Deniz Kurku

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir alle gemeinsam befinden uns derzeit in einer Phase, die sich so niemand ausmalen konnte. Unser Alltag hat sich durch Aus- und Nebenwirkungen von Covid-19 verändert. Verantwortungsvolle Politik in diesen Tagen bedeutet natürlich auch, die Balance zu finden zwischen der einst hart erkämpften und erlernten Freiheit und der Sicherheit, eben auch der Gesundheit. Wir genießen die Meinungs- und Pressefreiheit, können hinziehen, wohin wir wollen, berufen uns auf garantierte Schutzrechte gegenüber dem Staat, und manche von uns verwechseln mittlerweile die Politik mit einem ServiceAbo, bei dem ich mir nur das aussuche, was gerade passt. Dabei geht es um mehr - nicht nur jetzt.
Jede und jeder von uns muss sich in dieser herausfordernden Zeit persönlich den individuellen Auswirkungen der Pandemie stellen. So sehr uns
die Vorkommnisse am vergangenen Samstag in Leipzig schockieren, waren sie kein Unfall und erst recht kein Zufall. Es ist auch kein Zufall, dass Hunderte bundesweit bekannte Neonazis und Hooligans zu den sogenannten Hygiene- und Querdenken-Demonstrationen fahren und sogar - tragisch genug - für die „Sicherheit“ dort sorgen.
Spiegel und Zeit schreiben von dutzenden Chatgruppen von Querdenkern, in die Neonazis und Reichsbürger explizit eingeladen werden, mit dem Hinweis, das „deutsche Volk“ dürfe sich nicht spalten lassen.
Klar ist: Kritik darf, Kritik muss sein, auch an Verordnungen. Auch hier in diesem Hause diskutieren wir sie.
In den Tagen, in denen es Rekordzahlen von Infizierten gibt und es um die Versorgung von uns allen geht, in einer Zeit, in der viele Menschen in Gesundheitsämtern, Arztpraxen, im Krankenhaus, bei der Polizei, aber auch bei der Neuorganisation von Schule, Unternehmen, der Gastronomie ihr Menschenmöglichstes tun - siehe Kulturschaffende, Veranstalter und mehr -, in diesen Tagen dürfen wir nicht vergessen, dass es bei allen Maßnahmen darum geht, der Pandemie Herr zu werden, damit wir alle in unser altes Leben so gut und so schnell wie möglich wieder zurückkönnen.
Während Menschen einander kaum treffen können, drängeln sich Zehntausende Menschen dicht und ohne Maske und ohne Verantwortung, rufen paradoxerweise „Grundrechteentzug“, „Diktatur“ und verharmlosen die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte. Das ist vor allem eines: hochgradig gefährlich,
gefährlich auch für unsere Gesundheit und durch nichts und niemanden zu rechtfertigen.
Was treibt diese Menschen an, da mitzumachen? - Es ist bestimmt auch die Unsicherheit; so, wie sich viele von uns in Fragen der Globalisierung, der Digitalisierung, auch in Fragen der Zuwanderung, der sich veränderten Herausforderungen - manches Mal überfordert in Sorge um das ganz persönliche Leben, den Arbeitsplatz, die Zukunft - wiederfinden.
Wo aber Wut auf Unsicherheit trifft, wittern nicht selten Extremisten ihre Chance. Dass sich die Corona-Pandemie ganz hervorragend eignet, wur
de uns nicht allein in Dresden und Berlin vor Augen geführt. Besonders heikel wird es, wenn all das im Netz durch Filterblasen und Echokammern auch noch potenziert wird. Zu sehen auch an den panischen Reaktionen manches Trump-Anhängers, der in Biden die Gefahr der Sozialistischen Staaten von Amerika sieht.
Auch hier kann man nicht quer genug denken. So wähnen sich Corona-Leugner ernsthaft auf dem geschichtlichen Pfad der Wende und skandieren: „Wir sind das Volk!“, während sich Esoteriker bei Impfgegnern unterhaken, Yogabegeisterte gemeinsam mit Neonazis Lieder anstimmen und Reichsbürger auf einmal gemeinsame Sache mit Friedensbewegungen machen.
Ihnen und denen, die etwas weiter in Connewitz aus angeblich linken Motiven Polizei und damit den Staat angreifen, sagen wir ganz deutlich: Der Versuch, aus Unsicherheit Profit zu schlagen und womöglich Chaos zu verursachen, wird scheitern. Ein Weimar 2.0 wird es nicht geben, und ein Weimar 2.0 darf es nicht geben!
Von der Exekutive einer wehrhaften Demokratie erwarte ich - von Bund und Ländern -, passende Antworten denen zu geben, die meinen, unseren Rechtsstaat herausfordern zu müssen und sogar auf Polizistinnen und Polizisten, Gegendemonstranten und Reporter einschlagen.
Die Aufarbeitung scheint in vollem Gange zu sein und muss auch erfolgen; natürlich wird auch das OVG-Urteil diskutiert. Antworten müssen schnell gefunden werden, da wir gerade jetzt beobachten, dass die extreme Rechte strategisch versucht, Schwachstellen auszumachen, um bei der Mehrheit anzudocken, um dann in einem weiteren Schritt als „Wellenbrecher“ zu agieren. Auch wenn derzeit viele merkwürdige Allianzen geschmiedet werden und Corona für uns alle ein ziemlicher Test ist: Ich bin froh, dass der ganz überwiegende Teil alles dafür tut, dass wir das gemeinsam überstehen und wir vor allem zusammenhalten - jetzt erst recht!
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigung!
Der Ausschuss für Inneres und Sport empfiehlt Ihnen in der Drucksache 18/6835, den Gesetzentwurf mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Diese Beschlussempfehlung kam sowohl im federführenden Ausschuss als auch im mitberatenden Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit den Stimmen sämtlicher Ausschussmitglieder zustande.
Der Gesetzentwurf wurde direkt an die Ausschüsse überwiesen und im federführenden Ausschuss von einem Vertreter des Ministeriums für Inneres und Sport eingebracht. Lassen Sie mich den Inhalt des Gesetzentwurfs kurz zusammenfassen:
Der Gesetzentwurf dient dazu, das Aufnahmegesetz an die neu geregelten sachlichen Zuständigkeiten der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe im Leistungsbereich des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs anzupassen. Zudem enthält der Gesetzentwurf redaktionelle Änderungen und Ergänzungen des Aufnahmegesetzes.
Meine Damen und Herren, der federführende Ausschuss hat zu dem Gesetzentwurf die kommunalen Spitzenverbände schriftlich angehört. Diese haben keine Bedenken geäußert.
Im Ausschuss fand der Gesetzentwurf einhellige Zustimmung.
Zu den weiteren Einzelheiten der vom Ausschuss empfohlenen Änderungen verweise ich auf den schriftlichen Bericht in der Drucksache 18/6850 und bitte Sie nun im Namen des federführenden Ausschusses, der Beschlussempfehlung zuzustimmen.
In diesem Sinne: Vielen Dank und danke für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, bei der Einbringung dieses Antrages kann man entspannt auf eine nüchtern-technische Definition des Kreditbegriffes an sich verzichten. Wir alle wissen: Es geht um die Form einer Geschäftsbeziehung zwischen Menschen, der Vergabe eines
Kredits, die vor allem auf einem basiert, und zwar auf Vertrauen, wie es das lateinische Wort credere schon sagt.
In einer hoch spezialisierten und technologisch entwickelten Gesellschaft wie der, in der wir uns befinden und alle miteinander vernetzt sind, wird vor allem eines deutlich: dass sich eine Geschäftsbeziehung direkt auf unser Leben auswirkt.
