Danke sehr, Kollege Zinke. - Für die AfD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Christopher Emden zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kriminelle Familienclans haben Parallelgesellschaften ausgebildet, die unseren ethischmoralischen Überzeugungen und unseren Gesetzen diametral entgegenstehen. Mitglieder von kriminellen Familienclans halten sich nicht bloß nicht an unsere Gesetze, sondern verhöhnen diese sogar, wie sie auch unsere Institutionen verhöhnen.
Wir müssen den kriminellen Familienclans endlich mit aller Geschlossenheit, Entschlossenheit und Härte entgegentreten. Das ist viel zu lange verabsäumt worden. So sind die kriminellen Familienclans inzwischen zu einem anschaulichen Beispiel dafür geworden, was passiert, wenn die Politik die Augen vor den Problemen verschließt, die zwangsläufig mit der Migration einer großen Zahl von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammenhängen.
Die Umtriebe der kriminellen Familienclans haben nämlich jahrelang nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten aus der Angst, die Bürger auf dieses Beispiel einer völlig gescheiterten Integration aufmerksam zu machen und damit Ressentiments gegenüber Migranten zu befördern.
Sehr geehrte Damen und Herren, wo sind wir eigentlich hingekommen, wenn die Angst vor Kritik an der Migrationspolitik wichtiger ist als die effektive Bekämpfung einer in hohem Maße organisierten Kriminalität, wie sie bei den kriminellen Familienclans vorkommt?
Erst durch diese Tabuisierung konnten sich die kriminellen Familienclans zu der Bedrohung entwickeln, die sie heute sind, und das weitgehend ungehemmt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann zu der vorherrschenden Migrationspolitik stehen, wie man will. Man darf sich jedoch keinesfalls in die Tasche lügen, dass mit dieser Migrationspolitik keine Probleme einhergehen.
Das Problem der kriminellen Familienclans ist inzwischen so groß, dass wir mehr brauchen als die neu geschaffenen Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Wir müssen auch erwägen, Gesetze zu verschärfen, um auch damit zu verdeutlichen, dass wir diese Umtriebe nicht länger dulden. Dazu gehört - der Kollege Schünemann hat das schon ganz kurz angesprochen - ganz maßgeblich auch
die Abschiebung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wer hier gegen Gesetze verstößt, der gehört dann abgeschoben. Abschieben ist ein ganz scharfes Schwert für die betroffenen Personen - in den meisten Fällen viel schärfer als eine vorübergehende Haft oder gar nur das Zahlen einer gewissen Geldstrafe.
Ein anderer ganz wichtiger Punkt ist das Austrocknen dieser Strukturen, sehr geehrte Damen und Herren. Es kommt eben darauf an, dass diese Menschen merken, dass sie mit ihren Machenschaften keine Gewinne mehr erwirtschaften können. Wir müssen also wirklich nachdrücklich dafür sorgen, dass dieser ganze Sumpf trockengelegt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die AfD wird dazu demnächst einen umfassenden Antrag vorlegen.
Danke, Herr Emden. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Kollege Helge Limburg zu Wort gemeldet.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Emden, Ihre Simplifizierungen, Pauschalisierungen und Vereinfachungen werden der Komplexität und auch der Schwere des Problems bei Weitem nicht gerecht. Wenn Sie hier so tun, als sei einzig eine Migrationspolitik schuld an den Kriminalitätsproblemen, die wir in Deutschland erleben, dann ist das sachlich schlicht falsch.
Wenn Sie behaupten, dass Abschiebepolitik als wesentlicher Beitrag das Problem lösen kann, dann verkennen Sie, dass hier vielfach Straftaten von deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern begangen werden, die aus gutem Grunde seit 1945 aus Deutschland nicht mehr abgeschoben werden können. Das muss auch in Zukunft so bleiben.
