Protocol of the Session on December 13, 2017

Klar ist auch: Es werden weitere Anträge Ihrerseits folgen, das nächste Pflanzenschutzmittel zu verbieten, das nächste Herbizid zu verbieten - aber erst wenn Sie das Glyphosat endgültig erledigt haben.

(Beifall bei der AfD)

Was Ihnen vorschwebt, ist ein Verbot von allem, was irgendwie nach Chemie klingt. Das wird sich

aber nicht umsetzen lassen, wenn wir erwarten, dass unsere Landwirte hier in Niedersachsen noch irgendwie konkurrenzfähig produzieren sollen,

(Zustimmung bei der AfD)

es sei denn, Sie und Ihre Anhänger gehen alle los und hacken in jeder freien Minute Unkraut.

Ein Verbot von Glyphosat würde für die Bauern ganz konkret bedeuten, dass sich die Produktion um mindestens 30 % verteuert. Es müssen, um die gleiche Wirksamkeit zu erzielen, sehr viel mehr unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden, bei denen aktuell gar nicht abgeschätzt werden kann, wie diese wechselwirken und wie sie Flora und Fauna belasten werden. Schon jetzt aber ist bekannt, dass die anderen Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen ein höheres Risiko mit sich bringen, dass Pflanzen Resistenzen entwickeln.

Das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen sagt dazu:

„Glyphosat ist ökotoxikologisch günstiger einzustufen als etliche andere chemischsynthetische Herbizide“.

Bei der Bekämpfung bestimmter Unkräuter könne Glyphosat derzeit nicht durch andere Herbizide ersetzt werden.

Zum Thema „mechanische Bodenbearbeitung“ wurde schon einiges gesagt. Themen wie Bodenverdichtung und Bodenerosion dürften hinlänglich bekannt sein.

Wie eben erwähnt, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung festgestellt, dass Glyphosat wohl nicht krebserregend ist. Interessanterweise stellt das genannte Institut auch fest, dass Bauern selbstverständlich am meisten mit Glyphosat in Kontakt kommen, und eine höhere Krebserkrankungsrate bei Landwirten ist Gott sei Dank nicht feststellbar.

Wenn jetzt hier der Antrag gestellt wird, Niedersachsen als „Agrarland Nummer eins muss sich geschlossen gegen Glyphosat einsetzen“, dann ist mir unverständlich, woher Sie diese Geschlossenheit nehmen wollen, da viele Landwirte, unser aller Wähler - die Branche ist der zweitgrößte Arbeitgeber in Niedersachsen -, momentan den Einsatz von Glyphosat für alternativlos halten.

(Beifall bei der AfD)

Diese Menschen haben uns alle gewählt, dass wir hier gute Entscheidungen treffen für Niedersachsen, für die Landwirte und für alle anderen. Und

Sie fordern uns jetzt dazu auf, geschlossen gegen die Interessengruppe der Landwirte zu stimmen? Wir sind nicht bereit, uns gegen die Interessen der Landwirte zu stellen, solange Sie keine Alternativen bieten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Karin Logemann. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Alleingang von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt war in den letzten Wochen in aller Munde. Bundeskanzlerin Merkel und auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks rügten Schmidts Abstimmungsverhalten deutlich. Es gibt klare Absprachen für solche Prozesse. Die hat Minister Schmidt gebrochen. Damit hat er Vertrauen schwer beschädigt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Genau! Er muss zurücktreten!)

Was aber gar nicht geht, ist, Minister Schmidt Morddrohungen zu schicken. Hier hat auch Umweltministerin Hendricks umgehend gehandelt und mit einem Treffen ein Zeichen gegen Drohungen und Gewalt und für friedliche, inhaltliche Auseinandersetzung gesetzt. Nur wer keine Argumente hat, greift zur Androhung von Gewalt.

Zum Thema! Der Unkrautvernichter Glyphosat ist für weitere fünf Jahre zur Nutzung in der EU zugelassen - eine Tatsache, mit der wir umgehen müssen. Tatsächlich ist der Einsatz von Glyphosat vor allem in Europa umstritten. Das Pflanzenschutzmittel, das vom US-amerikanischen Konzern Monsanto 1974 entwickelt wurde, ist weltweit zur Vernichtung von Unkraut und Gräsern in der Landwirtschaft zum Einsatz gekommen. Allein in Deutschland werden jährlich 5 000 t des Mittels auf 40 % der Ackerflächen aufgebracht. Das zeigt eine Studienanalyse der Universität Gießen.

Glyphosat steht im Verdacht, in Nahrungsmittel zu gelangen und Krebs auszulösen; bewiesen ist das allerdings nicht. Auch mögliche Schäden für Tiere und Umwelt werden immer wieder debattiert.

