Protocol of the Session on December 13, 2017

Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Für die Fraktion der CDU hat sich Kollege Helmut DammannTanke gemeldet. Herr Dammann-Tanke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zukünftige Generationen von Politikwissenschaftsstudenten werden, wenn sie die gesellschaftspolitische Debatte in der Bundesrepublik Deutschland um den Wirkstoff Glyphosat einmal wissenschaftlich bearbeiten, ein Musterbeispiel dafür vorfinden, wie eine solche gesellschaftliche Debatte geführt werden kann und dass am Ende dieser Debatte - von mir geschätzt - 80 % unserer bundesrepublikanischen Gesellschaft in dem Wirkstoff Glyphosat das Grundübel schlechthin sehen.

(Beifall bei der AfD)

Diese Debatte ist gestartet worden über Glyphosat in der Muttermilch. Das war wenig verfänglich, weil es ja nur einen kleinen Teil der Gesellschaft betrifft. Dann kamen Meldungen über Glyphosat im Bier. Machen wir uns nichts vor: Auf der Strecke geblieben ist jedwede wissenschaftliche Fach- und Sachkompetenz.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Bezogen hat man sich immer auf die Internationale Agentur für Krebsforschung, eine Einrichtung der WHO. Meine Damen und Herren, sehen Sie es mir nach: Ich werde versuchen, eine kleine Lehrstunde zu geben, um wieder ein bisschen Fach- und Sachverstand in die Diskussion zu bringen.

Ich habe hier ein wunderbares niedersächsisches Produkt, das ich persönlich sehr, sehr schätze, das seit Generationen in Niedersachsen hergestellt wird.

(Der Redner stellt eine Likörflasche auf das Redepult)

Es enthält 56 gesunde Kräuter, aber es hat einen kleinen Haken: Es enthält auch 35 % Alkohol. Alkohol ist definitiv krebserregend, von der Internati

onalen Krebsagentur in die höchste Kategorie, Kategorie 1, eingestuft.

Aber wir können ja weitergehen und uns auch im Kollegenkreis umschauen.

(Der Redner stellt eine Zigaretten- schachtel auf das Redepult)

Da haben wir natürlich einige, die trotz der Warnung „Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs“ den Stoff Nikotin weiter aufnehmen, der ebenfalls in die Kategorie 1, „höchstes Krebsrisiko“, eingestuft ist.

Wir können uns, wenn wir es denn wollen, auch darüber unterhalten, dass gepökeltes und weiterverarbeitetes Fleisch in die gleiche Kategorie fällt. Jeder möge sich einmal fragen, was er heute Morgen zum Frühstück zu sich genommen hat.

Da wir heute Morgen zu Beginn der Plenarsitzung wunderbaren Sonnenschein hatten, sollten wir uns alle vor Augen führen, dass UV-Strahlung in die höchste Krebskategorie, die Kategorie 1, eingestuft ist, und wir sofort diesen Raum verdunkeln müssten, um uns nicht diesem Risiko auszusetzen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Jetzt wird es albern!)

Jetzt komme ich zum eigentlichen Kern des Themas, zu diesem Wirkstoff, wobei ich den Produktnamen selbstverständlich abgeklebt habe. Aber nahezu jedes Kind kennt ihn mittlerweile: der Wirkstoff heißt Glyphosat.

Er ist dahin gehend eingestuft worden, dass er im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Ohne Zweifel ist das richtig so. Aber wirklich ernst zu nehmende Wissenschaft bringt das Risiko eines Wirkstoffs in eine Relation zu dem Risiko, dem der Konsument sich ausgesetzt sieht, mit diesem Wirkstoff in Berührung zu kommen.

Deshalb liegt unser Bundesamt für Risikobewertung - übrigens ein Haus, das zurzeit einer grünen zuständigen Ministerin in Berlin eingerichtet wurde - richtig, wenn man dort sagt: Wir sehen bei sach- und bestimmungsgemäßer Anwendung nach derzeitigem Stand der Wissenschaft kein krebserregendes Risiko.

Meine lieben Kollegen von den Grünen, wenn Sie im Frühjahr dieses Jahres in Göttingen den March for Sience mitmachen und für eine freie Wissenschaft eintreten, dann erwarte ich einfach von Ihnen, dass Sie auch anderslautende wissen

schaftliche Ergebnisse zur Kenntnis nehmen und akzeptieren.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei der AfD)

Um aber keine Zweifel aufkommen zu lassen: Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass man diese gesellschaftspolitische Debatte noch einmal drehen könnte. Das wäre sehr naiv. Ich bin 15 Jahre lang in der Politik. Ich weiß, wie weit sie fortgeschritten ist.

Es geht jetzt um die Frage, in welchen Anwendungsbereichen wir eventuell auch zukünftig diesen Wirkstoff noch benötigen.

Liebe Frau Kollegin Staudte, Sie haben Fragen gestellt. Sie haben beispielsweise erwähnt, mechanische Unkrautbekämpfung sei das Mittel der Wahl.

