Protocol of the Session on December 13, 2018

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Lilienthal. - Für die Landesregierung erhält nun der Herr Finanzminister das Wort zur Beantwortung. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Grundsteuer ist mit rund 14 Milliarden Euro eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der Kommunen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10. April 2018 die Wertermittlung für die Grundsteuer als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Hauptkritikpunkt war, dass die zugrunde gelegten Einheitswerte die tatsächliche Wertentwicklung nicht mehr in ausreichendem Maße widerspiegeln. Spätestens bis zum 31. Dezember 2019 muss der Gesetzgeber eine Neuregelung treffen, die eine realitätsgerechte Besteuerung auch im Verhältnis der Grundstücke zueinander gewährleistet. Für die administrative Umsetzung der Steuer hat das Gericht eine weitere Frist bis zum 31. Dezember 2024 gesetzt. Die Schaffung einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer ist daher geboten und steht zudem unter erheblichem zeitlichen Druck.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Welches der durch das BMF eingebrachten Modelle präferiert die Landesregierung?

Für die anstehenden Diskussionen mit den Ländern hat das Bundesfinanzministerium zwei unterschiedliche Bewertungsansätze eingebracht:

Erstens ein wertunabhängiges Modell, das an der Fläche der Grundstücke und der vorhandenen Gebäude ansetzt. Die Gebäudefläche soll dabei in einem vereinfachten Verfahren ermittelt werden, das sich z. B. an den Geschossflächen orientiert. Auf die so ermittelten Flächen von Grund und Boden sowie Gebäude werden anschließend besondere Faktoren angewandt, die nach Art der Gebäudenutzung unterscheiden und für Wohngrundstücke niedriger ausfallen als für Geschäftsgrundstücke. Die Werte der Grundstücke und Gebäude bleiben in diesem Modell unberücksichtigt.

Das Modell basiert auf vergleichsweise einfachen Berechnungen. Es führt im Ergebnis dazu, dass bei Immobilien, die ähnlich große Flächen aufweisen, auch ähnliche Grundsteuerzahlungen fällig werden. Der Wert und das Alter der Gebäude blei

ben dabei unberücksichtigt. Es führt außerdem dazu, dass die Steuerpflichtigen nur noch ein einziges Mal zur Abgabe einer Steuererklärung in einer vereinfachten Form verpflichtet werden und danach die Besteuerung automatisch erfolgen kann.

Zweitens das wertabhängige Modell, das am Wert der Immobilie ansetzt. Dazu sind die Werte von Grund und Boden sowie von Gebäuden anhand bestimmter vereinfachter Verfahren zu ermitteln. Für unbebaute Grundstücke ergibt sich der Wert durch Multiplikation der Fläche mit dem aktuellen Bodenrichtwert. Bei bebauten Grundstücken erfolgt die Bewertung im sogenannten Ertragswertverfahren.

Das Ertragswertverfahren eines Grundstücks wird im Wesentlichen auf der Grundlage der tatsächlich vereinbarten Nettokaltmieten unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes ermittelt. Außergewöhnlich hohe oder niedrige Mieten werden der statistischen Durchschnittsmiete angenähert. Bei selbstgenutzten Wohngebäuden wird eine statistische Durchschnittsmiete angesetzt, die nach regionalen Mietniveaus gestaffelt ist. NichtWohngrundstücke wie z. B. Geschäftsgrundstücke können häufig mangels vorhandener Mieten nicht im Ertragswertverfahren bewertet werden. Für diese gilt ein vereinfachtes Sachwertverfahren, das die Herstellungskosten der Gebäude als Ausgangsbasis nimmt und den Wert des Grundstücks mit berücksichtigt.

Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die der Grundsteuer A unterliegen, greift das wertabhängige Modell auf die Vorschläge zurück, die auch im Kostenwertmodell bereits vorgesehen waren.

