Protocol of the Session on February 28, 2019

Bitte!

Aber die Zahl war falsch, Herr Birkner.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist aber auch alles!)

- Ich habe das gehört.

Frau Präsidentin! In Niedersachsen haben bereits 2001 das Ministerium für Inneres und Sport, das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie das Justizministerium einen gemeinsamen Landesaktionsplan entwickelt. Das war die Grundlage dafür, dass Maßnahmen gegen häusliche Gewalt - die oft auch sexuelle Gewalt ist - in Niedersachsen auf Landesebene, aber auch auf kommunaler Ebene als ressortübergreifende Aufgabe verstanden wurden und werden.

Grundlage für die Arbeit sind die sogenannten Landesaktionspläne. Derzeit beziehen wir uns noch auf den Aktionsplan III mit dem Schwerpunkt „Gewalt in Paarbeziehungen“, der aber in Kürze - auch im Hinblick auf die Istanbul-Konvention - fortgeschrieben wird. Dafür ist eine Evaluation des Aktionsplans III vorgesehen, die die künftigen Handlungsbedarfe für das Land aufzeigen soll.

Zur Umsetzung des Landesaktionsplans wurde die Koordinierungsstelle „Häusliche Gewalt“ eingerichtet, die beim Landespräventionsrat angesiedelt ist und als Informationsdrehscheibe zwischen verschiedenen Handlungsfeldern wie Justiz, Polizei, Beratungsstellen und Jugendhilfe sowie zwischen der Landes- und der kommunalen Ebene fungiert. Die Koordinierungsstelle unterstützt Netzwerke und Fachkräfte in Polizei, Justiz und Beratungsstellen, bei den Frauenhäusern, in Schulen, Jugendhilfe und Gesundheitswesen vor Ort bei der Entwicklung und Verstetigung der Interventions- und Präventionsarbeit in Bezug auf häusliche Gewalt. Hierzu bietet die Koordinationsstelle regelmäßig Fachveranstaltungen und Fortbildung im Bereich der Prävention von häuslicher Gewalt - und in diesem Kontext auch von sexualisierter Gewalt - an.

Das heißt, wir sind da ressortübergreifend mit vielfältigen Angeboten und Hilfen unterwegs.

Vielen Dank Ihnen. - Aus der FDP-Fraktion Dr. Marco Genthe mit einer Zusatzfrage!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der konkreten Ereignisse in Lüg

de, die den Blick weniger auf die Gesetzeslage lenken als vielmehr auf das dort beschäftigte Personal, frage ich die Landesregierung: Sieht die Landesregierung das Personal bei der Polizei und bei den Staatsanwaltschaften als ausreichend an, um zügig und fehlerfrei ermitteln zu können, insbesondere wenn - wie es so oft vorkommt - extrem große Datenmengen zur Auswertung vorliegen?

(Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Niedersachsen ermittelt doch offenbar überhaupt nicht im Fall Lügde! Dann haben Polizei und Staatsanwaltschaften in Niedersach- sen auch kein Personalproblem!)

Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Die Landesregierung antwortet. Bitte schön, Frau Havliza!

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU] - Gegen- ruf von Helge Limburg [GRÜNE]: Ha- meln-Pyrmont liegt in Niedersachsen!)

Hameln-Pyrmont liegt in Niedersachsen, ja.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Genthe, von den grundsätzlichen Personalfragen einmal abgesehen: Ich würde nicht sagen, dass wir uns als nicht ausreichend ausgestattet ansähen, um einen solchen exorbitant umfangreichen Fall konzentriert und prioritär zu bearbeiten. Nein, wir sind da gut aufgestellt, sowohl - ich habe mich gerade mit dem Innenminister dazu ausgetauscht - auf Polizeiseite als auch auf Staatsanwaltschaftsseite.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Was soll der Innenminister auch sagen?)

Wenn solche Dinge als Fall hochkommen, reagiert die Polizei in Niedersachsen sofort, führt die entsprechenden Vernehmungen durch und macht alles, was zu tun ist. Die Staatsanwaltschaften konzentrieren sich auch voll auf das so entstehende Ermittlungsverfahren. Das wird dann so konzentriert durchgeführt, dass ich sagen würde - ohne jetzt zu dem laufenden Verfahren Stellung zu nehmen; das tue ich nicht; das kann ich nicht, das darf ich nicht -, dass das mit voller Priorisierung und mit allem, was die Behörden an personeller Ausstattung zu bieten haben, geführt wird.

Deshalb würde ich sagen: Daran kann man das nicht messen. Dafür sind wir gut ausgestattet und auch gut ausgebildet ausgestattet.

Ihnen vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion stellt die zweite Zusatzfrage der Abgeordnete Sebastian Zinke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben heute Morgen in Ihrer Rede zur Aktuellen Stunde das Gespräch mit den Bistümern, das Sie Mitte November geführt haben, angesprochen. Mich würde interessieren, wie Sie das Gespräch aus heutiger Sicht bewerten und welche Auswirkungen es auf die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft oder Ermittlungsbehörden und Kirchen hatte.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das würde uns auch interessieren!)

Vielen Dank. - Frau Ministerin antwortet Ihnen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Zinke, das Gespräch ist - auch aus heutiger Sicht - nach meiner Auffassung das richtige Zeichen zur richtigen Zeit gewesen. Es musste ganz klar sein - aus meiner Sicht -, und zwar von Tag eins an, dass es unser Rechtsstaat nicht tolerieren kann, dass sich die Kirche einer juristischen Aufarbeitung - einer juristischen! - der Missbrauchsstudie verschließt. Insoweit fand ich dieses Gespräch außerordentlich notwendig und in diesem Fall auch als im Ergebnis gewinnbringend. Denn - ich habe das auch sehr begrüßt - die Kirchen haben sofort gesagt, dass sie der Erwartung nachkommen und die Akten öffnen. Das haben sie auch getan. Die Staatsanwaltschaften, die die einzigen sind, die das zunächst zu ermitteln haben - mit welchen Ergebnissen am Ende auch immer - konnten ihre Arbeit aufnehmen. Von daher halte ich das Gespräch auch in der Rückschau für richtig und wichtig.

