Protocol of the Session on June 19, 2019

(Jörg Bode [FDP]: So geht es eigent- lich nicht! Eine Antwort auf die Kurzin- terventionen!)

(Die Rednerin trinkt einen Schluck Wasser am Redepult)

Die Kollegen haben recht, Frau Modder. Wir nehmen Herrn Dr. Genthe noch dazu.

(Zuruf: Das Glas Wasser hat sie schon zur Seite gestellt! - Heiterkeit)

- Das Glas ist noch halb voll! Bitte sehr! Sie haben 90 Sekunden.

Dass Sie mir jetzt auch noch das Wasser austrinken, ist wirklich die Krönung von allem! Eine Unverschämtheit!

(Heiterkeit)

Aber ganz im Ernst, Frau Modder: Ich habe in meiner ersten Rede bei der Einbringung versucht darzustellen, welche verfassungsrechtlichen Probleme ein Parité-Gesetz aufwirft. Entweder haben Sie mir nicht zugehört, oder Sie haben das nicht begriffen. Ich habe an keiner Stelle gesagt, dass wir ein Parité-Gesetz wollen, weil es das Parité-Gesetz gar nicht gibt. Es gibt ganz viele unterschiedliche Auffassungen und Möglichkeiten, das zu regeln.

(Wiard Siebels [SPD]: Wollen Sie solch ein Gesetz?)

Was wir allerdings wollen, ist, den Anteil der Frauen in den Parlamenten zu erhöhen. Wir wollen diskutieren, auf welchem Weg das geht - möglicherweise auch gesetzgeberisch, möglicherweise aber nicht. Es gibt ein gutes Instrument dafür, das zu klären, nämlich eine Enquetekommission. Die haben wir befürwortet.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Die Enquetekommission ist nicht die Lösung des Problems, sondern ist ein Mittel, um die Lösung zu finden. Das haben Sie offensichtlich nicht verstanden.

Was ich bei Ihnen kritisiere, ist, dass Sie hier nichts auf den Weg bringen oder dass Sie hier irgendetwas vorschlagen, sondern einfach nur sagen: „Wir haben ja mal ein Heftchen an alle Abgeordneten verteilt“ - das scheint ja bei Ihnen zu reichen -, „und den Rest klären wir innerhalb der SPD!“ - Das ist jedenfalls der Angelegenheit nicht angemessen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Genthe. - Frau Modder, jetzt! Sie haben 90 Sekunden. Bitte!

Herr Kollege Dr. Genthe, ich entschuldige mich in aller Form, dass ich hier noch einen Schluck Wasser getrunken habe. Ich gebe nachher einen aus.

(Zustimmung bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Piel und lieber Dr. Genthe, ich glaube, dass ich mit der Auslösung dieser Kurzintervention genau dort hineingestochen habe, wo der Kern des Problems ist.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ach du meine Güte!)

Ich habe deutlich gesagt - Herr Dr. Genthe, ich höre Ihnen auch immer genau zu; seien Sie versichert -, natürlich gibt es verfassungsrechtliche Probleme dabei. Die Lösung in Brandenburg ist auch nicht unumstritten. Wenn die Grünen mir sagen, dass sie ein Parité-Gesetz wie in Brandenburg wollen - Listenaufstellung: Frau, Mann, Mann, Frau -:

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja!)

Frau Piel, soviel ich weiß, haben Sie das schon.

(Anja Piel [GRÜNE]: Darüber brau- chen wir gar nicht mehr zu sprechen!)

Also kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie sich damit zufrieden geben. Verschiedene Modelle sind auf dem Weg.

(Anja Piel [GRÜNE]: Hören Sie erst einmal zu! - Christian Meyer [GRÜ- NE]: Das hätte man in der Enquete- kommission klären können!)

Was ich Ihnen vorwerfe - den Grünen und der FDP -, ist, zu glauben, Sie könnten mit der Beantragung einer Enquetekommission deutlich machen, dass Sie für ein Parité-Gesetz seien und wir nicht.

Ich sage Ihnen noch einmal deutlich: Wir wollen das Parité-Gesetz.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wo denn?)

Unser Koalitionspartner hat deutlich gemacht, er nicht. Das ist eben die Auseinandersetzung. Es steht Parteien auch frei, unterschiedliche Meinungen zu haben. Ich glaube, der Druck auf die CDU wird noch größer werden.

