Sie haben einen Kandidaten zum Schein aufgestellt, um unser demokratisches System zu verhöhnen und zu chaotisieren.
Das ist neu. Bisher mussten wir von Ihrer Seite von verschiedenen Ebenen nur mit verbalen Angriffen rechnen. Jetzt geht es aber um taktische und durch und durch destruktive Angriffe. Das ist umso gefährlicher.
Wenn Sie jetzt auch noch in Niedersachsen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD, diesen hinterlistigen Akt von Herrn Höcke als taktisch klugen Schachzug bezeichnen, dann zeigt das Ihre wahren Absichten. Und es zeigt vor allem eines, nämlich wer der wahre Führer Ihrer Partei ist.
(Beifall bei der FDP, bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zu- ruf von der AfD: Das ist der Spruch des Tages!)
Der Historiker Reitzenstein wurde in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen gefragt, ob es nicht Parallelen zum Verhalten der NSDAP 1932 und - - -
Einen Moment, bitte, Herr Grascha! - Sehr geehrte Herren von der AfD, Sie fordern hier stets ein, dass Ihren Rednern und Ihrer Rednerin zugehört wird. Und dies fordere ich nun auch von Ihnen ein.
Der Historiker Reitzenstein wurde in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen gefragt, ob es nicht Parallelen zum Verhalten der NSDAP 1932 im Reichstag und der AfD im Thüringer Landtag
„Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren.“
Reitzenstein sagte dann weiter, dass dieses Aushebeln des demokratisch-parlamentarischen Systems mit dessen rechtsstaatlichen Mitteln eine ähnliche Obstruktion hat wie die Vorgänge in Erfurt.
Was heißt das aber jetzt im Klartext? - Im Klartext heißt das: Die AfD bedient sich des gleichen Werkzeugkastens wie Joseph Goebbels. Das darf eine wehrhafte Demokratie nicht durchgehen lassen!
(Beifall bei der FDP, bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Klaus Wichmann [AfD]: Wo ist da die Verhältnismäßigkeit?)
Die eigentliche Frage ist aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: Was können wir aus der Geschichte lernen? - Der Historiker Reitzenstein verweist hier auf die Fehler von Weimar, nämlich dass sich die Parteien der demokratischen Mitte zerfleischt haben, statt deutlich gemeinsam gegen rechts außen und links außen zu kämpfen.
Es ist unsere Pflicht als Demokraten, uns in dieser Grundsatzfrage nicht auseinanderdividieren zu lassen. Damit würden wir nur das Spiel der Rechtsextremisten, der AfD, mitspielen.
Deswegen haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass der Innenminister Boris Pistorius Drohungen, Gewalt gegenüber unseren Parteimitgliedern und Beschädigungen unserer Büros klar und deutlich verurteilt hat. Dafür möchte ich mich bedanken.
Ganz anders hat sich leider der Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil, eingelassen, der meiner Partei abgesprochen hat, eine Partei der Mitte zu sein.
Auch der Niedersächsische Ministerpräsident, Herr Weil, mischt hier kräftig mit. Kein Wort zu den Gewalttaten gegenüber unseren Parteimitgliedern! Stattdessen wirft er einer gesamten Partei pauschal Charakterlosigkeit vor. Das, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ist eines Ministerpräsidenten nicht würdig.
Die Aufgabe, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für unsere Demokratie ist so groß, dass wir nicht der Versuchung erliegen dürfen, parteipolitisches Klein-Klein zu machen und kurzfristiges Kapital schlagen zu wollen. Damit schaden wir letzten Endes uns allen. Der Wert der parlamentarischen Demokratie ist für unser Land größer als die Partikularinteressen einzelner demokratischer Parteien oder einzelner Politiker.
Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns unsere Kräfte nicht damit verschwenden, uns in dieser Frage untereinander auseinanderzusetzen und aneinander abzuarbeiten, sondern lassen Sie uns die Kräfte bündeln, lassen Sie uns gemeinsam für unsere Demokratie kämpfen!
Vielen Dank. - Es folgt nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Limburg. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Versuch der AfD-Fraktion, ein Ablenkungsmanöver zu starten, ist - das kann man wohl gerade nach der Rede von Herrn Grascha feststellen - fehlgeschlagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Was macht denn parlamentarische Demokratie aus? - Zur parlamentarischen Demokratie gehören formal korrekte Verfahren. Darauf haben Sie hingewiesen. Natürlich ist Herr Thomas Kemmerich in einem äußerlich formal korrekten Verfahren zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt worden.
Aber Demokratie ist viel mehr als das. Zur Demokratie gehört Transparenz. Zur Demokratie gehören Offenheit, Klarheit, Wahrheit, Ehrlichkeit. Zur Demokratie gehören Gewaltenteilung und ein starker Rechtsstaat. Wenn man einen Kandidaten für ein demokratisches Verfahren vorschlägt, dann gehört dazu, dass man ihn selbstverständlich auch wählt und ihn nicht, wie es die AfD getan hat, feixend mit null Stimmen nach Hause gehen lässt und heimlich, still und leise einen anderen wählt.
Wenn es der AfD wirklich darum gegangen wäre, eine konstruktive Regierung unter Führung von Herrn Kemmerich in Thüringen zu etablieren, dann hätte sie ohne Probleme ihren Kandidaten zurückziehen können. Sie hätten vor der Wahl ankündigen können, dass Sie Herrn Kemmerich zum Ministerpräsidenten wählen wollen,
Herr Grascha hat das völlig zu Recht dargestellt. Es ging Ihnen nicht um Demokratie. Es ging Ihnen darum, die parlamentarische Demokratie verächtlich und lächerlich zu machen. Das ist nicht nur an jenem Mittwoch unterstrichen worden. Das ist noch viel deutlicher geworden, als Ihr Bundestagsfraktionsvorsitzender, Herr Gauland, kurz danach angekündigt hat, dass Sie dann beim nächsten Mal den Linken Bodo Ramelow mitwählen werden, wohlgemerkt den Ministerpräsidenten, von dem Sie vorher monatelang erzählt haben, dass Sie alles tun wollen, um ihn aus dem Amt zu jagen.