Protocol of the Session on February 27, 2020

Wir fahren jetzt fort. Das Wort zur Aussprache hat die AfD-Fraktionsvorsitzende Frau Abgeordnete Guth. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Artikel in der taz vor einigen Tagen hat einen in der Tat zweifeln lassen, inwieweit hier noch mit offenen Karten gespielt wird.

Die Bundeslandwirtschaftsministerin forderte eine Importzulassung für Nahrungsmittel, die in der EU untersagte Pestizide enthalten, auch wenn das jetzt vonseiten der CDU anders dargestellt wird.

Danke, Frau Staudte, dass Sie das Wort schon verwendet haben, dann muss ich es nicht sagen. Es kann ja wohl nicht sein, dass die Presseberichterstattung schuld daran ist, wo doch die Presse sonst immer korrekt berichtet. Von daher halte ich das für einen zweifelhaften Einwand Herr Kollege Schmädeke.

Das Erste, was mir beim Lesen dieser Zeilen durch den Kopf schoss, war in der Tat „Freihandelsabkommen Mercosur". Das ist ein Thema, das wir hier im Landtag bereits diskutiert haben und das durchaus kontroverse Debatten angeregt hatte. Wir erinnern uns an das Mercosur-Abkommen mit vier lateinamerikanischen Staaten: Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay.

Im Plenum am 24. Oktober 2019 stand die Dringliche Anfrage der FDP „Soll die heimische Landwirtschaft ruiniert oder gestärkt werden?“ auf der Tagesordnung. Auch da war Mercosur ein Thema. Ich erlaube mir, an diese Diskussion zu erinnern. Damals fragte ich die Landesregierung nach Fleischimporten mit möglichen Medikamentenbelastungen. Die Antwort war klar und deutlich: „Auch als Verbraucherschutzministerin stehe ich klar dazu, dass bei uns nur Fleisch eingeführt werden darf, das unseren Standards gerecht wird.“ Gut so!

Ebenso gab es eine Nachfrage zu Pflanzenschutzmitteln. Es war von Wettbewerbsverzerrungen die Rede und davon, dass uns Produkte erreichen könnten, die Rückstände von Mitteln enthielten, die hier aus gutem Grund verboten seien. Dazu gab es die Antwort: „Waren müssen wirklich zu Standards ins Land kommen, die auch in unserem Land gelten.“ Klar, ganz einfach! Genauso, Frau Ministerin, und nicht anders!

Ich gestehe, dass es mich langsam etwas wütend macht, welches Spiel die Bundeslandwirtschaftsministerin hier treibt. Unsere Landwirte werden seit Jahren gegängelt und eingeschränkt: Pflanzenschutz, Düngung, Gülle, Tierhaltung, Umweltschutz, Naturschutz und, und, und. Es gibt für jeden, aber auch wirklich für jeden denkbaren Fall eine EU-Richtlinie oder eine EU-Verordnung. Kleinste Fehler können auf der einen Seite zum Verlust von Subventionen, das Einhalten des gesamten Regelwerkes auf der anderen Seite zur Betriebspleite führen.

Über das Zustandekommen der festgelegten Regelungen schweigt man sich im Elfenbeinturm aus. Grenzwerte werden willkürlich festgesetzt, Wirkstoffe werden verboten. Die wissenschaftlichen Grundlagen dafür sucht man oftmals vergeblich.

Die Umsetzung dieser Regelungen und Verordnungen ist selbstverständlich wie immer alternativlos, weil Brüssel sie festgelegt hat. Wer nicht spurt, bekommt ein Vertragsverletzungsverfahren und muss zahlen.

Nun kommt Frau Klöckner, und plötzlich soll es möglich sein, Nahrungsmittel in die EU einzuführen, die belastet sind - mit Stoffen, die laut der EUPestizidverordnung verboten sind. Jetzt auf einmal sollen mit wissenschaftlichen Gutachten Grenzwerte bestimmt werden. Warum kam das für deutsche Landwirte nicht infrage? Hier wird eine unselige Abwägung getroffen. Zu verlockend ist es, dass die EU Zugang zu dem abgeschotteten südamerikanischen Markt erhält. Die wegfallenden Zölle für Industriegüter aus Europa - geschätzte 4 Milliarden Euro - wiegen eben auch ein paar Marktnachteile für unsere Landwirte auf.

Und der Verbraucher? Nun ja, wenn es wissenschaftliche Gutachten gibt, kommt es auf ein paar Rückstände in Nahrungsmitteln auch nicht mehr an. Es geht hier um nicht weniger als um die Glaubwürdigkeit von Politik.

Ich fordere Sie hiermit ganz klar auf: Beenden Sie diese unselige Diskussion! Was für unsere Landwirte gilt, muss auch für Importe gelten. Ansonsten ist keinem Bauern mehr zu erklären, warum er sich an die Brüsseler Vorschriften halten muss.

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, es ist Ihre Bundesministerin. Handeln Sie jetzt!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Nun erhält das Wort für die FDPFraktion der Abgeordnete Grupe. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutlich geworden ist: Es wird mit zweierlei Maß gemessen. In der EU gilt eine Nulltoleranz für verschiedene Wirkstoffe, bei den Importen soll es nach Grenzwerten gehen. Von risikobasierten Grenzwerten wird gesprochen; die Kollegin Logemann hat es angeführt. In der EU sind krebserregende oder erbgutschädigende

Wirkstoffe bzw. solche, von denen man es vermutet, aus Vorsorgegründen verboten. Bei Importen - das hat Bundesministerin Klöckner ausgeführt - soll es ein wissenschaftliches Gutachten geben, das Grenzwerte bestimmt, bei denen gesundheits

schädliche Wirkungen - so hat sie wohl gesagt - praktisch ausgeschlossen werden können.

