Protocol of the Session on February 27, 2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das betrifft die Frage der Baukosten, der Berücksichtigung der Planungskosten, des negativen Nutzens für die Landwirtschaft, aber auch der Monetarisierung der Eingriffe in Natur und Landschaft. Wir sollten hier in Niedersachsen die Realitäten endlich anerkennen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Genau!)

Der Bundesverkehrswegeplan ist ein Relikt einer veralteten Denkweise. In den letzten fünf Jahren haben sich Veränderungen ergeben, die eine Bedarfsplanüberprüfung auf breiter Ebene erfordern, und zwar eine, die sich an den Klimazielen von

Paris und dem Klimapaket der Bundesregierung ebenso orientiert wie an den volkswirtschaftlichen Kosten für gestiegene Lohn-, Energie- und Materialpreise.

Diese Landesregierung wäre seit ihrem Amtsantritt in der Pflicht gewesen, die Emissionsbelastungen, den Flächenverbrauch sowie Eingriffe in den Wasser- und Naturhaushalt nachzurechnen. Das haben Sie, Herr Minister Althusmann, nicht getan. Denn das Ergebnis hätte die negative Bilanz der steigenden Emissionen und des dramatischen Versiegelungseffekts bestärkt.

Gerade deshalb ist es so wichtig, dass Niedersachsen jetzt bei der verpflichtenden Bedarfsplanüberprüfung im Bundesverkehrsministerium darauf drängt, dass angesichts des Klimanotfalls in Europa alle Fakten Bestandteil einer Überprüfung werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie, Herr Minister Althusmann, sind jetzt gefordert, Ihren Kollegen, Minister Scheuer, aufzufordern, alle Kriterien und Unzulänglichkeiten bei der Bedarfsplanüberprüfung entsprechend zu korrigieren.

Bis das geschehen ist, erwarten wir von der Landesregierung in Absprache mit der Bundesregierung ein Planungsmoratorium für alle geplanten Straßenneubauten in Niedersachsen, die im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgeführt sind.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Ist klar! - Gegenruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist wichtig!)

- Herr Toepffer, zu Ihnen komme ich gleich noch!

(Dirk Toepffer [CDU]: Ich habe gar nichts gesagt! - Ulf Thiele [CDU]: Das war ich! Ich sitze dahinter!)

Außerdem erwarten wir eine erneute Prüfung der Alternativen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie den Klimaschutz ernst nehmen und nicht nur darüber reden wollen, muss das Ergebnis eine Neuausrichtung des Bundesverkehrswegeplans sein. Wir brauchen einen Bundesverkehrswegeplan, der dem Klimaschutz, dem Gesundheitsschutz und der Unfallvermeidung dient. Der Bundesverkehrswegeplan muss ein Mobilitätsplan werden, der angesichts des Klimanotfalls eine Verkehrswende auch in Niedersachsen in den Vordergrund rückt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Genau!)

Die für die Autobahn- sowie Bundesfernstraßenneubauten in Niedersachsen eingeplanten Milliarden müssen endlich in nachhaltige Verkehrsprojekte fließen. Dazu zählen verstärkte Investitionen in die Bahn und in den Regionalbahnverkehr ebenso wie, bei Bedarf, der Ausbau bereits bestehender Verkehrswege. Als Beispiel sei hier der vollständige Ausbau der Bundesstraße 4 zu einer 2+1-Straße genannt. Dies wäre eine wirklich überzeugende Alternative zum Neubau der A 39.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Doch bevor der Eindruck entsteht, wir lehnten alles im Bundesverkehrswegeplan pauschal ab, kann ich Sie beruhigen: Dem ist nicht so. Wir begrüßen beispielsweise den Ersatzneubau der Schleuse in Scharnebeck, die Realisierung des Schienenprojektes Alpha-E zwischen Hamburg, Bremen und Hannover sowie den Ausbau der Bahnstrecke Hannover–Bielefeld im Bestand. Auch die Inbetriebnahme stillgelegter Bahnstrecken in Niedersachsen könnte eine gute Alternative sein.

Herr Minister Althusmann, die verpflichtende Bedarfsplanüberprüfung gibt Ihnen die Chance, mit einer starken Initiative aus Niedersachsen auf die Bundesregierung einzuwirken, mit einer Neuausrichtung des Bundesverkehrswegeplans eine echte Mobilitätswende einzuleiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich fordere Sie auf: Nutzen Sie diese Chance! Zeigen Sie Verantwortung, und beenden Sie endlich Ihre verkehrspolitische Geisterfahrt in Niedersachsen!

Herr Toepffer, jetzt komme ich zu Ihnen: Sie haben uns hier neulich im Plenum erzählt, Sie hätten schon Klimaschutz gemacht, bevor es die Grünen überhaupt gegeben hat.

(Dirk Toepffer [CDU]: Stimmt!)

Wenn Sie das wirklich so meinen, wie Sie es gesagt haben, dann haben Sie jetzt mit unserem Antrag die Chance, das zu beweisen, indem Sie ihn unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dirk Toe- pffer [CDU]: Wenn ich jetzt mitmache, beweise ich, dass ich es schon früher gemacht habe?)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Für die AfD-Fraktion hat der Kollege Stefan Henze das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Was für ein populistischer Antrag! Erster Absatz:

„Der Landtag stellt fest:

Die Klimakrise anzuerkennen, erfordert, vor allem im Verkehrssektor … konsequentes Handeln und … eine Neustrukturierung der Planungs- und Baubehörden im Straßensektor zur Stärkung“

- wovon? -

„des Radverkehrs.“

Genau! Demnächst fahren alle nur noch grüne Fahrräder; über die Zulassung weiterer Farben entscheidet der Generalsekretär des ZK.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Oh, oh, oh!)

Zweiter Absatz:

„Das Europarlament und auch zahlreiche Kommunen haben den Klimanotstand ausgerufen.“

Na ja, da sind die Klimahysteriker unter sich.

Etwas weiter unten heißt es:

„die … geplanten Bundesfernstraßenprojekte A 20, A 39, A 33 Nord, B 210, B 212, B 213 (E 233) und B 65 unter Einhaltung des Klimaschutzzieles von mindestens

- gemeint: CO2-Einsparung -

„bis 2030 zu prüfen.“

Dann kommt es:

„... in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium die weiteren Planungen für die Straßenneubau- und Ausbauprojekte des vordringlichen Bedarfs in Niedersachsen einzustellen...“

Hier wird die Vernichtung unser Infrastruktur und damit unserer Wirtschaft gefordert - nicht mehr und nicht weniger!

(Wiard Siebels [SPD]: Was? - Eva Viehoff [GRÜNE] lacht)

Aber spitze ist der folgende Satz:

„Der Bundesverkehrswegeplan darf nicht weiter dem veralteten Primat der Straße und des Autoverkehrs dienen …“

Meine Damen und Herren, hier kommt grün angemalter Kommunismus zum Vorschein.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir werden nicht zulassen, dass Sie die Grundlagen unserer Wirtschaft und unseres Wohlstandes schleifen. Darauf können Sie sich verlassen.

Vielen Dank.