Protocol of the Session on May 15, 2019

Es ist nicht so wild, wie Sie glauben. Es hat vielleicht etwas mit dem Wahltermin zu tun, dass Sie jetzt so dramatisieren. Das ist so dramatisch wie Wahlwerbung, die Sie hier flankieren müssen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: UN-Bio- diversitätsrat: 1 Million Arten sind vom Aussterben bedroht!)

Irgendetwas von „Königinnenreich“ steht auf Ihren Plakaten. Es ist die Frage Was verteilen Sie eigentlich, was machen Sie? - Nun, wir machen das. Wir verteilen das in der zweitgrößten Stadt Niedersachsens.

(Der Redner hält eine Broschüre hoch - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist nicht wahr, was Sie jetzt machen, oder? Ich glaube, Sie vertun sich in der Würde dieses Hauses!)

Herr Kollege, es werden hier, im Landtag, keine Werbematerialien gezeigt! Das ist dieses Hohen Hauses nicht würdig. Ich bitte jetzt, die Debatte sachlich fortzuführen.

Bei uns können Sie hören, was drin ist, bei Ihnen leider nicht. Das ist nun mal so, das passiert. Aber ich habe ja schon gesagt: Sie sollten mit Studien vorsichtig sein. Hier wurde zum Glück die berüchtigte Krefelder Studie nicht aufgeführt, die von ihren eigenen Schöpfern inzwischen nicht mehr als seriös erachtet wird.

(Anja Piel [GRÜNE]: Warum reden Sie denn darüber? Ich habe darüber nicht geredet! Kommen Sie mal wie- der zum Thema zurück!)

Ich habe sie beim letzten Mal erwähnt. Der UN-Bericht hat Sie aufgeschreckt, hat Sie geweckt, aber wahrscheinlich nur Sie.

Sie möchten auch nicht die Studie hören, wonach auch Windkraft einen Einfluss auf das Insektensterben hat,

(Anja Piel [GRÜNE]: Reden wir über das Thema?)

und vielleicht sogar einen großen. Diese Studie ignorieren Sie fleißig.

(Beifall bei der AfD)

Sogar die Landesregierung bezweifelt, dass in der Studie viel Inhalt drin ist. Ich sehe das ähnlich; denn die Hochrechnungen funktionieren so ähnlich wie beim Klimawandel. Da werden Modellrechnungen gemacht, Annahmen hochgerechnet, und dann kommen Zahlen zustande, die vielleicht noch

nicht belegbar sind und vielleicht nie belegt werden. - So arbeiten die Grünen. Wir müssen aufpassen bei Studien.

Wir sollten aber nicht außer Acht lassen, dass es Ursachen gibt.

(Anja Piel [GRÜNE]: Was werfen Sie uns vor? Dass wir mit falschen Stu- dien arbeiten?)

Klar: Es gibt die Ursache der Überwinterungszustände von Insekten. Die sind völlig unterschiedlich. Bei seltenen Arten macht es eine Menge aus, wie sie über den Winter kommen. Es macht auch eine Menge aus, wie die Nahrungsversorgung ist. Viele Wildbienen sind auf spezielle Nährpflanzen angewiesen. Wenn sie keinen guten Sommer oder einen schlechten Winter hatten, dann ist der Bestand dieser Wildbienen natürlich automatisch geringer. Ob der Bestand dadurch ausstirbt oder ob es eine natürliche Schwankung ist, ist völlig unklar.

Sie haben schon viel gemacht. 2013, Blühstreifenprämie. Da waren Sie aber hinter den Honigbienen her - um es einmal so zu sagen. Die Honigbienen sterben nicht im Geringsten aus. Denen geht es besser. Es werden jährlich mehr. Von dem Zug mussten Sie dann abspringen. Aber die Blühstreifenprämie nützt heute natürlich auch den Wildbienen, falls in den Blühstreifen die entsprechenden Nahrungspflanzen drin sind.

