Protocol of the Session on July 15, 2020

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Heiligenstadt, die Ausgestaltung der Behandlung im Bund-Länder-Finanzausgleich wird noch im Einzelnen diskutiert. Es hat im Bundesrat eine sehr intensive Diskussion dazu gegeben, dass für die vom Bundesmodell abweichenden Modelle keine Schattenrechnung nach dem Bundesmodell gemacht werden muss. Wir hätten nichts gewonnen, wenn wir für den Finanzausgleich noch einmal das Bundesmodell rechnen müssten. Das werden wir also nicht müssen. Es gibt eine Protokollerklärung des Bundes dazu, dass ein Verfahren gefunden werden soll, was das überflüssig macht.

Grundlage für den Bund-Länder-Finanzausgleich ist aber das, was man unter Maßgabe des Bundesmodells eingenommen hätte. Das ist der Bemessungspunkt, auf den wir aufsetzen. Da wir aber im Bundesmodell und auch im Flächen-LageModell Aufkommensneutralität erreichen wollen, dürfte das in der Summe eigentlich kein Unterschied sein.

Wie das erfasst wird und wie man zu dem Ergebnis kommt, kann ich noch nicht sagen. Es laufen derzeit noch sehr intensive Gespräche mit dem Bundesministerium darüber, wie man das ausgestalten kann, damit das möglichst einfach gehandhabt werden kann. Wir haben natürlich kein Interesse daran, dass ein aufwendiges Verfahren durchgeführt wird, was die Nutzungsvorteile eines Flächenmodells wieder zunichtemacht. Das ist aber durch die Protokollerklärung des Bundes ausdrücklich zugesichert worden.

Im Augenblick geht es noch darum, wie das ausgestaltet werden soll. Dazu kann ich im Moment noch nichts liefern, weil die Diskussionen wirklich noch voll im Gang sind und man sich noch über die verschiedensten Punkte unterhält.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Für Bündnis 90/Die Grünen stellt der Kollege Helge Limburg die dritte Zusatzfrage. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, vor dem Hintergrund

Ihrer Antwort auf die erste Frage des Abgeordneten Wenzel und vor dem Hintergrund, dass ich in der Vergangenheit schon erlebt habe, dass die Große Koalition den Begriff „zeitnah“ als zwei Jahre und mehr versteht, frage ich, wie denn die Landesregierung den von Ihnen verwendeten Begriff „bald“ interpretiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Jetzt wird es noch einmal richtig spannend. Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Begriff „bald“ würde ich so interpretieren: in absehbarer Zeit.

(Heiterkeit - Beifall bei der CDU - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Ich habe noch zwei Fragen!)

Herr Kollege Limburg, das war jetzt nicht „unverzüglich“. Den Begriff kennen wir ja auch aus früherer Zeit. Sie möchten aber Ihre noch offenen Fragen nicht mehr nutzen, oder?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein, ich stelle sie schriftlich!)

Dann sind Sie mit der Antwort offensichtlich zufrieden. Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen nicht vor.

Meine Damen und Herren, damit haben wir die Behandlung der Dringlichen Anfragen beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über Entschädigungen für Maßnahmen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (In- fektionsschutzgesetz - IfSG) - Niedersächsisches Infektionsschutz-Entschädigungsgesetz (NInfEntschG) - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 18/6266 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und

Digitalisierung - Drs. 18/6980 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/7011

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Für die FDP-Fraktion hat sich der Kollege Jörg Bode zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Corona-Pandemie hat Maßnahmen notwendig gemacht, die gravierende wirtschaftliche Einschnitte bedeutet haben und viele Unternehmen und damit auch Beschäftigte dieser Unternehmen an den Rand der Existenz geführt haben.

Die Maßnahmen waren aus unserer Sicht gerade in der Anfangszeit durchaus richtig, wichtig und notwendig. Deshalb stellt sich die Frage, wie man mit solchen Einschränkungen der Grundrechte und der Freiheiten umgeht.