Es gibt, das zeigen die Auswirkungen der CoronaKrise in unseren Wahlkreisen, aber auch eine Kehrseite einer solchen Gesellschaft. In dieser Gesellschaft ist die Sache mit dem Vertrauen vielleicht nicht mehr ganz so einfach wie in einer Gesellschaft mit weniger Menschen, in der Motor, Internet oder anderes noch lange nicht erfunden sind - wie zum vermeintlichen Beginn der Kreditvergabe um 3 000 vor Christus in Mesopotamien.
Heute ist vieles anders, und man kann sagen: Auch das Vertrauen hat sich professionalisiert bzw. musste sich professionalisieren. Unternehmen, kleine und mittelständische Betriebe, aber auch große Gesellschaften brauchen Grundlagen zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit ihrer Kunden, ehe sie Waren und Dienstleistungen vergeben. Die Weitergabe wirtschaftsrelevanter Daten über Privatpersonen und Unternehmen an Kundinnen und Kunden erfolgt wiederum durch privatrechtlich geführte Unternehmen wie Wirtschaftsauskunfteien. Viele von uns kennen die SCHUFA, Bürgel, Creditreform, infoscore und viele andere. Sie sind als Kreditwürdigkeitsprüfer Spezialisten. Das hat auch alles seine Berechtigung und soll nicht verteufelt werden.
Klar ist aber auch eins: Die verarbeiteten personenbezogenen Daten und die daraus errechneten Scorewerte sind für die Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer entscheidend. Wir sind der Ansicht, dass dies unter einem höchstmöglichen Maß an Nachvollziehbarkeit und Transparenz geschehen muss, zumal für die Verbraucherinnen und Verbraucher davon eine Menge abhängt. Das ist nichts Abstraktes. Wenn man einen Handyvertrag abschließen, eine Waschmaschine erwerben oder sich als Mieter einer Wohnung bewerben will, ist man davon abhängig, und viele Menschen können sich so etwas nicht auf einen Schlag leisten.
Verbraucherschützer, besonders die Verbraucherzentrale Niedersachsen, fordern schon seit Langem mehr Transparenz - manches ist auch schon passiert. Denn wir alle müssen darauf vertrauen können, dass die über uns erhobenen Daten am Ende korrekt und auf einer Grundlage entstanden
sind, die für alle nachvollziehbar ist, wenn sie von einem möglichen Vertragspartner abgerufen werden. Und wir müssen auch die Möglichkeit haben, da gegenzusteuern.
Dazu sollten auch wir hier in Niedersachsen unser Möglichstes beitragen. Wir möchten, dass bei der bisherigen Regelung im Sinne der Fairness einiges verändert wird, und zwar sollen Auskunfteien künftig dazu verpflichtet werden, den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Anfrage offenzulegen, welches Konsumverhalten einen negativen oder positiven Einfluss auf ihren ganz persönlichen Scorewert hat, welche wesentlichen Merkmale bei der Berechnung des Scorewertes am Ende eingeflossen sind und wie diese gewichtet wurden. Das ist auch wichtig, um als Verbraucher entgegensteuern zu können. Unzutreffende Daten bzw. falsch berechnete Scorewerte sollen auf Antrag unverzüglich neu berechnet und den Verbraucherinnen und Verbrauchern unaufgefordert und kostenlos übermittelt werden. So lässt sich das von allen einfacher nachvollziehen, und vor allem werden Verbesserungen möglich, wenn man negativ bewertet wird.
Ebenso wichtig ist daher die letzte Forderung in unserem Antrag: Der Scorewert soll ohne Wenn und Aber, unabhängig von gender-, ethno- oder geospezifischen Faktoren berechnet werden.
Aufgrund der Zuständigkeit beantrage ich für die einbringenden Fraktionen eine Mitberatung des Unterausschusses „Verbraucherschutz“. Ich freue mich schon wahnsinnig auf die Beratung im Ausschuss.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen hat recht, wenn sie im Titel
dieser Aktuellen Stunde die Bedrohung als das benennt, was sie ist, nämlich als Terror.
Die Gruppierungen, die dafür stehen, dass der rechte Terror kein neues Phänomen ist, sind vielzählig. Ob man nun ab 1950 oder ab 1960 explizit vom Rechtsterrorismus spricht - Fakt ist, dass es auch nach den schrecklichen Erfahrungen der NSZeit Menschen gab und gibt, die versuchen, den blutigen und grausamen Faden unserer Geschichte bin ins Jetzt weiterzuspinnen. Der NSU, die Gruppen Freital, Nordkreuz, die Gruppe S., Teutonia und wie sie alle heißen - sie alle versuchen, genau da anzuknüpfen und Angst und Schrecken zu verbreiten. Wir erleben Bedrohungen und Anschläge auf Synagogen, Moscheen, Flüchtlingsunterkünfte, Beratungs- und Kultureinrichtungen, KZ-Gedenkstätten, Parteibüros und Politiker, Shishabars, Imbisse und auf alle, die nicht in ihr krudes Weltbild passen.
Auch wenn dieser Terror eine traurige Tradition hat, erlangt er nicht zuletzt durch das Internet und die sozialen Medien eine besondere Dynamik. Die Radikalisierung erfolgt durch Echokammern und Filterblasen schneller. Durch das Hochladen von menschenverachtenden Hassmanifesten erlangen Einzelne im weltweiten Netzwerk, einer Parallelgesellschaft des Hasses, falschen Ruhm. Attentatsübertragungen in Echtzeit werden - als sei das alles nicht schon menschenverachtend und widerwärtig genug - von völlig Entrückten auch noch mit Punktesystemen für Bewertungen unterlegt.
Immer neue Berichte über rechte Gewalttaten schockieren Woche für Woche, manchmal Tag für Tag. Die Antwort kann nur - das wurde eben auch schon gesagt - aus einem Mix von Präventions-, Bildungs- und Fortbildungsangeboten, einer Stärkung von Strafverfolgungs- und Verfassungsschutzbehörden, aber auch der Gerichte liegen.
Die Polizei in Niedersachsen geht mit gutem Beispiel voran. Sie setzt bereits bei der Ausbildung darauf, sich mit der eigenen Geschichte kritisch auseinanderzusetzen, und reflektiert ihre Strukturen. Hier im Landtag haben wir einiges auf den Weg gebracht; Zusätzliches wurde über den Bundesrat eingebracht.
Besonders herausfordernd ist es, dass viele Täter vorher eben nicht in Erscheinung getreten sind. Die Verfolgung und Ahndung von Onlinehetze sind ebenso wichtig wie eine Regelabfrage bei der Waffenausgabe oder auch die länderübergreifende behördliche Zusammenarbeit.
Wir in Niedersachsen - das zeigen Regierung wie Fraktionen - sind klar: klar in den Ansichten, klar in der Arbeit. Das hat heute auch der Innenminister hier deutlich gemacht.
Schon immer gab es Rassisten und auch Faschisten inmitten unserer Gesellschaft. Aber dass diese auch in Parlamenten zu finden sind oder Parlamentarier, wie auch die AfD-Fraktion hier zu meiner rechten Seite, mit ihnen gemeinsame Sache machen, ist eine neue Qualität und bewirtschaftet den Boden des Hasses weiter und weiter und weiter.
Frau Guth und die Herren der AfD-Landtagsfraktion: Extremisten engagieren, mit Pegida marschieren, mit Kubitschek diskutieren und zu allem Überfluss noch Höcke hofieren - wenn so Ihre Distanz zum Rechtsextremismus aussieht, dann gute Nacht, AfD!
Sorgen Sie doch mal für klare Kante - oder wie man bei uns in Norddeutschland sagt: Butter bei die Fische! -, statt sich hier in Gejammere und Selbstmitleid zu suhlen: „Alle sind gegen uns!“ - Natürlich sind wir bei solchen Ansichten gegen Sie!
Mit Bürgerlichkeit oder Konservativismus hat das jedenfalls nichts zu tun. Das wissen Sie selbst. Ehrlich gesagt, sind Herr Lilienthal und Herr Bothe in puncto Höcke hofieren wenigstens konsequent und versuchen gar nicht erst, einen Hehl aus ihrer Haltung rechts außen zu machen.
