Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staudte, das ist der gleiche Fall. Wir werden zunächst klären müssen: Welche Länder haben eigentlich welche Daten geliefert? Selbst wenn das Geologiedatengesetz noch nicht zur Verfügung steht, brauchen wir die Antwort, welche Länder welche Daten geliefert haben. Das muss der erste Schritt sein, um aus unserer Sicht auch fachlich mit unseren Behörden zu prüfen, ob alle verfügbaren Daten geliefert wurden oder ob es Interventionen gibt, bestimmte Daten nicht zu lie
Das Geologiedatengesetz schafft diese Transparenz. Selbst wenn es im Moment noch nicht da ist, müssen wir sicherstellen, dass alle Daten geliefert werden. Das wird ebenfalls Teil der Fragestellung an den Bund sein. Auch da werden wir weiterhin Druck machen müssen immer mit dem klaren Signal: Ihr zerstört heute einen erfolgreichen Prozess, für den wir in Verantwortung stehen, wenn ihr nicht sicherstellt, dass genau diese Daten geliefert werden.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Minister, Sie verwendete vorhin die Formulierung, dass ein Verlust von Kompetenzen innerhalb des Entscheidungszeitraums der nächsten Jahre zu befürchten sein könnte. Ist dies Ihre Formulierung dafür, dass in Deutschland ein Grundforschungswissensbestand auf allen Feldern der Nukleartechnik weiter erhalten werden muss?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wirtz, ja, wir brauchen diese Kompetenzen. Wir brauchen sie übrigens auch für die vor uns liegenden Aufgaben, z. B. für den Rückbau der noch vorhandenen Kernkraftwerke.
Ich möchte noch einmal betonen: Es war eine absolut richtige und wichtige Entscheidung, konsequent aus der Kernenergie auszusteigen.
Wer sieht, welche Herausforderungen die Endlagerung darstellt, muss das Signal an die anderen Staaten senden: Wenn diese Frage nicht geklärt ist, ist es unverantwortlich, überhaupt den Betrieb auf Dauer so, wie es jetzt in anderen Ländern geplant ist, fortzusetzen.
Wir brauchen die Kompetenz. Die Zeiträume, über die ich spreche, sind sehr lang. Ich habe von 2050 gesprochen, wenn das Endlager bestenfalls in Betrieb gehen kann; das ist ein optimistisches Szenario. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Kompetenzen so lange erhalten. Wenn wir in den nächsten Jahren nichts machen würden, werden wir niemanden finden, der in diesem Bereich ein Studium beginnt und sich qualifiziert, weil er gar keine Herausforderungen und keine Möglichkeiten in der Arbeitswelt sieht. Wir kommen nicht darum herum, uns zu bemühen, auch junge Leute für ein Thema zu gewinnen und zu begeistern, das scheinbar zunächst wenig attraktiv ist. Wir brauchen deren Kompetenz, um die Herausforderungen überhaupt zu lösen.
Danke schön, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion kommt die erste Zusatzfrage von Herrn Kollegen Bäumer. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss zugeben: Die Veranstaltung am Montag hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen, weil doch relativ viel Misstrauen im Raume war.
Vor dem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Welche konkreten Schritte außerhalb des Geodatengesetzes sind erforderlich, damit die notwendige und von allen akzeptierte Transparenz wirklich hergestellt werden kann?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bäumer, der erste Schritt ist, ein wirklich nachvollziehbares Verfahren auch vernünftig einzuhalten.
Wir sind in der ersten Linie, auf die dritte Quartalsentscheidung im nächsten Jahr Ausschlüsse zu definieren. Das muss ein erster sauberer Schritt sein, bei dem wir informieren, wie das Verfahren ist und auf welcher Grundlage entschieden werden soll, um nach dieser Entscheidung und den Vorschlägen in einem zweiten Schritt zu sagen, was Grundlage dieser Entscheidung war. So setzt sich das fort.
Meine Sorge ist - deswegen habe ich das gesagt; das war an dem Abend auch zu spüren -: Der größte Teil derer, die da waren, sind diejenigen, die sich schon in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten intensiv an dieser Frage beteiligt haben. Das ist erst einmal gut so. Entscheidend wird aber sein, auch diejenigen an dem Prozess zu beteiligen, die morgen, in 10, 15 oder 20 Jahren in gesellschaftlicher oder sonstiger Verantwortung stehen und die Entscheidung mittragen. Die müssen wir einbinden.
Unser gemeinsames Anliegen ist - das ist mir an dem Montag noch mal aufgefallen -, dass wir uns nicht nur Gedanken darüber machen, sondern ein Verfahren für eine breite Beteiligung der Gesellschaft auch umsetzen. Nur wenn wir breit beteiligen, haben wir die Chance, Informationen transparent zu vermitteln. Dann erst haben wir überhaupt die Chance, dass die Entscheidung auf Akzeptanz stößt.
Ich glaube, dass der gut angelegte Prozess des BfE und der BGE richtig ist. Er wird aber nicht ausreichen. Spätestens wenn klar ist, dass in den Ländern tatsächlich die Möglichkeit besteht, ein Endlager einzurichten, müssen wir sehr viel konkreter und konsequenter versuchen, eine Beteiligung bei uns im Land auf den Weg zu bringen - wir wissen, dass wir irgendwie auf dieser Karte vertreten sein werden - und in den nächsten 10, 15 Jahre konsequent durchzuhalten.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund, dass die Debatte um die Endlagerthematik in der Bundesrepublik Deutschland sehr emotional geführt wird - ich erinnere mich an Wackersdorf und Gorleben mit großen Ausschreitungen, mit einem riesigen Polizeiaufgebot und mit großen Bürgerprotesten -, haben wir bei der Reise nach Finnland festgestellt, dass die Akzeptanz der Finnen für dieses Projekt enorm hoch ist. Darum muss man die berechtigte Frage stellen: Fehlt in Finnland möglicherweise eine kritische Öffentlichkeit?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bosse, die Frage ist berechtigt. Man muss zwei Dinge berücksichtigen.
Zum einen haben sich Finnland und die Finnen festgelegt, weiterhin Kernenergie zu betreiben. Das heißt, sie gehen mit dem Thema ein bisschen anders um als wir, weil sie für sich entschieden haben: Kernenergie ist Teil unserer Zukunft. Sie begründen das übrigens auch damit, dass sie Kernenergie als Antwort auf die Klimaschutzherausforderungen sehen. Zum Glück geben wir in Deutschland eine andere Antwort darauf; das soll kein Vorwurf an die Finnen sein. Aber sie begründen das damit und gehen anders mit dieser Frage um.
Zum anderen wurde in den Gesprächen ein hohes Maß an Vertrauen in staatliches Handeln deutlich. Man muss dazu sagen: Gerade bei dem Thema Endlagerung gibt es in Deutschland zu Recht ein hohes Maß an Misstrauen in staatliches Handeln, wenn wir betrachten, wie wir mit der Asse verfahren sind und wie die Standortentscheidung zu Gorleben zustande gekommen ist. Wir haben eine Situation, die anders als in Finnland ist. Es ist eine sehr stark von Misstrauen und Skepsis getragene Gesellschaft. Demgegenüber haben wir in Finnland eine sehr stark in der Überzeugung, dass unser Staat das lösen wird, getragene Gesellschaft gesehen. Ich bin nicht böse darüber, dass wir anders damit umgehen. Wenn wir klar sagen, wir machen das transparent, offen und diskutieren, dann wird es am Ende, wenn es zur Entscheidung kommt, auch die beste Entscheidung sein. Ich glaube, das wird dann hoffentlich unseren Weg weiterhin auszeichnen.
Danke schön, Herr Minister Lies. - Die zweite Zusatzfrage für die AfD-Fraktion kommt wieder von Herrn Kollegen Wirtz. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Minister Lies, die Frage nach der Endlagerung ist nun seit Jahrzehnten hoch emotional umstritten. Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Aus
sichten ein, auf Ihren erreichbaren politischen Ebenen in den nächsten Jahrzehnten eine rationale Debatte und eine Entscheidung auf Sachebene erreichen zu können?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wirtz, diese Frage stelle auch ich mir. Ich glaube, es ist gut, dass wir kritisch hinterfragen, ob der Weg, den wir gehen, wirklich erfolgreich ist oder ob wir ihn nicht nachjustieren müssen.
Wir sind - ich habe es vorhin beschrieben; auch Herr König vom BfE hat es gesagt - in einem selbstlernenden Prozess. Es wäre völlig falsch, zu glauben, wir können heute jeden einzelnen Prozessschritt bis 2050 definieren, ohne in 5 oder in 10 oder in 15 Jahren festzustellen: Da müssen wir nachjustieren. - Wir würden einen riesen Fehler machen.
