Protocol of the Session on December 10, 2018

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Hier ist ja mehrfach deutlich geworden, dass Rückführungen nach Syrien, die Sie, sehr geehrter Herr Kollege Ahrends, auch gefordert haben, nur nach einer Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes vorgenommen werden können. Das Auswärtige Amt hat einen neuen Bericht vorgelegt.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fredermann zu?

Das verschafft Ihnen Redezeit. - Bitte!

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Eine Einzelfallbetrachtung gibt es auch bei der Kontingentierung. Ich bitte, dass Sie das noch einmal klarstellen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Eine sehr rest- riktive!)

Selbstverständlich, Herr Kollege Fredermann, gibt es eine Einzelfallprüfung auch bei der Kontingentierung. Aber was passiert denn, wenn Sie feststellen, dass bei 1 200 Menschen schwerwiegende humanitäre Gründe für eine Familienzusammenführung sprechen?

(Belit Onay [GRÜNE]: Schon bei 1 001 wird es schwierig!)

Sagen Sie dann: „1 000 ja und 200 nicht“, und dann werden Lose oder Stöckchen gezogen? - Genau das ist doch das Problem bei der Kontingentierung. Wenn Sie das mit der Einzelfallprüfung ernst meinen, dann dürfen Sie beim Familiennachzug keine Obergrenze definieren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Kollege Ahrends, ich möchte jetzt noch auf Ihre Forderung einer Rückführung nach Syrien eingehen. Das ist ja im Rahmen der Innenministerkonferenz diskutiert worden. Vom Auswärtigen Amt ist ein neuer Lagebericht vorgelegt worden, und danach sind derzeit keine Rückführungen nach Syrien möglich - auch nicht analog zu dem Verfahren bei Afghanistan, wohin Straftäter abgeschoben werden.

Ich will an dieser Stelle sehr klar sagen, sehr geehrter Kollege Ahrends: Es ist ja schön und gut, dass Sie nach Syrien fahren und dass Herr Assad sagt: „Bei uns ist doch alles in Ordnung; die Oppositionellen können ruhig wiederkommen, denen passiert bei uns überhaupt nichts!“

(Belit Onay [GRÜNE]: Das ist doch absurd!)

Aber ich, sehr geehrter Herr Kollege Ahrends, vertraue der Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes mehr als der Lageeinschätzung der AfD und von Herrn Assad.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Als Nächster spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Onay. Sie haben das Wort, Herr Onay.

Ganz herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es heute früh schon gehört: Heute ist der Tag der

Menschenrechte. Und zu den Menschenrechten gehört auch das völkerrechtliche Prinzip der Familieneinheit - Artikel 16 Abs. 3 Dublin-III-Verordnung. Insofern bleibt die AfD mit ihrem Antrag ihrem familienfeindlichen und menschenrechtlich fragwürdigen Kurs unter dem Strich treu.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es wurde schon viel Wichtiges zu dem Antrag gesagt - auch dazu, warum wir ihn ablehnen. Ich will aber noch einmal etwas zu dem Kompromiss auf Bundesebene sagen.

Wenn man etwas polemisch sein wollte, könnte man fast sagen: Eigentlich dürften wir den Antrag gar nicht ablehnen, sondern wir müssten ihn für erledigt erklären. Denn wenn man sich die Zahlen auf Bundesebene einmal anschaut - das ist schon angeklungen -, dann ist das Bild doch sehr, sehr bitter, auch wenn man bedenkt, dass der subsidiäre Schutz, der eigentlich gar keinen Familiennachzug ausgelöst hatte, den Familiennachzug jetzt wieder ermöglicht. Denn der subsidiäre Schutz ist auf politischen Willen des damaligen Innenministers de Maizière auf die Gruppe der syrischen Flüchtlinge ausgeweitet worden, aber der Familiennachzug für diese Gruppe ist ausgesetzt worden.

Unter dem Strich wurden laut den Zahlen auf Bundesebene statt 1 500 Visa, die es laut Kontingent in den ersten beiden Monaten hätte geben können, gerade einmal 112 Visa erteilt - nicht einmal ein Zehntel der möglichen Visa in den ersten anderthalb Monaten. Und in einer Antwort der Landesregierung - Drucksache 18/1970 - auf eine Anfrage von meiner Fraktion und mir zum Thema „Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten“ steht, dass gerade einmal 13 Familienangehörige solche Visa erhalten haben und nach Niedersachsen eingereist sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dann ist auch eine Einzelfallbetrachtung, Herr Kollege Fredermann, nichts mehr wert, wenn man sieht, wie wenige Einzelfälle es tatsächlich gibt.

