Sie bauen Bürokratie auf. Sie bekämpfen Bürokratie mit neuen Stellen. Sie haben gemerkt, dass die drei Stellen für Bürokratieabbau, die Sie schon haben, nichts gebracht haben, weil sie nicht zuständig sind. Jetzt wollen Sie eine neue Clearingstelle haben.
Eigentlich - da hat Herr Kollege Bode recht - geht es aber darum, dass man jeweils im konkreten Fall schaut, wie ein Gesetz, eine Verordnung oder ein Erlass in der Sache wirkt.
Viele Verordnungen sind nötig. Man kann sie trotzdem unbürokratischer machen. Dafür brauchen Sie keine neuen Stellen. Sie sollten lieber einmal eine bessere Koordinierung innerhalb der Landesregierung hinbekommen.
Vielen Dank, Herr Meyer. - Meine Damen und Herren, es gibt noch eine Wortmeldung innerhalb dieser Fragerunde, und zwar möchte für die AfD Herr Stefan Henze sprechen. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Bürokratieabbau ist immer ein guter Gedanke. Das haben wir gerade von allen gehört; aus aller Munde kam es. Dies gilt insbesondere dann, wenn man die Bürokratie nicht aus eigener Tasche bezahlt, sondern die Gesamtheit der Steuerzahler dafür aufkommt. Da das bei der Staatsbürokratie der Fall ist, darf man von jeder Regierung ohne Zweifel verlangen, dieses Gebot auch in die Tat umzusetzen. Bürokratieabbau taugt deshalb nicht für Partei- oder Koalitionsprogrammatik, sondern ist erste Regierungspflicht. Sie von der Landesregierung dürfen sich darüber freuen, dass der Bürger bislang bei Ihnen nicht genauer hinschaut und noch nicht auf Umsetzung dieser Selbstverständlichkeit bestanden hat.
Ich rufe an dieser Stelle nur den Stellenaufwuchs in der Landesverwaltung im zeitlichen Zusammenhang mit dem letzten Regierungswechsel in Erinnerung. Es sind ungefähr 100 Stellen. Seriöse Quellen berichten sogar von einem Aufwuchs von bis zu 300 Stellen in der Landesverwaltung seit 2014.
Ich hoffe, sehr geehrte Landesregierung, dass alle diese neuen Stellen dazu dienen, die Bürokratie abzubauen; denn nur dann wäre ich in der Lage, Ihnen diesen dreisten Griff in den Geldbeutel aller Steuerzahler zu verzeihen.
Ausweislich der Formulierung der FDP in dem dieser Fragestunde zugrunde liegenden Papier haben Sie wörtlich gesagt, Herr Minister Althusmann: „Gerade Niedersachsen hat die komplizierteste Bauordnung.“
Diese Aspekte greife ich auf. Bauordnung ist Landesrecht. Wer, sehr geehrter Herr Minister, hat dieses Bürokratiemonster denn geschaffen? Nicht die EU, nicht der Bund und auch nicht die niedersächsischen Gemeinden oder eine sonst existente oder nicht existente Gewaltenebene, sondern der Landesgesetzgeber! Und wer war historisch quasi
Dauerregent in Niedersachsen? Richtig: Aus den Parteien CDU und SPD rekrutierten sich diejenigen, die für die ausufernde Bürokratie maßgeblich verantwortlich sind. Das gilt bekanntlich aber auch für den Bund.
In Ihre Mitregierungszeit, liebe FDP-Kollegen, fiel 2012 die große Novelle der Niedersächsischen Bauordnung. Sie haben also erst vor Kurzem die Gelegenheit gehabt, auf den Ablauf der Baugenehmigungsverfahren positiven Einfluss zu nehmen.
In Sachen Bürokratieabbau hat sich aber nicht viel getan. Es hat offensichtlich nicht gereicht, was Sie da in den §§ 59 bis 75 der Bauordnung unseres Landes eingerichtet haben.
Doch zurück zur aktuellen Landesregierung: Landauf, landab war der Presse vor wenigen Tagen Ihre Idee, sehr geehrter Herr Minister Althusmann, einer automatischen Genehmigung von Anträgen auf Baugenehmigung bei Überschreitung einer Frist von drei Monaten zu entnehmen. Ihr für Bau zuständiger Ministerkollege Lies fand diese Idee aber offenbar nicht so gut wie Sie und ließ mitteilen, er befürchte dadurch nachgelagert sogar mehr Bürokratie als beim Status quo. Meine Herren Minister, reden Sie miteinander und entscheiden doch einfach einmal, wer von Ihnen beiden bei diesem Tanz führt!
Wohin geht der Weg nun? Ich fürchte, in Sachen Bürokratieabbau wird sich trotz einiger gut klingender Ansätze auf dem Ministerialpapier nichts tun. Eines ist aber sicher: Die Zeit läuft.
