Protocol of the Session on November 20, 2019

3. Welche Strategien verfolgt die Landesregierung, um die Region Ostfriesland kurz-, mittel- und langfristig zu stabilisieren?

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Eilers. - Die Antwort der Landesregierung folgt sofort. Herr Dr. Althusmann, bitte sehr!

(Unruhe)

- Und ich darf um Ruhe bitten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Niedersächsische Landesregierung steht fest an der Seite Ostfrieslands. Dies haben uns die gestrige Regierungserklärung zur Zukunft der Windenergie und die Aussprache im Landtag sehr deutlich gezeigt.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nein!)

Uns allen, denke ich, gehen die Sorgen und Nöte der Beschäftigten und ihrer Familien von Enercon und der Zulieferbetriebe sehr nahe. Die umgehenden Gespräche des Ministerpräsidenten, von Minister Lies und auch von mir vor Ort in Aurich und auch in Hannover zeigen, wie wichtig uns diese ist. Wir werden mit der Task Force unter dem Dach des Wirtschaftsministeriums jetzt ausloten, welche Maßnahmen wir sowohl für die Betroffenen vor Ort als auch für die Beschäftigungssicherung und Beschäftigungsperspektiven ergreifen können.

Darüber hinaus geht es auch um die mögliche Neuansiedlung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Eine dieser Hoffnungen konnte nicht erfüllt werden. Die Niedersächsische Landesregierung bemüht sich bereits seit einigen Jahren - im Übrigen überhaupt nicht unentdeckt - verstärkt um eine Tesla-Ansiedlung. In dieser Zeit gab es immer wieder Nachrichten, dass das Unternehmen einen geeigneten Standort für eine Gigafabrik in Europa sucht. Erst in diesem Jahr wurde die Suche des Unternehmens nach einem Standort konkreter. Das Unternehmen hat sich für eine Ansiedlung in Berlin-Brandenburg entschieden.

Diese Entscheidung bedaure ich für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen sehr. Schließlich hat Niedersachsen als weltweite Topregion der Automobilwirtschaft sehr viel zu bieten: eine gute Lage im europäischen Verkehrsnetz samt Hafen

anbindung, eine dynamische Forschungslandschaft und erneuerbare Energien vor der Haustür.

Mit Dörpen und Emden hatten wir zwei hervorragende Standorte in der Entscheidungsphase, die aus meiner Sicht hervorragend gepasst hätten. Tesla hatte ganz speziell diese beiden niedersächsischen Standorte in die engere Auswahl genommen. Kurz - ich betone: kurz - vor der Verkündung der Standortentscheidung von Elon Musk am 12. November sind wir von Tesla informiert worden, dass Niedersachsen nicht zum Zuge gekommen ist. Es wurde uns auch mitgeteilt, dass die niedersächsischen Standorte bis zum Schluss, bis zum 12. November, im Rennen waren.

(Christian Grascha [FDP]: Davon können wir uns aber auch nichts kau- fen!)

Hinsichtlich der Entscheidungsgründe erhielten wir die Information, dass die Standortanforderungen u. a. im Hinblick auf die Größe der Fläche und auf die multimodale Anbindung im rein internen Entscheidungsprozess noch einmal erweitert wurden. Wir haben in dieser Endphase leider keine Gelegenheit bekommen, unsere Angebote noch einmal nachzuschärfen.

Wichtig ist mir nun, dass wir weiter in Kontakt mit Tesla bleiben. Falls das Unternehmen nämlich in der Zukunft nach weiteren Standorten sucht, werden wir intensiv für unsere niedersächsischen Standorte werben und uns einbringen.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Dringliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Was hat die Landesregierung konkret für oder gegen eine mögliche Ansiedlung der Gigafabrik von Tesla in und für Niedersachsen unternommen?

Die Niedersächsische Landesregierung war bereits seit einigen Jahren in Kontakt mit dem Unternehmen Tesla, um für Niedersachsen als Investitionsstandort zu werben. Bereits 2016 gab es erste persönliche Kontakte der Landesregierung mit Tesla im Rahmen einer Delegationsreise des Ministerpräsidenten. Weitere Kontakte folgten. Ich selbst habe mich im letzten Jahr an Tesla gewandt und für Niedersachsen geworben. Tesla wurden zudem umfangreiche Informationen über Niedersachsen und ein konkretes Standortexposé zur Verfügung gestellt.

