Protocol of the Session on February 27, 2020

(Zustimmung bei der CDU)

Damit wird dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher der absolute Vorrang eingeräumt. Das müsste eigentlich an dieser Stelle als Antwort schon genügen, alles ist gesetzlich geregelt.

Nichtsdestotrotz möchte ich meine verbleibende Redezeit noch nutzen, um Ihnen einiges zu erklären.

Wir alle wollen uns gesund ernähren. Unsere Gesetze sorgen dafür, dass das möglich ist. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung überprüfen die Länderbehörden, ob Lebens- und Futtermittel die zulässigen Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe einhalten. Das BVL, meine Damen und Herren, wertet die von den Ländern erhobenen Daten sowohl vierteljährlich in Form sogenannter Quartalsauswertungen als auch jährlich durch Erstellung eines entsprechenden Berichtes aus. Informationen finden Sie auf der Seite „Nationale Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände“ des BVL. Darüber hinaus leitet das BVL diese Daten an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weiter.

Zur Harmonisierung in der EU gehört eine gemeinsame Positivliste von Wirkstoffen, die in den Pflanzenschutzmitteln zulässig sind. Die Bewertung der Wirkstoffe und die Entscheidung über die Aufnahme in die Positivliste erfolgen in einem Gemeinschaftsverfahren. Das BVL ist die deutsche Koordinierungsstelle dieser europäischen Zusammenarbeit.

Gift, meine Kollegin und Kollegen von der AfD, ist immer eine Frage der Konzentration.

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])

Ich möchte jetzt noch einmal auf die Nulltoleranz zu sprechen kommen.

Nulltoleranz ist bei unseren analytischen Nachweisgrenzen nicht zielführend. Dann gäbe es nämlich keine Importe mehr. Selbst in den heimischen Produkten lassen sich Spuren von Pestiziden und deren Abbauprodukten feststellen.

Ein dichtes Regelwerk sorgt jedoch dafür, dass diese Rückstände kein Risiko für Verbraucher darstellen und unsere Landwirte ihre Produkte unbesorgt vermarkten können, Herr Grupe. Insofern erübrigt sich Ihre Frage nach der Benachteiligung einheimischer Landwirte. Bevor in Europa der Wirkstoff eines Pflanzenschutzmittels eingesetzt werden darf, durchläuft er ein aufwendiges Genehmigungsverfahren. Nicht nur in Niedersachsen, sondern überall in Europa dürfen keine Wirkstoffe genehmigt und eingesetzt werden, die als krebserzeugend, erbgutschädigend, fortpflan

zungsschädigend oder endokrin schädlich eingestuft sind.

Für Lebensmittel aus Staaten außerhalb Europas, die andere Schädlinge bekämpfen müssen, können spezielle Rückstandshöchstgehalte für Wirkstoffe beantragt werden, wenn es keine entspre

chenden EU-Werte gibt. Die risikobasierte Bewertung hat bisher zur Ablehnung aller Anträge auf Importtoleranz geführt, weil die Verfahren in Brüssel, die Recht und Gesetz versprechen, wirksamen und größtmöglichen Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern sicherstellen.

Abschließend kann ich Ihnen empfehlen, bei weiterem Informationsbedarf das Gespräch mit unserem Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu suchen, das alle diese Anforderungen vorbildlich umsetzt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Schmädeke. - Es folgt Ihnen für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Logemann.

(Zustimmung bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Einfuhrregelungen der EU für Lebensmittel sind streng. Das wissen wir, und das ist auch richtig so. Die europäischen Bürger und Bürgerinnen verzehren Lebensmittel, die hohen Qualitätsansprüchen und Qualitätsstandards entsprechen und nicht mit Chemikalien belastet sind, die bekanntermaßen - das wurde eben schon gesagt - Krebs verursachen, das Erbgut schädigen, die Fortpflanzung beeinträchtigen oder das Hormonsystem stören.

Wir alle möchten, dass das auch bleibt. Dementsprechend waren die Informationen, über die die Tageszeitung taz und die Organisation Corporate Europe Observatory in der letzten Woche berichteten, für viele erschreckend. So setzt sich scheinbar Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner dafür

ein, dass Lebensmittel auch dann in EU-Staaten importiert werden dürfen, wenn diese gefährliche und in der EU untersagte Pestizide enthalten. So jedenfalls stand es da zu lesen.

Ohne zu sehr in die Details gehen zu wollen, geht es dabei darum, dass Grenzwerte festgelegt werden, ab denen keine gesundheitlichen Risiken bestehen. Das bedeutet aber laut Artikel der taz auch, dass in jedem Fall einzeln entschieden werden muss, ob eine bestimmte Ware importiert wird oder nicht. Im Zweifelsfall - hier kommen die Kritiker ins Spiel - bedeutet das, dass die Behörden nicht nur Futter mit den Pestiziden, sondern auch belastete Nahrungsmittel auf den Markt lassen

könnten, wenn sie unter dem Druck der Chemielobby über jede Einfuhrtoleranz einzeln entscheiden müssen.

Die SPD-Landtagsfraktion ist da sehr klar. Wir wollen, dass nur Waren ins Land kommen, die unter den Qualitätsansprüchen produziert werden, die auch hier in Europa bestehen. Das gilt natürlich auch für Pflanzenschutzmittelanwendungen. Unsere Landwirte produzieren unsere Lebensmittel unter strengsten Auflagen, die dafür sorgen, dass gesunde Lebensmittel auf unseren Tischen stehen.