Herr Birkner hat gestern bei der Debatte zum Anschlag von Hanau - wie ich finde - sehr klar aufgezeigt, was an Ihrer Partei alles rechtsextrem ist. Das führe ich nicht erneut aus. Aber seien Sie von der AfD sich sicher - und da möchte ich den Begriff, den unser Ministerpräsident benutzt hat, aufgreifen -: Wir alle stehen Ihnen, der Intoleranz, dem Hass als ein bürgerschaftlicher Verfassungsschutz gegenüber.
Der Grund, warum wir bei Betrachtung von rechtem Hass, Hetze und Gewalt immer wieder bei Ihnen landen, ist weder Boshaftigkeit noch Zufall, sondern liegt bei Ihnen selbst.
Wir sehen klar die Gefahr des Rechtsterrorismus für unser Zusammenleben. Wir alle - und eben auch Sie - sind mitverantwortlich dafür, dass der extremistische Geist wieder zurück in die Flasche gebannt wird, aus der er entwichen ist.
Echte Probleme sprechen wir übrigens selbst und wiederholt an. Dafür brauchen wir keine Extremisten, keine AfD und erst recht keine Extremisten in der AfD.
Nein, das möchte ich nicht.
Zu guter Letzt noch ein Rat: Ich weiß zwar nicht so genau, wie die Mehrheitsverhältnisse bei Ihnen in der AfD aussehen, und werde das auch besser den Experten des Verfassungsschutzes überlassen; das ist nicht meine Aufgabe. Aber für den Rest hätte ich einen Tipp: Gründen Sie doch einfach mal eine Arbeitsgruppe „Überzeugte Demokraten in der AfD“!
Vielleicht wäre der Vorsitz ja auch was für Sie, Frau Guth.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser schönes Niedersachsen kratzt mittlerweile an der 8-Millionen-Marke, wie der Niedersachsen-Monitor festgestellt hat. Trotz einer höheren Sterbe- als Geburtenrate wächst die Bevölkerung, und das im siebten Jahr in Folge. Aber auch wir stehen - wenn
auch nicht mehr als im Bundesdurchschnitt - dem ganz massiven Problem des demografischen Wandels gegenüber. Auch wenn es manche nicht hören möchten: Wir sind auf Zuwanderung angewiesen.
Wir alle haben das Recht, einen hohen Anspruch an die Daseinsvorsorge in all ihren Facetten zu haben. Maßgeblich dafür sind ein funktionierendes Verkehrsnetz, die Energieversorgung, die Versorgung mit Bildungs- und Kultureinrichtungen, die Gesundheitsversorgung und auch die Infrastruktur unserer Sicherheit. Entscheidungen in Verwaltung, Politik und Wirtschaft bedürfen daher natürlich einer ordentlichen Grundlage und Informationen darüber, wie viele Menschen wo leben, wie wir arbeiten und wo wir wohnen. Ähnliches hat der Kollege Marco Genthe eben auch gesagt.
Aktuelle Daten über all das sind wichtig für Bund, Länder und Kommunen, um entsprechend im Sinne der Menschen gestalten zu können. Die Mittelverteilung nach dem kommunalen Finanzausgleich, der Länderfinanzausgleich, aber auch die Wahlkreiseinteilung sind an dieser Stelle nur einige Beispiele.
Durch den Zensus 2021 sollen in Deutschland die amtliche Einwohnerzahl sowie weitere tief gegliederte Daten zur Bevölkerung, zur Erwerbstätigkeit und zum Gebäude- und Wohnungsbestand gewonnen werden. Dazu sind wir als Mitgliedstaat der EU verpflichtet. Der registergestützte Zensus wird um eine Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis - 10 % der Niedersachsen - im kommenden Jahr ergänzt und mit einer Gebäude- und Wohnungszählung kombiniert. Der Übergang zu einer registergestützten Erhebung - diese Diskussion gab es vor zehn Jahren schon einmal - bedeutet eindeutig ein Mehr an Bürgerfreundlichkeit und ist auch aus Kostengründen sinnvoll. Ausdrücklich begrüßt meine Fraktion, dass der Bundestag im Sommer 2019 beschlossen hat, zusätzliche Erhebungsmerkmale wie Energieträger für Gebäude sowie Leerstandsgründe, Leerstandsdauer und Nettokaltmiete für Wohnungen mit aufzunehmen.
Auch wenn bereits vor zehn Jahren einige Fraktionen hier im Hause einige dieser Merkmale kritisiert haben, denke ich, dass wir uns heute einig sind, dass gerade auch bei klimapolitischen und bei einer der wichtigsten sozialen Fragen überhaupt,
nämlich dem Wohnen, zusätzliche Informationen ungemein wichtig sind und einen erheblichen Gewinn bedeuten. Ich denke, das gilt sowohl für die Arbeit der Landesregierung als auch für die von uns Fraktionen.
Nicht nur zu den Kosten, sondern auch zu einigen konzeptionellen und methodischen Aspekten wurde im Vermittlungsausschuss eine Reihe von Einigungen getroffen, die auch uns entgegenkommen - auch wenn mehr Mittel vom Bund natürlich auch für uns immer gut sind, keine Frage, und das gilt auch für diese Aufgaben.
Mit dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz wird die Voraussetzung für die Ausführung des Zensus 2021 gelegt. Neben Durchführungsvorschriften, Eckpunkten zur Gewährleistung und Sicherung eines hohen Erhebungsstandards wird auch der finanzielle Ausgleich zwischen Land und Kommunen für die Aufgabenübertragung geregelt. Eine personell, organisatorisch und räumlichtechnische Abschottung der Erhebungsstellen von anderen Organisationseinheiten der Verwaltung sorgt für einen besonders hohen Datenschutz.
Alles in allem ist der Zensus zwar ein aufwendiges, aber auch ein enorm wichtiges und nützliches Instrument, von dem auch unser Niedersachsen profitiert - nicht nur in Bezug auf die Demografie. Das sollten auch wir alle hier im Parlament unterstützen.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss für Inneres und Sport.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht nur so viel vorab, Herr Ahrends: Mit dieser sehr verkürzten Darstellung der Ausführungen von Julia Willie Hamburg kommen Sie viel zu sehr ins kurze Gras. Das war überhaupt nicht zu Ende gedacht. Ich finde, ganz ehrlich: Das passt einfach gar nicht. Sie hat das hier ganz deutlich über einen ziemlich langen Zeitraum dargestellt, auch die Inhalte. Ich finde, Sie müssen da nicht einfach mal so kurz draufschlagen und später einfach nur wieder das in Ihrem Video zeigen. Das hilft nicht weiter.
Vielleicht kommt es nicht ganz so oft vor, aber ich möchte an dieser Stelle gleich zu Beginn meiner Ausführungen eines nicht versäumen, nämlich auf die langjährige Arbeit vieler Journalistinnen und Journalisten hinzuweisen, die sich diesem Thema beharrlich über viele Jahre gewidmet haben.
Tatsächlich war die Dokumentierung der Todesopfer durch rechtsextremistische Anschläge bundesweit fehlerhaft und unzureichend. Ich denke, das wissen alle, die sich mit diesem Thema befasst haben. Ich sage es hier an der Stelle ganz klipp und klar: Wir dürfen nicht darum herumreden.
Deutlich ist die Diskrepanz zwischen den Zahlen, Herr Ahrends, die die Bundesregierung auf eine Anfrage genannt hat, und den tiefer gehenden Recherchen von z. B. Tagesspiegel, Zeit Online und anderen. Seinerzeit wurden 83 Todesopfer durch Rechtsextremisten genannt. Die Recherchen ergaben 169 seit dem Jahr 1990. Das sind also keine Einzelfälle. Weitere 61 Fälle weisen Indizien für Motive rechter Täter auf.