Wir haben Ihnen den Vorschlag einer Gleichbehandlung der Betroffenen unterbreitet.

All diejenigen, die eine staatliche Auflage zur Schließung bekommen haben, und zwar nicht, weil Sie einen Krankheitsfall bei sich hatten, sondern weil sie aufgrund von Präventionsmaßnahmen schließen mussten, sollen gleichermaßen in einem unbürokratischen Verfahren entschädigt werden.

Sie haben sich gemeinsam mit der Bundesebene für einen Weg entschieden, der sehr teuer ist. Wenn ich mir das insgesamt für Niedersachsen anschaue, dann stelle ich fest, dass weit über 20 Milliarden Euro Hilfen in diesem Segment über die unterschiedlichsten Verfahren ausgeschüttet werden.

Der Weg, den Sie beschritten haben, führt einerseits zu wesentlich mehr Bürokratieabwicklungskosten, aber auch zu Ungerechtigkeiten, die wir hier bei der Nachtragshaushaltsberatung sehen konnten, beispielsweise in den Bereichen des Wissenschaftsministeriums und des Sozialministeriums.

Der Wissenschaftsminister hat ein Programm für Solo-Selbstständige im Kulturbereich vorgeschlagen. In der Ausschusssitzung hat er lernen müssen, dass es ein Bundesprogramm für SoloSelbstständige gibt. Er macht jetzt aber, nachdem der Haushalt mit dem anderen Programm beschlossen worden ist, daraus ein Programm für Museen, Theater, Opern etc., wenn sie denn Solo

Selbstständige beschäftigen. Warum ist eine Kulturstätte förderungswürdiger, wenn sie einen SoloSelbstständigen beschäftigt, als wenn sie beispielsweise einen Betrieb mit zwei Beschäftigten beschäftigt? - Ich sehe da keinen Unterschied. Sie haben hier eine komplette Ungerechtigkeit.

Sie haben eine Ungerechtigkeit bei den Jugendherbergen, bei den Jugendbildungsstätten, bei den Bildungsstätten im Sozialbereich im Vergleich zum Bereich der Erwachsenenbildung im Wissenschaftsministerium. Hier wird nicht gleich abgefragt. Jeder hat gefragt: Wie viel braucht ihr denn? Macht eigene Richtlinien, und zahlt komplett alle Schäden aus oder auch nicht!

Das ist eine Ungerechtigkeit zu denen, die nicht entschädigt werden, weil sie geschlossen worden sind, die nämlich nichts in diesem Bereich bekommen, weil Sie dort nichts vorsehen.

Man kann also sagen: Diejenigen, die die beste Lobby bei dem Vortragen ihrer Probleme hatten, bekommen eine Entschädigung, und die anderen bekommen sie tatsächlich nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist für uns nicht der Weg der Gleichbehandlung. Wir hätten uns einen Weg vorgestellt, indem wir diejenigen, die betroffen sind, wirklich gleich behandeln. Wir haben Ihnen auch angeboten, über die Höhe und über den Weg zu reden, also darüber, ob das von uns als unbürokratisch angesehene Verfahren das richtige ist, ob man das Verfahren, das der Bund jetzt vorgesehen hat, nehmen sollte.

Sie haben dies alles abgelehnt, und zwar vom Grunde her abgelehnt, weil Sie den anderen Weg, den teureren Weg mit Einzelfallungerechtigkeiten, mit Ungleichbehandlung der betroffenen Betriebe, damit auch Ungleichbehandlung der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewählt haben und nicht den Weg, den wir gehen wollten.

Da kann man durchaus - Herr Henning, das wird ja tatsächlich kommen - streiten, ob diese allgemeine Entschädigung im Ergebnis zu den Gesamtkosten, die alle Bundes- und Landesprogramme in Niedersachsen auslösen, wesentlich weniger kosten wird. Aber ehrlicherweise können weder wir das ausrechnen, noch konnte das Wirtschaftsministerium die tatsächliche Höhe ermitteln.

