Protocol of the Session on September 13, 2018

Ich glaube, da müssen Sie Teile überhört haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nun folgende Teil meiner Rede ist die Antwort auf Ihre Frage. Insofern muss die Zeit jetzt nicht weiterlaufen.

Interessant ist eben genau dieser Punkt 2 Ihres Antrages. Genau dazu komme ich jetzt. Er deckt sich mit der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD. Deshalb arbeiten Landesregierung und Abgeordnete schon intensiv an einer Lösung. Dafür benötigen wir keinen Antrag der Grünen.

(Beifall bei der CDU)

Allerdings ist es nicht Aufgabe der Universität - das ist immer ein großes Missverständnis -, Imame auszubilden. Das ist auch bei den Religionsgemeinschaften der Christen nicht so. Dort haben wir bei den Katholiken Priester- und bei den Protestanten Predigerseminare. Solch eine Struktur müssen wir auch für die Moslems schaffen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Hier stellt sich zunächst die Frage der Finanzierung, und zwar sowohl der Seminare als auch der Imame.

Wir als Christen finanzieren das mit den Kirchensteuermitteln. Auch die Moslems werden Beiträge entrichten müssen. Es wird immer wieder gesagt, dass die Moscheegemeinden nicht das Geld haben, um Imame zu finanzieren. Da brauchen wir kreative Lösungen. Der Wissenschaftsminister hat vorgeschlagen, jeweils zur Hälfte in der Moschee und in der Schule zu arbeiten. Ich finde, das ist ein interessanter Vorschlag, der weiterverfolgt werden sollte.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Moscheegemeinden diese Imame anerkennen müs

sen, dass sie sie akzeptieren müssen. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Träger der ImamSeminare von den Moscheegemeinden anerkannt werden. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften in Deutschland, dass sie entscheiden, wer den Glauben verkündet. Die Christen wollen nicht, dass dies der Staat bestimmt. Das muss auch für die Moslems gelten.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Jungen Menschen, die islamische Theologie studieren, kann somit nur eine echte Berufsperspektive als Imam geboten werden, wenn die Fragen der Finanzierung und der Trägerschaft der Seminare zufriedenstellend gelöst sind.

Die Möglichkeit, in Deutschland islamische Theologie zu studieren, zeigt deutlich, dass hier Religionsfreiheit herrscht. Aber das Land Niedersachsen stellt für dieses Institut auch die Mittel zur Verfügung, um einer Radikalisierung in den Moscheegemeinden vorzubeugen. Erfolgreich wird dieser Weg nur sein, wenn die Absolventen der Universität als Lehrerinnen und Lehrer, als Seelsorger und Imame in unserer Gesellschaft wirken können. Hierzu werden und müssen weiterhin Gespräche mit Verbänden und Einzelpersonen geführt werden. Dabei können die Universität Osnabrück und das Land ihr Wissen über die entsprechenden Strukturen im kirchlichen Bereich und ihre Erfahrungen im Imam-Weiterbildungsprogramm einbringen.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass eine gute Imam-Ausbildung in Deutschland zu einem friedlichen Zusammenleben in unserer Gesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten kann.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Jasper. - Es folgt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Dr. Silke Lesemann. Bitte sehr, Frau Lesemann!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Es ist gut und richtig, dass der Islam in Deutschland durch Ausbildungsgänge an Hochschulen in seiner Vielfalt betrachtet werden kann. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet das Studienangebot an der Universität Osnabrück am Institut für Islamische Theologie. Seine Aufgabe ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Meine Fraktion

findet es wichtig, dass junge Muslime in einem Islam aufwachsen, der ihnen Vertrauen in unsere Gesellschaft und unsere Kultur gibt.

Deshalb ist es gut, dass die Ausbildung und die Weiterbildung von Imamen in Deutschland eingerichtet wurden. Niedersachsen nimmt hier seit einer ganzen Reihe von Jahren eine Vorreiterrolle ein. Ich erinnere daran, dass sich die SPD hier schon sehr lange dafür eingesetzt hat. Bereits 2002 gab es den Runden Tisch „Islamischer Religionsunterricht“ unter der damaligen Kultusministerin Jürgens-Pieper - auch unter Einbeziehung muslimischer Verbände -, der in den Schulversuch „Islamischer Religionsunterricht“ mündete und 2013 zum Regelfach ausgebaut wurde. Das war eine große Errungenschaft hier in Niedersachsen.