Eine meiner Ideen zum Bürokratieabbau wäre, systematischer anzusetzen. Nutzen Sie den demografischen Wandel über alle Gebietskörperschaften hinweg und finden zunächst heraus, wo in der Verwaltung Verknappung besteht oder entstehen wird und wo Überhang herrscht. In diesem Zusammenhang wäre letztlich auch an eine Umverteilung von Personal über Gebietskörperschaften und bisherige Einsatzbereiche hinweg nachzudenken. Nur durch einen großen systematischen Plan - und den sehe ich bei Ihnen hier leider nicht - wird Bürokratieabbau gelingen und glaubhaft.
Jetzt noch kurz zu Herrn Meyer und den Grünen: Herr Meyer, Sie haben gerade Supervorschläge gemacht und sich hier als jemand präsentiert, der super die Bürokratie abbauen möchte. Wie bewerten Sie es denn dann, dass Ihre Kollegen der Frak
tion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Landeshauptstadt Hannover einen Antrag eingebracht haben, im Baurecht verpflichtend vorzusehen, demnächst Solaranlagen auf die Dächer zu stellen und zusätzlich alle Dächer zu begrünen?
Glauben Sie, dass dann, wenn das durchkommt, wirklich noch mehr sozialer Wohnungsbau stattfindet? Ich denke, dass Sie hier gerade den wichtigen sozialen Wohnungsbau verhindern.
Vielen Dank, Herr Kollege Henze. - Meine Damen und Herren, ich hätte ohnehin gerade unterbrechen wollen. Im Plenarsaal ist eine unangenehme Geräuschkulisse. Es ist dem Redner nicht zuzumuten, dagegen anzureden. Es soll ja auch Kolleginnen und Kollegen geben, die dem Redner wirklich zuhören wollen. Sie fühlen sich gleichermaßen gestört.
Wenn jetzt die notwendige Ruhe wiederhergestellt wird und auch Herr Schönecke sich entscheidet, ob er bei uns oder anderswo ist,
erteile ich noch einmal dem Abgeordneten Jörg Bode von der FDP das Wort. Über Redezeit brauchen wir nicht zu reden; es ist reichlich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon ein bisschen erstaunt, gerade was die Äußerungen seitens der CDU angeht, dass man sich scheinbar mehr an der Frage abarbeitet, was zu meiner Regierungszeit alles hätte getan werden können oder was ich an Verfehlungen, um die es heute geht, ausgelöst habe. Ich bin dem Kollegen Meyer dankbar, dass er das eine oder andere richtiggestellt hat.
Um es klar zu sagen: Es hat 2012 eine große Novelle der Bauordnung gegeben, die maßgeblich von dem damals CDU-geführten Sozialministerium vorbereitet worden ist. Das Wirtschaftsministerium hat sich intensiv eingebracht, weil das durchaus schon ein großer Beitrag zum Bürokratieabbau im Baurecht war. Dadurch ist es tatsächlich zu einer
Vereinheitlichung der Regeln im Baurecht über alle Bundesländer gekommen. Sie müssen sich für die Leistung auch gar nicht verstecken. Das haben wir damals richtig gemacht, das war ein guter und richtiger Schritt. Falsch ist natürlich die Darstellung, die heute auch von der Landesregierung kam, es habe seitdem nie wieder Veränderungen in der Bauordnung gegeben. Das stimmt nicht. Es hat Veränderungen gegeben, auch in unterschiedlichen Konstellationen bei der Abstimmung, die eine war mal besser, die andere mag mal schlechter gewesen sein, aber das stimmt tatsächlich nicht.
Frau Kollegin Wulf, Sie sprachen die A1-Bescheinigung aus dem Jahre 2010 an. Diese geht auf die Entsenderichtlinie der Europäischen Union zurück. Das ist richtig. Im letzten Plenum haben wir - da waren Sie wahrscheinlich nicht da - eine Regelung des SGB VI, die das entsprechende Problem ausgelöst hat, intensiv diskutiert und kritisiert und darauf hingewiesen, dass die Digitalisierung kein Allheilmittel ist. Durch die vorgeschriebene Pflichtdigitalisierung ist das, was sonst auf dem Papierweg bei einer schlechten Regelung heimlich abgearbeitet bzw. umgangen werden konnte, nicht mehr möglich. Dadurch wird das Problem tatsächlich sichtbar. Auch wenn ich Ihrer Aussage, dass die Digitalisierung viele Chancen bringt, zustimme, muss ich Ihnen jedoch entgegnen, dass man einen schlechten Prozess nicht einfach digitalisieren kann. Es bleibt ein schlechter Prozess, er ist dann halt nur digital.
