Sprich: Wir haben eine ganz große Aufgabe, nämlich zu prüfen, wie der ÖPNV gerade mit Blick auf diese Bedrohungen, die uns länger begleiten werden, weiter sicher von den Menschen genutzt werden kann. Deshalb finde ich diesen Punkt wichtig. Darüber müssen wir sehr intensiv beraten und vernünftige Lösungen transparent darlegen, damit jeder auch glaubt, dass das so ist, und damit die Menschen nicht mit einem mulmigen Gefühl in den ÖPNV einsteigen, weil sie keine andere Möglichkeit haben, weil ihre Arbeitswege zu lang sind, um mit dem Fahrrad zu fahren, oder sie mit dem Auto keinen Parkplatz finden.
Zur Frage der Finanzierung: Den Antrag haben Sie ja schon vor einiger Zeit geschrieben, und inzwischen ist erkennbar, dass mehr Mittel erforderlich sind. Der Einnahmeausfall im ÖPNV übersteigt inzwischen die von Ihnen erwähnten 4 Milliarden Euro. Wenn man hier nicht schlicht und ergreifend einen Ausgleich über Regionalisierungsmittel vorsieht, werden die Strukturen zusammenbrechen. Ich begrüße sehr, Herr Minister Althusmann, dass Sie bei Herrn Altmaier angekündigt haben, diese Initiative zu starten. Wir unterstützen Sie da sehr. Aber lassen Sie sich nicht auf 4 Milliarden Euro runterhandeln! Man braucht tatsächlich mehr.
Ich würde mich freuen, Kollege Henning, wenn tatsächlich ein gemeinsamer Antrag dabei herauskäme. Das hätte der ÖPNV verdient.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von uns wird erwartet, dass wir bei den heutigen Entscheidungen die zukünftigen Entwicklungen berücksichtigen. Das gilt für alle unsere Entscheidungen - besonders für die Planung von Verkehrsprojekten.
Wir sind uns bewusst, dass es sich dabei um eine Vorhersage handelt, die auf Statistiken und Erfahrungswerten basiert und zudem die unterschiedlichsten Faktoren berücksichtigt. Es handelt sich um einen positiven Kompromiss, um ein Abwägen der verschiedenen Punkte, ohne dabei etwas außer Acht zu lassen. Dazu zählen die Belange der
involvierten Kommunen und Landkreise ebenso wie wirtschaftliche Faktoren. Bei der Planung von Verkehrsprojekten werden jedoch noch viele weitere Aspekte berücksichtigt. Neubauten und Streckenverläufe werden nicht willkürlich geplant, sondern unterliegen strikten Überprüfungen. Dazu zählt die Prüfung von Alternativen genauso wie eine Nutzen-Kosten-Analyse.
Bevor wir also eine Autobahn planen, wird selbstverständlich überprüft, ob nicht eine Alternativplanung, z. B. der Ausbau einer bestehenden Strecke, bevorzugt werden sollte. Damit dies bewertet werden kann, werden selbstverständlich noch weitere Faktoren betrachtet. Dazu gehört die Raumwirksamkeitsanalyse, und auch Klima-, Umwelt- und Lärmschutz werden berücksichtigt. All dies ist im Bundesverkehrswegeplan enthalten. Denn bereits bei der Vorbereitung der Bundesverkehrswegeplanung wurden Bewertungen der benannten Faktoren auf Bundes- und Landesebene durchgeführt.
Für die einzelnen Projekte liegen Umweltberichte vor. Wir alle wissen, dass nicht nur die Behörden, sondern auch die Öffentlichkeit bei den Projekten beteiligt wird. Das ist besonders wichtig, damit wir die Akzeptanz für die Projekte steigern können und einen positiven Kompromiss erhalten.
Wir sollten zudem verdeutlichen, dass Fortschritt mit Veränderung einhergeht und wir uns dafür einsetzen, dass wir mit den Verkehrsprojekten positive Wege erzeugen, die zukunftsorientiert sind und sich der Vernetzung und Entlastung widmen. Dabei stimmen wir sicherlich darin überein, dass kein Projekt ohne Veränderungen und Eingriffe in bestehende Strukturen erfolgen kann.
Sie fordern in Ihrem Antrag eine „vernetzte Planung von Schienen, Wasserwegen und Straße“. Ein solches Netz muss jedoch erst einmal entstehen und ausgebaut werden. Wir setzen uns bereits seit Jahren genau hierfür ein. Ohne Neubauten wird dies schlichtweg nicht erfolgen können.
Die Verkehrssektoren sind dabei nicht nur für den Individualverkehr entscheidend, sondern vor allen Dingen - und damit gehe ich auf den Lkw-Verkehr und die Straße ein - für den Gütertransport von größter Wichtigkeit. Die Gütertransporte über Schiene und Wasser können dabei nicht isoliert betrachtet werden. Wir sind uns sicherlich alle darüber im Klaren, dass die Entscheidungen von gewerblichen Investoren von der Verkehrsanbin
dung abhängen. Regionen und Landkreise mit schlechter Verkehrsanbindung sind strukturell benachteiligt. Dabei wird dem Verkehrssektor Straße aus Sicht der Investoren Priorität eingeräumt.
Bei allen möglichen Planungen muss uns klar sein, dass weder der Verkehrssektor Wasser noch die Sektoren Straße und Schiene zukünftig ohne Inanspruchnahme von Raumressourcen wachsen können. Dass dabei kein einziges der Projekte, die sich im Bundesverkehrswegeplan befinden, leichtfertig Natur und Landschaft in Anspruch nimmt, ist durch die Planung und Überprüfung durch alle Instanzen sichergestellt.