Ein Hauptproblem bei der Erfassung war, wie allgemein bekannt ist, die Definition und die Feststellung, wann jemand als Opfer rechter Gewalt gilt. Auch als Sprecher meiner Fraktion gegen den Rechtsextremismus sage ich eines ganz deutlich: Das lag auch an der viele Jahre viel zu engen Definition. Das Problem - das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich wiederholen - war doch, dass ein Rechtsextremist vor einem Mord, zugespitzt gesagt, am besten eine schriftliche Erklärung samt Darstellung seiner Gesinnung abgibt, sich dann noch eine Bomberjacke oder vielleicht noch einen szenetypischen Pullover anzieht und dann noch offen Hakenkreuztatoos trägt, bevor er in die Statistik eingeht.
Eine weitere Schwierigkeit - auch das hat die Vergangenheit gezeigt - lag vor allem in der unterschiedlichen und zum Teil loseren Handhabung der einzelnen Länder. Die Einführung des Definitionssystems zur statistischen Erfassung PMK - wir hatten es heute als Thema - bundesweit im Jahre 2001 war ein Schritt nach vorn. Aber wir sind noch nicht am Ende des Weges.
2017 gab es eine Verbesserung in der Erfassung. Aber auch da könnte man unterschiedliche Aspekte hinzuziehen. Beispielsweise möchte ich auf die Kriterien des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der Technischen Universität Berlin hinweisen. Demnach wird ein Delikt auch dann als politisch motivierte Tat erfasst, wenn eine typisch rechte Verrohung zu erkennen ist. Das ZfA spricht vom - ich zitiere - „Ausdruck einer durch die Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene habitualisierten Gewaltbereitschaft und Feindseligkeit.“ Bei einer Anwendung dieser Kriterien würden zu den 169 Opfern weitere 61 Fälle hinzukommen.
Fest steht, dass sich auch die Kriterien, auf deren Grundlage eine Erfassung erfolgt, im Prozess der Weiterentwicklung befinden. Das begleiten auch wir in Niedersachsen ganz eng. Das ist gut und richtig. In der Bundesrepublik wurde bei der Erfassung der Zahl der Todesopfer rechter Gewalt jahrelang nicht die Sorgfalt an den Tag gelegt, die
tatsächlich geboten war. Das sind nicht einfach nur Zahlen, sondern Menschen, die von Extremisten nur wegen ihrer Hautfarbe, Religion, sexuellen Orientierung oder - die Kollegin hat es auch gesagt - als Obdachlose, warum auch immer, aus dem Leben gerissen wurden. Diese Menschen hinterlassen Kinder, Eltern, Schwestern, Brüder und vieles mehr. Auch bei uns in Niedersachsen sind Menschen umgebracht worden, und die Gründe wurden sicherlich nicht in allen Fällen richtig erfasst.
Uns liegt sehr viel an einer ordentlichen Aufarbeitung und auch an Verbesserungen. Bund und Länder haben nach dem Bekanntwerden der NSUTerrorserie versuchte und vollendete Tötungsdelikte neu überprüft. Dazu gehörte auch eine systematische Aufarbeitung nach einem bundesweit einheitlichen Erhebungskataster. Differenzen im Umgang der verschiedenen Länderpolizeien - das haben wir heute auch schon in einem anderen Zusammenhang vom Innenminister gehört - wurden durch Fachgremien untersucht. Bei den einzelnen Überprüfungen wurde auch die sogenannte Jansen-Liste hinzugezogen, benannt nach dem Journalisten. Genaueres finden Sie in der Drucksache 17/6474, einer Antwort auf Ihre Anfrage, Frau Hamburg.
Natürlich geht es in den Einzelfällen dann auch um eine juristische Aufarbeitung. Täter-Opfer-Beziehung und Kontexte können eine Rolle spielen, aber eben auch viele andere Dinge. Ein klarer Kriterienkatalog war mehr als überfällig. Ich bin froh, dass es ihn nun gibt, damit die Fachdienststellen anders und vor allem genauer zuordnen können.
Dieser Entschließungsantrag ist, ohne jetzt der Beratung vorgreifen zu wollen - sie führen wir im Innenausschuss durch -, ein wertvoller Beitrag, auch, weil ich sicher bin, dass sich unser Innenminister auf Bundesebene auch weiterhin dafür einsetzen wird, gerade dann, wenn es gegen extremistische Umtriebe geht, und dort, wo man Dinge verbessern kann und muss, dies voranzutreiben. Ich glaube, auch und gerade im Vergleich müssen wir Niedersachsen uns nicht verstecken. Letztendlich kommen die Impulse von den Ländern. Die Umsetzung erfolgt auch hier bei uns im Land.
Wir werden den Antrag im Innenausschuss beraten und uns damit auseinandersetzen. Für uns alle aber sollte selbstverständlich sein: Wo es möglich ist, werden wir eine lückenlose Aufklärung begehren, ohne juristische Bewertungen dabei außer
Acht zu lassen. Vorverurteilungen sind, wie die schrecklichen Erfahrungen im NSU-Rechtsterrorismus gezeigt haben, genauso zu vermeiden wie eine unzureichende Aufarbeitung der Versäumnisse. Über die Wege können und werden wir durchaus diskutieren. Vor allem aber geht es um darum, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Das sind wir nicht nur den Hinterbliebenen, sondern vor allem uns selbst schuldig.
Vielen Dank.
Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ahrends, in einer Sache gebe ich Ihnen recht: Natürlich ist der Anschlag zu verurteilen - genauso wie der Anschlag auf das WillyBrandt-Haus in der letzten Nacht.
Meine Damen und Herren, die sogenannten Feindes- und Todeslisten fügen sich nahtlos in eine Diskussion ein, die wir leider führen müssen. Rechtsextremisten erstellen Listen mit Namen und Anschriften ihrer Gegner und stellen diese ins Netz, wo sie kursieren. Über die Gefährlichkeit und darüber, was das für Betroffene bedeuten kann, wurde an dieser Stelle schon eine ganze Menge gesagt. Ich glaube, auf weitere Ausführungen dazu kann ich verzichten.
Zu den schon dargestellten Bedrohungen kommt allerdings noch hinzu: Ein AfD-Landtagsabgeordneter Baden-Württembergs schickt die Liste einer rechtsextremen Hackergruppe an AfD-Anhänger, behauptet, die Namen gehörten zu Antifa-Mitgliedern, und fordert auf, gezielt im eigenen Umfeld nach Menschen auf dieser Liste zu suchen und diese zu denunzieren. Das ein Beispiel für ein Verhalten, das unwürdiger kaum sein kann.
Ich führe dieses Beispiel an, um zu zeigen, welche Auswüchse - zusätzlich zu der eigentlichen Bedrohung - noch dazukommen können. Vielleicht kann sich die AfD auch endlich einmal konstruktiv beteiligen und im Kampf gegen den Extremismus vor der eigenen Tür und, wenn es geht, auch im eigenen Haus kehren. Da fallen mir nämlich noch eine ganze Menge andere Sachen ein - aber das würde hier zu weit führen -, in Baden-Württemberg, Niedersachsen - eigentlich überall.
Aber ehe wir gleich wieder bei Hisbollah, Antifa, Sozi-Bubis, Messer-Migranten, Passdeutschen
usw. sind oder Sie mit einer da hinten aufgebauten Kamera wieder zeigen möchten, dass Sie die letzten Retter Deutschlands sind,
möchte ich Ihnen noch eins sagen, Herr Ahrends: Wir reden bei uns in Niedersachsen, und zwar ziemlich genau, seitdem Sie und Ihre Fraktion im Landtag sind, über die Gefahren der vergifteten Sprache und den Nährboden der Gewalt, den auch Sie immer wieder kultivieren.
Wir sind ja einiges gewohnt. Aber Sie haben es selbst nach der Schweigeminute für die Opfer von Halle und vor der gemeinsamen Resolution des ganzen Hauses wieder einmal fertiggebracht, die Unwürdigkeit Ihrer Fraktion zu beweisen.
