Protocol of the Session on November 14, 2018

Was die andere Frage angeht: Ich wundere mich ein bisschen darüber. Wir diskutieren gerade über die Novellierung des Niedersächsischen Polizeigesetzes, und aus einigen Richtungen kriege ich permanent zu hören, wie bürgerrechtsfeindlich und wie furchtbar dieser Gesetzentwurf ist.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Stimmt!)

Jetzt haben wir es möglicherweise mit salafistischen Vereinen zu tun, die sich bislang nichts haben zuschulden kommen lassen und deren Bestrebungen sich nicht erkennbar unmittelbar gegen unsere Grundordnung richten.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Der Sa- lafismus ist ein Beobachtungsobjekt!)

Da sollen wir den Kommunen eine Möglichkeit geben - oder uns selbst -, die Stände zu verbieten?

Dies ist ein Rechtsstaat, meine Damen und Herren. Es braucht eine Rechtsgrundlage, um eine Sondernutzung zu versagen. Die haben wir mit dem Gesetz geschaffen. Und wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, dann sind sie eben nicht erfüllt. Das ist nun einmal so. Ansonsten müsste vielleicht die gesetzliche Norm noch straffer gefasst werden - aber dann wäre ich auf die parlamentarischen Debatten dazu gespannt.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gibt es Bedarf nach einer weiteren Zusatzfrage. Kollege Limburg, Sie sind dran. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Sie, Herr Minister, gerade auf den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zum Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Bezug genommen haben, möchte ich doch einmal wissen, was Sie glauben, nach welcher Befugnisnorm aus diesem neuen Gesetzentwurf Kommunen zukünftig solche Stände verhindern könnten.

Glauben Sie, das geht mittels der Onlinedurchsuchung, mittels der Präventivhaft

(Anja Piel [GRÜNE] lacht)

oder vielleicht mittels der Fußfessel? Was glauben Sie, welche dieser Normen, bitte schön, gegen solche Stände hilft?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Limburg, das war jetzt wohl ein Missverständnis. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass in der Debatte über das Polizeigesetz alle möglichen wilden Behauptungen dazu aufgestellt werden, welche Auswirkungen dieses Polizeigesetz hat und was es alles einschränkt.

An dieser Stelle ist es - wie soll ich das aus Ihrer Sicht formulieren? - nicht so simpel, dass man Vereinen das Sammeln von Spenden verbieten könnte, nur weil sie uns nicht gefallen, weil es Salafisten sind. Es ist schon mehr nötig ist, wie im Gesetz formuliert ist, um eine solche Sondernutzung untersagen zu können. Wenn jemand Salafist ist, sich aber nicht aktiv gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung wendet, dann reicht das nicht - das wissen wir alle.

Deswegen müssen wir an der Stelle ruhig und besonnen bleiben. Wir werden die Kommunen noch einmal darauf hinweisen, jedes Mal Kontakt mit den entsprechenden Dienststellen der Polizei aufzunehmen, damit früh genug abgeklärt werden kann, ob es entsprechende Erkenntnisse gibt, damit dann ein Verbot ausgesprochen werden kann. So ist der Lauf der Dinge.

Ich würde Sie herzlich bitten - die neue Regelung des Niedersächsischen Straßengesetzes ist jetzt drei Monate in Kraft -: Lassen Sie uns abwarten, wie es in der Praxis tatsächlich zur Anwendung gelangt. Das kann man nach zwei Fällen nun wirklich noch nicht abschließend beurteilen.

Wenn sich herausstellt, dass die Kommunen ein Anwendungsproblem haben oder die Voraussetzungen zu hoch gelegt sind, dann müssen wir da noch einmal rangehen und uns überlegen, wie wir die Voraussetzungen rechtsstaatlich und sauber

anders formulieren können. Aber ich bitte doch um Geduld! Geben Sie dem Gesetz etwas Zeit, sich in der Anwendung zu bewähren oder auch nicht.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Islamismus bekämpfen durch „trial and error“! So sieht das bei Minister Pistorius aus!)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, mir liegen zur Dringlichen Anfrage unter Tagesordnungspunkt 18 c keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich den Tagesordnungspunkt Dringliche Anfragen insgesamt als beendet betrachten kann.

Ich höre, dass keine große Neigung besteht, den Tagesordnungspunkt 20 noch vor der Mittagspause zu behandeln - im Gegenteil: Die Neigung nach einer ausführlichen Mittagspause ist ausgeprägt.

Deswegen schließe ich jetzt die Vormittagssitzung. Wir machen gemäß der Tagesordnung um 15.10 Uhr weiter.

(Zurufe: 15 Uhr!)

- Okay, wenn es was bringt, dann um 15 Uhr. Bitte weitersagen! Um 15 Uhr geht es weiter. Alles Gute!

(Unterbrechung der Sitzung von 13.13 Uhr bis 15.02 Uhr)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf die Nachmittagssitzung des Landtages eröffnen. Wahrscheinlich sind Sie darauf eingestellt, nun die Große Anfrage gemäß Tagesordnungspunkt 19 zu behandeln. Das kann auch zeitnah geschehen.

Vorher rufe ich allerdings einen Punkt außerhalb der Tagesordnung auf. Der Herr Ministerpräsident hat mitgeteilt, dass er eine Unterrichtung zur Entwicklung bei der Volkswagen AG in Emden und in Hannover vornehmen möchte.

Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten dafür das Wort. Bitte sehr!

Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten zur Entwicklung bei der Volkswagen AG in Emden und Hannover

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Volkswagen befindet sich derzeit im größten Umbauprozess seiner Konzerngeschichte. Es geht dabei - neben einer umfassenden Digitalisierung - vor allen Dingen auch um einen konsequenten Ausbau der Elektromobilität mit einer klaren Ausrichtung auf saubere Mobilität. Diese großen Veränderungen beim größten Unternehmen in Niedersachsen haben zwangsläufig auch große Veränderungen bei uns im Land zur Folge.