Die Grundstückswerte für Grund und Boden sowie Gebäude und Wohnungen sollen alle sieben Jahre durch Steuererklärungen aktualisiert werden, in denen Angaben über Gebäudefläche, das Baujahr, Alter und Nutzung der Wohnung sowie Höhe der Nettokaltmiete gemacht werden müssen.

Bei der Bewertung der verschiedenen Reformmodelle ist zu beachten, dass in jedem Modell sämtliche ca. 36 Millionen Grundstücke auf den Zeitpunkt des 1. Januar 2020 neu bewertet werden müssen. Dies führt zwangsläufig zu einer Änderung der Steuerzahlungen in vielen Einzelfällen und ist auch das Ziel der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform.

(Das Handy des Redners klingelt - Zu- rufe)

- Ich weiß nicht, was daran so amüsant ist.

Herr Minister, wenn Sie zwischendurch erst rangehen wollen, würden wir so lange unterbrechen.

(Minister Reinhold Hilbers: War das mein Telefon? - Heiterkeit)

Ansonsten gilt hier im Hause der gleiche Grundsatz wie im Theater und im Konzert: Bitte vergessen Sie nach der Vorstellung nicht, Ihr Handy wieder anzustellen!

(Heiterkeit)

Bitte schön, Herr Minister!

Danke, Herr Präsident.

Bei der Bewertung der verschiedenen Reformmodelle ist zu beachten, dass in jedem Modell sämtliche 36 Millionen Grundstücke auf den Zeitpunkt des 1. Januar 2020 neu bewertet werden müssen. Dies führt zwangsläufig zu Änderungen der Steuerzahlungen in vielen Einzelfällen und ist auch das Ziel der vom Verfassungsgericht geforderten Reform.

Insgesamt soll sich das Grundsteueraufkommen durch diese Reform jedoch nicht erhöhen und nicht vermindern. Das heißt, die Be- und Entlastungen werden sich insgesamt ausgleichen. In jedem Modell kann dies auch erreicht werden.

Es gilt außerdem, dass der mit der Reform verbundene Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten ist. Es muss daher auch Ziel der Reform sein, sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den Kommunen als auch den Finanzämtern möglichst wenig Aufwand zu bereiten. Die Grundsteuer muss daher gerecht, einfach, transparent und aufkommensneutral ausgestaltet sein.

Unter den Ländern besteht Einvernehmen, dass die Grundsteuer weiterhin unter bundesgesetzlicher Regelung erhoben werden soll. Allein Bayern kann sich auch eine Regionalisierung vorstellen. Es wird angestrebt, dass sich alle Länder auf ein gemeinsames Modell verständigen. Niedersachsen hat sich daher bewusst noch nicht auf ein einzelnes Modell festgelegt, um den Weg zu einer notwendigen Einigung mit dem Bund und den ande

ren Bundesländern offenzuhalten. Das wertabhängige Modell wird derzeit geprüft.

Zu Frage 2: Mit welchen Mindereinnahmen müssen die niedersächsischen Kommunen nach Auffassung der Landesregierung unter einer neuen Grundsteuer rechnen?

Zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden besteht Einvernehmen, dass die notwendige Reform der Grundsteuer aufkommensneutral auszugestalten ist. Die Grundsteuer wird nach einem dreistufigen vereinfachten Verfahren umgesetzt. In der ersten Stufe wird der Wert des Grundstücks durch die Finanzverwaltung berechnet. In der zweiten Stufe wird dieser Grundstückswert mit einer einheitlichen Grundsteuermesszahl multipliziert. Die Messzahl wird so festgelegt werden, dass für die Summe der Grundstücke die Höhe des bisher bundesweiten Grundsteuermessbetragsvolumen wieder genau erreicht wird.