Ich meine damit Ihre Ausführungen im Zusammenhang mit ganz anderen Gewaltopfern. Zitat von Ihnen: „Das haben die Muslime … fertiggebracht.“ Zu nennen sind auch Verallgemeinerungen wie „arabische Terroristen“. Fragen Sie sich eigentlich nie, ob es nicht einmal an der Zeit ist, politische Verantwortung zu übernehmen?
Von Neonazi-Feindeslisten auf die AfD zu kommen, hat seine Berechtigung. An dieser Stelle sind nicht organisatorische, personelle oder sonstige Verstrickungen - der Innenminister hat häufiger darauf hingewiesen - oder die Probleme mit dem Verfassungsschutz gemeint. Es geht vielmehr um diese gefährliche Verbindung: Extremisten, die feinsäuberlich Buch über ihre Gegner führen, ein paar rechte Vordenker für den intellektuellen Bereich und dann Sie mit Ihrem längst abgeplatzten bürgerlichen Lack, die versuchen, Profit aus jeder Spaltung zu schlagen. Genau das ist der gefährliche Cocktail, den wir immer meinen, wenn wir sagen: Aus Worten können Taten werden.
Damit meine ich nicht die AfD-Wähler und auch nicht alle, die in der AfD aktiv sind.
Aber ich meine Ihre Meinung. Dann zu behaupten, Sie wären konservativ, ist eine Beleidigung für den deutschen Konservativismus - das sage ich als Sozialdemokrat.
- Ich glaube schon, dass ich das weiß.
Sicherlich durchschauen das die Niedersachsen. Die „Nordkreuz-Listen“, die „Nürnberg-2.0-Listen“, die „Anti-Antifa-Listen“ und andere Listen führen Menschen auf. Das ist das Gefährliche. Allein die
Anfertigung solcher Listen - wozu auch immer - ist aufs Schärfste zu verurteilen.
Die Existenz dieser Listen in diesen Kreisen führt zu einer abstrakten oder diffusen Bedrohung. Unterschiedliche Zusammenstellungen ergeben natürlich auch unterschiedliche Bewertungen. Das wurde uns eben sowohl von der Justizministerin als auch vom Innenminister dargestellt. Während einige Menschen genannt werden, weil sie sich besonders für andere einsetzen, werden die Adressen anderer einfach abgefischt, weil sie eine Resolution unterschrieben haben oder einfach nur etwas bei einem Punkrock-Label bestellt haben.
Für uns steht fest, dass es die Aufgabe von Landespolizei, Landeskriminalamt, aber natürlich auch Verfassungsschutzbehörde, Bundeskriminalamt
und Bundesamt für Verfassungsschutz - also unsere Sicherheits- und Ordnungsbehörden - ist, genau hinzuschauen, eine Bewertung vorzunehmen und dann abzuwägen, welche Gefahren konkret und welche abstrakt sind.
Aus gutem Grund sieht unsere Sicherheitsarchitektur im föderalen System eine Verzahnung von Bundes- und Landesebene, aber auch der Landesbehörden untereinander vor. Schuldzuweisungen gegenüber Behörden allein helfen nicht weiter. Aber - da gebe ich Ihnen recht - unbedingtes Ziel muss es sein, dass die Verzahnung noch enger wird. Gerade der Umgang mit der „NordkreuzListe“ hat gezeigt, dass noch sehr viel zu tun ist.
Wir dürfen auf wirklich keinem Auge blind sein. Unser aller Blick muss stets wach bleiben. Die Fehler im Umgang mit dem NSU-Terror sind Mahnung für uns alle und dürfen sich nicht wiederholen. Das sind wir den Opfern, aber auch uns selbst schuldig.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat, dem Titel des Antrages kann man nur zustimmen: Es reicht! Es reicht, dass Rechtsextreme, Rechtsradikale und Rechtsterroristen nicht nur versuchen, Schrecken in unsere Gesellschaft zu tragen, sondern ihren kruden Gedanken und Ideen auch in grausamer Art und Weise Taten folgen lassen.
Wir sehen, dass vermeintliche Einzeltäter durch die Möglichkeiten des Internets gar nicht so einsam sind, sondern mit Gleichgesinnten in Radikalisierungsfallen, Hassnetzwerke, Echokammern und Filterblasen geraten, sich gegenseitig hochpushen
und von diesen gemeinsam Einsamen konkrete Gefahren für uns alle ausgehen.
Wie das enden kann, wurde uns jüngst wieder auf schlimmste Weise mehrfach vor Augen geführt. Allen, die unter Drohungen gegen sich und ihre Familien leiden mussten, die Gewalt gegen Eigentum, Leib und Leben erleiden mussten, Menschen, die mutig dem Rechtsextremismus und dem Hass entgegentreten oder einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren - ihnen und ihrem Umfeld gilt unser aller Solidarität.
Auch denen, deren Leben sich von heute auf morgen veränderte, weil Neonazis meinten, ihre antisemitische, rassistische, islamophobe oder andersartig menschenfeindliche widerwärtige Ideologie mit Gewalt umsetzen zu müssen.
Fest steht: Wir lassen uns von niemandem einschüchtern, und wir sind uns einig, dass Waffen nicht in die Hände von Rechtsextremisten gehören.
Wir haben einen Innenminister, der nicht erst seit gestern für die Niedersächsische Landesregierung daran arbeitet, dass im Kampf gegen den Rechtsextremismus und den Rechtsterrorismus eine Änderung des Waffengesetzes erfolgt, und das, verehrte Damen und Herren, schon seit Längerem. Der Kollege Schünemann hat es eben ausgeführt. Boris Pistorius ist es nämlich, der für Niedersachsen den Entwurf zur Änderung des Waffengesetzes einbrachte und die Waffenbehörden dazu verpflichten wollte, im Rahmen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung Informationen bei den Verfassungsschutzbehörden einzuholen. Das
Problem blieb, und Niedersachsen bleibt weiter am Ball, auch weil wir Konsequenzen aus der NSUMordserie, aus weiteren schrecklichen Anschlagsplänen und tatsächlichen Anschlägen sowie den Gefahren durch sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter - die Kollegen haben es eben gesagt - ziehen müssen.
Die Innenministerkonferenz hat dann 2016 beschlossen, dass Waffenbehörden für eine Zuverlässigkeitsprüfung Kenntnis darüber erhalten sollen, ob Waffenbesitzerinnen und -besitzer oder diejenigen, die dies werden wollen, als Extremisten eingestuft sind und damit als unzuverlässig gelten. Gemeint sind Personen, die sich offen gegen unsere Verfassung oder den Gedanken der Völker
verständigung stellen. Eine Überprüfung erfolgt auf der Grundlage des § 5 des Waffengesetzes.
Probleme gibt es - das ist heute, glaube ich, mehrfach deutlich geworden - in der konsequenten Anwendung, auch weil ein wirklich umfassendes Bild nur dann entstehen kann, wenn neben der Auskunft aus dem Bundeszentralregister - der Auskunft aus dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister - und einer Stellungnahme der örtlichen Polizeidienstelle - in diesem Zusammenhang ist auch das sehr wichtig - auch die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden mit einbezogen werden. Da das bislang nicht der Fall ist, brachte der niedersächsische Innenminister zusammen mit seinem hessischen Kollegen diese Verpflichtung auf Bundesratsebene ein. Die Debatte hier und heute können wir alle gemeinsam dafür nutzen, deutlich zu machen, dass wir Niedersachsen dahinterstehen.
Mit diesem, ich nenne es mal: bislang noch fehlendem Puzzleteil einer Regelabfrage wären die Waffenbehörden in den Kommunen besser in der Lage, im Sinne einer wehrhaften Demokratie all denen die Waffenberechtigungsscheine abzunehmen, die eine Bedrohung darstellen. Der Bundesrat sah das mehrheitlich so und beschloss dies.
