Protocol of the Session on February 27, 2020

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hamburg. - Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Christian Fühner das Wort. Bitte, Herr Fühner!

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich hier auch persönlich als Fan der freien Schulen outen. Ich selbst habe neun Jahre einer dieser freien Schulen besuchen dürfen und muss sagen, dass das eine sehr prägende Zeit gewesen ist.

Ich glaube, es ist richtig, dass wir unseren freien Schulen in Niedersachsen den Rücken stärken. Deswegen bin ich der FDP sehr dankbar für diesen Antrag, da wir nun das Thema und die Situation der freien Schulen auch hier auf die Tagesordnung heben können.

(Zustimmung bei der CDU)

Die freien Schulen sind ein wichtiger Bestandteil der Bildungslandschaft unseres Landes. Ich muss sagen: Mit der Zielrichtung des Antrags, lieber Herr Försterling, und vor allem auch mit den Punkten, die heute hier angeklungen sind, sind wir sehr einverstanden.

Aber ich finde, wir sollten uns zunächst einmal auf die Punkte besinnen, die aus unserer Sicht wesentlich sind. Ich will drei Punkte nennen, bei denen es darum geht, den freien Schulen den Rücken zu stärken.

Als Erstes - das ist das Wesentliche - müssen wir dabei über die Finanzierung, also über die finanzielle Ausstattung unserer freien Schulen reden. Dazu muss man sagen, dass die Finanzsituation im Moment nicht in Ordnung ist. Es gibt derzeit eine Finanzlücke, die man versucht, mit Elternbeiträgen und anderen Mitteln zu stopfen.

Wir als CDU-Fraktion werden uns in den Beratungen dafür einsetzen, dass die Finanzierung der freien Schulen, also das System um die Finanzhilfe des Landes, evaluiert und hinterfragt wird, damit wir wieder dorthin kommen, dass die freien Schulen gleichberechtigte Partner sind und eine vernünftige Finanzausstattung genießen.

Ich möchte ein Beispiel nennen, wie so etwas aussehen könnte. Wo es gut funktioniert, haben wir in Schleswig-Holstein gesehen. Im dortigen System werden die Kosten je Schüler an den öffentlichen Schulen ermittelt: Wie hoch sind die vergleichbaren Zahlungen? Was muss auch an unsere freien Schulen fließen? Diese Angaben sind um die kalkulatorischen Kosten für die Sozialversicherung zu ergänzen. Am Ende sollte eine Pauschale draufgesattelt werden - da reden wir dann über das gesamte Thema der Inklusion und über die Digitalisierung -, damit sich die freien Schulen auch in diesen Bereichen Investitionen leisten können.

Das ist ein, wie ich finde, kluges und durchdachtes System, um den freien Schulen finanziellen Spielraum zu bieten. Das wäre ein erster Ansatz, auf dem wir in den weiteren Beratungen aufbauen und den wir vielleicht als Beispiel oder Vorbild wählen könnten.

Der zweite Punkt, der wichtig ist und den wir in dieser Legislaturperiode schon häufiger diskutiert haben, ist die personellen Ausstattung unserer freien Schulen. Wir müssen darauf achten, dass auch unsere freien Schulen Lehrpersonal in ausreichender Zahl haben und dass wir insbesondere auch den Austausch mit den Landesbeamten - wo Landesbeamte im Dienst freier Schulen stehen - erhalten. Ich bin ein großer Fan einer Förderung dieses Austauschs, aber er wird nur dann funktionieren, wenn er planbar ist und wenn die Landesbeamten, die an einer freien Schule tätig sind, auch eine Perspektive haben. Deswegen müssen wir unseren freien Schulen beim Personal sehr deutlich den Rücken stärken.

(Beifall bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein dritter Punkt: Angesichts des Sammelsuriums an Maßnahmen, das die FDP vorgeschlagen hat,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sammelsu- rium?)

müssen wir genau hinschauen, wie die rechtlichen Vorschriften zu gleichwertigen Regelungen berücksichtigt werden können. Wenn ein fairer Wettbewerb bestehen soll, müssen für freie und öffentliche Schulen die gleichen rechtlichen Maßgaben gelten, ohne dass die eingeräumte Privatschulfreiheit infrage gestellt wird.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die freien Schulen sind Vermittler gesamtgesellschaftlicher Fragestellungen. Sie sorgen für Bildungsvielfalt und vor allen Dingen für eine gute Bildung unserer Schülerinnen und Schüler. Sie sind keine Konkurrenz zu unserem Bildungssystem - oder, wie Frau Hamburg es nannte, eine „Exklusivveranstaltung“ -, sondern eine wichtige Ergänzung dazu.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Wir als CDU-Fraktion schätzen die Arbeit der freien Schulen. Sie haben einen Mehrwert für unser Bildungssystem. Wir werden uns im Rahmen der Beratung auf Grundlage dieses Antrags weiterhin für ihre Stärkung einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Fühner. - Für die AfDFraktion hat sich der Kollege Rykena zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

„Die verfassungsrechtlich garantierte Privatschulfreiheit verpflichtet den Staat, private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen zu fördern und in ihrem Bestand zu schützen.“

Dies führte der Landesrechnungshof in seinem Bericht 2015 über die Finanzhilfe von Schulen in freier Trägerschaft aus.

