Protocol of the Session on November 15, 2018

und hatte auch genug Geld für acht Flugtickets in den Irak, um sich der deutschen Justiz zu entziehen. Warum schaffen das unsere Behörde nicht einmal innerhalb von Monaten?

Möglichkeiten gibt es viele, die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen. Einzig am Willen scheint es mitunter hier zu mangeln. Deshalb fordert die AfDFraktion Sie, Herr Minister Pistorius, auf: Ergreifen Sie effektive Maßnahmen, um die abgelehnten Asylbewerber aus Niedersachsen außer Landes zu schaffen! Denn auch das ist Aufgabe Ihres Ministeriums, und zwar eine äußerst wichtige.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Ahrends. - Da die Uhr zur Zeitmessung bei den Tagesordnungspunkten nicht 100-prozentig funktioniert, stoppen wir alles mit und notieren auch die Restredezeiten. Bitte lassen Sie sich also gleich nicht irritieren.

(Unruhe)

- Ich möchte noch einmal nachdrücklich darum bitten, dass Sie ein bisschen ruhiger sind, die Wanderbewegungen und die Gespräche am Tisch einstellen.

Ich rufe jetzt den Kollegen Jan-Christoph Oetjen von der FDP-Fraktion auf.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ahrends, ich erwarte von einer Opposition - so verstehe zumindest ich meine Rolle in der Opposition -, dann, wenn man Themen benennt, auch zu sagen, was man gerne ändern möchte.

(Zustimmung von Belit Onay [GRÜNE])

Das, was Sie hier gerade abgeliefert haben, sehr geehrter Kollege Ahrends, eine Zustandsbeschreibung aus Ihrer Sicht - die sich bei Weitem nicht mit meiner Sicht der aktuellen Situation überschneidet - ohne einen einzigen konkreten Vorschlag zu machen, was tatsächlich verändert bzw. verbessert werden könnte, ist keine solide Oppositionsarbeit. Das sollten Sie sich mal hinter die Ohren schreiben. Ich erwarte, wenn Sie das schon kritisieren, an dieser Stelle mehr von Ihnen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich will ja gar nicht bestreiten, dass es Verbesserungsbedarf in bestimmten Themenbereichen gibt, die auch wir als FDP gesehen und mit einem konkreten Papier belegt haben. Unser Papier zum Thema Migration betrifft sowohl die Frage von Zuwanderung und Integration als auch die Frage, wie wir mit Asylbewerbern vor Ort umgehen, aber auch die Frage, wie wir mit abgelehnten Asylbewerbern umgehen und wie wir die Abschiebung in die Heimatländer bzw. die freiwillige Ausreise anders gestalten können.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da gibt natürlich konkrete Punkte, die man aufgreifen kann. Sie haben sich ja auch der Arbeit der FDPFraktion bedient. Sie haben ja auf eine Anfrage, die ich gestellt habe, rekurriert. Wenn man einige Formulierungen in Ihrem Antrag betrachtet, dann kann man den Eindruck haben, dass Ihnen auch das Migrationspapier der FDP-Landtagsfraktion nicht entgangen ist.

Aber wenn Sie schon abschreiben, sehr geehrter Herr Kollege Ahrends, dann machen Sie es doch bitte richtig und dann kümmern Sie sich auch darum, die konkreten Punkte zu benennen, beispielsweise die Frage: Wie können wir es in Zusammenarbeit mit den Kommunen schaffen, die Passersatzbeschaffung zu verbessern, wenn wir Abschiebungen machen müssen, verehrte Kolleginnen und Kollegen? Ist es vielleicht sinnvoll, das so, wie die Bayern es gemacht haben, an einer Stelle zu zentralisieren, um nicht die Kommunen

mit dieser Aufgabe allein zu lassen? Dieses Zentralisieren ermöglicht am Ende beispielsweise auch die Bündelung von Abschiebungen.

