Protocol of the Session on January 25, 2019

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Antrag der FDP „Berufsschulen stärken“ stehen wir insgesamt positiv gegenüber. Wir sind gespannt auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. Auch wir sehen großen Beratungsbedarf in diesem Bereich.

Die Stärke des Antrags ist, dass er auf die skandalöse Situation bei der Unterrichtungsversorgung hinweist und diese thematisiert. Die Unterrichtsversorgung stellt natürlich ein wichtiges Qualitätsmerkmal dar, dessen Erhalt wir unbedingt gewährleisten müssen. Daher unterstützen wir diese Zielstellung des Antrages.

Interessant ist aber auch die Frage nach den Rechten und Pflichten mit Blick auf die Selbstverwaltung der Berufsschulen. Was soll nun mit den selbst erwirtschafteten Überschüssen passieren, und wer darf auf welche Art und Weise darüber verfügen?

Über diese Fragen möchten wir sehr gern mit Ihnen beraten. Hier wäre es einmal an der Zeit, das Schlagwort der Selbstverwaltung nicht weiter

zu konterkarieren, sondern endlich einmal mit Inhalt zu füllen.

In der Begründung des Antrages schreibt der Antragsteller weiter, dass eine Attraktivitätssteigerung der Berufsbildung, die als gewinnbringende Alternative zu einem Hochschulstudium gesehen wird, sinnvoll sei und von allen politischen Lagern gewollt werde. Dem stimmen wir zu.

Ob allerdings eine kostspielige Ausweitung der steuerfinanzierten Schülerbeförderung auf den Bereich der Sek II tatsächlich so einen wichtigen Schritt für die Steigerung von Attraktivität von Berufsschulen darstellt? - Das erschließt sich uns bisher nicht. Denn eine Ausweitung würde notwendigerweise auch für die allgemeinbildenden Schulen gelten, mit denen die berufsbildenden Schulen im Wettbewerb stehen. Somit wäre dies eher eine teure sozialpolitische Maßnahme und hätte keinen Einfluss auf die Attraktivitätssteigerung der Berufsbildung.

Eine Steigerung der Attraktivität erreichen wir aus unserer Sicht vielmehr durch eine entsprechende Qualität der Berufsbildung, durch eine Vernetzung von Schulen und Wirtschaft und vor allem durch eine höhere gesellschaftliche Anerkennung praktischer Berufe.

Wir sollten unserer Jugend vermitteln, dass ihnen die Berufsbildung und -ausbildung Aufstiegsmöglichkeiten, ein auskömmliches Gehalt in der Zukunft und einen sicheren Arbeitsplatz bieten. Die Hauptprobleme für Berufsschulen sind - neben der finanziell stiefmütterlichen Behandlung auch durch diese Landesregierung - vor allem der Akademisierungswahn und das fehlende Prestige einer Berufsausbildung gegenüber einem Studium.

(Beifall bei der AfD)

Vielleicht wäre es notwendig, darüber zu diskutieren, den Zugang zu bestimmten Studiengängen von einer abgeschlossenen Berufsausbildung abhängig zu machen. Damit würden wir auch den Tendenzen einer Abkoppelung von Theorie und Praxis entgegenwirken. Gern möchten wir uns im Ausschuss darüber informieren und mit den anderen Parteien austauschen, was sicherlich auch möglich sein wird - es sei denn, FDP, Grüne, SPD und CDU wollen an der Praxis des informellen Parallelausschusses festhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Auch Ihnen vielen Dank.

Wir sind damit mit der Beratung am Ende und kommen zur Ausschussüberweisung.

Vorgeschlagen wird, diesen Antrag in den Kultusausschuss zu überweisen und im Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberaten zu lassen. Wer das so möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Die gibt es nicht. Dann können wir in der Tagesordnung fortfahren.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 32: Erste Beratung: Verwaltung reformieren statt aufblähen - Chancen der Digitalisierung nutzen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/2565

Zur Einbringung steht jetzt schon der Kollege Christian Grascha vor mir.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus unserer Sicht ist jetzt tatsächlich die Zeit gekommen, die niedersächsische Verwaltung umfassend zu reformieren. Die Chancen der Digitalisierung müssen genutzt werden, um die Verwaltung effizient aufzustellen, um tatsächlich einen schlanken und handlungsfähigen Staat zu haben. Denn wir haben von den Bürgerinnen und Bürgern, von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern das Steuergeld treuhänderisch bekommen. Deswegen ist es an der Zeit, dass wir das Steuergeld sorgsam und entsprechend effizient einsetzen.