Im Vorfeld einer Aufsichtsratssitzung am Freitag sind deswegen in den vergangenen Tagen Standortvereinbarungen zwischen dem Vorstand und dem Gesamtbetriebsrat für die Standorte Emden und Hannover getroffen worden. Über diese Vereinbarungen ist heute auf Betriebsversammlungen unterrichtet worden. Ich denke, es ist angemessen, auch den Niedersächsischen Landtag über die getroffenen Regelungen zu unterrichten.

Warum die Standorte Emden und Hannover? - Aus unterschiedlichen Gründen ist in beiden Fällen jeweils eine Überprüfung der bisherigen Geschäftsmodelle erforderlich. Das wiederum ist Anlass für eine Umstellung beider Standorte auf die Elektromobilität, und zwar ab dem Jahre 2022.

In Hannover-Stöcken ist die Produktion des I.D. BUZZ vorgesehen. Dieser ist ein wesentliches Element der neuen Produktgeneration von Volkswagen. Es handelt sich um ein Fahrzeug - vielleicht haben Sie es sich im Internet schon anschauen können -, das gewisse Assoziationen mit dem Bulli weckt, der ja auch einmal in HannoverStöcken produziert worden ist. Es ist aber schon, das darf man sagen, ein Auto neuen Typs.

In Emden werden ebenfalls ab dem Jahr 2022 nur noch Elektrofahrzeuge produziert. Die Details der Werksbelegung bleiben jeweils den Entscheidungen des Aufsichtsrats in dieser Woche vorbehalten. Wichtig ist aber hervorzuheben, dass damit, zusammen mit dem Standort Zwickau, der größte Verbund zur Produktion von Elektroautos in Europa entsteht - in Deutschland und vor allem bei uns in Niedersachsen.

Das hat auch Konsequenzen für die Beschäftigung. Elektrofahrzeuge sind unter dem Strich weniger beschäftigungsintensiv als die bisherigen Fahrzeuge. Deswegen ist eine Beschäftigungsgarantie für diese beiden Standorte bis zum Jahre 2028 - also für zehn Jahre - vereinbart worden. In diesem Zeitraum wird es einen Abbau von Arbeitsplätzen, soweit erforderlich, entlang der demografischen Kurve über die bei Volkswagen üblichen Altersteilzeitregelungen geben. Die Gesamtzahl der davon betroffenen Arbeitsplätze lässt sich heute in Anbetracht des Zehnjahreszeitraums seriös nicht nennen.

Eine besondere Bemerkung ist noch im Hinblick auf befristet Beschäftigte am Standort Emden notwendig, die derzeit dort nicht eingesetzt werden können. Das ist auch in der Zukunft nicht zu erwarten. Deswegen ist vereinbart worden, diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine unbefristete Übernahme anzubieten, allerdings an anderen Konzernstandorten. Dabei geht es insbesondere um Zuffenhausen und Kassel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung begrüßt diese Vereinbarung zwischen dem Vorstand und dem Betriebsrat. Wir finden es richtig, dass der Strukturwandel nicht abgewartet, sondern gestaltet wird. Wir freuen uns darüber und unterstützen, dass damit eine klare Absicherung der Standorte verbunden ist. Die hohen Investitionen, die sich hinter den kurz geschilderten Maßnahmen verbergen, beinhalten ein sehr klares Commitment des gesamten Konzerns hinsichtlich der Standorte Emden und HannoverStöcken.

Niedersachsen wird damit ein Zentrum der Elektromobilität in Europa. Das darf man so sagen. Und wenn ich das hinzufügen darf: Es ist für uns ein weiterer Anlass, auf eine konsequente Fortsetzung der Energiewende zu drängen. Denn die Elektromobilität auf der Basis von Kohlestrom macht nicht viel Sinn, jedenfalls nicht für das Klima.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht um eine sinnvolle Verbindung von Klimaschutz, Beschäftigung und Wirtschaftlichkeit. Nach unserem Eindruck ist es gelungen, diese drei Ziele gut miteinander in Verbindung zu bringen. Die Vorsitzende des Betriebsrats von Volkswagen Nutzfahrzeuge, Frau Murkovic, hat gesagt, das sei ein Ergebnis mit Weitblick. Ich habe den Eindruck, das ist eine kurze, aber sehr treffende Kennzeichnung

der getroffenen Vereinbarung. Darüber wollte ich Sie unterrichten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank für diese Unterrichtung, Herr Ministerpräsident.

Es stellt sich jetzt die Frage, ob eine Besprechung gewünscht wird. - Ich sehe Wortmeldungen in mehreren Fraktionen. Ich unterstelle, dass mehr als zehn Mitglieder dieses Hauses eine solche Besprechung wünschen. Somit werden wir diesem Wunsch nachkommen.

Ich stelle fest, dass die Unterrichtung durch den Herrn Ministerpräsidenten 5 Minuten gedauert hat. Für die nun folgende Aussprache erhalten - wie vereinbart - die beiden großen Fraktionen ebenso viel Redezeit, wie die Landesregierung verbraucht hat, also jeweils 5 Minuten.

Die drei Oppositionsfraktionen erhalten in der Summe so viel Redezeit wie die beiden Regierungsfraktionen zusammen, d. h. 10 Minuten, geteilt durch drei Fraktionen. Ich runde das auf: Jede der kleinen Fraktionen hat 3:30 Minuten Redezeit.

Es liegt eine erste Wortmeldung aus der SPDFraktion vor. Kollege Stefan Klein, bitte sehr!

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank, Herr Ministerpräsident, für die zeitnahe Unterrichtung.