Beim wertunabhängigen Modell erfolgt dieser Schritt durch Festlegung der sogenannten Äquivalenzzahlen. Die Höhe der tatsächlich zu zahlenden Grundsteuer hängt letztlich wie bisher von der Festlegung des Hebesatzes der einzelnen Kommunen ab. Jede Kommune wird in die Lage versetzt, ihren Hebesatz so exakt festzulegen, dass sie weder Mehr- noch Mindereinnahmen hat. Die Kommunen tragen letztlich durch die Festsetzung ihrer Hebesätze die Verantwortung dafür, dass die Aufkommensneutralität auf ihrer Ebene sichergestellt wird. Es wird folglich auch für die niedersächsischen Kommunen nicht mit Mindereinnahmen gerechnet.

Bei der Anwendung der bundeseinheitlichen Steuermesszahl erleidet Niedersachsen allerdings einen Ausfall von 30 % der Grundsteuer. Das müsste durch Hebesatzanpassungen nach oben bei den niedersächsischen Kommunen ausgeglichen werden.

Zu Frage 3: Wie bringt sich die Landesregierung in den Entscheidungsprozess ein?

Derzeit erfolgt eine intensive fachliche Bewertung der vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Modelle. Gemeinsam mit weiteren Ländern hat Niedersachsen auf der Ministerebene dem Bundesfinanzminister einen Fragenkatalog zur Klärung der aufgeworfenen Fragen aus dem vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Modell gegeben. Parallel dazu finden Erörterungen sowohl auf der

Fachebene als auch auf der politischen Ebene statt, an denen Niedersachsen beteiligt ist.

Darüber hinaus hat Niedersachsen eine koordinierende Rolle hinsichtlich der organisatorischen und informationstechnischen Umsetzung der Reform übernommen. Ziel ist es, ein gemeinsames Modell zu finden, das die erforderlichen Mehrheiten im Deutschen Bundestag und im Bundesrat erhält und sich innerhalb des vom Verfassungsgericht vorgegebenen Zeitrahmens umsetzen lässt. Niedersachsen möchte die Chance nutzen, ein verfassungsfestes Modell zu finden, das von Bürokratie entlastet, statt neue Bürokratie aufzubauen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister.

Bevor wir zu den Zusatzfragen kommen, möchte ich nur kurz mitteilen, dass Frau Ministerin OtteKinast aus gesundheitlichen Gründen für den heutigen Tag entschuldigt ist.

Für die erste Zusatzfrage hat sich für die CDUFraktion der Kollege Schepelmann gemeldet. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich frage die Landesregierung: Welche Konsequenz hätte es für Land und Kommunen in unserem Land, wenn ein in der Vorbereitung sehr aufwendiges Modell der Grundsteuererhebung von Bundestag und Bundesrat beschlossen würde, das nicht innerhalb der gesetzten Frist umgesetzt werden kann?

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ein Modell gefunden wird, das nicht umgesetzt werden kann, dann fehlt für die Erhebung der Grundsteuer die entsprechende gesetzliche Grundlage. Insofern würde die Grundsteuer dann das gleiche Schicksal erleiden wie die Vermögensteuer: dass sie nicht mehr erhoben werden kann und den Kommunen fehlen würde.

Herzlichen Dank. - Für die AfD-Fraktion hat sich der Kollege Lilienthal gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund, dass die neue Grundsteuer aufkommensneutral bei dem Bezugsrahmen Bundesebene sein soll und das Land keine Durchgriffsmöglichkeit auf die Gemeinden hat, frage ich die Landesregierung, wie denn für den Bezugsrahmen Niedersachsen sichergestellt werden soll, dass die Grundsteuer aufkommensneutral bleibt.

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das können wir für Niedersachsen eben nicht sicherstellen, weil dieses Modell des Bundesfinanzministers keine länderspezifischen Steuermesszahlen und Anpassungsmöglichkeiten mehr vorsieht. Denn das würde eine Verfassungsänderung erforderlich machen, und der Bundesfinanzminister hat Wert darauf gelegt, ein Modell vorzulegen, das keine Grundgesetzänderung zur Folge hat.