Ein Import von Waren, die nicht unter diesen Auflagen hergestellt werden, würde den Wettbewerb verzerren, und unsere Landwirte würden weiter unter einem steigenden Preisdruck leiden, der dann auch noch über Importe von deutlich günstiger hergestellten Waren aus Drittstaaten käme. Zusätzlich - und absolut fatal - würden diese Importe zudem die Gesundheit unserer Verbraucherinnen und Verbraucher gefährden.

Ministerin Klöckner dementierte die Vorwürfe und erklärt, Deutschland und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft haben sich zu keiner Zeit dafür eingesetzt, Einfuhren mit solchen Pestiziden zu ermöglichen. Dieses Dementi kam allerdings einige Tage nach dem Artikel des Redakteurs der taz, Jost Maurin. Eine Anfrage zum ersten Artikel wurde bei der Pressestelle des BML gestellt.

In einem nachfassenden Artikel vom 20. Februar, also in einem zweiten Artikel, schreibt der Redakteur: „Die taz hatte zwar nicht persönlich mit Klöckner darüber sprechen können, aber auf dem üblichen Weg in der Pressestelle ihres Ministeriums angefragt.“ Ein vollkommen normales Verfahren. „Dieses bestätigte, es setze sich ‚für eine risikoorientierte Bewertung von Rückständen ein‘.“

Weiter liest man da, die aktuelle EU-Verordnung über Pestizidrückstände verbiete Einfuhrtoleranzen kategorisch, wenn das Mittel zum „Schutz der öffentlichen Gesundheit“ untersagt wurde.

Das ist Basis dafür, dass es gar keine Risikoprüfung geben darf.

Haben die taz und das Corporate Europe Observatory die Ministerin da nun falsch verstanden oder nicht? Das ist hier die Frage. Oder war die Auskunft der Pressestelle des BML eine Informationspanne? Auch das könnte man ja vielleicht unterstellen. Ich - von Haus aus Optimistin - hoffe, dass das ein Kommunikations- und Übermittlungsfehler

war. Keiner hier kann sich doch ernsthaft vorstellen, dass eine Bundeslandwirtschaftsministerin solch verheerendes Fehlverhalten an den Tag legt. Da sind wir uns doch alle gemeinsam einig. Oder?

(Beifall bei der SPD)

Auf jeden Fall kam der Aufschrei postwendend, und das ist ein gutes Zeichen. Es bleibt nichts verborgen. Die Forderung ist klar: Kein Aufweichen von Regelungen zu Rückständen oder Pestizidgrenzwerten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Keiner bei der CDU klatscht!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ebenfalls zur Aussprache erhält das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Staudte. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Logemann, es ehrt Sie ja sehr, dass Sie es quasi offen lassen, wie man das zu interpretieren hat. Für uns ist die Sachlage klar. Frau Klöckner hat versucht, die Regelungen aufzuweichen.

(Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Sie ist dann überrascht worden von dem großen Sturm der Kritik und hat versucht, es so darzustellen, als ob sie falsch verstanden worden sei. Sie hat die Unwahrheit gesagt.

Wir alle wissen: Sie ist eine Lobbyministerin der chemischen Industrie. Wenn die bei ihr vor der Tür stehen und Lockerungen wollen, dann setzt sie das auch um. Deswegen plädieren wir dafür, dass wir wirklich mal auf Bundesebene, für die Bundesregierung, für den Bundestag ein wasserdichtes Lobbyregister bekommen, damit auch mal nachvollzogen kann, wer da eigentlich ein- und ausgeht, wer die Gesetzestexte schreibt etc.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dragos Pancescu [GRÜNE]: Richtig!)

Herr Schmädeke, so wie Sie das hier dargestellt haben, fehlte eigentlich nur noch das Wort „Lügenpresse“. Ich finde, es geht überhaupt nicht, dass Sie es sozusagen so darstellen, als ob Medien hier falsch informieren würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich finde es auch wirklich sehr bedenklich, dass die Ministerin hier mehrfach gesagt hat: Nein, wir sehen hier keine Nachteile für die hiesige Landwirtschaft. - Selbstverständlich wäre es ein wahnsinniger Wettbewerbsnachteil, wenn plötzlich Produkte den Markt überfluten könnten, die zu ganz anderen Produktionsbedingungen hergestellt worden sind.

Es geht hier auch nicht nur darum, dass das bestimmte Mittel sind, die in anderen Ländern aufgrund anderer klimatischer Bedingungen zugelassen sind und hier nicht. Nein, wir haben doch die Situation, dass in ganz vielen Staaten gentechnisch manipulierte Pflanzen in großem Stil angebaut werden. Sie sind resistent gegen Pestizide, und deswegen werden Pestizide in einem ganz anderen Ausmaß als hier angewendet, was dann wiederum zur Resistenzbildung führt und zur Notwendigkeit, wieder neue und stärkere Pestizide auf den Markt zu bringen. Das ist ein Kreislauf, den wir hinterfragen müssen. Deswegen sind wir auch sehr kritisch, was gentechnische Maßnahmen und Neuerungen angeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist nicht hinzunehmen, dass Sie hier als Ministerin sagen, wir seien nicht zuständig. Man kann und muss sich politisch einsetzen, wenn solche Debatten geführt werden. Das erwarte ich. Sie können sich hier nicht einfach wegducken.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jens Na- cke [CDU] meldet sich zu einer Kurzintervention)

Vielen Dank, Frau Staudte. - Herr Kollege Nacke, Kurzinterventionen sind nach § 77 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung hier nicht zulässig.

Wir fahren jetzt fort. Das Wort zur Aussprache hat die AfD-Fraktionsvorsitzende Frau Abgeordnete Guth. Bitte!