An deutschen Hochschulen ausgebildete Imame sollen künftig zu einer besseren Integration junger Muslime beitragen. Warum ist uns dies wichtig? - Vor allem deshalb, weil Imame Brückenbauer in die Mehrheitsgesellschaft sein können und auch sein sollen. Das ist unser Wunsch. Und sie sollen auch dem gegenseitigen Verständnis und Miteinander helfen.

Bislang allerdings stammen di Vorbeter in den Moscheen überwiegend aus der Türkei. Sie wurden dort ausgebildet, werden von der Türkei bezahlt und sollen den hier lebenden Muslimen Orientierung in Glaubens- und Lebensfragen bieten. Sie sprechen aber oft kein Deutsch, sind mit der hiesigen Lebenswirklichkeit oft nur wenig vertraut, und wenn sie dann nach einigen Jahren Fuß gefasst haben und auch die seelsorgerische Arbeit in der Gemeinde gut übernehmen können, auch weil sie sich besser in die hiesigen Lebensverhältnisse eingefunden haben, gehen sie als sogenannte Pendel-Imame wieder zurück in die Türkei. Dann kommt ein neuer Imam, muss sich in seiner Gemeinde eingewöhnen und ihr Vertrauen erwerben.

Vor diesem Hintergrund sind praxisorientierte Angebote, die einem besseren Verständnis der deutschen Gesellschaft dienen, außerordentlich wichtig. Sie sind die beste Voraussetzung, radikale Prediger zu verhindern, und helfen bei der Integration; denn Imame aus der Türkei haben andere Lebensbezüge. Sie müssten aber auch Ansprechpartner für alltägliche Probleme der hier lebenden Muslime sein. Ob sie das tatsächlich auch so wahrnehmen könnten wie in Deutschland ausgebildete Imame, ist die Frage.

Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt des Entschließungsantrages steht das universitäre Wei

terbildungsprogramm „Jugendarbeit in den Moscheegemeinden und Extremismusprävention“, das sich laut Homepage an Imame und Religionsbedienstete richtet. Das zweisemestrige Zusatzangebot war von vornherein platzmäßig begrenzt und zeitlich befristet, wurde aber bereits dreimal verlängert. Das Projekt wurde bisher vorwiegend aus Bundesmitteln gespeist, wie einer Pressemeldung zu entnehmen war. Seit 2014 kamen lediglich 150 000 Euro vom Land Niedersachsen. Laut der Pressemitteilung sind die Teilnehmerzahlen an dem anfangs sehr gut frequentierten Programm von ursprünglich 80 Teilnehmenden auf jetzt 20 sukzessive zurückgegangen, sodass sich vermuten lässt, dass der Bedarf, der vormals bestanden hat, gesättigt ist.

Zu diesem Punkt sollten wir uns in den Ausschussberatungen unterrichten lassen, damit wir genaue Zahlen haben, über die wir an der Stelle sprechen können.

Wir sollten im Ausschuss auch differenziert über die Forderung nach einer eigenständigen und unabhängigen Imam-Ausbildung in Niedersachsen sowie über die Realisierung einer echten Berufsperspektive für Imame diskutieren. Dazu hat Wissenschaftsminister Thümler heute einen Vorschlag unterbreitet, den ich absolut besprechenswert finde, weil er, glaube ich, in die richtige Richtung geht, die wir alle - zumindest bis auf eine Fraktion - hier vertreten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gerade der erstere Aspekt, eine eigenständige und unabhängige Imam-Ausbildung, scheint vor dem Neutralitätsgebot des Staates in Religionsfragen an einer staatlichen Universität nicht realisierbar. Die Imam-Ausbildung ist Sache der Religionsgemeinschaften. Ich würde es aber begrüßen, wenn die bisher gemachten Erfahrungen am Institut für Islamische Theologie in Überlegungen hierzu Eingang fänden.

Was den letzten Punkt des Antrages angeht, Inhalte und Ideen der Imam-Weiterbildung zu bewerben, müsste die bisherige regionale Herkunft der Studierenden hinterfragt werden bzw. generell ein Überblick über ähnlich gelagerte Angebote erstellt werden.