Diese Bemühungen haben letztendlich dazu geführt, dass Tesla beim konkreten Start der Stand

ortsuche in diesem Jahr auch Niedersachsen in die engere Wahl genommen hat. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschaftsministerium und den regionalen Wirtschaftsförderungen, die auch eingebunden waren, wurden in kürzester Zeit gute Standortvorschläge erarbeitet. Die Standorte in Dörpen und in Emden erfüllten beide die Anforderungen, die Tesla zum damaligen Zeitpunkt gestellt hatte. Im Rahmen einer Bereisung hat sich ein Team von Tesla zudem in Dörpen von den guten Standortbedingungen überzeugen können. Eine Bereisung des Standorts Emden war Tesla aus zeitlichen Gründen leider nicht möglich.

Nun, da die Entscheidung gefallen ist, sollten wir unseren Blick nach vorne richten. Wir werden weiter mit Tesla Kontakt halten und werden dabei weiterhin unsere niedersächsischen Potenziale für eine mögliche Ansiedlung in der Zukunft vermarkten.

Zu Frage 2: Wie beurteilt die Landesregierung ihr Verhalten in Bezug auf das Stillschweigeabkommen mit Tesla und die möglichen Auswirkungen auf die Standortentscheidung für Brandenburg?

Aus Sicht der Landesregierung sind im Zusammenhang mit der Standortsuche des Unternehmens von unserer Seite keine Informationen öffentlich gemacht worden, die für gewöhnlich einer Vertraulichkeitserklärung unterliegen. Dafür spricht im Übrigen auch, dass Niedersachsen bis zuletzt im Rennen um einen neuen Standort war.

Im Zusammenhang mit der möglichen Ansiedlung einer Gigafabrik in Deutschland ist das Wirtschaftsministerium am 12. November 2019, also unmittelbar bevor Elon Musk den neuen Standort in Berlin-Brandenburg öffentlich bekannt gab, von Tesla informiert worden, dass Niedersachsen bei der geplanten Ansiedlung leider nicht zum Zuge kommen werde.

Die Auswahlkriterien für den neuen Standort wurden von Tesla in der finalen Entscheidungsphase noch einmal ausgeweitet. Inzwischen ist klar, dass weitere wichtige Kriterien besonders bedeutsam waren: die Nähe zu einem Großflughafen und das Einzugsgebiet der Millionenmetropole Berlin mit seinen besonderen Angeboten. Das kann Niedersachsen an beiden geprüften Standorten in der Form bekanntlich nicht bieten.

Tesla lobte uns gegenüber ausdrücklich die niedersächsischen Vorschläge und die Betreuung während der Standortsuche durch die örtlichen Kommunalvertreter und das niedersächsische

Wirtschaftsministerium; es war sogar die Planungsbehörde in Oldenburg mit eingebunden. Wir versuchen daher, den guten Kontakt zu Tesla auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.

Zu Frage 3: Welche Strategien verfolgt die Landesregierung, um die Region Ostfriesland kurz-, mittel- und langfristig zu stabilisieren?

Ostfriesland mit den Landkreisen Leer, Aurich und Wittmund sowie der Stadt Emden besitzt schon seit langer Zeit ein ausgefeiltes Instrumentarium von Netzwerken und regionalen Strategien. Hierzu zählen beispielsweise die „Regionale Strategie zur intelligenten Spezialisierung“ der Arbeitsgemeinschaft der Landkreise und kreisfreien Städte in Weser-Ems, die Regionale Handlungsstrategie, welche das dortige Amt für Regionale Landesentwicklung zusammen mit den Akteuren aus Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft erarbeitet hat, sowie die Ems-Achse, die JadeBay, das Maritime Kompetenzzentrum (MARIKO) und etliche LEADER-Gruppen, um nur einige der zahlreichen Netzwerke in der Region zu nennen.

So sind allein aus dem Wirtschaftsministerium in den vergangenen zwei Jahren in rund 100 verschiedene Projekte und Maßnahmen fast 20 Millionen Euro aus EFRE, ESF und GRW-Förderung nach Ostfriesland geflossen.

Ostfriesland ist auch eine der wichtigsten Tourismusregionen des Landes. Insbesondere für die Ostfriesischen Inseln ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig. Im Rahmen seiner Tourismusprogramme bietet das Wirtschaftsministerium Fördermöglichkeiten für Projekte gezielt in Ostfriesland, insbesondere in den Bereichen Natur, Kultur und Gesundheitstourismus. Mit dem Förderangebot sollen die Weiterentwicklung und die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der touristischen Angebote unterstützt werden.

