Protocol of the Session on June 21, 2019

In einer heutigen Schlagzeile in der Neuen Presse zum Bürokratieabbau geht es um einen Erlass des Landes, der die Stadt Hannover dazu zwingt, alle Zweirichtungsradwege umzubauen - übrigens ein Erlass des Verkehrsministeriums. Ich zitiere die Neue Presse von heute:

„Die Stadt ist mit Eifer bei der Sache, kratzt Markierungen ab, baut Ampeln um, hängt Schilder ab. Das alles wegen eines Erlasses des Verkehrsministeriums. Um Sicherheit geht es darin nicht. Vielmehr sieht das Mi

nisterium ein Problem, dass bei Zweirichtungsradwegen auf beiden Seiten der Straße Radwegeschilder stehen. Diese schreiben zugleich eine Benutzungspflicht vor. Das Land ist der Auffassung, dass niemand verpflichtet sein kann, gleichzeitig in einer Richtung Radwege auf beiden Seiten der Straße zu nutzen.“

(Helge Limburg [GRÜNE] und Jörg Bode [FDP] lachen)

„Schließlich liege dann ja die Missachtung der Benutzungspflicht auf der anderen Straßenseite vor. Für unzulässig hält es das Land allerdings auch, dass man nur auf einer Seite der Straße die Benutzung der Radwege per Schild verpflichtend macht und auf der anderen Seite nicht.“

Der Fahrradklub ist entsetzt, und es werden jetzt 29 Zweirichtungsradwege in Hannover kompliziert umgerüstet!

Herr Althusmann, wenn Sie im eigenen Haus etwas machen und mitdenken wollen, können Sie sich gerne einmal daran abarbeiten!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ein letzter Punkt, und zwar zu dem, was Sie hinsichtlich der Bauordnung gemacht haben. Natürlich müssen wir hier etwas tun. Aber wir erwarten jetzt auch einmal eine große Novelle der NBauO. Sie haben vergessen, dass wir sie zuletzt nicht im Jahr 2012, sondern im Einvernehmen im letzten Jahr bezüglich der barrierefreien Inklusion novelliert haben, was auch richtig war. Aber die letzte Entbürokratisierung hat eine Ampelkoalition hier in Niedersachsen durchgeführt. Die letzte Entbürokratisierung der Bauordnung innerhalb der letzten 20 Jahre war nämlich der Beschluss, dass fahrbare Hühnermobile nicht mehr der Baugenehmigungspflicht unterliegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jörg Bode [FDP])

Die CDU hatte das seinerzeit übrigens abgelehnt - beschlossen wurde es von SPD, Grünen und FDP. Das war eine Erleichterung in Bezug auf die Genehmigung, weil man danach keine mehr brauchte.

Das war insoweit der letzte Schritt. Wir ermutigen Sie gern, weitere zu gehen. Bei Erleichterungen wären auch an Bienenstöcke zu denken, an Solaranlagen und Kleinwindradanlagen. Auch bei Ge

bäuden könnte man vieles tun, um zu Erleichterungen zu kommen. Das können wir dann gern wieder im Einvernehmen beschließen.

Auch in vielen anderen Ressorts sieht man Ihren Streit. Der Möchtegern-Innenminister Schünemann schlägt dem Innenministerium eine digitale Stabsstelle vor. Die SPD sagt, er solle sich nicht einmischen.

Das Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung, bei dem wir weit hinten sind und bei dem es darum geht, dass in der Landesverwaltung und in den Kommunen auf digitale Kompetenzen gesetzt wird, befindet sich immer noch im Ressortstreit um Kompetenzen und ist immer noch nicht im Landtag angekommen. Auch für diese Digitalisierung der Verwaltung könnte sich die Landesregierung mal einsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jörg Bode [FDP])

Oder nehmen Sie die Streitereien um den Wolf. Olaf Lies sagt, der Wolf solle ins Jagdrecht, und daraufhin sagt Ministerin Otte-Kinast: „Nein, jetzt doch nicht.“ Die Besenderung des Wolfs scheitert bislang daran, dass das Landwirtschaftsministerium immer noch keine Tierversuchsgenehmigung erteilt hat. Auch das ist Bürokratie.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jörg Bode [FDP])

Oder nehmen Sie eine unserer Forderungen! Ich habe mit Erschrecken lesen müssen, dass, weil Herr Lies mit dem Wolf und der Jagd auf ihn, den Wolf, beschäftigt ist, zwei Drittel der Anträge von Weidehaltern auf Zaunbaukosten im Wolfsbüro liegen und nicht bearbeitet werden. Ein Weidehalter, bei dem es einen Riss gab, hat im Januar einen Antrag für einen Zaun gestellt - aber der Zaun war noch nicht da, als der Wolf kam. Das ist also ein Riesenproblem.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jörg Bode [FDP] - Zu- rufe von der CDU)

- Ich merke Ihre Unruhe.

Wir Grüne haben z. B. den Antrag eingebracht, dies der Landwirtschaftskammer zu übertragen. Die könnte sich dann gemeinsam mit den Landwirten um den Herdenschutz kümmern. Aber nichts passiert! Sie streiten sich lieber um die Ressorts.

Bei der Überdüngung ist es das Gleiche. Es gibt die gesetzliche Grundlage dafür, dass die Düngebehörde alle Daten zusammenführen könnte. Damit muss kein Landwirt belastet werden. Die Ministerin lobt das Programm ENNI, aber es wird nicht umgesetzt.