Wir müssen also zugestehen, dass wir in dem Prozess bereit sind, neue Erfahrungen aufzunehmen, neu zu planen und neu zu überdenken, und dürfen nicht glauben: Wir sind in dem Prozess, und das muss jetzt so laufen, sonst geht gar nichts. Das dürfen wir nicht machen.
Wir haben gar keine Alternative dazu. Wir haben eine Verantwortung und können unmöglich in der Verantwortung, in der wir stehen, sagen: Dann lasst das Zeug doch da stehen. Generationen nach uns sollen das lösen.
Ich glaube, die Kombination aus Verantwortung auf der einen Seite - wir müssen eine Lösung finden und müssen uns daran beteiligen - und aus der Bereitschaft auf der anderen Seite, immer wieder kritische Fragen aufzunehmen - auch wenn sie nicht Teil des geplanten Prozesses sind - und zu prüfen, wie man mit den Antworten darauf umgeht, stellt die einzige Chance dar, die wir haben. Am Ende werden die Generationen, die nach uns kommen, uns daran messen, ob wir es geschafft haben. Ich hoffe, dass wir einen Teil dazu beitragen können.
Danke schön, Herr Minister. - Die zweite und letzte Zusatzfrage für die CDU kommt auch von Herrn Bäumer. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem es beim Thema Kernenergie nach meiner Wahrnehmung in den vergangenen Jahren eher etwas ruhig war, kommen in den letzten Monaten vermehrt Menschen auf uns zu, die uns erzählen, es gebe auch andere Möglichkeiten. Im Raum steht da der sogenannte Dual-FluidReaktor, der in der Lage sein soll - ich beschreibe das sehr vorsichtig, weil ich kein Physiker bin -, Atommüll so weit zu reduzieren und die Lagerdauern zu verkürzen, dass man die Frage nach einem Endlager gar nicht mehr zu stellen braucht. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Was hält sie von diesen Vorschlägen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bäumer, vorhin habe ich vom fortwährend selbstlernenden Prozess gesprochen. Das alles muss man prüfen. Es würde jetzt keinen Sinn machen, einen Vorschlag auszublenden, weil wir den für Quatsch halten. Ich kann das fachlich nicht beurteilen.
Man muss das also sehr genau prüfen, ohne aber - das ist wichtig - den anderen Prozess zu stoppen; denn dann würden wir einer Riesenfehler machen. Das dürfen wir nicht machen. Man muss auch klären, was dieses neue Verfahren bedeutet; denn auch dieses erzeugt Abfall. Wie geht man mit dem um? Es sind also viele Fragestellungen vorhanden.
Ich habe immer dann Sorge - vielleicht nicht an der Stelle, weil ich das nicht beurteilen kann -, wenn man sagt, dass es auch ganz andere Lösungen gibt, die viel einfacher sein sollen, sodass man das ganze Problem nicht hat. Das klingt manchmal nach dem Motto: Lass das mal liegen! In der Zukunft wird sich etwas finden. - Was nicht geht: ein Problem von heute in die Zukunft zu verlagern. Wir müssen mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den technischen Lösungen von heute und morgen - sagen wir mal: mit Blick auf die nächsten
30 Jahre - in der Lage sein, die Herausforderung zu beantworten. Wir dürfen eben nicht sagen: Möglicherweise gibt es irgendwann mal andere Lösungen. - So habe ich die Frage auch nicht verstanden. Aber das darf nicht die Antwort sein. Umgekehrt darf man jedoch auch nicht jede Alternative ausblenden und nicht prüfen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen vor, sodass wir jetzt in die Aussprache übergehen können.
Die Landesregierung hat ihr Ausgangskontingent von 15 Minuten Redezeit um 3 Minuten überzogen, sodass Ihre Grundredezeit von 4 Minuten um 3 Minuten zu erweitern ist. Jede Fraktion, die jetzt spricht, hat also 7 Minuten Redezeit.
Herr Präsident! Sehr verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Sehr geehrte Fraktionskollegen von der SPD, über Ihre Anfrage bin ich schon ein wenig erstaunt. Denn als das Gesetz zur Endlagersuche beraten wurde, als sich der Entwurf schon in festen Bahnen befand und wir wussten, wohin der Zug fahren soll, und als es beschlossen wurde, waren Sie nach meinem Wissen auf der Bundesebene wie auch hier auf der Landesebene in Regierungsverantwortung.