Das erleben wir beispielsweise jetzt bei dem Tariftreue- und Vergabegesetz, ich hatte es erwähnt. So, wie Sie es als Landesregierung vorgeschlagen haben, wird durch den Verweis auf das Bundesrecht ab dem Jahr 2020 alles pflichtdigitalisiert. Es wird nicht digitalisiert, sondern man muss das Onlineverfahren, das bei EU-weiten Ausschreibungen, die einen Schwellenwert überschreiten, anzuwenden ist, auch bei der Ausschreibung von kommunalem Büromaterial einsetzen. Es ist eine Software zu nutzen, die keiner hat, wo zwei Mitarbeiter mit unterschiedlichen Codes entsprechend die Zeitstempel einnehmen müssen. Schauen Sie bitte genauer hin, wenn Sie etwas machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister Althusmann, da wir Ihnen dank Ihrer Antwort die Hinweise, die Sie abgefragt haben, gerne geben können, ist jetzt einiges schon genannt worden. Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie
die Abläufe in der Landesregierung, aber auch in Ihrem Haus auf Entbürokratisierung von Vorgängen anpassen.
Wir erleben derzeit im Landtag, im Finanz- und auch im Wirtschaftsausschuss, dass wir Ihren Gedanken aufnehmen, quasi als eine Art politische Clearingstelle, Ihnen Hinweise zu geben, wie man Dinge anders machen kann, und zwar bevor sie von Ihrem Haus umgesetzt werden.
Ich meine Ihre Start-up-Förderung, für die Sie sich immer loben lassen, und die Gründerstipendien. Nachdem wir das in den Haushaltsberatungen mehrfach anschieben mussten, haben Sie Ihr Versprechen im Koalitionsvertrag umgesetzt und ein Gründerstipendium eingeführt. Wir haben rechtzeitig gefragt, was alles wie geregelt werden soll, damit es wirklich ein Gründerstipendium wird, das Gründungen und Innnovationen ermöglicht und neue Ideen und Wirtschaftswachstum voranbringt.
Wir hatten schon Sorge, als wir den einen oder anderen aus der Szene gehört haben, was im Ministerium diskutiert wurde. Wir haben Ihnen unsere Kritik in der Beratung des jeweiligen Landtagsgremiums zukommen lassen. Sie haben alle Vorschläge, alle Ideen, Hinweise und Forderungen komplett ignoriert.
Obwohl wir Sie darauf hingewiesen haben, haben Sie ein Bewerbungsverfahren für die Stipendien gewählt, das so bürokratisch ist, dass man sich schon fragen muss, wer nicht schon alleine von der Bewerbung abgeschreckt wird. Die Förderdauer für das Gründerstipendium beträgt acht Monate. Jetzt kann man überlegen, ob die Dauer nicht, wie in anderen Bundesländern, lieber ein Jahr betragen und die acht Monate vielleicht lediglich eine Anfangsförderung darstellen sollten. Damit sollten auch die Lebenshaltungskosten der fertigen Studenten bezahlt werden, damit sie ihre Geschäftsidee entwickeln können. Acht Monate sind zur Innovationsförderung, zur Geschäftsideefindung schon echt knapp, aber Sie haben es bei den acht Monaten belassen. Sie lassen den Menschen, die dort neue Ideen entwickeln sollen, dafür gar nicht acht Monate tatsächlich Zeit, weil Sie den Gründern über Halbzeitberichte, die Sie vorschreiben, über andere Aufbewahrungsdokumentationspflichten, die Sie den Menschen vorschreiben, die Zeit für die Entwicklung des eigenen Produktes nehmen. Außerdem fordern Sie von den Bewerbern noch ein Pflichtcoaching innerhalb dieser acht Monate.
Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie selbst haben alle Hinweise, um ein kleines Lichtlein setzen zu können, komplett in den Wind geschlagen. Solange das alles so bleibt und wir bei jeder konkreten Maßnahme, die Sie vorschlagen, diese bürokratischen Probleme entdecken und Sie als MW - nicht Sie persönlich - bei Hinweisen nicht willens und bereit sind, auf die bürokratischen Probleme einzugehen, sind das - das muss ich ehrlicherweise sagen - leider nur Sonntagsreden. Mir fehlt hier das Handeln, und das wäre im Sinne des Landes Niedersachsen.
Zu diesem Fragekomplex liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass wir jetzt zur Anfrage der Fraktion der SPD übergehen können. Sie lautet:
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Endlager gesucht! - Auf der Internetseite der Bundesgesellschaft für Endlagerung ist zu finden, dass die Standortsuche das Ziel habe, einen sicheren Standort für ein Endlager für insbesondere hoch radioaktive Abfälle zu finden. Die Suche solle in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren in mehreren Schritten erfolgen. Es sei eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen.