Protocol of the Session on December 18, 2019

halt ebenfalls sieben zusätzliche Stellen beschließen. 2017 ist das Recht angepasst worden. Ob das ausreicht, muss auch evaluiert werden.

Meine Damen und Herren, wer in unser Land kommt, dem muss von Anfang an klar sein: Hier gilt nicht das Recht der Familie, sondern das Recht des Staates. Wer sich nicht daran hält, muss dieses Land wieder verlassen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Aus aktuellem Anlass sage ich Ihnen: Das muss auch heißen „abgeschoben bleibt abgeschoben“. Wir müssen Konsequenzen aus dem Fall Ibrahim Miri ziehen. Der Staat darf sich doch nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Deshalb bin ich dem Bundesinnenminister wirklich dankbar für seine Initiative auf der Innenministerkonferenz, auf der er gesagt hat: Verstöße gegen Einreiseverbote müssen im Aufenthaltsrecht zukünftig ein eigenständiger Haftgrund sein. - Auch das ist eine richtige Botschaft.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Fazit: kein Generalverdacht gegen ausländische Familienstrukturen. Wer sich wieder auf den rechtsstaatlichen Weg begeben will, dem müssen wir Angebote machen. Aber bei kriminellen Clanfamilien muss gelten: null Toleranz und 100 % Rechtsstaat. - Das muss heute Morgen unsere Botschaft sein.

Vielen herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie hätten auch etwas zum Urheberrecht sagen kön- nen! - Helge Limburg [GRÜNE]: Auch das gehört zum Rechtsstaat!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schünemann. - Für die FDP-Fraktion erhält das Wort nun Herr Dr. Marco Genthe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen grundsätzlich das Vorhaben, Hasskriminalität entschlossener entgegenzutreten und eine Verschärfung des Bedrohungstatbestandes zu erreichen.

Der aktuelle Gesetzentwurf aus Berlin muss allerdings fachlich noch einmal in verschiedenen Richtungen überarbeitet werden, insbesondere was verschlüsselte Passwörter betrifft. Das geht so auf jeden Fall noch nicht.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Auch wir sind der Meinung, dass Übergriffe und Einschüchterungsversuche gegen Polizeibeamte und andere Amts- oder Mandatsträger nicht geduldet werden dürfen. Jeder hier lebende Mensch hat sich an unsere Gesetze zu halten und ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Kriminelle Clans wollen unseren Rechtsstaat offensichtlich durchbrechen, um bei ihren kriminellen Machenschaften ungestört zu sein.

Wir als FDP-Fraktion haben daher schon vor einem guten Jahr den Entschließungsantrag „Konsequentes Vorgehen gegen Familienclans“ eingebracht. Erst, meine Damen und Herren, waren Sie dagegen. Jetzt fangen Sie an, ihn in Teilen umzusetzen. Wir begrüßen das.

Herr Kollege Schünemann, bitte erinnern Sie sich! Sie waren zunächst gegen Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Wir als FDP-Fraktion mussten Sie erst mithilfe zweier Rechtsprofessoren davon überzeugen, dass die Einrichtung solcher Schwerpunktstaatsanwaltschaften überhaupt möglich ist. Sich jetzt dafür abzufeiern, ist schon ein Stück weit lächerlich.

(Beifall bei der FDP)

Die Clanfamilien wollen neben unserem Rechtsstaat existieren und diesen bewusst hintergehen. Dazu sind ihnen viele Mittel recht. Ein solches Vorgehen darf auf keinen Fall geduldet werden, meine Damen und Herren. Polizisten schlagen immer öfter Hass, Beleidigungen und Gewalt entgegen. Immer öfter wird ihre Arbeit durch einen Mangel an Respekt erschwert, durch mangelnden Respekt vor dem Gesetz, aber auch vor den Menschen, die es vertreten. Im Übrigen sind davon nicht nur Polizisten, sondern auch andere Vollstreckungsbeamte betroffen.

Viel zu lange wird schon die Entwicklung der Clankriminalität auf die leichte Schulter genommen. Man hätte bereits vor Jahren damit beginnen müssen, dem Phänomen entgegenzuwirken. Dass sich etwas ändern muss, ist folglich schon seit vielen Jahren klar.