Nun haben Sie, Frau Ministerin Otte-Kinast, darauf hingewiesen, dass es da andere klimatische Verhältnisse gibt usw. Ich habe die Kirschen schon genannt. Wenn alles so gleich wäre, dann könnten wir uns ja jetzt die Pflanzenschutzmittel aus der Türkei besorgen und unsere Kirschen damit behandeln. Dann würde ja festgestellt, dass es kein gesundheitliches Risiko gibt; es wäre das Gleiche. Wir dürfen sie aber aus Vorsorgegründen hier nicht anwenden. Das ist der entscheidende Unterschied.

Entweder müssen also für Importe die gleichen restriktiven Maßnahmen gelten - das wird man aus Handelsgründen nicht durchhalten können; denn Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es manche Früchte hier gar nicht gibt usw. -, oder man muss den Nachteil, den die europäische, die deutsche Landwirtschaft hat, ausgleichen, um für unsere Landwirte überhaupt halbwegs gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb hilft eine „Bauernmilliarde“ nicht, die man einfach mal in den Raum stellt, sondern wir wollen das, was wirklich an Erschwernissen da ist, was an zusätzlichen Leistungen in der Vorsorge erbracht wird, bewertet wissen und bezahlt bekommen. Dagegen haben sich die Landwirte mit großer Mehrheit gewehrt.

Herr Schmädeke, das ist der Unterschied zu dem, was Sie hier ausgeführt haben. Wir erwarten von den deutschen und europäischen Landwirten ganz andere Leistungen.

Der Staatssekretär hat im Bundestag ausgeführt, dass nach WTO-Richtlinien gehandelt wird, dass hier handelsrechtliche Gründe den Ausschlag geben und rechtlich alles in Ordnung ist. Das bezweifelt niemand hier. Aber wir haben eben einen anderen Gesundheitsstandard. Der ist uns lieb und teuer, und der muss auch bezahlt werden. Den können wir von den Landwirten nicht kostenlos verlangen. Das hat die gesamte Mercosur-Debatte bestimmt. Deswegen können wir solche Agrarprodukte nicht hereinlassen, die noch dazu zu schweren Umweltschäden in Südamerika führen.

Wenn jetzt gleichzeitig keine Rede davon ist, wie wir das für die Landwirte ausgleichen, sondern die Bundeskanzlerin bei den Verhandlungen um die Finanzierung der Europäischen Union ausführt, dass sie nur dann bereit ist, den Satz zu erhöhen, wenn der Anteil der Agrarzahlungen reduziert wird,

dann komme ich nicht mehr mit. Es wäre noch logisch, zu sagen: Wir haben hohe Anforderungen an die Landwirtschaft. Wir müssen da Geld reinstecken, um diese Leistungen der Landwirtschaft zu bezahlen. Aber wenn man das Gegenteil macht, einerseits erhöhte Anforderungen stellt und andererseits das Geld kürzt, dann ist das eine zutiefst landwirtschaftsfeindliche Politik.

(Beifall bei der FDP)

Herr Grupe, Moment, bitte! Kollege DammannTamke hatte darum gebeten, eine Frage stellen zu können.

Gerne doch, ja.

Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Kollege, für das Zulassen dieser Zwischenfrage.

Angesichts dessen, dass die Bundesrepublik Deutschland zu den drei größten Agrarexportnationen, aber auch zu drei größten Agrarimportnationen gehört, frage ich Sie, ob Sie als Liberaler heute die internationalen Handelsabkommen im Zuge der WTO infrage stellen oder ob nicht die Bundesrepublik Deutschland unabhängig von der ohne Zweifel wichtigen Frage des Gesundheitsschutzes ein massives Interesse am internationalen Welthandel hat, insbesondere auch im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank.

Lieber Kollege Dammann-Tamke, ganz herzlichen Dank für diese Frage.

Ich habe es vielleicht nur in einem Nebensatz gesagt: Wir werden es nicht durchhalten können, die Nulltoleranz weltweit durchsetzen zu wollen. Das geht nach meiner festen Überzeugung überhaupt nicht. Das eint uns ja.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Wir nähern uns Julia Klöckner!)

- Ich habe das auch gar nicht - - -

(Zurufe von der CDU: Aha!)

- Ja. Schön, dass die CDU so aufmerksam dabei ist.

Das Entscheidende ist doch - das habe ich eben, glaube ich, sehr deutlich gesagt -: Wenn ich diese Vorsorgewerte haben will, wenn ich die Nulltoleranz haben will, wenn ich mir den Luxus leiste, Produkte zu untersuchen und auch bei nicht gesundheitsschädlichen Werten komplett zu verbieten, weil wir sie auch nicht in geringsten Dosen haben wollen, dann muss ich diejenigen, die so produzieren sollen, dafür entlohnen.

Deswegen noch einmal ganz herzlichen Dank für diese Frage, dafür, dass ich das richtigstellen konnte. Wir sind für den internationalen Handel. Wir sind für strenge Grenzwerte. Aber das, was wir darüber hinaus von der europäischen Landwirtschaft verlangen, muss bezahlt werden. Richten Sie das bitte Ihrer Bundeskanzlerin aus!

(Beifall bei der FDP - Helmut Dam- mann-Tamke [CDU]: Vielen Dank für die Klarstellung!)

Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Behandlung der Anfrage der Fraktion der AfD damit beende.

Wir kommen jetzt zu

b) Wie soll der fünften Mobilfunkgeneration in Niedersachsen zum Durchbruch verholfen

werden? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 18/5860