Insgesamt bin ich jedoch davon überzeugt, dass wir über ein spannendes und äußerst lohnenswertes Thema diskutieren, gerade vor dem Hintergrund von Integrationsfragen, die uns hier immer

wieder beschäftigen. Es war bisher in diesem Hause interfraktionell unumstritten, dass die Angebote des Instituts für Islamische Theologie auch aus der Perspektive der Integration ein gutes und wichtiges Angebot darstellen. Ich hoffe, das bleibt so.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Neuen Auftrieb bekommt die Diskussion heute durch den Vorschlag von Minister Thümler, Lehrer- und Imam-Ausbildung miteinander zu koppeln. Auch vor diesem Hintergrund bin ich auf die Ausschussberatung gespannt, weil ich denke, da wird sich noch etwas Positives entwickeln, von dem die hier lebenden Muslime und wir alle etwas haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Wir danken auch, Frau Kollegin Dr. Lesemann. - Schließlich der Kollege Björn Försterling, FDP, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir begrüßen die Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Imam-Weiterbildung an der Universität Osnabrück zu sichern. Wir begrüßen auch den Gedanken und die Initiative des Wissenschaftsministers Thümler, die heute Morgen über den Ticker lief, in eine Imam-Ausbildung zu investieren. Ich glaube, es ist sinnvoll, weder das eine noch das andere zu lassen. Wir brauchen beides: erstens die Weiterfinanzierung des jetzigen Programms an der Universität Osnabrück und zweitens die Implementierung einer Imam-Ausbildung.

Ich hoffe, dass wir im Haus gemeinsam zu einem interfraktionellen Entschließungsantrag kommen. Und ehrlicherweise: Wenn man sich nur auf den reinen Inhalt der Ausführungen des Kollegen Bothe von der AfD konzentriert, dann müsste eigentlich auch die AfD für eine Imam-Ausbildung sein, die sozusagen von uns gesteuert wird.

(Zustimmung bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Dann müssten Sie in der Konsequenz sogar so weit gehen, dass Sie sagen: Eigentlich müssten wir die Imame in den Moscheen auch entsprechend finanzieren. Wir dürfen uns an der Stelle

nichts vormachen! Warum kommen denn die Imame aus der Türkei? - Weil sie in den Moscheegemeinden von der Türkei finanziert werden. Und wer bezahlt, sagt auch, welche Musik gespielt wird. Genau das ist das Problem!

Das heißt, wir müssen uns nicht nur mit der Frage der Imam-Ausbildung und der Frage der ImamWeiterbildung beschäftigen, sondern wir müssen auch eine Antwort darauf finden, wie wir die Moscheegemeinden als Religionsgemeinschaften insgesamt betrachten, wie wir sozusagen auch sicherstellen, dass eine Finanzierung jenseits der Finanzierung durch den türkischen Staat in diesen Moscheen für die Gemeindearbeit erfolgen kann.

Nur wenn wir alle drei Fragen beantworten können, wird es uns dauerhaft gelingen, zu verhindern, dass hier fremdgesteuerte Imame einen Koran predigen, der möglicherweise mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht in Einklang zu bringen ist. Das sollte uns in diesem Haus einen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Försterling. - Die Landesregierung hat sich jetzt zu Wort gemeldet. Herr Minister Thümler, bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal vielen Dank an die Kollegen Jasper, Lesemann und auch Försterling; denn sie haben im Grunde genommen den Sinn und den Anlass nicht nur des heutigen Vorschlags, sondern auch das Drumherum vollumfänglich verstanden, weil es endlich darum geht, dass wir aus dem Stadium herauskommen, darüber zu reden, sondern es einfach tun.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, drängt sich durchaus die Frage auf: Was haben Sie eigentlich getan, als Sie fünf Jahre lang Verantwortung im Wissenschaftsressort getragen haben, um genau diese Frage zu klären?

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Belit Onay [GRÜNE])

Da kann ich Ihnen sagen: Nichts, eben gar nichts! - Dann ist es, wie ich finde, schon etwas interessant, als Oppositionspartei zu sagen: Jetzt geben die da

den Weiterbildungsstudiengang auf! Die sind ganz böse und rasieren sozusagen die ganze islamische Theologie weg! - Das ist schlicht und ergreifend die Unwahrheit, liebe Frau Viehoff. Zuhören! Jetzt können Sie was lernen!