Sowohl im Nachhinein als auch in der Zukunftsbetrachtung ist es ein riskanter Weg, den Sie gehen; denn es gibt Entschädigungsansprüche nach dem niedersächsischen Polizeigesetz, sofern es keine

sperrende, konkurrierende Gesetzgebung auf Bundesebene gibt.

Die Landesregierung hat, anders als es die Regierungsfraktionen in der Einbringung vermutet haben, erklärt, dass es diese Sperrwirkung des Bundesrechts nicht gibt. Der GBD schätzt das ähnlich ein. Das Landgericht Hannover hat es in einer ersten Entscheidung anders gesehen, aber nicht, weil man sich wie die Landesregierung oder der GBD die Unterlagen der Gesetzesberatung im Bundestag angeschaut hat, sondern weil man festgestellt hat, es hätte bereits in der Süddeutschen Zeitung vor der letzten Novelle eine Berichterstattung darüber gegeben, ob eine entsprechende Entschädigungsleistung zu zahlen ist oder nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Richter hat eines gesagt: Es ist eigentlich keine Aufgabe für mich als Landgericht, als Justiz, hierüber zu entscheiden, es wäre eine Aufgabe der Politik. - Das waren seine Worte in der mündlichen Verhandlung. Er hat Recht, es wäre die Aufgabe der Politik gewesen, und Sie verweigern sich dem.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Bode. - Im Anschluss hat sich jetzt für die Fraktion der AfD der Kollege Stefan Henze zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der federführende Wirtschaftsausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion abzulehnen. Wir schließen uns nun an. Warum?

Entgegen der sportlichen Darstellung der FDPFraktion in ihrer Gesetzesbegründung ist es aus meiner Sicht durchaus fraglich, ob das Land Niedersachsen im Sinne des Artikels 70 ff. des Grundgesetzes auch in Anbetracht der im Bund beschlossenen einzelgesetzlichen Corona-Ent

schädigungsregelungen - das wurde gerade angesprochen - überhaupt zur Gesetzgebung befugt ist. So war auch der Tenor der Regierungsfraktionen in der Ausschussberatung am 8. Mai.

Die Landesregierung nahm dann im Rahmen der Ausschussunterrichtung am selben Tag dieselbe Position wir die FDP ein. Nun gut, meine Herren,

diese Hürde wäre möglicherweise zu überspringen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Rechtsordnung halte ich in Bezug auf mögliche vermögensrechtliche Ansprüche aufgrund nicht gerechtfertigter Corona-Eingriffe für ausgeformt und gut gerüstet. Nach meiner Kenntnis sieht sich das Land Niedersachsen entsprechenden Klagen schon ausgesetzt; das wissen wir. Einer verschuldungsunabhängigen Haftung, die die FDP offenbar mit in das Gesetz schreiben möchte, bedarf es aufgrund der umfänglichen Hilfspakete im Bund und Land nicht. Sie wären auch rechtssystemfremd.

Loben kann ich allenfalls Ihr notwendiges Bemühen in dieser Sache. Aber tief blicken lässt überdies, dass Sie in § 2 Schäden unter 10 000 Euro als Bagatelle bezeichnen. Ich sage Ihnen, für die eine oder andere natürliche oder auch juristische Person sind 9 999 Euro viel Geld und vielleicht existenzgefährdend. Das finden wir nicht gut.

Der weitere Punkt ist, dass der Schädiger die Schadenshöhe selbst ermitteln soll. Das ist ein interessanter Ansatz, aber an der Stelle wenig rechtsstaatlich.

Im Detail enthält das Gesetz außerdem noch weitere streitanfällige Regelungen. Das finden wir nicht so gut, dem können wir leider nicht zustimmen.