Wir wissen doch, dass heute sehr viele Abschiebungen am Piloten der Airline scheitern, weil er z. B. sagt: Den nehmen wir nicht mit; denn er hat auf der Gangway randaliert. - Solche Situationen kann man natürlich ganz anders handhaben und umgehen, wenn wir das Instrument von Charter- oder Bündelflügen nutzen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Aber zu solch einem konkreten Vorschlag steht in Ihrem Antrag überhaupt nichts, sehr geehrter Kollege. Das ist keine solide Oppositionsarbeit an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte das Thema Amtsarzt aufgreifen; denn Sie haben in den Raum gestellt: Da brauchen wir einen Amtsarzt, der dann feststellt, dass er doch reisefähig ist, und dann wird er rückgeführt. - Verehrter Kollege, am Ende landet das alles doch vor Gericht! Sie können keinen Richter davon überzeugen, dass am Ende eine Aussage des Amtsarztes ausreicht, um ein vorgelegtes Gutachten oder Attest einfach vom Tisch zu wischen. Ich sage hier ganz klar: Ja, vielleicht braucht man einen Amtsarzt, um sozusagen einen externen Blick auf den Fall zu werfen. Aber ich glaube nicht, verehrter Herr Kollege, dass damit alle Probleme gelöst werden können.

Man muss auch einmal klar sagen: Menschen, die nicht reisefähig sind, dürfen wir nicht in den Flieger setzen. Das ist ehrlicherweise eine Frage von Humanität und Anstand.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Wenn man etwas verbessern will, dann benennen Sie es konkret - aber nicht mit einem solchen Antrag, der völlig an der Oberfläche bleibt und mit ordentlicher Oppositionsarbeit überhaupt nichts zu tun hat!

(Beifall bei der FDP sowie Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Danke Ihnen. - Für die SPD-Fraktion: der Abgeordnete Kurku, bitte!

(Vereinzelt Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst dachte ich ja: Dieser Antrag der AfDLandtagsfraktion scheint im Gegensatz zu dem letzten, zu dem ich hier sprechen durfte, tatsächlich mal selbst geschrieben zu sein. Aber das war auch dieses Mal wieder nicht der Fall.

(Zuruf von der AfD)

- Ganz entspannt!

Ich muss eines sagen: Ich bin mir sicher, dass die Formulierung - ich zitiere - „Die Landesregierung fordert die Landesregierung auf“ ein AfD-Original ist und nicht aus der Feder der FDP stammt. Das mag eine Lappalie sein; Fehler passieren.

Aber bei diesem Antrag - jetzt kommen wir zum Inhaltlichen - passen Form und Inhalt mal wieder zusammen. Auch wenn er sich auf ein durchaus ernst zu nehmendes Thema bezieht, nämlich auf die Frage, wie wir Rückführungen ausreisepflichtiger Personen organisieren und die Zahl gescheiterter Rückführungen reduzieren, ist der Antrag, wie er hier vorliegt - der Kollege hat es eben gesagt -, nicht gerade ein fachlicher Beitrag, sondern eher eine Aufzählung von Schlagworten, gespickt mit Vorwürfen, dass kaum etwas getan werde, ausreisepflichtige Personen abzuschieben.

Sich mit der Thematik nur ein kleines bisschen an der Oberfläche zu befassen, reicht allerdings nicht aus. Der Rückführungsvollzug ist bekanntermaßen eine gesetzliche Pflicht, wenngleich man im Vollzug selbst in der Legislative immer daran arbeiten muss, ihn zu verbessern. Bund und Länder arbeiten ja nicht erst seit gestern hierzu zusammen. - Nebenbei: Der Migrationspakt könnte an der Stelle durchaus helfen.

Unser Innenminister Boris Pistorius ist im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in den Ländern und im Bund am Thema dran. Dass die Großen Koalitionen in Niedersachsen, aber auch im Bund das Thema nicht nur erkannt haben, sondern auch die Abschiebung derjenigen Menschen, bei denen Gründe vorliegen, umsetzen, wird bei einem Blick in den jeweiligen Koalitionsvertrag, aber eben auch in der Praxis deutlich. Auf das Zitieren verzichte ich an dieser Stelle. Aber vonseiten der SPD und der CDU wird vom länderübergreifenden Zwang bis hin zu Staatsverträgen in diesem Bereich eine ganze Menge Unterschiedliches vorgeschlagen, und zwar ganz ohne Zutun der AfDFraktion.

