Protocol of the Session on July 2, 2020

Die Forschung zukunftsfähig aufzustellen, heißt aber vor allem auch, in die Menschen in der Forschung zu investieren. Ich muss leider kritisch anmerken, dass der Eindruck, den der Antrag erweckt - die Bundesregierung habe so viele Segnungen über den Nachwuchs ausgeschüttet -, falsch ist. Nein, die Studierenden landen mit den Regelungen, die auf Bundesebene getroffen worden sind, in einer Schuldenfalle - in die sie nicht gehören, weil sie doch diejenigen sind, die zukünftig in der Forschung und in der Wissenschaft arbeiten werden. Auch die geschenkten sechs Monate aus dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz für

Promovierende und Habilitantinnen und Habilitanten werden an dem Durchlauferhitzer Wissenschaftskarriere, in dem man konstant Ergebnisse braucht - und auch Menschen, die Ergebnisse nachhalten -, nichts ändern.

Wir brauchen in der Forschung auch deutlich mehr Chancengleichheit. Wir wissen aus der medizinischen Forschung, dass Männer und Frauen unterschiedlich reagieren. Corona zeigt uns das: Eigentlich werden Männer und Frauen gleich häufig krank, aber Männer erkranken leider häufiger sehr viel schwerer als wir Frauen. Auch da müssen wir also mehr investieren.

Wer Exzellenz will, wer den Wissenschaftsstandort Niedersachsen stärken will, der sollte breit investieren. Die Investitionen, die hier vorgeschlagen sind, sind sicherlich nicht falsch. Wir hätten aber noch einige andere Ideen, wie wir den Wissenschaftsstandort Niedersachsen weiter stärken können.

Ich freue mich auf die Beratungen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Viehoff. - Für die Fraktion der AfD hat nun der Kollege Harm Rykena das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es noch in den Ohren: Unsere Sozialministerin Frau Reimann sagte Ende Februar in Bezug auf Corona: „Niedersachsen ist gut vorbereitet.“ Heute müssen wir feststellen: Ganz Deutschland war nicht gut vorbereitet, und Niedersachsen eben auch nicht.

Wenn wir also mit den Debatten beginnen, welche Lehren wir aus dem desaströsen Agieren der Regierung in Zusammenhang mit dem Coronavirus ziehen müssen, dann müssen wir sicherlich auch über den Bereich der Forschung sprechen.

Die Wissenschaft zeichnete sich in den vergangenen Monaten vor allem durch eines aus: durch ein klägliches Bild in der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der AfD - Zurufe: Was?)

Dieses war geprägt von sich ständig widersprechenden Aussagen und einem sich um 180 Grad wendenden Bild in der Lagebeurteilung durch die Regierung: zuerst verharmlosend, dann dramatisierend und nun, da alle Daten darauf hinweisen, dass das Ganze ein riesiger Fehlalarm war, trotzdem an der Pandemieerzählung festhaltend.

(Dr. Silke Lesemann [SPD]: Was er- zählt der denn jetzt schon wieder? Märchen! - Zuruf von Dr. Stephan Siemer [CDU])

Als federführend für die wissenschaftliche Begleitung erwählte man vonseiten der Bundesregierung dabei das RKI, das schon in den vergangenen Jahren durch Panikmache und groteske Fehleinschätzungen - ich sage nur: Schweinegrippe - aufgefallen war.

(Zuruf von Alptekin Kirci [SPD])

Andere Stimmen, ebenfalls von renommierten Wissenschaftlern, wurden und werden bis heute ignoriert - mit katastrophalen Folgen.

Der von der Regierung angeordnete und bis heute aufrechterhaltende Lockdown hat desaströse Folgen für Wirtschaft, Bildung, Gesundheit - eigentlich für die gesamte Gesellschaft. Geschehen konnte dieses Durcheinander sicherlich auch dadurch,

dass die Infektionsforschung lange nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stand.

Das soll nun anders werden: Es soll Geld fließen. Mittel in den Bereich der naturwissenschaftlichen Forschung zu geben, halten wir immer für eine gute Idee. Eine vernetzte Forschungslandschaft in Niedersachsen ist auch immer gut, nicht nur in der Infektionsforschung. Auch da sind wir dabei.

Wichtig ist aber, wirklich unabhängig zu forschen. Infektionsforschung kann und muss helfen, zu Erkenntnissen zu gelangen, die es ermöglichen, zukünftig solche katastrophalen Entscheidungen zu vermeiden, wie sie die Regierenden nun schon seit Monaten mit den immer noch anhaltenden Lockdown-Maßnahmen getroffen hat.

Wir müssen Wege ohne Impfzwang finden, ohne Datenkraken und ohne das Zerstören der wirtschaftlichen Grundlagen großer Teile der Gesellschaft.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rykena.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor. Damit beenden wir die Beratungen und kommen zur Ausschussüberweisung.

Vorgeschlagen ist der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur. Wer möchte dem so folgen? - Gegenprobe? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 44: Erste Beratung: Kriminelle Familienclans in Niedersachsen konsequent bekämpfen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/6761

Zur Einbringung hat sich für die CDU-Fraktion der Kollege Calderone gemeldet. Bitte schön!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Kriminalität ist schlimm - Clankriminalität ist schlimmer. Wir haben es hier tatsächlich mit einem Phänomenbereich zu

tun, der das Vertrauen in die staatliche Ordnung und in die Handlungsfähigkeit des Staates nachhaltig zu schädigen in der Lage ist. Wir haben es mit einem Phänomenbereich zu tun, der sich durch Einschüchterung, Drohung, Kriminalität, Ablehnung der Repräsentanten des Staates und Ausnutzung unseres Sozial- und Rechtsstaates außerhalb unserer Gesellschaft stellt.