Neben diesem niedersächsischen beharrlichen Einsatz für die Gesetzesänderung - das konnten wir alle der noch fast druckfrischen Erklärung der Innenminister und -senatoren von letzter Woche entnehmen - werden die darüber hinausgehenden Bundesvorhaben in Bezug auf Beschaffung von Waffen und Sprengstoffen für terroristische und kriminelle Zwecke, bessere Nachverfolgbarkeit von Waffen- und Waffenteilen, aber auch das Verbot großer Magazine sehr begrüßt.
Zu Recht ist so einiges in der Mache. Auch die jüngsten Äußerungen des Bundesinnenministers lassen hoffen. Meine Fraktion und ich sind recht zuversichtlich, dass der Bund das Gesetz im Sinne von uns allen hoffentlich bald ändert. Wie jüngst zu hören war, verfolgt Bundesjustizministerin Lambrecht eine Verschärfung des Waffenrechtes in diesem Bereich - richtigerweise.
Eines möchte ich zum Schluss festhalten: An Niedersachsen scheitert und scheiterte es nicht, die Gesetzesgrundlagen so zu gestalten, dass erkann
te Rechtsextremisten entwaffnet werden können. Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten!
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor man sich mit dem Thema der Seenotrettung auseinandersetzt, sollte, ja muss man eines tun: sich vorstellen, wie es wäre, wenn man jetzt gleich, anstatt zurück in seinen Wahlkreis zu fahren, plötzlich fliehen müsste, weil alles zerbombt wurde, das eigene Heim weggespült wurde, man Hunger leidet, sich seines Lebens nicht mehr sicher ist, wie es sein muss, sein gesamtes Hab und Gut, Familienangehörige, Freunde, alle Gewohnheiten, die eigene Geschichte zurückzulassen, wie es sein muss, sein Überleben und die Zukunft einem Schlauchboot mit zig anderen Menschen und Seelen unter schlimmsten Bedingungen anzuvertrauen.
Nein, bitte nicht. Ich würde gerne ausführen.
Nach UN-Angaben haben über 2 200 Menschen im vergangenen Jahr auf dem Weg über das Mittelmeer ihr Leben verloren.
Meine Damen und Herren, mit Sicherheit denken nun viele: Was soll das? Natürlich wissen wir alle, was für menschliche Tragödien sich auf hoher See abspielen. - Nicht alle aber sind zu solch einer Leistung an Empathie und Vorstellungskraft in der Lage. Anders kann ich mir das ewige widerwärtige Aufwiegeln gegen die Menschen auf Booten nicht erklären.
Ein besonderer Dank an die Evangelische Kirche, die gestern erklärt hat, ein Boot zur Rettung von Menschen anzuschaffen!
Der Antrag der Grünen zur Unterstützung der Initiative Seebrücke weist eine ganze Reihe von Punkten auf, die Kommunen und das Land selbst im Umgang mit in Seenot geratenen Menschen betreffen.
Fakt ist, dass es bereits heute viele Städte und Gemeinden auch bei uns in Niedersachsen gibt, die sich bereit erklärt haben, über den Verteilungsschlüssel hinaus Menschen aufzunehmen, die vor dem Ertrinken gerettet wurden. Gerade gestern habe ich in diesem Zusammenhang mit dem Kollegen Bernd Lynack über Hildesheim gesprochen. Dieser und all den anderen Kommunen in Niedersachsen gilt unser ausdrücklichster Dank.
Dabei ist natürlich zu beachten, dass in den Kommunen eine unterschiedliche Bereitschaft und auch unterschiedliche Möglichkeiten in Bezug auf Finanzstärke, Wohnraumsituation, soziale Infrastruktur, ehrenamtliches Engagement und vieles mehr bestehen. Das gilt auch für die unterschiedliche Einschätzung in Bezug auf die Umsetzung der in diesem Antrag beschriebenen Punkte.
Ab wann eine Anerkennung erfolgt und letztlich ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besteht, ist in einem
Rechtsstaat hingegen aus gutem Grund an ein rechtliches Verfahren gekoppelt. Das können wir bei all den wichtigen Vorstößen nicht außer Acht lassen.
Ich selbst betrachte die Initiative mit einem lachenden und einem weinenden Auge - lachend deshalb, weil es natürlich zu begrüßen ist, dass sich Menschen bereit erklären zu helfen. Bei Gemeinden und Städten, die für sich erklären, dies auch tun zu wollen, ist zu diskutieren, inwiefern wir auch als Land mithelfen können. Ob das Mittel über Programme sind oder nicht, sei einmal dahingestellt. Aber meine Kollegin Doris Schröder-Köpf hat gestern in diesem Zusammenhang, wie ich finde, sehr eindrucksvolle Worte über die Freude am Helfen gefunden.
Mit einem weinenden Auge sehe ich die Initiative „Seebrücke“, weil es mehr als traurig ist, dass private Initiativen das übernehmen, was eigentlich auf europäischer Ebene längst verbindlich hätte geregelt sein müssen, und zwar staatlich und im Verbund.
Die anhaltende Diskussion um die Verteilung von geflüchteten Menschen zeigt ja, dass hier eine Lösung unabdingbar ist.
Bei der Gestaltung der Aufnahme gibt es eine Vielzahl an Fragestellungen, die wir nicht losgelöst von Bundes- und europäischen Kontexten diskutieren können. Das haben beide Kollegen zuvor auch schon gesagt.
Letzten Endes leben aber wir alle in einer Kommune; so viel ist klar. Wir sorgen mit dem in dieser Woche diskutierten Haushaltsplanentwurf dafür, dass etwa jeder dritte Euro bei den Kommunen ankommen wird. Die Stärkung der Kommunen liegt nicht nur uns Kommunalpolitikern am Herzen und bedeutet neben der Stärkung der vielen anderen Bereiche, wie Wirtschaft, Infrastruktur, Bildung, Sicherheit oder Verwaltung, auch die Stärkung der Integrationskraft vor Ort.
Ich freue mich auf die weitere sachliche Beratung des Antrags im Innenausschuss. Eines aber soll heute in aller Deutlichkeit gesagt sein - damit möchte ich schließen -: Die Rettung von Menschen auf hoher See, die Seenotrettung, ist kein Verbrechen. Seenotrettung ist ein Zeichen von Menschlichkeit. Dafür stehen wir als SPD-Fraktion. Traurig, aber auch wütend bin ich darüber, dass es
einige gibt, die erst einmal unterscheiden wollen, woher jemand kommt oder welchen Pass er hat, bevor sie Menschenleben retten. Dankbar und stolz dagegen bin ich darauf, dass alle anderen in dieser Frage sehr klar zusammenstehen. Darüber freue ich mich.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass der Generalbundesanwalt nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke das Verfahren an sich gezogen hat, zeugt möglicherweise von einer Dimension der Gewalt oder eben der politisch motivierten Gewalt gegen Mandatsträger, die nicht nur betroffen machen darf, sondern ganz unabhängig vom Ermittlungsausgang unser Zusammenstehen erfordert, und zwar von uns allen.
Unsere Gedanken und unser aufrichtiges Beileid gelten den Angehörigen und Freunden Walter Lübckes.
Ist Herr Lübcke Opfer geworden, weil er für Zusammenhalt und Menschlichkeit stand, so ist dies ein Anschlag auf uns alle.
Medienberichten zufolge gehen die Ermittler durch die Verstrickungen des Tatverdächtigen in rechtsextremistisch-militante Kreise hier von einem Zusammenhang aus.
Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung und der Folgerungen aus der schrecklichen Mordserie der NSU-Terrortruppe wird nun zu Recht eine lückenlose Aufklärung gefordert. Dieser Forderung schließt sich die SPD-Fraktion ausdrücklich an. Ein enger Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden wird hierzu erfolgen; der Innenminister hat es eben ausgeführt.