Dass wir - ich hoffe, insgesamt auch in diesem Haus - zum Grundrecht auf Asyl für Menschen stehen, die auf unseren Schutz und auf unsere Hilfe angewiesen sind, die Zugang zu einem fairen und zügigen Asylverfahren haben müssen und die für diesen Zeitraum menschenwürdig untergebracht sind, müsste Ausdruck humanitärer Überzeugung sein. Ich hoffe, das ist Konsens hier im Haus.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Von denjenigen aber, die abzuschieben sind, muss man natürlich erst einmal wissen, wohin, und muss man auch wissen, dass sie anzutreffen sind. Um dies sicherzustellen, müssen sie in Haft genommen werden, wobei es den Ausländerbehörden obliegt, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Sicherungshaft bzw. Abschiebehaft vorliegen. Die Entscheidung selbst liegt dann beim Gericht, und das ist richtig so. Der Ablauf des Abschiebeverfahrens ist in einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland juristisch genauestens geregelt, was uns im Übrigen von vielen anderen Staaten unterscheidet. Eine Verbesserung der Vollzugspraxis ist, wie bereits gesagt, auch ein Anliegen dieser Regierung und kann von uns gerne jederzeit mit sachdienlichen Hinweisen unterstützt werden. Ein schnelleres Ausweisen kann ein Ziel sein, muss dann aber folgerichtig mit geeigneten Maßnahmen des Vollzugs unterfüttert werden - und das ist hier nicht der Fall.

Die Regelung für eine amtsärztliche Prüfung der Reisefähigkeit, wie sie im Aufenthaltsgesetz bereits enthalten ist, besagt, dass durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung begründet werden muss, wieso ein Mensch aus gesundheitlichen Gründen nicht ausreisen kann. Ob die ärztliche Bescheinigung wiederum den gesetzlichen Vorgaben entspricht, ist Sache der Ausländerbehörde.

Auf die Forderung zu den Sachleistungen, die Sie aufgestellt haben, möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen.

In der Antragsbegründung heißt es:

„Vollziehbar Ausreisepflichtige haben in Deutschland keine Bleibeperspektive und begehen zum Teil Straftaten. Somit geht von einigen vollziehbar Ausreisepflichtigen eine erhöhte Gefahr für die Bevölkerung aus.“

Das klingt mir wiederum sehr nach einem Original Ihrer Fraktion. Eine Gruppe von Menschen begeht „zum Teil Straftaten“. Daher eine „erhöhte Gefahr“ für uns alle. Lösungsvorschlag: Abschieben! - Natürlich - auch das soll ganz klar sein - müssen diejenigen, die Straftaten begehen, dementsprechend einer Sanktion, einer Bestrafung zugeführt werden. Das wirkt sich übrigens auch im Asylverfahren aus.

Zu guter Letzt - wir sind ja jetzt am Ende einer dreitägigen Debatte - hätte ich bei all den Anträgen der AfD-Fraktion der letzten Monate, gerade auch mit Bezug zu Flüchtlingen, noch einen Wunsch, der sich eher an die Fraktionsvorsitzende Frau Guth richtet - leider ist sie gerade nicht hier -:

Sie hat, wie ich finde, nicht ganz zu Unrecht und zu meiner Überraschung mit unheimlich viel Feingefühl hier in diesem Hohen Hause die Situation der Kuh 4305 in einem Schlachtbetrieb dargestellt. Ich muss zugeben: Sie hat eindrucksvoll geschildert, wie qualvoll die letzten Minuten dieses Tiers vor der Schlachtung waren. - Nun würde ich mir aber auch eines wünschen - die Kollegin Schröder-Köpf hat mit ihrem Zwischenruf darauf hingewiesen -: Wenn Sie als AfD-Fraktion insgesamt nur 50 % der Empathie auch für den Diplom-Ingenieur Said, für eine Lehrerin Rabia, einen Künstler Khaled oder eine neunjährige Asya aufbringen könnten, dann wäre das wirklich toll!

Dieser Antrag vermischt mal wieder schutzsuchende Menschen mit Kriminalität und Kosten. Von Menschlichkeit keine, aber auch gar keine Spur!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich komme zum letzten Satz. Sachliche Hinweise, wie man Rückführungen von ausreisepflichtigen Menschen beschleunigen kann, sind willkommen. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Der Abgeordnete Ahrends hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte!

Eine ganz kurze Kurzintervention. - Herr Oetjen, vielen Dank. Erst kritisieren Sie, dass es keine Maßnahmenvorschläge gab - - -

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Auf Herrn Kurku!)

- Nein, Oetjen!