Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.
Um uns den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie wie gewohnt, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen wollen.
a) Was tut die Landesregierung, damit die Energie- und Klimaforschung in Niedersachsen nicht „substanziell geschwächt“ wird? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen -
Was tut die Landesregierung, damit die Energie- und Klimaforschung in Niedersachsen nicht „substanziell geschwächt“ wird?
„Die Bundesregierung will drastisch bei der Energieforschung kürzen und hat damit große Besorgnis in Niedersachsen ausgelöst. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat beschlossen, Forschungsgelder für erneuerbare Energien ab 2021 um 90 Prozent zu reduzieren. Im kommenden Jahr etwa stehen damit statt wie bisher geplant 105 Millionen Euro nur noch 10,4 Millionen Euro zur Verfügung. … In Niedersachsen sind etwa das Zentrum für Windenergieforschung ForWind der Unis Oldenburg, Hannover und Bremen und das in Hameln ansässige Institut für Solarenergieforschung (ISFH) betroffen.“
„Nach Ansicht von Rolf Brendel vom ISFH werden die Kürzungen bereits 2020 zu massiven Problemen führen. ‚Wichtige neue Forschungsprojekte werden nicht starten können, und in den Folgejahren wird die deutsche Energieforschung substanziell geschwächt‘, erklärte Brendel, der auch Sprecher des Forschungsverbundes erneuerbare Energien (FVEE) ist. ‚Man kann davon ausgehen, dass man fast keine Förderung im nächsten Jahr bekommen kann‘, sagte ForWind-Geschäftsführer Stephan Barth. In Berlin sei etwas ‚schiefgelaufen‘. Das müsse unbedingt korrigiert werden.“
Wissenschaftsminister Björn Thümler hat nach eigenen Angaben einen Brief an seinen Parteifreund Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier geschrieben, der in Hannover als Urheber der Kürzungen angesehen wird:
„Die Energieforschungseinrichtungen in Niedersachsen müssten mit einer ‚erheblichen reduzierten Bewilligungsquote‘ ihrer neu beantragten Projekte rechnen. ‚Das kann durchaus existenzielle Folgen haben‘,“
„Laufende Forschungsarbeiten an für die Energiewende äußerst relevanten Themen wie Wind- und Solarenergie könnten in der Folge stagnieren.“
Laut Vorberichterstattung zur Kabinettsklausur der Landesregierung werden in Niedersachsen Haushaltsüberschüsse in Milliardenhöhe erwartet. Der Finanzminister plane, die erwarteten Haushaltsüberschüsse in Klimaschutz und Schuldenabbau zu stecken, so berichtete die NOZ am 15. Januar 2020:
„Obwohl sich die wirtschaftlichen Erwartungen eintrübten, gehe das Finanzministerium wegen hoher Steuereinnahmen von einem Überschuss von mehr als einer Milliarde Euro aus, teilte ein Sprecher am Mittwoch in Hannover mit. … Ausgeben will Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) das Geld bevorzugt für den Klimaschutz und den Abbau von Altschulden.“
1. Welche Universitäten und universitätsunabhängigen Forschungseinrichtungen in Niedersachsen sind von den geplanten Kürzungen in welcher Höhe betroffen?
2. Wird das Land die Kürzungen der Großen Koalition des Bundes mit eigenen Mitteln kompensieren, um eine substanzielle Schwächung der Energieforschung in Niedersachsen zu vermeiden?
3. Wie viel Geld soll aus den Haushaltsüberschüssen des Landes für welche Maßnahmen für Energiewende, Energieforschung und Klimaschutz
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat die Änderungen im Etat des Bundeswirtschaftsministeriums Ende
letzten Jahres beschlossen. Die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen für die Förderung der Energieforschung wurden damit abgesenkt. Diesen Beschluss des Bundestages, der sich in dieser Form vorher nicht abgezeichnet hatte, habe ich mit Unverständnis und Besorgnis zur Kenntnis genommen.
schung von 105 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro, also um 90 %, gekürzt. Dies bedeutet, dass viele üblicherweise mehrjährige Forschungsprojekte in diesem Jahr nicht bewilligt und nicht begonnen werden können. Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind den Betroffenen leider erst kürzlich deutlich geworden, als die Entscheidung schon gefallen war und keine Möglichkeit zu einer Intervention mehr vorhanden war.
Die Kürzung der Bundesmittel wird sich aller Voraussicht nach auf die niedersächsische Energieforschung auswirken. Insbesondere im Bereich der Wind- und Solarenergieforschung nimmt Niedersachsen mit dem Zentrum für Windenergieforschung ForWind der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen und dem Institut für Solarenergieforschung in Hameln eine nationale und europäische Spitzenposition ein. Ein beachtlicher Teil der Projektfördermittel kommt dabei traditionell vom Bundeswirtschaftsministerium. Um dies zu veranschaulichen: Allein in den letzten fünf Jahren haben ForWind rund 82 Millionen Euro und das ISFH rund 38 Millionen Euro Fördermittel beim Bundeswirtschaftsministerium eingeworben.