Deshalb haben wir uns auch darüber gefreut, dass dieser Punkt im Koalitionsvertrag von SPD und CDU mitaufgegriffen wurde. Ich darf einmal zitieren:

„Eine Regierungskommission wird beauftragt, zeitnah unsere Verwaltung unter Einbeziehung wissenschaftlicher Expertise einer Revision zu unterziehen und Vorschläge zu ihrer Vereinfachung und Optimierung zu erarbeiten.“

Jetzt machen wir einmal den Realitätscheck - nur mit zwei Punkten.

Da steht das schöne Wort „zeitnah“. Die Unterschriften unter den Koalitionsvertrag liegen jetzt immerhin schon 14 Monate zurück. Das heißt, 14 Monate nach Unterschreiben des Koalitionsvertrages unterhalten wir uns darüber, und jetzt hat das Kabinett beschlossen, dass eine Regierungskommission eingesetzt wird.

Zeitnah - da könnte man ja sagen: Gut, wenn die Kommission in den nächsten Monaten tatsächlich Ergebnisse erzielt, dann könnte man die noch im Laufe dieser Legislaturperiode umsetzen. Aber dem ist nicht so; denn nach der Definition durch SPD und CDU heißt „zeitnah“, dass das frühestens 2021 im Haushalt Früchte tragen wird. Ich habe vorhin einem gegoogelt: Auf duden.de heißt „zeitnah“ „schnell und gegenwartsnah“. Das ist aber alles andere als schnell und gegenwartsnah, sondern ziemlich lahm, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie Zustim- mung von Peer Lilienthal [AfD])

Dann heißt es, dass „unsere Verwaltung einer Revision zu unterziehen“ ist. Unsere gesamte Verwaltung? - Nein, natürlich nicht die gesamte Veraltung, sondern wenn man sich einmal den Beschluss des Kabinetts ansieht, stellt man fest: Die Verwaltung abzüglich der Bereiche Polizeiverwaltung, Steuerverwaltung, Schulverwaltung, Justizverwaltung, Hochschulverwaltung, das Staatliche Baumanagement ist ausgenommen, die Straßenbauverwaltung ist ausgenommen, die Naturschutzverwaltung ist ausgenommen, die Wasserwirtschaftsverwaltung ist ausgenommen, die Gewerbeaufsichtsverwaltung ist ausgenommen, und wenn in weiteren Organisationseinheiten zukünftig noch Veränderungen anstehen, sind auch diese ausgenommen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Es wäre wohl einfacher gewesen, zu schrei- ben, was enthalten ist!)

Da bleibt also relativ wenig übrig, was Sie reformieren wollen. Wahrscheinlich ist die Regierungskommission am Ende größer als der Bereich, den Sie innerhalb der Verwaltung tatsächlich reformieren wollen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Peer Lilienthal [AfD])

Die Kritik des Bundes der Steuerzahler ist deswegen völlig richtig. Er hat aufgriffen, das 83 % - und dabei sind die Ausnahmen, die ich zuletzt genannt habe, noch gar nicht berücksichtigt - der Beschäftigten aus der Arbeit der Regierungskommission ausgenommen sind. Wenn es nicht so traurig wäre, meine Damen und Herren, könnte man tatsächlich meinen, es wäre ein Scherz.