Der Rückgang an Habitaten, an Nahrung, der Befall mit Parasiten, teilweise eingeschleppten Parasiten - das alles sind Ursachen, die aber seit Langem bekannt sind und keinesfalls die Aktuelle Stunde, die Sie hier anstrengen, rechtfertigen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Und das beurtei- len Sie? Reden Sie lieber zu Hoch- zeitskorsos! Das ist interessanter!)

Sie sind wahrscheinlich der Einzige, der jetzt zu dem Thema aufgewacht ist. Vielleicht hat es tatsächlich mit dem Wahltermin zu tun.

Es ist aber sehr viel sinnvoller, wenn man über Insektizide spricht, diese in der Zeit nach der Hauptflugzeit der Bienen zu versprühen. Es tut auch unserem Lebensmittel Honig gut, wenn sich Insektizide nicht dadurch anreichern, dass Pollen und Nektar dann mit Insektiziden bearbeitet werden, wenn die Bienen unterwegs sind, sondern wenn erst nach der Hauptflugzeit gesprüht wird. Das wäre das einzig Sinnvolle. Das können Sie ja vielleicht bei Gelegenheit mal beantragen.

(Anja Piel [GRÜNE] - zu Dirk Adomat [SPD] -: Dirk, was macht der denn da?)

Aber ich sage Ihnen: Die Landwirte sind so verantwortungsbewusst und so klar im Thema, denen brauchen Sie eigentlich schon seit Langem nichts mehr zu sagen. Herr Grupe hat es nun auch erwähnt: Wenn die Anreize da sind, etwas anderes als Monokulturen anzulegen und sich mit Blühstreifen zu beschäftigten und ökologische Randbereiche für freien Bewuchs, für Wildbewuchs offenzulassen, dann ist das Problem mit der Wildbiene sehr viel kleiner, und dann brauchen wir uns heute Nachmittag eigentlich auch nicht mehr über die Schottergärten zu unterhalten; denn das ist in der Bauordnung doch schon längst geregelt.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Man hat wohl vergessen, öfter dort hineinzuschauen, und wusste nicht mehr, dass einiges von dem, was wir heute Nachmittag hier mit einem Antrag mühsam bearbeiten wollen, verboten ist. Auch das ist natürlich ein bisschen populistisch, Augenwischerei und ein bisschen Sandstreuen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Was?)

- Ihnen mag das nicht gefallen. Aber es ist so. Sie sind nicht so aktuell unterwegs, wie Sie glauben. Das habe ich hier schon öfter gesagt.

Trotzdem vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der AfD)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Helmut Dammann-Tamke. Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Artensterben so dramatisch wie der Klimawandel: Wildbienen retten - Agrarwende jetzt!“ Einfache plakative Botschaften. Normalerweise ein sehr gern gewähltes Instrument von Populisten. Wir haben es heute von den Grünen, durch die Fraktionsvorsitzende, in der Variante Emotionalität gehört.

Wir haben uns allerdings im Vorfeld gefragt, worum es jetzt gehen soll. Soll es um die Wildbienen gehen, soll es um die Agrarwende gehen?

(Christian Meyer [GRÜNE]: Da gibt es natürlich keinen Zusammenhang! - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Fakt ist: Auf der Pariser Konferenz wurde das Thema „Artenschwund/Artensterben“ vollkommen zu Recht aufgezeigt. Es ist auch vollkommen unstrittig, dass das ein weltweites Phänomen ist, was sich in den Weltmeeren genauso abspielt wie an Land. Fakt ist auch: Es liegt an den anthropogenen Veränderungen auf dieser Erde. Wir sprechen also beim Klimawandel von globalen Veränderungen. In dieser Dimension kann die Wildbiene - anders, als in Ihrem Titel suggeriert - bestenfalls als ein Symbol stehen.

Andere Grünen-Agrarminister, die sich insbesondere auch um die Zukunft der Agrarpolitik kümmern, wie beispielsweise der Schleswig-Holsteiner, der Sachsen-Anhaltiner oder die hessische Kollegin, haben in ihrem Positionspapier zur Zukunft der Agrarpolitik formuliert:

„Kein Weiter-so! Grüne Agrarministerinnen und -minister fordern von der Bundesregierung eine klare Weichenstellung für die nächste GAP-Reform 2027“.