Ich erinnere nur an den sogenannten Ampelmordprozess aus dem Jahr 2013. Am Ende musste für den beteiligten Richter und auch für den Staatsanwalt Personenschutz angeordnet werden. Selbst im Ruhestand musste der Richter noch unter Personenschutz gestellt werden. Mit einem Großaufgebot unternahm die Polizei eine Gefährderansprache bei der betroffenen Großfamilie. Der damalige Präsident des Landgerichtes Hildesheim sprach von einer nie da gewesenen Bedrohung von Zeugen und Prozessbeteiligten. Meine Damen und Herren von der CDU, das war 2013. Die Landesregierung hätte also längst reagieren können.

(Beifall bei der FDP)

Man muss auch daran erinnern, dass in Niedersachsen die gleiche Große Koalition regiert wie in Berlin. Dass sich die Fraktion der CDU in Hannover nun darüber beschwert, dass die CDU-Justizministerin in Berlin nichts erreicht, meine Damen und Herren, ist schon ein Stück weit skurril.

(Uwe Schünemann [CDU]: Eine CDU- Justizministerin in Berlin? - Jens Na- cke [CDU]: Sie wissen schon, dass Frau Lambrecht der SPD angehört?)

Verschärfungen von Strafvorschriften sind natürlich nur dann der richtige Weg, wenn auch die Umsetzung vollumfänglich vorgenommen wird. Also: Das Gesamtkonzept muss passen. Soll heißen, dass es genügend Polizeibeamte geben muss, die die Straftaten verfolgen, genügend Staatsanwälte, die den Sachverhalt aufklären und anklagen, und genügend Richter, die zeitnah ein Verfahren durchführen können. Es müssen genügend Haftplätze und ausreichend Personal in den Justizvollzugsanstalten vorhanden sein. Nur wenn auch diese Bedingungen erfüllt sind, macht eine Strafverschärfung Sinn. Ansonsten läuft sie schlicht und ergreifend ins Leere.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, in der deutschen Strafgesetzgebung fanden etwa seit den 1990er-Jahren beinahe ausnahmslos Verschärfungen und Ausweitungen statt. Dabei wurden sowohl bestehende Strafvorschriften verschärft als auch neue Strafvorschriften geschaffen.

Die Ausweitungen beschränken sich dabei nicht nur auf das im Strafgesetzbuch niedergelegte klassische Kernstrafrecht. Es fanden darüber hinaus vielmehr auch immer wieder weitergehende Ausuferungen des sogenannten Nebenstrafrechts statt, was dazu geführt hat, dass heutzutage sämt

liche Lebensbereiche strafrechtlich „durchsetzt“ sind.

Daher drängt sich der Verdacht auf, dass der Gesetzgeber das Strafrecht oft auch medienwirksam als Allheilmittel dazu nutzen möchte, um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Hinzu kommt, dass der Erlass einer Strafvorschrift erst einmal den Eindruck erweckt, der Gesetzgeber kümmere sich um das Problem, was den Staat aber zunächst einmal nichts koste. Jedenfalls unmittelbar wird durch den Erlass einer Strafvorschrift der öffentliche Haushalt nicht belastet.

Meine Damen und Herren, wir hoffen inständig, dass das Vorhaben eine Gesamtbetrachtung erfährt und nicht einfach nur eine Verschärfung herbeigeredet wird, die am Ende nichts bringt. Im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für 2020 findet eine praktische Umsetzung jedenfalls noch nicht statt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Dr. Genthe. - Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Sebastian Zinke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über Clankriminalität oder Clanstrukturen in Niedersachsen reden, müssen wir meiner Meinung nach drei Dinge voranstellen.