Ganz bitter ist - darauf ist die Presseberichterstattung der letzten Tage noch eingegangen -, dass das Auswärtige Amt sogar die Botschaften anweist, gerade bei minderjährigen Geflüchteten ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs nicht anzuwenden, wonach dieser Personengruppe und ihren Familien ein besonderer Schutz zukommt. In der Folge werden Kinder von ihren Eltern getrennt. Meine sehr geehrten Damen und

Herren, insofern ist der Tag der Menschenrechte wirklich ein bitterer Tag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Innenminister Pistorius. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bereits ausgeführt worden: Der Kompromiss der Großen Koalition sah eine sehr begrenzte Zahl von Fällen für den geregelten Familiennachzug vor. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich mir eine höhere Zahl gewünscht hätte.

Festzuhalten bleibt aber angesichts des Entschließungsantrags von der AfD: So wie die Union damals höhere Zahlen befürchtete und deshalb die Zahl nach unten drückte, ignoriert die AfD hier die tatsächlichen Zahlen und suggeriert eine Massenzuwanderung auf diesem Weg. Das ist schlicht und ergreifend nur noch mit dem Wort „hanebüchen“ zu beschreiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zu den Gründen, aus denen dieser Entschließungsantrag abzulehnen ist, wurde bereits hinreichend von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern ausgeführt. Ich will die Zahlen nicht wiederholen, aber es ist erkennbar geworden: Weniger als 700 erteilte Visa innerhalb von drei Monaten - das ist die Realität des Familiennachzugs, meine Damen und Herren.

In dem Entschließungsantrag dagegen wird nun suggeriert, die gesetzlichen Regelungen führten zu unbegrenzter Zuwanderung - auch durch die Härtefallregelungen. Die genannten Zahlen und Fakten belegen aber nun sehr eindrucksvoll, wie weit das wieder einmal von der Wirklichkeit entfernt ist.

Hinter dem Antrag stehen wieder die schon bekannte Panikmache und das Schüren von Ressentiments gegenüber Flüchtlingen - nicht mehr und nicht weniger, meine Damen und Herren. Das Schlimme ist: Der Antrag richtet sich gegen diejenigen, die in besonderer Weise von Gewalt und Leid betroffen sind; denn wir reden hier über Men

schen aus Syrien, die den subsidiären Schutzstatus genießen, weil dort schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Ich sage in aller Deutlichkeit, was auch Herr Oetjen und andere gerade gesagt haben: Der Bericht des Auswärtigen Amts ist ebenso klar wie eindeutig. Die Tatsache, dass Sie von der AfD Aussagen von Herrn Assad und seinen Schergen mehr vertrauen als dem Lagebericht des Auswärtigen Amts, ist bezeichnend für Ihr Staatsverständnis, aber auch für das, was Zuverlässigkeit und Menschlichkeit untereinander angeht, meine Damen und Herren. An der Stelle sollten Sie sich wieder einmal schämen!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Die Forderung, dass enge Angehörige dieser schutzbedürftigen Menschen trotz dieser besonderen Gefahren generell kein Recht auf ein gemeinsames Familienleben haben sollen, ist schlicht und ergreifend menschenfeindlich. Hinzu kommt - das ist deutlich geworden -: Die Situation in Syrien ist eben keineswegs, wie von Ihnen behauptet, weitgehend befriedet. Das Land ist weit davon entfernt. Das hat der Lagebericht des Auswärtigen Amts mehr als eindrucksvoll ausgeführt, und zwar so eindrucksvoll, dass sich kein Bundesland - egal, von wem regiert - dieser gemeinsamen Beschlussfassung verweigert hätte. Der einzige Unterschied zwischen Ländern war, dass unionsgeführte gesagt haben, man solle den Bericht alle sechs Monate erneuern. Aber das ist auch schon das Einzige.

Meine Damen und Herren, deswegen ist alles gesagt. Ein klares und eindeutiges Signal besteht darin, dass alle anderen Fraktionen Ihren Antrag von der AfD ablehnen werden, und das mit Recht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP sowie Zustim- mung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Meine Damen und Herren, damit kann ich die Beratung schließen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 18/843 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthal

tungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, ich komme zu

Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratung: Resolution zum Erhalt des Instituts für Wissensanalyse und Wissenssynthese in Goslar - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/2193 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz - Drs. 18/2253

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat hatten die Fraktionen unter Vorbehalt vereinbart, über diesen Punkt ohne Besprechung abzustimmen. Im Rahmen der Umverteilung der Redezeiten haben jedoch alle Fraktionen Redezeit für dieses Thema vorgesehen.

Wir kommen also zur Beratung. Die erste Wortmeldung liegt mir von der Kollegin Miriam Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist richtig, dass wir alle hier noch einmal das Wort zu dieser Thematik ergreifen. Es wäre etwas seltsam, eine gemeinsam getragene Resolution auf den Weg zu bringen, indem man einfach nur abstimmt und dann den Beschluss weiterleitet.