Für den Erfolg der Energiewende sind die Kürzungen kontraproduktiv, und angesichts der aktuellen Klimadebatte sind sie das völlig falsche Signal.
Die angewandte Energieforschung hat in den vergangenen Jahren entscheidend dazu beigetragen, dass wir heute Strom aus Wind und Sonne für 4 bis 6 ct/kWh erzeugen können und die erneuerbaren Energien auf der ganzen Welt zu einer dominierenden Energiequelle werden.
Meine Damen und Herren, für den Erfolg der Energiewende brauchen wir eine starke Energieforschung. Deshalb habe ich mich - unmittelbar nachdem ich Kenntnis von den Kürzungen erhalten hatte - mit einem Schreiben an meinen Kollegen Peter Altmaier im Bundeswirtschaftsministerium gewandt und auch an weitere Bundespolitiker appelliert. Spätestens zum Bundeshaushalt 2021 müssen diese Kürzungen korrigiert werden.
Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Niedersachsen - und in ganz Deutschland - betroffen, deren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Energieforschungs
Dies sind insbesondere die Mitgliedshochschulen des Energie-Forschungszentrums Niedersachsen, also die Universitäten in Braunschweig, Clausthal, Göttingen, Hannover und Oldenburg, sowie das Institut für Solarenergieforschung in Hameln, das OFFIS und das DLR-Institut für vernetzte Energiesysteme in Oldenburg - um nur einige Beispiele zu nennen.
In welcher Höhe die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Niedersachsen von den Kürzungen betroffen sind, kann heute nicht beziffert werden, da es ja um künftige Projektanträge geht. So viel kann ich aber sagen: In den letzten fünf Jahren haben die niedersächsischen Forschungseinrichtungen insgesamt rund 211 Millionen Euro beim Bundeswirtschaftsministerium eingeworben. Im Schnitt sind das rund 42 Millionen Euro pro Jahr.
Zu Frage 2: Das Land Niedersachsen unterstützt die Energieforschung seit Jahren mit erheblichen finanziellen Mitteln, was durch die Spitzenposition Niedersachsens in der Wind-, Solar- und Energiesystemforschung zum Ausdruck kommt. Allein in den vergangenen fünf Jahren haben wir Projekte in der Energieforschung mit weit über 50 Millionen Euro gefördert: ungefähr 53 Millionen aus dem VW-Vorab, 16 Millionen Euro EFRE-Mittel und 9 Millionen Euro eigene Haushaltsmittel - zusammen ca. 77 Millionen Euro.
Ich kann Ihnen versichern: Wir werden auch weiterhin an der Seite unserer Forschungseinrichtungen stehen.
In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass wir gerade die Zielvereinbarungen mit diesen Einrichtungen unterzeichnet haben und auf den Weg bringen, in denen konkrete Ziele zur Energieforschung in Niedersachsen festgelegt sind.
Nichtsdestoweniger stellt eine Kompensation der Bundesmittel in dieser Höhe das Land Niedersachsen vor eine kaum zu lösende Herausforderung. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir spätestens ab 2022 wieder eine Erhöhung der Projektförderung des Bundes für die Energieforschung erwirken werden. Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, auch für 2021 eine Abfederung des Problems herbeizuführen.
Zu Frage 3: Nach Informationen des Niedersächsischen Finanzministeriums werden die Arbeiten für den Soll-Jahresabschluss 2019 des Landes aktuell
durchgeführt und bis in den April 2020 andauern. Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keine verbindliche Aussage darüber getroffen werden, wofür ein Haushaltsüberschuss verwendet werden soll.
Im Falle gesetzgeberisch umzusetzender Maßnahmen schließt die konkrete Verwendung des Überschusses selbstverständlich die Parlamentsbeteiligung ein.
In diesem Kontext berät die Landesregierung derzeit intensiv, inwieweit für Maßnahmen, die den Klimaschutz adressieren, zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Zur Erarbeitung eines solchen Maßnahmenprogramms hat die Niedersächsische Landesregierung Anfang 2020 eigens einen Lenkungsausschuss Klima eingerichtet. Ein erstes Maßnahmenpaket zum Klimaschutz, welches kurzfristig in die Umsetzung gehen soll, wird im ersten Halbjahr 2020 vorgelegt. Ich bin mir sicher, dass auch die Fragen von Forschung und insbesondere Energieforschung in die Arbeit des Lenkungsausschusses einfließen werden.