Die Institutionen dieses Staates haben es jedenfalls nicht verdient, in einer solchen Weise vermeintlich verteidigt zu werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich bin sehr froh über den recht ausgewogenen und sachlichen Tonfall in dieser Debatte. Es ist schon am Rande gesagt worden, aber ich möchte es noch einmal betonen: Wir müssen mit den Mitteln der Kriminalitätsbekämpfung, des Strafrechts, mit polizeilichen Mitteln, mit Vermögensabschöpfungsmitteln diesem Phänomen der kriminellen Clans begegnen, ohne gleichzeitig in eine pauschale Stigmatisierung etwa jedes Angehörigen solcher Familien zu gelangen. Wir müssen den Spagat schaffen, dass wir Strukturen bekämpfen - selbstverständlich auch mit repressiven Mitteln; das muss in dieser Dimension der Fall sein -, ohne dass jede einzelne Person, die einen bestimmten Namen trägt oder Ähnliches, unter Generalverdacht steht.
Das ist die Herausforderung für den sozialen demokratischen Rechtsstaat. Für diese Herausforderung müssen wir unsere Institutionen ertüchtigen und ausreichend mit personellen und sachlichen Mitteln ausstatten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es standen jetzt nachvollziehbarerweise Repression und polizeiliche Mittel im Vordergrund. Ich möchte aber den einen Halbsatz, den Herr Schünemann und auch Herr Zinke am Ende hatten, noch einmal stärker betonen.
Wenn wir über das Strafrecht und über Repression reden, dann reden wir immer über das Ende der Kette, nämlich darüber, dass sich bereits Strukturen gebildet haben, dass sich kriminelle Strukturen verfestigt haben, dass Menschen Kriminalität als wesentliche Lebensgrundlage ansehen. Wir als Gesellschaft müssen doch viel früher ansetzen. Wir müssen verhindern, dass Kinder in einem Wertesystem aufwachsen und quasi das Gefühl haben: Entscheidend ist nur, was unserem Vermögensvorteil dient. Die Rechtsordnung interessiert uns nicht!
Wir müssen Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen so ertüchtigen, dass Kinder mit demokratischen und rechtsstaatlichen Werten aufwachsen und nicht mit anderen. Das muss doch unsere Aufgabe sein, weil wir als Rechtsstaat um jede einzelne Person kämpfen und ringen müssen, sie für uns zu gewinnen und sie nicht zu verlieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Zustimmung bin ich doch recht skeptisch, was die Forderung nach einer Strafrechtsverschärfung angeht.
Zunächst zum Bereich der Vermögensabschöpfung: Sie ist in der Tat - das ist angesprochen worden - erst 2017 verschärft worden. Das finden wir ausdrücklich richtig. Jetzt muss das aber auch umgesetzt werden. Berlin - das ist erwähnt worden - hat das vorgemacht. Das muss doch in Deutschland und auch in Niedersachsen Standard werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wer Immobilien, Autos und Ähnliches aus zweifelhaftem Vermögen erwirbt, dem müssen sie schlichtweg weggenommen werden. Das ist fast noch wirksamer als jedes Gerichtsurteil oder jede andere Strafe.
Man kann manchmal auch international lernen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Situation der Republik Irland in den 90er-Jahren, als Irland im Zangengriff verschiedener Clans war - übrigens durchaus mit irischem Hintergrund. Irland ist es erst dann wirksam gelungen, diese clan- und mafiaähnlichen Strukturen zu bekämpfen, als die Verfassung geändert und das Recht der Vermögensabschöpfung deutlich verschärft wurde. Das hat innerhalb weniger Jahre zum Austrocknen dieses Sumpfes geführt. Das ist ein ganz wichtiger und zentraler Baustein, den wir hier bedenken müssen.