Erstens. Die Regeln, nach denen wir in diesem Land zusammenleben, werden nicht von einzelnen Clanmitgliedern, Clanchefs oder Familien gemacht, sondern die Regeln in diesem Land - das, was gilt, und das, was nicht gilt - werden hier in den Parlamenten entschieden und sonst von niemandem, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Die Durchsetzung des Rechts obliegt dem Staat. Die Regierung und ihre nachgeordneten Bereiche wie Polizei, Staatsanwaltschaften, aber auch die Kommunen, Landkreise, Finanz-, Sozial- und Arbeitsverwaltung exekutieren Recht in unserem Land. Nicht selbsternannte Friedensrichter entscheiden, ob Recht richtig angewandt wurde, sondern unsere Gerichte mit ihren unabhängigen Richterinnen und Richtern. Der Staat hat das

Gewaltmonopol inne und sonst niemand, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Drittens. Wer versucht, Teile dieses Staates oder seine Repräsentanten oder auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzugreifen oder einzuschüchtern, legt sich nicht nur mit Einzelpersonen an, sondern mit dem Staat als Gesamtheit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Staates - aller staatlichen Ebenen - haben unsere uneingeschränkte Solidarität.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Die Vorkommnisse zeigen auf, mit welchen Schwierigkeiten wir es bei der Bekämpfung von kriminellen Clanstrukturen in unserem Land zu tun haben. Clankriminalität - das ist eben schon deutlich geworden - ist letztlich Teil organisierter Kriminalität. Es ist für Ermittlungsbehörden besonders schwierig, die Strukturen, die sich dahinter befinden, ausfindig zu machen und zu ermitteln. Die Ermittler müssen einzelnen Personen einzelne Tatbeiträge zu konkreten Straftaten nachweisen; und zwar gerichtsfest, was der Aussage von Zeugen bedarf, die von diesen Strukturen auch beeinflusst und eingeschüchtert werden.

Die Landesregierung, das Innenministerium und die Polizei haben daher früh reagiert und eine Landesrahmenkonzeption zur Bekämpfung von Clankriminalität auf den Weg gebracht. Wir sind als eines der ersten Bundesländer in der Lage, ein Lagebild darzustellen. Daraus ergeben sich meiner Meinung nach drei Handlungsfelder, in denen wir als Politik die Bekämpfung der Clankriminalität unterstützen müssen:

Erstens. Wir müssen das Personal und die Zuständigkeiten anpassen. Denn für diese schwierige Ermittlungsarbeit bei Polizei und Staatsanwaltschaften werden entsprechende Ressourcen benötigt, um diese schwierigen Strukturermittlungen durchzuführen. Daher sind die 18 Stellen - das ist schon erwähnt worden - der richtige Schritt. Wir hätten uns auch vorstellen können, dass die Landesregierung das schon in ihrem Entwurf vorgesehen hätte.

Aber wir sehen: Es ist gut, dass der Haushalt im Landtag beraten wird und die Regierungsfraktionen ihren Teil dazu beitragen konnten.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Und die Versäumnisse der Regierung ausbü- geln!)

Die Ministerin kann das jetzt in der dargestellten Weise umsetzen.

Wir haben zweitens aber auch schon etwas anderes gemacht: Wir haben den Personalkörper der Polizei angepasst. Der Innenminister hat ein Konzept vorgestellt, wie die Organisationsstrukturen in der Polizei in den nächsten Jahren so angepasst werden, dass in jeder einzelnen Polizeiinspektion eine ständige Ermittlungsgruppe mit dieser Thematik befasst wird. Die Zuständigkeiten in den Zentralen Kriminalinspektionen sind angepasst worden. Auch die neuen Verfügungseinheiten werden bei operativen Maßnahmen und Durchsuchungen unterstützend tätig werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun drittens dazu, welches Recht angepasst werden muss. Wie schon erwähnt, ist der Bereich der Vermögensabschöpfung ganz wichtig. Wir müssen uns anschauen, ob wir eine verfassungsrechtlich zulässige Variante der Beweislastumkehr hinbekommen und ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, bei Immobiliengeschäften ein Vorkaufsrecht auszuüben.

Letztlich ist an dieser Stelle auch die Integrationspolitik gefragt. Denn wer nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt rechtschaffen zu bestreiten, der ist anfällig, in kriminelle Strukturen zu geraten.

Meine Damen und Herren, wir haben einen starken Staat, der lernfähig und in der Lage ist, sich immer wieder neu anzupassen, um unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Und das ist eine gute Nachricht.

Vielen Dank.