ich in den letzten Wochen geführt habe, ist es jedenfalls nicht herausgekommen -, dass die Baubranche jetzt ganz besonders schlimm betroffen wäre. Da fallen mir einige Wirtschaftsbereiche ein, die deutlich schwerer betroffen sind. Im Übrigen ist der Bau dieser Radwege natürlich ein mittel- und langfristiges Vorhaben. Oder - um Herrn Althusmann vielleicht noch etwas an die Hand zu geben -: Das ist eine strategische Frage und keine taktische.
Letztes Beispiel - da wird es dann besonders frivol - sind der Notfallfonds in Höhe von 100 Millionen Euro und die Vorsorgemittel in Höhe von 500 Millionen Euro. Da haben Sie sich die Debatte gleich ganz gespart und gar nicht hineingeschrieben, wofür dies da ist. Das ist natürlich besonders einfach, weil sich das dann auch der Kritik entzieht.
Da können Sie dann abschnittsweise sagen: „Das ist dafür, und das ist dafür“, sodass es immer irgendwie passt. Das funktioniert natürlich nicht. Dazu ist allerdings schon lang und breit ausgeführt worden.
Keine Frage: Es gibt auch einige unstrittig sinnvolle Ausgaben in diesem Haushaltsplan, wie das immer so ist. Ich nenne hier nur die Laboruntersuchungen im Geschäftsbereich des MJ. Das ist eindeutig Corona-indiziert. Das wird von uns auch überhaupt nicht bestritten. Oder der Kauf von Schutzausrüstung: Das ist mit Blick auf die Zukunft auch nicht wirklich unstrittig. Ich weise an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass wir, Frau Dr. Reimann, hier Millionen gespart hätten, wenn wir im Februar/März schon auf den „Plan Bothe“ gehört und in diesem Moment Schutzausrüstung zu marktüblichen Preisen gekauft hätten - und nicht zu Apothekenpreisen, wie es später im Jahr der Fall war.
Es gibt sogar ein paar Punkte, bei denen wir mehr ausgeben. Wir erweitern den Pflegebonus auf im Rettungsdienst und im Krankenhaus tätige Personen.
Hier wollen wir einen ganz deutlichen Anreiz setzen und sagen: Arbeit in der Pflege - auch im Krankenhaus - muss sich wieder lohnen. Das ist unser Zeichen der Solidarität an diese Menschen.
Für die Änderungsanträge der Opposition bleibt mir nicht mehr viel Zeit. Ich spare mir das, bis auf einen Hinweis. Der Antrag der FDP ändert ernsthaft in Tabellenform das Haushaltsjahr 2019. Das ist natürlich an sich nicht möglich. Den Antrag müssen Sie entweder korrigieren oder zurückziehen.
Das Verfahren: unangemessen. Dazu habe ich lange ausgeführt. Der Inhalt: teilweise nicht Corona-indiziert. Das kann von der AfD nur abgelehnt werden.
Vielen Dank. - Herr Lilienthal, gestatten Sie mir eine Bemerkung, da Sie mich persönlich angesprochen haben. Als Präsidentin entscheide ich selbst, wozu ich mich äußere - und erst recht nicht auf Zuruf Ihrer Fraktion. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat eine ganz außerordentliche Situation, in der wir uns befinden. Wir befinden uns in der Tat immer noch mitten in der Corona-Krise und damit in der Krisenbewältigung und beim Schultern der Lasten, die wir haben.
Wir haben in der Tat ein Jahrhundertereignis. Es ist eine Jahrhundertaufgabe, dieses Problem zu lösen. Es ist ein Ereignis, das deswegen Singularität hat. Prognosen gehen davon aus, dass die Wohlstandsverluste, die wir bis 2021 erleiden werden, um die 400 Milliarden Euro betragen werden. Das ist ein großer Teil dessen, was das jährliche Bruttoinlandsprodukt ausmacht. Wir haben zehnmal so viele Menschen in Kurzarbeit, wie wir es zur Kapitalmarktkrise hatten. Wir haben es mit enor
men Verwerfungen in der Wirtschaft und mit großen Herausforderungen in der Gesundheitspolitik zu tun sowie mit einer internationalen Krise, die immer noch an Dimension gewinnt. Wenn man sich abends die Nachrichten und dort die Landkarten anschaut, dann wird man feststellen, dass die Krise in anderen Ländern der Welt noch längst nicht überwunden ist. Insofern sind wir in einer ganz besonderen Situation. Das zeigt auch die Sondersitzung und die damit verbundene Dringlichkeit insgesamt.
Wir stemmen mit aller Kraft die Auswirkungen dieser Krise hier in Niedersachsen und in der Bundesrepublik. Ich stelle alle Tage fest, dass die Menschen überwiegend damit zufrieden sind, wie in Deutschland und in Niedersachsen die Dinge geregelt werden. Darüber sollten wir uns freuen. Wir haben angemessen und richtig reagiert und tun das jetzt mit diesem Nachtragshaushalt ebenfalls.