Wo ausschließlich Nutzpflanzen wachsen, finden Insekten schwer Nahrung, bzw. die Insekten ster

ben schon durch das, was eigentlich nur das Unkraut beseitigen soll. Damit wird dann wiederum Vögeln die Nahrungsgrundlage entzogen. Eine intakte Nahrungskette ist grundsätzlich für das Leben auf unserer Erde notwendig. Jeder Eingriff in das fein gesponnene ökologische Netz muss wohlüberlegt sein. Solche Eingriffe enden nicht selten in Problemen für Mensch, Tier- und Pflanzenwelt. Mit anderen Worten: Ob Glyphosat direkt für den Menschen schädlich ist oder nicht, ist augenscheinlich streitig - ob es der Umwelt allgemein schadet, nicht. Artenvielfalt ist für uns ebenso wichtig wie die Erzeugung von gesunden Lebensmitteln.

(Beifall bei der SPD)

Bundesumweltministerin Hendricks hat nun angekündigt, prüfen zu lassen, inwieweit die Nutzung von Glyphosat in Deutschland eingeschränkt werden kann. Ein gesetzliches Verbot in Deutschland ist aufgrund der EU-Erlaubnis nicht so einfach umsetzbar. Was aber möglich ist, ist eine weitere Beschränkung der Nutzung.

Ich möchte es betonen: Wir wollen ein Verbot von Glyphosat nach dem Ablauf der genehmigten fünf Jahre. In den kommenden Jahren muss es nun darum gehen - auch das ist angesprochen und gefordert worden -, Alternativen für unsere Landwirte zu entwickeln, Alternativen, die die Umwelt nicht unnötig belasten.

Dass da etwas geht, zeigen verschiedene Entwicklungen. Zum Beispiel schrieb das Handelsblatt schon 2015:

„Baumärkte nehmen Glyphosat aus Regalen“.

Ebenfalls 2015 - auch das wurde schon gesagt - erklärte der damalige Landwirtschaftsminister Meyer:

„Niedersachsen hat per Erlass die Ausnahmegenehmigungen für den Glyphosat-Einsatz auf kommunalen Flächen wie Parks und Spielplätzen erheblich eingeschränkt, und schon im vergangenen Jahr wurde das sogenannte Totspritzen von Getreide kurz vor der Ernte wegen möglicher Rückstände untersagt.“

Die aktuelle Pressemitteilung der Molkerei Berchtesgadener Land lautet:

„Mit sofortiger Wirkung wird die Anwendung jeglicher Totalherbizide in der Grünland- und Ackerbaubehandlung verboten.“

Für die 1 800 Mitglieder der Genossenschaft gilt das Glyphosat-Verbot damit ab sofort. Geschäftsführung und Vorstand dieser Molkerei sind sich einig:

„Es gibt in unserem Milcheinzugsgebiet keine Notwendigkeit, ein Totalherbizid einzusetzen, dessen wissenschaftliche Bewertung hinsichtlich Auswirkungen auf Mensch und Umwelt kontrovers ist.“

Ein weiteres Beispiel ist - auch das wurde schon gesagt - die Samtgemeinde Artland.

„Gemeinderat entscheidet: Kein Glyphosat im Artland …

Seit Donnerstagabend“

- vergangener Woche -

„steht fest: Die Samtgemeinde Artland bei Osnabrück verbietet den Einsatz des umstrittenen Pflanzenschutzmittels auf“

- gemeindeeigenen -

„Flächen, die von der Kommune verpachtet werden.“

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das sind gute Nachrichten, ausdrücklich zur Nachahmung zu empfehlen, wie ich finde.

Wir wollen den schrittweisen Ausstieg und keine Verlängerung nach fünf Jahren. Im Dialog mit Landwirtschaft, Wissenschaft und Verbrauchern wollen wir Alternativen entwickeln, bei einer parallel stattfindenden Einschränkung des Gebrauchs.

Eines ist aber klar: Den Landwirten darf nicht die Lebensgrundlage entzogen werden. Hier muss auch in der Gesellschaft ein Umdenken stattfinden. Ansprüche an die Produktion von Lebensmitteln gehen nicht selten mit einem erhöhten Aufwand einher; es kann teurer werden. Da stellt sich die Frage: Wie viel ist uns das wert?

Ich bin davon überzeugt: Artenschutz, gesunde und nachhaltige Lebensmittelproduktion, wirtschaftliche Landwirtschaft, Tierschutz und Verbraucherschutz sind zusammen möglich und für die Zukunft nötig.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)