Es gibt aber auch Dinge, zu denen wir heute schon etwas sagen können. Dass dieser heimtückische Mord - wie gestern Nacht berichtet - nun auch noch mitten in Niedersachsen von Anhängern ei
ner rechtsextremen, gewaltbereiten Gruppe gefeiert wird und darüber hinaus auch noch Morddrohungen gegen weitere Menschen ausgesprochen werden, ist nicht nur alarmierend, sondern das Zeugnis einer unglaublichen und reinsten Form von Menschenverachtung.
In allen Bundesländern, eben auch hier, erleben wir Ausläufer einer Bedrohung durch Rechtsextremisten bis hin zu rechtsextremistischen oder rechtsterroristischen Vereinigungen, für die „Combat 18“ mit Ursprung in Großbritannien ein Beispiel ist. In welchem Zusammenhang diese oder auch andere Gruppen mit dem Mord stehen, werden die Ermittlungen zeigen.
Eines steht aber jetzt schon fest: Es zeigt sich, dass wir uns diese Strukturen auch künftig genau - und zwar ganz genau - anschauen müssen. Im Verfassungsschutzbericht heißt es, dass seit einigen Jahren Erkenntnisse auf einen kontinuierlichen Ausbau von festen „Combat-18“-Strukturen vorliegen. Es handelt sich um den militanten Arm von „Blood and Honour“, sicherlich allen noch ein Begriff in Zusammenhang mit dem NSU.
Aber diese Vereinigung ist nur eine von mehreren. Der Rechtsextremismusexperte Reiner Becker äußerte jüngst im Spiegel-Interview, dass wir es mit einer ganz neuen Dimension der Enthemmung zu tun hätten. Dem muss ich leider zustimmen. Und an dieser Stelle möchte ich ganz ausdrücklich ein ehemaliges Landtagsmitglied, Michael Höntsch, hier begrüßen, der, stellvertretend für viele andere, Drohungen gegen seine Familie und sich selbst aushalten muss. - Hallo Michael, schön, dass du da bist!
Von der Nichtanerkennung unserer Gesetze über Vorbereitungen auf einen sogenannten Tag X, Waffenkunde und -besitz bis hin zu tätlichen Angriffen auf Menschen, von Reichsbürgern über Ableger des US-amerikanischen Ku-Klux-Klans auch bei uns hier in Niedersachsen bis hin zu den gestrigen Vorfällen in Braunschweig, auf die ich eben eingegangen bin - eines wird doch klar: Die Bedrohungen von der rechtsextremistischen Seite dürfen von niemandem unterschätzt werden, und das tun wir auch nicht. Wiederholt haben wir darauf hingewiesen, dass wir einen Mix mit konse
quenter Strafverfolgung durch die Behörden, aber auch mit Prävention vorhalten und auch benötigen.
Das Magazin KOMMUNAL schreibt mit Verweis auf eine ganz frische Umfrage unter 1 000 Bürgermeistern von einer Hasswelle. Die Erscheinungsformen dieser Bedrohungen sind ganz unabhängig vom Ausgang der Ermittlungen zu dieser schrecklichen Tag vielfältig und leider auch ernst.
Lassen Sie mich eines abschließend festhalten: Wir Demokratinnen und Demokraten stehen zu den Grundfesten unserer Bundesrepublik und wehren uns entschieden gegen die Angriffe auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung. Und eines auch ganz klar an die Adresse von Neonazigruppen und Rechtsextremisten: Auch wenn Sie es sich vielleicht wünschen und Ihre Menschenfeindlichkeit durch Worten und Taten ausdrücken - instabile Verhältnisse oder eine Weimarer Republik 2.0 wird es nicht geben. Dafür werden wir alle gemeinsam sorgen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich direkt an die Antragsteller, die AfD-Fraktion, wenden.
Ihr Modell, sich bei jeder Gelegenheit zum Retter Deutschlands aufzuschwingen, mag ja Teil Ihrer politischen DNA sein, wird aber durch ständige Wiederholung auch nicht richtiger.
Ich denke, diese Manöver erkennen die Menschen in Niedersachsen.
Sie gehen aber noch weiter und tun ständig so, als würden alle im Staat Linksextremisten tatenlos gewähren lassen. Für mich ist es eindeutig ein eiskalt taktisches Kalkül, ständig Grabreden auf die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie zu halten. Das ist gefährlich, sogar brandgefährlich!
Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass natürlich auch Brandanschläge auf Autos, körperliche Angriffe auf Menschen, auf AfD-Vertreter nicht zu dulden sind. Das wiederhole ich gern, auch aus Überzeugung. Alles andere ist übrigens Legendenbildung. Da brauchen Sie, Herr Ahrends, mir auch keinen Hinweis zu dem Übergriff auf Herrn Magnitz in Bremen - mit einem „Pfui!“ garniert - per E-Mail zu senden. Das weiß ich auch so, und das brauche ich nicht.
Was Sie da insgesamt so machen, das ist mir schon etwas suspekt; das will ich zugeben: In einem Atemzug die Ordnungsbehörden und die Arbeit der Polizei zu loben, um dann im nächsten Atemzug allen vorzuwerfen, beim Thema Linksextremismus wegzusehen, passt nicht zusammen, meine Dame und meine Herren von der AfD.
Die Art, wie Sie sich hier, aber auch auf all Ihren Kanälen auslassen, ist einer demokratischen Fraktion nicht würdig. Vielmehr ist das unglaublich. Es ist ein unglaublicher Vorgang, als Teil des Parlaments der Legislative, der Judikative und auch der Exekutive, ja, sogar den Medien - eigentlich allen außer Ihnen selbst - vorzuwerfen, dass sie alles unterließen, dass sie handlungsunfähig seien und vertuschten. Dazu fällt mir, ehrlich gesagt, nichts mehr ein!
Wir haben es mehrfach durchexerziert. Das tue ich heute nicht noch einmal. Die Regierung, federführend das MJ, wird eine Evaluierung des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus vornehmen, allerdings auch gegen Linksextremismus und Islamismus. Auch wir als Parlament werden dort mitwirken; das ist keine Frage! Es geht in diesen Zeiten darum - ich hoffe, das; daraus mache ich als Sprecher gegen Rechtsextremismus keinen Hehl -, dass Ansätze gegen alle Formen von Extremismus dabei am Ende noch stärker hochgefahren werden und dass dafür Mittel im Haushalt eingestellt werden. Das ist meine Überzeugung.
Nein, das möchte ich nicht.
Erneut an die Adresse der AfD im Landtag: Lassen Sie mich hier einiges feststellen! Wer wie Sie gemeinsam mit Pegida und Rechtsaußen in Chemnitz aufmarschiert, Herr Rykena, wer wie Sie Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung und der völkischen Familie beschäftigt hat und dies augenscheinlich zum Teil wohl immer noch tut, Frau Guth,
wer wie Sie taktische Handlungsanweisungen zur Vermeidung verfassungsfeindlicher Aussagen publiziert - Aussagen wie „Farbige sind Tiere“ sind zu vermeiden, Herr Wichmann -,
wer wie Ihr Landesverband vom „Gesinnungsterror der Antifa“ spricht und diesen mit der Nazizeit gleichsetzt, wer wie Sie, Herr Bothe, mich als in meiner Heimatstadt Delmenhorst gewählten Abgeordneten öffentlich als „Sozi-Bubi“ zu verunglimpfen versucht
und mich rhetorisch fragt, ob ich ein Radikaler sei, und versucht, mich in eine Ecke mit Steinewerfern
zu stellen, und wer wie Sie hier im Parlament ganz beiläufig deutsche Staatsangehörige als „Passdeutsche“ bezeichnet und Zustimmung von ganz Rechts außen auf all den Portalen duldet, der spielt ganz bewusst mit dem Vertrauen in unser politisches System und in unsere Demokratie. Das dulden wir nicht!