Herr Kollege Meyer!

Deswegen werden ganz viele Landwirte mit Bürokratie überzogen, anstatt dass man sich um die wenigen schwarzen Schafe kümmert.

Herr Kollege Meyer, zwei Kollegen möchten eine Zwischenfrage stellen, zunächst Frau Wulf und dann Herr Schönecke.

Gerne. - Wir beginnen mit Frau Wulf. Bitte!

Vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage, Herr Meyer.

Mich würde Folgendes interessieren: Sie haben jetzt eine ganze Menge Vorschläge zum Bürokratieabbau gemacht. Ganz ehrlich: Welche dieser Vorschläge helfen denn unserer Wirtschaft und den Unternehmerinnen und Unternehmern in Niedersachsen wirklich weiter?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Alle! Der Landwirtschaft, den Hühnerhaltern usw.!)

Nahezu alle. Ich glaube, dass viele Geflügelbetriebe sehr froh sind. Es sind Hunderte von Hühnermobilen gebaut worden, für die die Landwirte jetzt keine Baugenehmigung mehr brauchen. Da herrscht also große Zufriedenheit.

Übrigens gab es in der rot-grünen Zeit im Landwirtschaftsministerium eine Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau. Dort haben wir alle Vorschläge des Landvolks abgearbeitet. Der Vizepräsident des Landvolks, Herr Löhr, hat öffentlich gesagt - das können Sie nachlesen -, er müsse den Minister an

dieser Stelle einmal loben, weil er alles, was das Land zur Vereinfachung von Verfahren machen könne, umgesetzt habe. Daher lasse ich mir da nichts vorwerfen. Das können Sie gerne nachlesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben zur Bauordnung viele Vorschläge gemacht, die ich eben genannt habe. Das beginnt bei den Bienenstöcken. Es gibt in einzelnen Landkreisen die Diskussion, dass jemand, der einen Bienenstock aufstellt, dafür eine Baugenehmigung braucht. Wir müssen über Pflichten zur Schaffung von Stellplätzen und Fahrradabstellplätzen reden. Insofern ist wohl klar, dass es viele Punkte gibt, bei denen wir Verfahren beschleunigen können.

Jetzt kommt, glaube ich, die zweite Frage.

Genau. Jetzt kommt die zweite Frage, und zwar von Herrn Schönecke.

Herr Meyer, Sie waren ja lange Jahre Landwirtschaftsminister - mindestens fünf Jahre, wenn ich das richtig weiß. Wie lange hat es denn gedauert, bis das Land Niedersachsen zu Regelungen z. B. für die Hühnermobile kam? Und welche Schwierigkeiten hatten Sie bei der Koordinierung zwischen den beiden Häusern, dem Landwirtschaftsministerium und dem Umweltministerium, um das auch für Landschaftsschutzgebiete und ähnliche Schutzgebiete darzustellen?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Die Schwierigkeit war, dass die CDU ge- gen die Entbürokratisierung war!)

Danke schön. - Herr Limburg, Herr Meyer hat hier das Prä.

(Zuruf von der CDU: Hat er schon ei- nen Sprecher?)

- Bitte noch einen Moment! Wir brauchen Ruhe und keine Debatten quer durch den Saal. - Herr Meyer, nur Sie reden jetzt. Bitte!

Vielen Dank für die Frage.

Im Fall der Hühnermobile war ja nicht das Umweltministerium zuständig, sondern das Sozialministerium, weil dort die Zuständigkeit für Bauen lag.

Und Sie wissen, dass die Änderung der Bauordnung Sache des Landtags ist. Ich bin der FDP sehr dankbar dafür, dass wir das dann noch durchgesetzt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was die Zusammenarbeit von Umwelt- und Agrarministerium im Sinne von Erleichterungen angeht, war eine unserer ersten Maßnahmen etwas, was die Vorgänger von Schwarz-Gelb nicht gemacht hatten. Bei uns gab es nämlich nur noch ein Antragsformular für alle Umwelt- und Agrarmaßnahmen. Das Umweltministerium und das Agrarministerium haben also ein gemeinsames Antragsformular für alle Landwirte entwickelt. Früher gab es für die Maßnahmen des Umweltministeriums ein eigenes Schreiben. Es war immer die klare Zuständigkeit einer Behörde gegeben, nämlich der Landwirtschaftskammer. Wir haben also da, wo man es machen konnte, an ganz vielen Stellen auf Landesebene vereinfacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher lautet mein letzter Satz: Die Große Koalition des Misstrauens scheint sehr gelähmt zu sein. Das merkt man ja bei jedem Thema. Wenn Herr Schünemann Vorschläge zur Digitalisierung im Innenressort macht, werden sie abgelehnt; wenn zum Bauen etwas vom Wirtschaftsminister kommt, wird es von der SPD negativ beschieden. Man merkt also, dass eine große Blockade herrscht.

Sie bauen Bürokratie auf. Sie bekämpfen Bürokratie mit neuen Stellen. Sie haben gemerkt, dass die drei Stellen für Bürokratieabbau, die Sie schon haben, nichts gebracht haben, weil sie nicht zuständig sind. Jetzt wollen Sie eine neue Clearingstelle haben.