Vielen Dank. - Die dritte Zusatzfrage für die CDUFraktion stellt die Abgeordnete Frau Dr. Esther Niewerth-Baumann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie erwähnten die Arbeit des Landes

präventionsrates. Was unternimmt dieser Präventionsrat, um die Kinder besser zu schützen?

Vielen Dank. - Frau Ministerin antwortet Ihnen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Niewerth-Baumann, die Landesregierung wirkt der Begehung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung durch die Unterstützung von präventiven Ansätzen entgegen. In der Zuständigkeit des jeweiligen Ressorts werden entsprechende Maßnahmen gefördert, z. B. die Erziehungskompetenzen von Eltern, die Stärkung von Schutzfaktoren bei Kindern und Jugendlichen, also ganz besonders des Selbstbewusstseins - das ist das wichtigste, was sie lernen müssen -, und die Einführung von Schutzkonzepten in Einrichtungen.

Auf der kommunalen Ebene arbeiten Einrichtungen, Behörden, Zivilgesellschaft und Polizei oftmals in kommunalen Präventionsgremien zusammen, um ihre Präventionsarbeit untereinander abzustimmen. Die Geschäftsstelle des Landespräventionsrates in Niedersachsen unterstützt und berät diese Präventionsgremien. Davon haben wir in Niedersachsen immerhin 200.

Um diese Zielgerichtetheit der kommunalen Präventionsarbeit zu unterstützen, wird vom Landespräventionsrat der Einsatz von Planungsmethoden in den Kommunen gefördert. Zum Beispiel ist seitens des LPR, also des Landespräventionsrates, die Grüne Liste Prävention entwickelt worden, die kommunalen Akteuren als Online-Datenbank eine Übersicht zu wissenschaftlich evaluierten Präventionskonzepten im Bereich der Elternbildung und der Kompetenzförderung bei Kindern und Jugendlichen liefert. Das ist also auch eine Menge.

Vielen Dank. - Die zweite Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt der Abgeordnete Limburg. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass erfreulicherweise in diesem Haus Einigkeit darüber besteht, dass Hameln-Pyrmont in Niedersachsen liegt, und vor dem Hintergrund der Medienberichte darüber, dass es auch Ermittlungen gegen zwei Mitarbeiter des Jugendamtes des Landkreises

Hameln-Pyrmont geben soll, frage ich die Frau Justizministerin, wie viele Ermittlungsverfahren gegenwärtig zum Komplex rund um Lügde bei niedersächsischen Staatsanwaltschaften laufen oder dort geprüft werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Frau Ministerin antwortet.

Bei der Staatsanwaltschaft Hannover - das ist die für den Landkreis zuständige; die liegt in Niedersachsen - ist derzeit kein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem sexuellen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde anhängig.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Und warum nicht?)

Die für den Tatort Lügde gemäß § 7 Abs. 1 StPO zuständige Staatsanwaltschaft Detmold - das liegt in NRW - ist mit den Vorgängen derzeit insgesamt befasst. Wie der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft in Detmold bekannt gab, erstrecken sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Detmold auch auf die Rolle des Jugendamtes in HamelnPyrmont. Sollten durch die Staatsanwaltschaft in Detmold Taten bzw. Beschuldigte ermittelt werden, für die dort keine Zuständigkeit besteht oder deren Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft in Hannover zweckmäßiger erscheint, würde insoweit eine Abtrennung und Abgabe durch die Staatsanwaltschaft in Detmold an die Staatsanwaltschaft in Hannover erfolgen.

Danke. - Eine Zusatzfrage für die AfD-Fraktion stellt der Abgeordnete Bothe. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der angekündigten Gespräche mit dem Jugendamt HamelnPyrmont: Welche Ergebnisse haben denn diese Gespräche bislang gehabt, und welche sich daraus ergebenden Maßnahmen möchte das Sozialministerium ergreifen?

Vielen Dank.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das wa- ren zwei Fragen!)

Das waren eindeutig zwei Fragen, Herr Bothe.

(Stephan Bothe [AfD]: Genau!)

- Ganz genau. Aber Sie haben es jetzt ja auch selber festgestellt. Deswegen haben wir hier keinen strittigen Punkt. Wir vermerken das hier so im Protokoll.

(Thomas Adasch [CDU]: Sehr gut aufgepasst, Frau Präsidentin!)

Frau Ministerin Dr. Reimann antwortet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eines vorausschicken: Dieser Fall ist einer der größten Missbrauchsfälle in Deutschland. Ich will noch einmal sagen, dass hinter jedem einzelnen Fall ein Schicksal eines Menschen, eines Kindes, steht. Diese Kinder haben großes Leid erfahren. Das kann keiner wiedergutmachen.

Jeder Fall von Kindesmissbrauch ist einer zu viel. Dieser Fall - ob das nun „Lüdge“ oder „Lüchde“ ausgesprochen wird - ist einer der größten Missbrauchsfälle in Deutschland. Jetzt ist eine konsequente Aufklärung erforderlich. Wir sind im Gespräch mit dem Jugendamt des Landkreises Hameln-Pyrmont, der dortigen Verwaltungsleitung und dem zuständigen Ministerium in NRW.

Sobald die Staatsanwaltschaft Ergebnisse und erste Einschätzungen vorlegt, werden wir diese mit dem Landkreis Hameln und dem zuständigen Ministerium in NRW bewerten.