Dann wird gefordert, den Bedrohungstatbestand zu verschärfen. Ich kann das mit Blick auf die Beispiele, die Sie genannt haben, Frau Justizministerin, ja auch nachvollziehen. Solche Beispiele kennen wir. Natürlich wirken sie bedrohlich, sie sollen ja auch bedrohlich wirken. Aber wir müssen schon aufpassen, dass wir mit einer Verschärfung des Strafrechts nicht auf einmal Dinge unter Strafe stellen, die wir eigentlich nicht gemeint haben. Wenn verbale Auseinandersetzungen auf Schulhöfen und Aussagen wie „Ich weiß, wo du wohnst“ und „Ich weiß, wo deine Mutter wohnt“ auf einmal unter einen scharfen Strafrechtstatbestand fallen, obwohl wir damit eigentlich die Clans bekämpfen wollen, dann erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen. Wir erreichen Stigmatisierung und frühzeitige Kriminalisierung. Insofern sind hier Augenmaß und Maß gefragt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Und - Herr Dr. Genthe hat es angesprochen - wir können auch nicht, weil wir Clans zu Recht bekämpfen wollen, die Passwörter von faktisch allen Nutzerinnen und Nutzern in Deutschland unsicherer machen und sie der Gefahr aussetzen, ausge
Zum Abschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich finde es wichtig, dass wir auch einmal schauen, welche Gesetze wir eigentlich haben. Wir haben den sogenannten Stalking-Paragrafen der Nachstellung. Der kann natürlich auch schon greifen, wenn penetrant mit dem Auto vor der Privatwohnung oder dem Wohnsitz der Familie herumgefahren wird. Wir haben - das gerät oft in Vergessenheit - das Gewaltschutzgesetz. Zugegeben: Das ist damals vor allem für Fälle von häuslicher Gewalt gemacht worden. Aber wir haben mittlerweile auch andere Anwendungsfälle. Natürlich kann das Gewaltschutzgesetz auch in solchen Fällen greifen, Grenzen aufzeigen und im Zweifel übrigens auch zu Haftstrafen führen, wenn gezogene Grenzen dann nicht eingehalten werden.
Wir sollten, bevor wir über Strafrechtsverschärfung diskutieren, zunächst die Durchsetzung geltenden Rechts effektivieren.
Vielen Dank, Herr Limburg. - Abschließend erhält jetzt die Justizministerin Frau Barbara Havliza das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist uns allen - das ist ja klar - ein wichtiges Anliegen, kriminelle Strukturen zu bekämpfen und die Bevölkerung vor Straftaten zu schützen. Dabei steht für die Landesregierung die Bekämpfung krimineller Clanstrukturen ganz besonders im Fokus, auch aus aktuellen Anlässen.
Kennzeichnend für das Phänomen der Clankriminalität ist u. a. der hohe Abschottungsgrad dieser Gruppierungen und dieser Familienstrukturen, die durch ethnische Zugehörigkeit geprägt sind. Ihr hohes Mobilisierungs- und Aggressionspotenzial sowie die Ablehnung unserer Gesetze und Normen stellen eine besondere Gefahr dar, der es dringend entgegenzutreten gilt.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage schon zu diesem frühen Zeitpunkt gestatten. Der frühe Zeitpunkt kommt zustande, weil Sie eingangs gesagt haben: Ich schicke vorweg, dass das einen hohen Stellenwert bei der Landesregierung hat.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Kollegen Zinke, der gesagt hat, die SPD-Fraktion hätte sich durchaus vorstellen können, dass die Regierung selbst die Stärkung der Bekämpfung der Clankriminalität in den Haushalt der Regierung mitaufgenommen hätte, dies aber nicht geschehen sei, frage ich Sie, warum das denn nicht geschehen ist und ob der Stellenwert denn wirklich so hoch ist, angesichts dessen, dass erst die Fraktionen die Stärkung der Bekämpfung der Clankriminalität durch ihre Anträge ermöglicht haben und nicht die Regierung selbst das in ihrem Regierungsentwurf entsprechend vorgelegt hat.
Herr Dr. Birkner, wie Sie sich vielleicht vorstellen können, ist es nicht ausschließlich durch neue Stellen möglich, bestimmte Dinge in den Fokus zu nehmen, sondern man kann auch erst einmal planen, bestimmte neue Schwerpunkte durch Umorganisieren innerhalb der Behörden zu setzen und den Fokus darauf zu lenken. Wenn man dann bemerkt, dass das vielleicht mit einer besseren personellen Ausstattung verbunden sein sollte, und die Fraktionen einem da den Rücken stärken - dafür bin ich dankbar - und man noch zusätzliche Stellen bekommt, dann kann man doch nur dankbar sein. Ich finde, das kann man gar nicht schlechtreden.