Zwei aktuelle und sich derzeit in der Umsetzung befindende Beispiele für geförderte Tourismusprojekte sind die Nationalparkpromenade in NordenNorddeich und die Entwicklung eines nachhaltigen Lebensraumkonzepts für die Insel Norderney.

Ein weiteres wichtiges Projekt möchte ich beispielhaft für die Region Ostfriesland nennen. Hierbei geht es um die langfristige Unterstützung des Schienenverkehrs in der Region. Mit der Umsetzung des Projekts „Wunderline“ soll die grenzüberschreitende Anbindung an die Niederlande gezielt verbessert werden.

Um eine schnellere und komfortablere Verbindung zwischen den beiden Städten Bremen und Groningen zu ermöglichen, soll die Strecke in zwei Ausbaustufen ausgebaut werden. Das Land ist maßgeblich an den Planungen und der Sicherstellung der Finanzierung aus Mitteln des Länderbudgets für Ausbau- und Verbesserungsmaßnahmen im SPNV im Rahmen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Deutscher Bahn beteiligt.

In dem Zusammenhang steht auch das erhebliche Interesse der Landesregierung an der Wiederherstellung der Friesenbrücke. Um eine schnelle Umsetzung zu ermöglichen, hat das Land der DB Netz AG zur Vorfinanzierung der Planungen und ersten Realisierungsschritte einen Betrag von 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, der später aus den Zuschüssen des Bundes an die Deutsche Bahn refinanziert wird. Außerdem beteiligt sich das Land an den Mehrkosten für die Drehbrücke mit einem Zuschuss von 5 Millionen Euro.

Auch im Bereich Straße sind wir aktiv. Wir stärken die vorhandene Infrastruktur und sorgen damit für verbesserte Voraussetzungen in der Region.

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der Bau der Küstenautobahn A 20. Mit der A 20 rücken die niedersächsischen Seehäfen näher zusammen. Dadurch entsteht eine leistungsfähige Hinterlandanbindung.

Von ebenfalls hoher Bedeutung für die Erschließung des gesamten ostfriesischen Raumes sind die Ortsumgehung Aurich sowie der Autobahnzubringer Aurich–Riepe im Zuge der B 210 zu nennen. Südlich von Emden ist die B 210n derzeit bereits im Bau.

Meine Damen und Herren, all diese Aktivitäten und Strategien werden vom Land intensiv begleitet, unterstützt und in vielen Fällen sogar mit initiiert. Dies zeigt, wie groß und thematisch umfangreich die Unterstützung der Landesregierung für diese Region schon jetzt ausfällt.

Ich freue mich, Ihnen heute ein weiteres Beispiel dafür nennen zu können: Wir wollen das Start-upZentrum „Zukunft Emden GmbH“ fördern. Dies ist aus regionalpolitischer Sicht ausdrücklich unterstützenswert. Ostfriesland, seine Bürgerinnen und Bürger sowie seine Wirtschaft stehen vor wahrlich großen Herausforderungen. Den damit einhergehenden Strukturwandel wird das Land begleiten und die regionalen Akteure unterstützen, einen

Plan für die Region zu erarbeiten. Die Förderung des Start-up-Zentrums ist ein erster Schritt.

Ostfriesland ist gut aufgestellt, was nicht heißt, dass es nicht noch besser aufgestellt werden muss, gerade vor dem Hintergrund des sich andeutenden Strukturwandels. Dazu, dass Ostfriesland gut aufgestellt ist, hat die Unterstützung des Landes in der Vergangenheit maßgeblich beigetragen. Auch zukünftig werden wir Krisen und derartige Strukturwandelprozesse engstens begleiten. Auch in der Zukunft werden wir Ostfriesland ausreichend unterstützen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Althusmann.

Wir treten jetzt in die Fragerunde ein. Erster Fragesteller ist der Kollege Stefan Henze für die Fraktion der AfD. Bitte sehr!

Ich frage die Landesregierung: Gab es gegenüber Tesla die Zusage von Landesmitteln für den Fall, dass es zu einer Ansiedlung kommt?

Danke schön. - Herr Minister!

Es gab keinerlei Zusagen. Uns ist auch nicht bekannt, ob es derartige Zusagen in Brandenburg gegeben hat.

Danke schön. - Die nächste Frage stellt Kollege Bode für die FDP-Fraktion. Bitte sehr!

Ich hoffe, ich habe die richtige Frage für die Antwortlisten, die hier schon herumgereicht werden.