In diesem Bericht beklagte der Rechnungshof einen umfangreichen Mangel bei der Einhaltung der grundgesetzlichen Vorgaben für den Betrieb der Schulen in privater Trägerschaft. Er monierte,

„dass sich die Landesschulbehörde im Rahmen der Genehmigungsverfahren keine schuleigenen Lehrpläne der Ersatzschulen vorlegen ließ.“ Weiterhin stellte man fest, dass „für unterrichtliche Zwecke vielfach Personal ohne eine dem Lehramt angemessene pädagogische Ausbildung“ eingesetzt würden, und stellte insgesamt die Einhaltung der grundgesetzlichen Vorgabe einer gleichwertigen Qualifikation der Lehrkräfte infrage. Auch bei der Einhaltung des Sonderungsverbotes der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern stellte der Rechnungshof Verstöße fest.

Inwiefern sich die Ergebnisse des Landesrechnungshofs verallgemeinern lassen, ist schwer zu beurteilen, da es sich lediglich um eine Stichprobe von elf allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft handelte. Aus dem Bericht geht auch nicht hervor, ob die Schulen zufällig oder nach bestimmten Kriterien ausgewählt wurden.

Zumindest könnte man aus diesem Bericht aber gegensätzliche Schlussfolgerungen ziehen. Die eine wäre, zu sagen: Es sind böse und geldgierige Privatschulen, die schlecht mit den Lehrern und Schülern umgehen. Die andere ist: Die Finanzhilfe des Landes für Schulen in privater Trägerschaft ist nicht ausreichend, um den hohen grundgesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Nach einem weiteren Bericht des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2017, in dem anhand einer eigenen Modellüberrechnung überhöhte Zuschüsse bei der Finanzhilfe für Sachkosten moniert wurden, wurde im Kultusministerium die eben schon angesprochene Arbeitsgruppe Finanzhilfe eingerichtet. In dieser Arbeitsgruppe waren auch Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen und des Verbandes Deutscher Privatschulen beteiligt. Auch hier zeigten sich deutliche Differenzen zwischen den Vertretern der Schulen und dem Kultusministerium, was die Interpretation der Ergebnisse des Landesrechnungshofs betrifft. Dies ging so weit, dass die Privatschulvertreter darauf bestanden, dass die im Bericht aufgeführten Ergebnisse als alleinige Stellungnahme der Landesregierung anzusehen seien.

Vor diesem Hintergrund sehen wir viele interessante Ansatzpunkte im vorliegenden Antrag und würden gern eine ausführliche Beratung des Themas im Ausschuss erleben - was sich bereits andeutet. Neben der Landesregierung sollten dabei auch die Vertreter der privaten Schulen zu Wort kommen. Anscheinend ist es der FDP vergönnt, dass man in diesem Gremium mit ihrem Antrag etwas großzü

giger umgeht, als das bei unseren Anträgen der Fall ist. Wir sind in jedem Fall auf die Beratungen im Ausschuss gespannt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rykena.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Somit beenden wir die erste Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Kultusausschuss sein, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dem so folgen möchte, bitte ich um Handzeichen. - Gegenprobe? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Klimaschutz endlich auch im Bundesverkehrswegeplan berücksichtigen! Bedarfsplanüberprüfung jetzt! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/5863

Zur Einbringung hat sich der Kollege Schulz-Hendel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesverkehrswegeplan 2030 weckte bei einigen große Hoffnungen, als er damals im Jahr 2016 von der GroKo im Bund beschlossen wurde. Im Ergebnis bleibt aber festzustellen, dass wir es auch in Niedersachsen mit einem überdimensionierten Straßenbauprogramm zu tun haben, welches unsere Verkehrs- und Stauprobleme nicht lösen wird.

(Zustimmung von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Es ist eine Menge seit Ausstellung des Bundesverkehrswegeplans passiert. Dazu gehören in Niedersachsen die ökologisch und ökonomisch unsinnigen Straßenbauprojekte wie die A 20, die A 39, die A 33 Nord oder auch die Bundesfernstraßen B 65, B 210, B 212 und B 213.

Ich freue mich übrigens, dass der Verkehrsminister auch hier ist - oder nicht hier ist.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Der ist nicht selbst hier! Wo ist er denn? - Zuruf von Dirk Toepffer [CDU] - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Dem ist das un- angenehm!)

All diese beispielhaft aufgeführten Projekte im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans haben eines gemeinsam: Sie führen zu steigenden Treibhausgasen und zu höheren Schadstoffemissionen, sie erhöhen den Flächen- und Landschaftsverbrauch massiv, und sie sind aufgrund von Kostenexplosionen weder umweltpolitisch noch volkswirtschaftlich zu vertreten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Autobahnneubauten wie die der A 20, der A 39, der A 33 Nord haben bei genauer Betrachtung einen schlechten NutzenKosten-Wert. Allein die Kosten für die A 39 liegen nach dem jetzigen Stand mittlerweile bei sage und schreibe 1,6 Milliarden Euro. Für die A 20 liegen sie bei rund 3,2 Milliarden Euro; hier kommen noch mindestens 1,5 Milliarden Euro für die Elbquerung hinzu. Ein Ende dieser Kostenspirale nach oben ist nicht absehbar. Auch für die geplante B 210 neu bei Aurich gehen Experten mittlerweile von 256 Millionen Euro für rund 26 km aus. Dabei sind auch hier Teuerungsraten noch gar nicht berücksichtigt.

Das sind nur drei Beispiele dafür, dass die NutzenKosten-Rechnungen für alle Straßenbaumaßnahmen in Niedersachsen, die sich im vordringlichen Bedarf befinden, dringend korrigiert werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das betrifft die Frage der Baukosten, der Berücksichtigung der Planungskosten, des negativen Nutzens für die Landwirtschaft, aber auch der Monetarisierung der Eingriffe in Natur und Landschaft. Wir sollten hier in Niedersachsen die Realitäten endlich anerkennen.