Wir bringen mit 8,4 Milliarden Euro ein großes Paket auf den Weg, das zum einen helfen wird, die Wirtschaft anzukurbeln, Wachstum zu erzeugen und Strukturen zu festigen, und zum anderen Wege aufzeigt, mit den Einnahmeausfällen in unserem Land umzugehen. Allein 60 % dieses Pakets - wenn ich die Steuerausfälle der Kommunen dazu nehme - sind für die Bewältigung von Mindereinnahmen, die wir in unserem Land haben. Das macht noch einmal deutlich, vor welchen großen Herausforderungen wir stehen. Und wenn wir hier erleben, dass die Grünen wesentlich mehr fordern und die FDP geringfügig weniger fordert, dann glaube ich, wir haben mit Maß und Mitte ein richtiges Maß in diesem Haushalt erreicht.
(Beifall bei der CDU - Dr. Stefan Birk- ner [FDP] und Christian Grascha [FDP]: 2,3 Milliarden Euro sind gering- fügig?)
Meine Damen und Herren, der Bund hat am 3. Juni 2020 ein Konjunkturpaket in einer Größenordnung von 130 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Unmittelbar danach haben wir uns auf den Weg gemacht. Schon drei Wochen später haben wir einen Beschluss gefasst und ein Paket, einen Entwurf für einen Zweiten Nachtragshaushaltsplan über 8,4 Milliarden Euro, vorgelegt. Schneller und wirksamer, als es die Landesregierung tut, kann man in diesem Land nicht handeln, meine Damen und Herren.
Nachdem wir die ersten Herausforderungen, was die Akutbewältigung der COVID-19-Pandemie angeht, geschultert hatten, haben wir es jetzt immer mehr mit den Herausforderungen zu tun, die die Auswirkungen dieser Maßnahmen - insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht - mit sich bringen. Da ist der erste Nachtragshaushalt mit 4,4 Milliarden Euro - 3 Milliarden Euro Bürgschaft, 1,4 Milliarden Euro Finanzmittel - ein wirkungsvoller und starker Antritt gewesen, um dem zu begegnen. Dem müssen wir jetzt weitere Taten folgen lassen.
Da setzen wir an. Wir setzen auf eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik. Wir wollen Strukturen erhalten und Fortschritt sichern. Wir wollen eine rasche Erholung der wirtschaftlichen Entwicklung und damit auch erreichen, dass sich unsere Steuereinnahmen wieder normalisieren. Zugleich verhindern wir durch staatliche Unterstützung Notlagen, und desgleichen schaffen wir mutig und entschlossen Voraussetzungen dafür, dass alle in unserem Land diese Krise gut überstehen können.
Das sichern wir in vier Säulen. Wir unterstützen die Wirtschaft, die Kommunen, das Gesundheitswesen und diverse andere Einrichtungen hier in Niedersachsen. Dabei ergänzt dieses Konjunktur- und Krisenpaket in Niedersachsen - der erste Nachtragshaushalt, den wir bereits geschultert haben - um diese Summen. Die 1,4 Milliarden Euro waren der erste Antritt, den wir jetzt entsprechend ergänzen.
In der ersten Säule geht es um 1,9 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Wirtschaft, zum Ausbau der Digitalisierung und zur Erneuerung unseres Landes. Wir haben nämlich die wirtschaftspolitischen Impulse für Wachstum und Beschäftigung, die wir setzen, mit einer Kombination versehen, nämlich mit der Modernisierung und Digitalisierung unseres Landes. Somit geben wir nachfrageorientierte Stützungsmaßnahmen in die Wirtschaft, die nicht ein „Weiter so!“ bedeuten, sondern die auf neue Technologien, auf neue Entwicklungen abzielen und deswegen gleichzeitig beide Dinge erfüllen. Hier liegt eine ganz große Herausforderung vor uns, die wir angenommen haben.
Allein für die Elektro-, Fahrzeug- und Metallindustrie - das war jüngst in der HAZ zu lesen - gehen die Arbeitgeberverbände davon aus, dass 60 000 Arbeitsplätze gefährdet sein könnten. Das sind riesige Herausforderungen, vor denen wir stehen. Deswegen haben wir die speziellen Belange der Wirtschaft zu fördern. Gerade unser Paket ergänzt und unterstützt die Maßnahmen des Bundespa
kets. Denn es ist elementar wichtig, dass die Wirtschaft in unserem Land gut gedeiht, dass unsere Wirtschaft gute Perspektiven hat und damit die Menschen in unserem Land gute Perspektiven haben.