Es ist an der Zeit, meine Damen und Herren, endlich schmerzhaft durchzugreifen. Auch der deutsche Staat kann es, wenn er nur will. Innenminister Reul in Nordrhein-Westfalen zeigt es uns. Auch die Abschiebung von Ibrahim Miri in Bremen hat es uns gezeigt.

Clankriminalität ist nicht nur ein Phänomen der großen Städte unserer Republik. Auch in meinem Landkreis Osnabrück - in Ostercappeln und in Melle - gibt es Familienclans und Clanstrukturen. Deswegen sind auch das Land Niedersachsen und die niedersächsischen Kommunen umfassend gefordert. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bekämpfung der Clankriminalität beginnt in den Kommunen: bei der Ahndung eines Falschparkers, bei der Überprüfung der Schadstoffgrenzwerte in Shishabars oder bei der Verfolgung illegaler Autorennen.

Null Toleranz ist gefordert. Und null Toleranz bei der Bekämpfung von Clankriminalität endet mit einer Aufenthaltsbeendigung - nicht nur im Einzelfall, sondern im Regelfall. Wer sich durch Clanstrukturen klar jenseits unserer Gesellschaft positioniert, Nachbarschaften terrorisiert, sein Leben auf Kriminalität aufbaut, Familien bedroht, eigene Gesetze und Regeln aufstellt, den toleranten deutschen Sozial- und Rechtsstaat ausnutzt, darf in Deutschland keine gute Zukunft haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von der SPD)

Mit diesem Entschließungsantrag machen wir deutlich, dass die regierungstragenden Fraktionen auch in der Justiz Akzente im Bereich der Bekämpfung der Clankriminalität setzen. Im Innenbereich haben sie es ja bereits getan.

Dies ist insbesondere mit der Zurverfügungstellung von zusätzlichem Personal in den Staatsanwaltschaften verbunden. Damit widmen sich künftig drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften und eine verstärkte Zentralstelle Organisierte Kriminalität der Bekämpfung der Clankriminalität.

Ich bedanke mich sehr bei unserem Koalitionspartner für die guten Beratungen in dieser Sache und auch für das Ergebnis. Ich glaube, es ist gut, dass wir beide diesen Weg gemeinschaftlich unterstützen.

Wichtig ist auch, dass wir regelhafte Strukturen der Information, der Vernetzung und des Austausches über Verfahren und Zustände von Verfahren einrichten, so wie wir es in unserem Antrag beschrieben haben.

Meine Damen und Herren, die Politik kann Mittel zur Verfügung stellen, Rahmenbedingungen schaffen und zum Handeln auffordern. Handeln muss aber der einzelne Mitarbeiter in den Kommunen, in den Ordnungsbehörden, in den Landesbehörden und in der Justiz. Da brauchen wir - auch das gehört zur Wahrheit dazu - auf der einen Seite hier und dort mitunter vielleicht noch ein wenig mehr Sensibilität für eine Strategie der null Toleranz, und auf der anderen Seite brauchen wir den bedingungslosen Schutz durch die öffentliche Hand für ihre Mitarbeiter.

Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Clan in Osnabrück nützt nichts, wenn in Quakenbrück bei Falschparkern, Kleinkriminalität oder illegalen Autorennen nicht hinreichend hingeschaut wird. Die Null-Toleranz-Strategie nützt nichts, wenn am Ende die Familie des zuständigen Mitarbeiters in der öffentlichen Verwaltung bedroht wird.

Schließlich wird sich die Politik in Zukunft auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie wir mit Tätern unter 14 Jahren umgehen wollen. Denn eine kriminelle Tat bleibt eine kriminelle Tat. Eine Erziehung zur Begehung von Straftaten und zur Respektlosigkeit gegenüber dem Staat - egal in welchem Alter - werden wir nicht dulden können - ebenso wenig wie eine Paralleljustiz; denn das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Deswegen halte ich es für richtig, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion über eine Ausweitung des Strafrechts und über die Schaffung eines neuen Straftatbestandes „Anmaßung zu einer politischen oder religiösen Ordnungsmacht“ nachdenkt. Das ist überfällig. Dies gilt ebenso für eine Klarstellung in § 46 StGB - Grundsätze der Strafzumessung. Kulturell bedingte Rechts- und Wertvorstellungen dürfen nicht strafmindernd, sondern müssen strafverschärfend berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren, es muss ein Klima des Verfolgungsdrucks in den Clans erzeugt werden. Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, Verfolgung von Kleinkriminalität, Verfolgung des Sozialleis

tungsmissbrauchs, Verschärfung der Vermögensabschöpfung, neue Straftatbestände und eine gezielte Aufenthaltsbeendigung sind Mittel.

Mit diesem Antrag und mit dem Schwerpunkt in unserer politischen Liste zeigen wir, dass wir bereit sind, diesen Weg zu gehen, und dass wir es ernst meinen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Calderone. - Ergänzend für die CDU-Fraktion hat sich der Herr Kollege Christoph Plett gemeldet. Bitte schön!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)