(Anja Piel [GRÜNE]: Von Ihnen si- cherlich nicht! In der Enquetekommis- sion hätte man Druck aufbauen kön- nen!)

Die Frauen-Union, alle wollen das. Aber das ist das Problem der CDU. Bloß ich sage Ihnen: Wer versucht, deutlich zu machen, dass die FDP und die Grünen zusammen mit dieser Enquetekommission ein Parité-Gesetz auf den Weg bringen wollen, vergisst, dass Welten zwischen Ihnen und der FDP liegen.

(Wiard Siebels [SPD]: Genau!)

Das habe ich hier deutlich gemacht, und das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Das hier sind in meinen Augen taktische Spielchen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Anja Piel [GRÜNE] - Stefan Wenzel [GRÜNE] spricht mit Christian Grascha [FDP])

Danke schön. - Wenn Herr Grascha das auch will und Herr Wenzel das zulässt, kann Herr Dr. Genthe zum Rednerpult schreiten und für die FDP sprechen. - Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Modder, ich glaube, dass Ihre Ausführungen zu den taktischen Spielchen schlicht und ergreifend dazu dienen, zu überdecken, dass Sie an dieser Stelle völlig blank sind. Das ist einfach so.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Sie wollen es nicht! Sagen Sie es ein- fach mal!)

Auf jeden Fall sind sich, was die Diskussionskultur hierzu betrifft, Grüne und Liberale offenbar näher als die Koalitionsfraktionen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Oh!)

Ich versuche, das Ganze mal wieder auf den Kern zu bringen und inhaltlich zu werden. Ich hatte bereits in der ersten Beratung gesagt, dass die Diskussion über ein Parité-Gesetz keine einfache ist. Sie berührt nämlich grundlegende verfassungsrechtliche Fragen und auch grundlegende Fundamente der Demokratie. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass die geschlechterneutrale Regelung des Wahlrechts aufgehoben werden müsste. Somit wäre eine geschlechtsneutrale Wählbarkeit zumindest formal nicht mehr gewährleistet.

Das ist ein verfassungsrechtliches Schwergewicht, das jeder Befürworter eines Parité-Gesetzes aus dem Weg räumen müsste.

Dieser Eingriff wäre nur zu rechtfertigen, wenn er verhältnismäßig wäre. Ob der generelle Förderauftrag nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes ausreicht, um die Verhältnismäßigkeit zu gewährleis

ten, ist zumindest umstritten. Nach Artikel 3 verbieten sich insbesondere solche Regelungen, bei denen es darauf ankommt, ob der Betroffene ein Mann oder eine Frau ist. Das ist vorliegend aber gerade nicht der Fall, da das Wahlrecht geschlechtsneutral geregelt ist.

Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten teilen in jedem Fall die Ansicht, den Anteil der Frauen in den Parlamenten erhöhen zu müssen. Tatsache ist, dass die Frauen in allen Parlamenten deutlich unterrepräsentiert sind.

Forscht man nach den Ursachen, kommt man sehr schnell auf die politischen Parteien zu sprechen. Die Bedingungen in den Parteien scheinen insgesamt für Frauen noch schwieriger zu sein als für Männer. Die Abläufe, die Gremien, die Arbeitsformen der Parteien sind offenbar eine Hauptursache für dieses Problem.

Meine Damen und Herren, es reicht jedoch nicht, diese Umstände zu beklagen. Sinnvoll wäre es sicherlich, bereits hier anzusetzen und den „Job“ für Frauen in den Parteien attraktiver zu gestalten. Ob hingegen der Weg über eine gesetzliche Verpflichtung der richtigere wäre, erscheint zumindest als heikel.

Meine Damen und Herren, die verfassungsrechtlichen Fragen sind sicherlich nicht in der Tiefe geklärt. Das haben wir nun mehrfach gehört. Es gibt ja auch nicht nur das eine Parité-Gesetz,

(Johanne Modder [SPD]: Eben!)

sondern es gibt viele Vorschläge. So ist u. a. auch die Wahlkreisreform in Frankreich ein sehr interessanter Ansatz, der in einer Enquetekommission auch hätte diskutiert werden können.

(Zustimmung bei der FDP und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: In der Tat! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Richtig!)