In der zweiten Säule geht es um unsere Kommunen. Wir haben in unserem Land starke Kommunen. Wir haben im Übrigen dafür gesorgt, dass sich unsere Kommunen schon vor langer Zeit entschulden konnten, dass die leistungsfähig sind und dass sie auch in der Krise handeln können. Unsere solide Finanzpolitik hat das Fundament dafür gelegt, dass wir in dieser Krise entschieden handeln können.
Auch unsere Kommunen entscheiden und handeln zupackend und schnell. Deswegen wollen wir sie auch im Rahmen dieses Pakets unterstützen. Das haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden verhandelt und uns mit ihnen darauf verständigt. Wir wollen, dass sie weiter die volkswirtschaftlich wichtigen Investitionen für unser Land tätigen. Wir wollen, dass sie weiter leistungsfähig an der Seite der Bürgerinnen und Bürger stehen. Denn wen fragen sie jetzt in der Krise, wenn es um die Bewältigung ganz konkreter Alltagsaufgaben geht? Sie fragen bei ihren Kommunen, und die sollen leistungsfähig sein. Deswegen sichern wir mit 1,1 Milliarden Euro die Aufgaben und die Anliegen der Kommunen.
Hier sind wir ein starker Partner der Kommunen. Niedersachsen ist ein kommunalfreundliches Land. Das beweisen wir auch in der Krise.
800 Millionen Euro gehen in den Ausgleich der Gewerbesteuereinbrüche, und 100 Millionen Euro gehen in weitere Bereiche wie Digitalisierung im Schulbereich oder Ausgleich für Ausgaben, die die Kommunen haben. Wir stärken den kommunalen Finanzausgleich, indem wir dort glätten und die Auswirkungen der sinkenden Verbundquote absichern.
Meine Damen und Herren, die dritte Säule sind 600 Millionen Euro für ein stabiles Gesundheitswesen. Ich glaube, ich muss an dieser Stelle nicht allzu viele Worte darüber verlieren, wie wichtig es ist, in der Krise auf mögliche neue Herausforderungen und neue Ausbrüche gut vorbereitet zu sein. Deswegen brauchen wir dort ein Stück weit
eine Reserve, damit wir in dieser Frage sehr schnell handlungsfähig sind. Wir müssen den Menschen sagen können, sie können sich in Niedersachsen - auch gesundheitspolitisch - sicher fühlen. Dass wir zu jeder Zeit in der Lage sind, angemessen zu reagieren, dafür sorgt diese Landesregierung, und dafür benötigen wir das Geld.
Wir haben auch große Herausforderungen in den verschiedenen Einrichtungen unseres kulturellen und sportlichen Lebens. Wir sichern dort alle Bereiche weitgehend ab, indem wir einen entsprechenden Rettungsschirm spannen.
Meine Damen und Herren, große Herausforderungen haben wir - ich sagte es bereits - auf der Einnahmeseite zu verzeichnen. Wir verlieren 12 % unserer Steuereinnahmen. Im Rahmen der Steuerschätzung sind 3,4 Milliarden Euro prognostiziert worden. Das sind 10 % des Landeshaushaltes und knappe 12 % unserer Steuereinnahmen. Das Konjunkturhilfspaket des Bundes trifft uns ebenfalls mit 1,1 Milliarden Euro. - Ja, und ich bin dafür. Wir haben das auch im Bundesrat unterstützt, weil ich glaube, dass es nicht nur nachfrageorientiert gehen kann, sondern dass es auch auf der Angebotsseite eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen geben muss. Ja, es ist richtig, dass wir auch weiter über Entlastung, Entbürokratisierung und steuerliche Entlastung von Unternehmen reden müssen. Ich habe mich dafür stark gemacht, dass auch steuerliche Entlastungen eingebaut werden.
Deswegen ist klar, dass wir die Folgen, die wir in unserem Land zu tragen haben, auch selbst mit kompensieren und abdecken. Das sind 4 Milliarden Euro Steuerausfälle, zusammen mit den Kommunen sind es 5,1 Milliarden Euro Steuerausfälle. Von diesem riesigen Paket geht also eine ganze Menge zunächst einmal dahin, um Einnahmeausfälle zu kompensieren, damit wir in dieser Krise weiter handlungsfähig sind. Ansonsten müssten wir sehr viele Bereiche herunterfahren oder könnten den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr so in adäquater Weise zur Seite stehen, wie es augenblicklich erforderlich ist.
Die Größe der Herausforderung lässt sich leider nicht ohne Neuverschuldung bewältigen. Ich würde mich hier lieber hinstellen und Ihnen eine Neuverschuldung ersparen. Das können Sie mir glauben. Ich bin der erste Minister gewesen, der überhaupt
wieder aktiv in die Altschuldentilgung eingestiegen ist, und habe damit bewiesen, dass mir das am Herzen liegt.