Die strategische Umweltplanung ist dabei ein gesetzliches Instrument, aus dessen Anwendung der Umweltbericht zum Bundesverkehrswegeplan
resultiert. Im Bereich des Klima-, Umwelt- und Lärmschutzes werden hierbei die Reduktion der Emission von Schadstoffen und Treibhausgasen, die Begrenzung der Inanspruchnahme von Natur und Landschaft und die Verbesserung der Lebensqualität bewertet und berücksichtigt.
Ihr Antrag impliziert, dass der Klimaschutz im Bundesverkehrswegeplan nicht berücksichtigt werde. Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Er ist enthalten und wird berücksichtigt, und das ist sehr gut, weil wir damit bereits einen wichtigen Schritt in die Zukunft gegangen sind. Wir zeigen, dass unsere Pläne genau dies sind: zukunftsorientiert.
Uns liegt ein weiterer Antrag von Ihnen vor, mit dem Sie die Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs in Niedersachsen sichern wollen.
Wie bereits erwähnt, befinden wir uns aktuell in einer Lage, die uns vor enorme Herausforderungen stellt. Wir müssen in unseren Entscheidungen mehr denn je auf unbekannte Faktoren eingehen. Es handelt sich um Phänomene, die die gesamte Gesellschaft betreffen und den Alltag mit seinen gewohnten Routinen und Abläufen ziemlich durcheinandergebracht haben. Diese Veränderungen sind in allen Bereichen zu spüren. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt kaum abschätzen, wie sich das Verhalten der Menschen durch diese Erfahrung zukünftig ändern wird.
Wir benötigen also Gesamtkonzepte, die den akuten Krisenstand berücksichtigen und zeitgleich vorhersagen, ob wir eine Rückkehr zum gewohnten Alltag erreichen werden oder ob wir dauerhafte
Änderungen im Verhalten des Einzelnen und in unserer gesamten Gesellschaft im Umgang miteinander und unserem Verständnis von sozialer Distanz oder Nähe und Mobilität erhalten werden. Auch der Personennahverkehr mit allen beteiligten Unternehmen in Niedersachsen wird von diesen möglichen Änderungen direkt betroffen sein.
Ihr Antrag fordert nicht nur, dass sich der Landtag für ein Sonderfinanzierungsprogramm einsetzt, sondern darüber hinaus einen Zukunftsplan initiiert und eine Mobilitätskampagne erstellt, und dass es gelingt, eine landesweite einheitliche Tarif- und Vertriebsstruktur zu erarbeiten, Letzteres unter der Zielvorgabe, ein möglichst landesweites Tarifsystem zu erhalten.
Seit Jahren arbeiten wir daran, die Tarifstrukturen zu vereinfachen und dabei den Personennahverkehr für alle attraktiver zu gestalten. Wir setzen uns also bereits seit vielen Jahren intensiv dafür ein, diesen Zukunftsplan zu erstellen. Sie können also erfreut sein, dass Ihre Zukunftsplanung bereits Realität ist. Wir haben schon viel erreicht und werden auch nicht aufhören, uns für die Stärkung des Personennahverkehrs einzusetzen.
Deswegen freue ich mich sehr auf die Diskussion im Ausschuss. Dabei möchte ich nichts versprechen und das auch halten.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die politisch am weitesten links stehende Fraktion dieses Hauses lässt heute ihren Entschließungsantrag zum Bundesverkehrswegeplan abschließend beraten. Ich stelle die Frage, ob sich der von Ihnen beabsichtigte Ansatz, den ich im Kern sowieso für irrig halte, vor dem Hintergrund der Corona-Krise und ihren absehbaren wirtschaftlichen Folgen auf der parlamentarischen Bühne überhaupt noch vertreten lässt.
Sind Sie sicher, dass er sich durch Ihre verengten politischen Prioritäten in Bezug auf den Klimaschutz
überhaupt noch halten lässt? Heute haben wir den 12. Mai. Ihr Antrag ist vom 18. Februar. Sie merken: In drei Monaten kann sich die Welt ändern, und sie hat sich geändert. Ich bin also nicht sicher - und die Regierungen in Land und Bund sind ja auch noch nicht abschließend festgelegt -, ob das, was Sie hier vorhaben, jetzt noch Priorität haben sollte.
Auch wenn sich viele vor den leicht hysterischen Jungdemonstranten beim Klimaschutz längst zur Embryonalhaltung eingerollt hatten,
haben auch diese jungen Klimademonstranten Eltern, die im Regelfall von Erwerbsarbeit leben. Und Niedersachsen ist und bleibt Flächenland. Die Realität sieht wie folgt aus: Hier wird gependelt, gedieselt und überwiegend auf den Individualverkehr gesetzt. Kein Wunder überdies bei der zerklüfteten Verbundarchitektur des ÖPNV und seiner mehr als verbesserungswürdigen und -bedürftigen Angebote.
Heute gibt es deshalb für Ihren Antrag in der Drs. 18/5863 die rote Karte oder - um im Bild zu bleiben - die rote Ampel. An die halten sich manchmal auch Radfahrer.
Aber zum schwachen Trost: Ihr Antrag enthält zumindest andeutungsweise prüfungswürdige Ansätze. Zwei Dinge fallen besonders auf:
Sie verlangen als Dogma umweltfreundliche Mobilität zulasten des Straßenbaus. Ein Vorredner hat es schon gesagt: Auch E-Autos brauchen Straßen. - Vielleicht ganz ideologiefrei ein Tipp für den Herrn, der gerade mit dem Rücken zu mir sitzt - dann kann ich auch nicht wissen, wer es ist -: Mehrspurige Fahrzeuge brauchen gut ausgebaute Straßen. Das wird sich nicht ändern lassen, auch wenn Sie auf E-Autos setzen wollen.