Für Sie alle hätte ich einen ganz dringenden Rat an dieser Stelle, wie man mal anfangen könnte, das Vertrauen in unsere Demokratie ein wenig zu stärken. Aber darauf kommen Sie vielleicht selbst. Ein kleiner Tipp: Anträge zu Dingen zu stellen, die schon längst in Arbeit sind, zählen nicht dazu.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, so viel Höflichkeit muss hier im Parlament noch sein, Herr Wichmann, aber das müssen Sie als PGF ja besser wissen als ich.
Ich möchte nur ganz kurz darauf hinweisen: Sie müssen sich nicht bei mir entschuldigen und auch nicht rechtfertigen, sondern es geht um die niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger.
Eines ist auch klar: Sie haben, wie ich finde, ein sehr strategisches Papier entwickelt, was den Umgang Ihrer Fraktion oder der Partei - das weiß ich nicht, das interessiert mich im Einzelnen auch nicht so sehr - regeln soll, wie man mit dem Verfassungsschutz umzugehen hat bzw. wie man einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz zuvorkommen soll. Allein die Tatsache, dass eine Fraktion hier im Niedersächsischen Landtag das macht, finde ich schon sehr merkwürdig - genauso bezeichnend wie alles andere und dass Sie auf die anderen Themen gar nicht erst eingegangen sind!
Von daher: Machen Sie das doch! Aber machen Sie das vor der Öffentlichkeit. Ich brauche es nicht. Mir reichen solche Aussagen.
Ich finde, das ist deutlich genug.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorab: Auch ich begrüße Michael Fürst als Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen - der meines Wissens aber auf Einladung der Präsidentin und nicht auf Einladung der AfD hier ist. Nur damit hier kein falscher Eindruck entsteht!
Aus Respekt vor allen jüdischen Menschen in unserem Land eines gleich vorweg, und das ganz deutlich: Die Diskussion über die Einberufung einer oder eines Antisemitismusbeauftragten findet in Niedersachsen nicht erst seit dem Antrag der AfDFraktion statt.
Diese Frage eignet sich in keiner, wirklich in überhaupt keiner Art und Weise für eine Alibi- oder Feigenblattdiskussion. Vielmehr geht es darum, vor allem mit denjenigen zu sprechen, die betroffen sind, nämlich mit den Menschen jüdischen Glaubens und den Vertretern der jüdischen Gemeinden und der liberalen jüdischen Gemeinden.
In diesem Zusammenhang ein ganz besonderer Dank an unsere Präsidentin Dr. Andretta, dass sie diese Debatte bereits im April angestoßen hat! Meine Fraktion steht dieser Debatte sehr positiv gegenüber.
Fakt ist, dass sich viele jüdische Menschen in unserem Land zunehmend bedroht fühlen - ein Umstand, den wir nicht zuletzt wegen unserer beson
deren historischen Verantwortung ernst nehmen und aus dem wir auch konkrete politische Schlüsse ziehen müssen. Das betrifft die Bildungspolitik, die Sozialpolitik, Präventions- und Sanktionsmaßnahmen, aber natürlich auch immer die Schaffung von Möglichkeiten der Begegnung von Menschen unterschiedlichen Glaubens bzw. Menschen, die keiner Konfession angehören, um nur einiges zu nennen.
Ohne Wenn und Aber gilt: Weder tätliche Übergriffe noch die Nutzung des Wortes „Jude“ als Schimpfwort auf Schulhöfen, in Betrieben oder wo auch immer darf von uns jemals toleriert werden.
Dies ist kein Appell nur an uns als politische Vertreter, sondern an alle, die hier mit uns in Niedersachsen oder wo auch immer in der Bundesrepublik leben.
Ich bin der Landesregierung und unserem Ministerpräsidenten Stephan Weil dankbar, dass sie sich entsprechend der Bedeutung nicht erst seit gestern mit Jüdinnen und Juden hierüber in einem Austausch befinden, an dessen Ende - davon bin ich überzeugt - ein gutes Ergebnis stehen wird - ein Ergebnis, das sicher auch dazu beitragen wird, dem Antisemitismus als eine Form der Menschenfeindlichkeit etwas entgegenzustellen.
Nicht erst die Vorgänge um den Stiftungsrat haben gezeigt, dass sich die AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag nicht zu schade ist, die Gefühle unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger - abhängig von der Tagesform - für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Wenn Ihnen die Gefühle der Überlebenden wichtig gewesen wären, dann hätten Sie auf eine Organklage vor dem Staatsgerichtshof verzichten können. Das haben Sie aber nicht getan.
Mir stellt sich hier die Frage nach den Motiven. Für die Antwort braucht man aber keine Tiefenpsychologie. Ihre Anfrage zu den antisemitischen Übergriffen oder die zumindest für mich merkwürdig anmutende Vereinigung der Juden in der AfD machen vor allem eines deutlich: Ihrer Fraktion ist jedes Mittel Recht, zu spalten. Spalten als klassische Kernkompetenz, spalten als Markenkern der AfD! Ich aber bin zuversichtlich, dass die Men
schen in Niedersachsen das durchschauen werden.
Ich habe eine ganz dringende Aufforderung an die Damen und die Herren der AfD: Tun Sie nicht ständig so, als ob außer Ihnen niemand offen sagt, dass es ein Problem ist, wenn jüdische Menschen - egal ob von Arabischstämmigen, Türkischstämmigen oder wem auch immer - auf Schulhöfen beschimpft werden. Das erkennen wir auch als Problem.
- Dafür brauchen wir Sie nicht!
Wir nehmen die Probleme in unserem Land ernst. Wir alle stehen, ob als Abgeordnete oder - der Kollege Bernd Lynack hat gestern darauf hingewiesen - auch tausendfach kommunalpolitisch, völlig egal, welcher Fraktion, welcher Partei, welcher Wählervereinigung angehörig, immer im Austausch mit den Menschen. Das geschieht auf den Marktplätzen, in Bürgersprechstunden, beim Bäcker, wo auch immer. Der Unterschied ist nur, dass wir das Ängste-Schüren nicht mit politischer Arbeit verwechseln und dass wir nicht versuchen, aus einer Spaltung Kapital zu schlagen.
Das empfehle ich auch Ihnen von der AfD ganz dringend. Aber dafür müssten Sie mal raus aus Ihren ganzen Filterblasen und Echokammern im Internet. Das, was Sie da online machen, erinnert mich übrigens manchmal wirklich an die vielzitierte Parallelgesellschaft - nur auf der anderen Seite.
Aber das Gleiche machen Sie ja oft auch im echten Leben. Das passiert, wenn man sich immer nur mit Gleichgesinnten unterhält.
- Das geht uns anders; denn verantwortungsvolle Parteien und Fraktionen können sich das im Übrigen überhaupt nicht leisten.
Uns in Niedersachsen geht es in erster Linie darum, mit jedem und jeder unabhängig von seiner Kultur und unabhängig von seiner Religion in Frieden und ohne Angst zusammenzuleben. Das geschieht nicht von allein. Vor allem wir als Mandatsträger haben die Pflicht, das zu unterstützen, anstatt ständig zu polarisieren.
Die SPD-Fraktion - damit komme ich auch zum Ende - stützt daher den Weg der Landesregierung, im Dialog - wichtig: im Dialog - mit den jüdischen Vertretern auf der Koalitionsebene einen gangbaren und guten Weg zu finden, wie dem Antisemitismus auf allen Ebenen begegnet und Einhalt geboten werden kann. Eingeschränkte Sichtweisen helfen uns dabei nicht weiter.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Auch ich möchte mein Bedauern ausdrücken, und zwar mein Bedauern darüber, dass es Ihnen das Zeitmanagement schon wieder nicht ermöglicht hat,
sich klar von menschenverachtenden rassistischen Thesen zu distanzieren. Denn dann müssten wir solche Debatten gar nicht führen.
Danke.