In diesem Positionspapier Ihrer seriösen GrünenAgrarministerkollegen werden die Begrifflichkeiten „Agrarwende“, „Artenvielfalt“ oder „Artensterben“ nicht einmal erwähnt.

Insofern, liebe Kollegin Piel, sollten wir Ihren Antrag zur heutigen Aktuelle Stunde als das einordnen, was er ist, sozusagen ein flankierendes Instrument im Vorfeld einer Europawahl, die wir in elf Tagen haben werden.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der AfD - Miriam Staudte [GRÜ- NE]: So ein Unsinn!)

Fakt ist: Das ist im Wettbewerb der Demokraten ein durchaus legitimes Instrument. Fakt ist aber auch: Das Thema ist ein globales, und Ihr Ansatz bezieht sich gerade einmal auf die Arten der europäischen, speziell der deutschen Agrarkulturlandschaft.

Auch innerhalb der Agrarkulturlandschaft ist der Rückgang der Arten differenziert zu betrachten. Denn es gibt offensichtlich auch Gewinner der intensiv genutzten Agrarkulturlandschaft. Es steht dabei allerdings außer Frage, dass wir einen besonderen Fokus auf die Insekten legen sollten. Sie bilden in der Nahrungskette eine wichtige Grundlage für die Vogelarten. Gleichwohl ist die Daten

grundlage bezüglich des Rückgangs der Insekten sehr dünn, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Die berühmte Krefelder Studie ist unter wissenschaftlicher Betrachtung durchaus kritisch zu sehen. Sie bezieht sich auf die Situation in Schutzgebieten. Deshalb müssen wir bis zu einem gewissen Grad mutmaßen und aus avifaunistischen Daten Rückschlüsse auf die Situation der Insekten ziehen.

Und dennoch, um in diesem Zusammenhang nicht missverstanden zu werden: Auch ich und auch wir als CDU-Fraktion betrachten mit großer Sorge die Situation vieler Arten und Bewohner der Agrarkulturlandschaft, aber eben auch darüber hinaus.

Die Grünen hätten auch an den Ergebnissen einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ansetzen können. Die Forscher kalkulieren 1 200 t Biomasse per anno allein in Deutschland, die durch Windenergieanlagen zerstört werden.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Sind Sie jetzt gegen Windenergie?)

Die Forscher sprechen von einer Größenordnung, die für die Stabilität der gesamten Population durchaus relevant sein und damit die Nahrungskette und den Artenschutz beeinflussen könnte.

Was will ich damit andeuten? - Das Problem ist ohne Zweifel vielschichtig. Dieses Beispiel zeigt auch, dass es keine einfachen Antworten, geschweige denn einfache Lösungen gibt. Ein Zurück zu einer Landwirtschaft der 50er-Jahre ist sicherlich keine Option.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine zukünftige, verantwortungsbewusste GAP wird sich daran messen lassen müssen, erstens einen Beitrag für sichere Einkommen unserer Landwirte im internationalen Wettbewerb zu leisten, zweitens sicherere und qualitativ hochwertigere Lebensmittel aus heimischer Produktion zu fairen Preisen für unsere Verbraucher zur Verfügung zu stellen, drittens eine flächendeckende Bewirtschaftung vor dem Hintergrund unterschiedlicher räumlicher und klimatischer Gegebenheiten zu ermöglichen und viertens - jetzt kommt es! - über eine gute finanzielle Ausgestaltung der zweiten Säule die Landwirte in die Lage zu versetzen, über attraktive Agrarumweltmaßnahmen wesentlich zur biologischen Vielfalt in der Agrarkulturlandschaft beizutragen und damit Einkommen zu erwirtschaften.

Wer auf limitierten Flächen angesichts des Klimawandels und des Verlusts der Artenvielfalt diese Ziele umsetzen will, muss allerdings unserer Auffassung nach auch bereit sein, sich den Themen der Zukunft zuzuwenden: Digitalisierung, neue Züchtungsmethoden, Genome Editing, Forschung und Entwicklung von besserem Pflanzenschutz.