Die öffentliche Kommentierung ist auch ziemlich eindeutig. Der Rundblick kommentiert das beispielsweise am 17. Januar 2019 mit „mickrig“ und „peinlich“. Diese Regierungskommission wird nur eine Kommission der reinen Selbstbeschäftigung sein. Diese Kommission spart nichts ein, sondern diese Kommission kann man sich sparen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Peer Lilienthal [AfD])

Langsam und mickrig geht es zu, wenn man die Verwaltung reformieren will. Schnell und großzügig allerdings geht es zu, wenn man sich parteipolitisch bedienen will. Das haben wir am Anfang der Legislaturperiode bei den 100 zusätzlichen Stellen gesehen. Zu diesen 100 zusätzlichen Stellen ist im Beschluss des Kabinetts kein Wort zu finden. Ich interpretiere das so, dass wir dort frühestens 2021 zu Veränderungen kommen werden. Wir fordern Sie, SPD und CDU und vor allem den Finanzminister, noch einmal auf, dass diese 100 Stellen mit dem Haushaltsplan 2020 endlich wieder zurückgeführt werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Wir schlagen in unserem Entschließungsantrag vor, das Ganze breiter, schneller und vor allem auch intensiver aufzustellen. Wir fordern beispielsweise, dass die Regierungskommission nicht vom Chef der Staatskanzlei geleitet wird, sondern von einem unabhängigen Experten, der tatsächlich jenseits der parteipolitischen Auseinandersetzung steht und politisch selbstständig ist, um tatsächlich fachlich gute Vorschläge zu machen. Bei allem Respekt, Herr Mielke, das trauen wir Ihnen nicht zu.

(Wiard Siebels [SPD]: Also, wirklich!)

Außerdem fordern wir - weil wir immer wieder erleben, dass die Fraktionen im Landtag dieses Thema debattieren -, dass sie einbezogen werden. Denn am Ende darf die Verwaltung nicht Teil der tagespolitischen Auseinandersetzung sein, sondern wir streben einen Verwaltungsfrieden an.

Deswegen sollten die Fraktionen an der Regierungskommission beteiligt werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Zu den 100 Stellen habe ich schon etwas gesagt.

Außerdem ist es uns wichtig, dass tatsächlich eine Aufgabenkritik durchgeführt wird. Das wird in dem Beschluss der Regierung ein bisschen angedeutet. Wir fordern aber ganz klar, dass wir zu einer Reorganisation und zu einer Optimierung und gegebenenfalls zu einer Kommunalisierung oder einer Privatisierung von Aufgaben kommen. Das alles muss auf den Tisch und entsprechend geprüft werden. Dazu gehört dann natürlich auch ein ordentliches Vorschlagswesen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesverwaltung.

(Glocke der Präsidentin)

Zum Schluss, Frau Präsidentin, möchte ich sagen: Seit 2013 warten wir auf die Aufgabenkritik der Vorgängerregierung. Am Anfang hieß es, dort werden Stellen entsprechend eingespart. Zum Schluss haben unsere Anfragen ergeben, dass uns gesagt wurde: Na ja, in Wahrheit könnte eine solche Aufgabenkritik sogar zu einer Stellenmehrung führen. - Insofern können wir ja dankbar sein, dass sie nicht durchgeführt wurde. Aber seit 2013 warten wir darauf. Jetzt haben wir eine Kommission der Selbstbeschäftigung.

Ich glaube und wir sind der festen Überzeugung, dass Niedersachsen nun endlich eine vernünftige Verwaltungsreform braucht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke Ihnen, Herr Kollege Grascha. - Für die AfDFraktion erhält jetzt Herr Peer Lilienthal das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Alle menschlichen Einrichtungen sind unvollkommen - am allermeisten staatliche.“ Das ist nicht von mir, sondern von Otto Fürst von Bismarck.

Das Zitat passt in unsere Zeit; vielleicht passt es in jede Zeit, seitdem menschliche Kulturen entstanden sind und Verwaltung eine Rolle gespielt hat. Die Verwaltung befindet sich - im Moment jedenfalls - in einem Transformationsprozess. Die Inno

vation und der technische Fortschritt galoppieren der Verwaltung im Moment davon. Ich bin kein Historiker, aber das wird wahrscheinlich schon immer so gewesen sein. Ich stelle mir das so vor, dass auch zehn Jahre nach Einführung des Buchdrucks Steuerbescheide noch in Steintafeln gemeißelt und verschickt wurden. Auch 20 Jahre nach der Erfindung des Computers wurden Einspruchsentscheidungen mit der Schreibmaschine geschrieben. So ähnlich war das im Übrigen durchaus.