Ich habe einmal zur Veranschaulichung ein Gras mitgebracht - nicht das Gras, an das die Grünen jetzt vielleicht denken,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der AfD)

sondern Gemeine Quecke aus der nordwestdeutschen, niedersächsischen Tiefebene. Genau für dieses Ungras ist der Wirkstoff Glyphosat einmal entwickelt worden - nicht für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, die wir in Deutschland nicht anbauen dürfen -, der aber in Süd- und Nordamerika das Schmiermittel für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ist. Wenn wir uns in dieser Richtung auf den Weg machen, bin ich sogar auf Ihrer Seite. Der Wirkstoff ist ursprünglich für dieses Gras entwickelt worden.

Jetzt kommen wir zur mechanischen Behandlung, Frau Kollegin Staudte. Es geht um unterirdische Rhizome, Wurzelausläufer. Wenn Sie da mechanisch reingehen, machen Sie aus einer Pflanze zwei Pflanzen, aus zwei Pflanzen drei, aus vier Pflanzen sechs. Wissen Sie, was Ihre Mechanik da macht? - Queckenvermehrung!

(Beifall bei der CDU und bei der AfD sowie Zustimmung bei der SPD und bei der FDP)

Dann muss ich Ihnen sagen: Ich habe ja die Gnade der frühen Geburt. Ich habe Ihnen ein bisschen Lebenserfahrung voraus.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Ich habe Landwirtschaft gelernt, als Glyphosat noch sehr, sehr teuer war. Es wurde nur im Ausnahmefall eingesetzt. So junge Azubis wie ich mussten mechanisch versuchen, dieses Unkraut Quecke auszuhungern. Wissen Sie, wie wir das gemacht haben? - Jeden Tag mit der Egge darüber! Ich weiß nicht, wieviel Feinstaub wir bei trockener Witterung in unsere Lungen aufgenommen haben.

Herr Kollege, die fünf Minuten Redezeit sind überschritten.

Vorletzter Satz: Eines müssten Sie angesichts der Witterung in diesem Jahr auch mitbekommen haben. Sie hätten in diesem Jahr, bei dieser Nässe 365 Tage, 24 Stunden, rund um die Uhr, mit Ihrer mechanischen Anwendung über die Flächen fahren können. Da immer genügend Wasser da gewesen wäre, hätte sich die Quecke immer weiter fleißig vermehrt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei der AfD sowie Zustimmung bei der SPD - Johanne Modder [SPD]: Sonst noch wer?)

Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Da liegen noch ein paar Reste auf dem Redepult.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Sie wissen ja, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gibt es strenge Regeln zum Product Placement. Entweder ist es verboten oder man muss Geld dafür bezahlen. Nun weiß ich nicht, wie wir damit umgehen. Aber, ich denke, wenn es der Anschaulichkeit des Vortrages dient, dann können wir ganz gut damit leben.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD] - Zurufe von der CDU)

- Warten wir einmal ab, was heute Abend in den Fernsehsendungen von diesen Produkten wiedererkannt wird.

(Jens Nacke [CDU]: So ist das, wenn Sachkunde auf Ideologie trifft!)

Meine Damen und Herren, das Wort für die Fraktion der AfD hat die Kollegin Frau Dana Guth. Bitte sehr!

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Wir haben es ‚glyphosatt‘“ - ein interessanter Ansatz mit einem netten Wortspiel. Ich dachte bisher, für die populistischen Sprüche sind wir jetzt hier zuständig.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Genau.

Glyphosat wird zurzeit wie eine Monstranz durch die Gegend getragen und muss bei jeder passenden Gelegenheit für einen Aufreger herhalten. Das ist für uns ein ganz wunderbares Beispiel dafür, wie mit grüner Ideologie faktenfrei Politik gemacht wird. Es gab das Waldsterben, den sauren Regen, die Atomkraft, die Braunkohle, die Dieselfahrzeuge. Es gibt immer schwarz oder weiß. Es gibt gut oder böse. Es gibt Windenergie gut, Atomkraft schlecht. Jetzt ist Glyphosat dran. So einfach ist die Welt. Es folgt im Grunde genommen immer dem gleichen Schema: Ein Thema wird herausgegriffen, dämonisiert und so lange in die Hirne der Empfänger eingeprügelt, bis Fakten nicht mehr zählen.

Ohne jede Frage sind Einsätze von Totalherbiziden wie Glyphosat zu untersuchen, streng zu beobachten und kritisch zu hinterfragen. Aber Fakt ist auch: In der Landwirtschaft werden seit Jahrzehnten Herbizide, Insektizide, Fungizide eingesetzt, und alle diese Stoffe fallen in den Bereich Pflanzenschutzmittel. Außer der Tatsache, dass gerade aus grüner Richtung den Landwirten immer gern und einfach unterstellt wird, sie benutzen dieses Zeug und grundsätzlich zu viel davon, regt es niemanden auf, dass auch andere Stoffe im Einsatz sind - und es sind viele.

Sollte Glyphosat verboten werden, bevor ein Mittel zur Verfügung steht, das dieses Mittel ersetzen kann und eine echte Alternative darstellt, werden halt andere Mittel zum Einsatz kommen, in Kombinationen, deren Folgen heute noch nicht abzusehen sind.

Klar ist auch: Es werden weitere Anträge Ihrerseits folgen, das nächste Pflanzenschutzmittel zu verbieten, das nächste Herbizid zu verbieten - aber erst wenn Sie das Glyphosat endgültig erledigt haben.